Die Nacht, die man in einem Rausch verbracht... - oder: der Tanz der Satyren

  • >>


    Fragment VIII
    Den ganzen Tag schon hatte eine drückende Schwüle über der Stadt gelegen. Als es Abend wurde, begann ein Regen zu fallen, ein gemächlicher Sommerregen, dessen dicke Tropfen wie Tambourinschläge auf das Pflaster platschten. Der Geruch von Feuchtigkeit und Straßenstaub, Tibersiff und Herdqualm, Romas Atem, stieg in all seiner Intensität in meine Nase, als ich am Rande des Vicus Tuscus, gefolgt von meinem Custos, aus der Mietsänfte ausstieg. Die Kapuze meiner Paenula schlug ich über den Kopf, entlohnte die Träger, die sogleich die Stangen wieder schulterten und weitereilten.
    Natakamani, mein dunkler Custos, musterte forschend die in der Dämmerung wenig vertrauenserweckende Umgebung. Die Läden, die die Straße säumten, waren schon verschlossen. Neben uns ragten hoch die Ziegelmauern eines Getreidespeichers, ein dunkler Block, in dessen Schatten sich ein paar schemenhafte Gestalten herumdrückten.
    Ohne zu zögern schlug ich den Weg in eine Seitenstraße ein, die zur Gasse wurde, in einige Treppenstufen mündete, und zu einer breiten rotgetünchten Türe führte. Die Graffiti auf den Mauern und die dicken Rohrleitungen zeichneten das Gebäude als Badehaus. Die Türpfosten waren mit Efeu und Weinlaub umwunden. Zwei Laternen hingen darüber, vor ihrem Lichtkreis zeichnete sich eine bullige Silhouette ab, und gedämpft war von drinnen aufpeitschende Musik zu hören. Hier war ich richtig.
    Es war lange her, richtig lange, dass ich zuletzt hier gewesen war. Damals war ich noch ein gutes Stück sorgloser gewesen. Mittlerweile war ich das nicht mehr, und hatte mit Bedacht genau den heutigen Abend mit der heutigen Veranstaltung für meinen Besuch gewählt. Im Schatten der Hauswand maskierte ich mich. Die bronzene Halbmaske lag kühl auf Wangen, Nasenrücken und Stirn. Fest knotete ich die Bänder im Nacken. Es war das Gesicht eines lachenden Satyrs, das ich da trug, wenn auch eines idealisierten (ohne die typische stumpfe Nase, aber mit prägnanten Wangenknochen und felligen Pinselohren). Der Rest meiner Kostümierung war noch unter den Falten der Paenula verborgen. Auch Natakamani maskierte sich, mit einer Tonmaske, an der gewundene Bockshörner angebracht waren.
    Dann trat ich auf die rote Pforte zu, im Gehen die Kapuze zurückstreifend. Der Wächter - ein imposanter Bursche in einer knappen Ledertunika - begutachtete uns, fletschte sein Gebiss zu einem freundlichen Lächeln und öffnete uns einen Türflügel. Ich setzte den Fuß über die Schwelle, dithyrambische Klänge fluteten mir entgegen als ich eintrat...


  • Aus Feuerschalen und von der Decke herabhängenden Öllampen quoll rotflackerndes Licht auf die wilde Menge von Feiernden in der Eingangshalle und den umliegenden Gewölben. Warm war es hier drin, roch nach Dampfbad und erhitzten Körpern. Das Gebäude war von innen größer als es von außen schien, und auch sonst hatte diese private Therme es in sich. Ihre Tradition war geradezu altehrwürdig, und schon als ich zum ersten Mal nach Rom gekommen war, großäugig und abenteuerlustig, hatte es nicht lang gedauert bis ich erfuhr, dass dies der Ort war, um spannende Bekanntschaften zu machen und zwischen Caldarium und Sudatorium flüchtige Leidenschaft zu genießen. (Oh, und was war ich damals in den schönen Bademeister verguckt gewesen!) Dazu kamen die besonderen Feste – wie dieses: die Nacht der Satyren!
    Eine Maske des Dionysos (-Bacchus-Liber-Iakchos...) hing über den Köpfen der Feiernden an der dem Eingang gegenüberliegenden Gewölbeseite. Des Feuerscheins huschende Schatten belebten die Miene des Gottes von Wein und Rausch und Ekstase, so dass er mal schalkhaft zu lächeln, mal gräulich die Augen zu rollen schien.
    Bei einem wohlgestalten Silen entrichtete ich den geringen Eintrittspreis für meinen Custos und mich. Dann streifte ich meine Paenula ab, überließ sie Natakamani, und fuhr mir mit den Fingern durch die vom Regen ganz leicht feuchten Haare und über die felligen Satyrohren. Unwillkürlich berührte ich auch meine Maske, spürte die dünne gehämmerte Bronze unter den Fingerspitzen. Narcissus hatte seine Sache gut gemacht. Auch der Wein-violett-farbene Chiton, locker gegürtet mit einem ebenfalls bronzebeschlagenen Gürtel, die kreuzweise hochgebundenen Sandalen und die breiten Bronzearmbänder an meinen Armen (die auch meine in ihrer wulstigen Häßlichkeit ziemlich prägnanten Narben am Schwertarm verbargen) passten zu meiner Erscheinung als Gefolgsmann des Bacchus. Der Silen drückte mir noch einen Kranz von Efeu auf den Kopf – perfekt!


    Voll Vorfreude stürzte ich mich ins Getümmel. Mein Custos blieb zurück, wie instruiert, ich wollte nämlich nicht, dass er mir wen verschreckte.
    Es war schon ein großer Spaß, all die maskierten und kostümierten Feiernden einfach nur anzusehen. Natürlich gab es eine Menge Satyren und Silene, Pane und Faune mit Fellröcken, verrückten Masken und Hörnern, aber auch so manche kunstvoll aufgetakelte Mänade taumelte im verzückten Rausch an mir vorüber. Nicht alle waren so aufwändig verfremdet, manche trugen ganz schlichte Masken, oder gar keine, oder einfach überhaupt nur sehr wenig bis gar nichts am Leib. Füße stampften und Körper sprangen, zuckten, verrenkten sich zu einem wilden Cordax, im Takt der Musik, die ein Trio am Rande des Gewölbes spielte.


    Mit jedem Schritt, den ich da hinein tat, war es als fiele mir ein Stück Last von den Schultern, so wie wenn man nach einem langen Marsch das Gepäck und die Tragstange und das Cingulum und Harnisch und Subarmalium von sich gleiten lässt, deren Gewicht man zuvor kaum mehr wahrgenommen hat, und nun erst merkt man mit einem Male, wie leicht man doch sein kann. Leicht und unbeschwert schritt ich Richtung Weinausschank, sah und wurde gesehen, taxierte die Anwesenden und wurde meinerseits ebenso taxiert. Auch wenn ich leider schon lange kein jugendfrischer Adonis mehr war, sondern eher ein narbenübersäter Veteran, so doch ein guttrainierter, der so manch wohlgefällige Blicke auf sich zog. Die waren mir sehr willkommen. (Nicht dass es mir zu Hause an willigen Gespielen gemangelt hätte... aber die waren alle auf die eine oder anderen Weise abhängig von mir, und damit maß ich ihrer zur Schau gestellten Zuneigung wenig Bedeutung bei. Manius wiederum... ach, das mit Manius war so vertrackt, dass ich da gerade nicht einmal daran denken wollte!)


    Große Weinfässer, aufrecht stehend, bildeten Tische an denen getrunken wurde. Ich besorgte mir einen großen Becher (kaum verdünnten) roten Wein und sog, an so ein Faß gelehnt, begierig die Atmosphäre in mich auf. Ein Priapus tanzte vorüber, wobei der mächtige rote Phallus, den er sich umgeschnallt hatte, heiter auf und ab wippte.
    Mit einem breiten Grinsen hob ich meinen Becher, suchte mit den Augen nach der nächstbesten attraktiven Gestalt (in dem schummrig schmeichelhaften Feuerflackern sah allerdings fast jeder irgendwie gut aus) und prostete demjenigen fröhlich flirtend zu.
    "Auf Bacchus, den größten der Götter!"

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • << Asche und Gold


    Kyriakos klagte nicht mit Worten und Tränen hatte man ihm schon als Knaben ausgeprügelt. Es blieb nicht viel, um auszudrücken, was in ihm vorging. Meist war es Zorn, der das Übel in ihm kanalisierte, heute aber trug er seine Gefühle als schwarzen Stoff auf der Haut. Die Chlamys war an jenem Abend sein einziges Gewand. Wenn er sie nach dem Tanz wieder ablegte, würde er von seiner Trauer befreit sein. Der Schmerz gehörte nun dem namenlosen Satyrn. Nichts Geringeres als blankes Eisen bedeckte das Gesicht von Kyriakos. Der Mund seiner Halbmaske war ernst, kein lustiger Satyr war es, der sich dem Reigen anzuschließen gedachte, er erinnerte in gewisser Hinsicht an den Minotauren, der aus seinem Labyrinth heraus gefunden hatte. Die angriffslustig nach vorn gerichteten schmalen Hörnchen, die von einem eisernen Stirnreif ragten, der seine schwarzen Locken hielt, trugen ihr Übriges zu diesem Eindruck bei. Das Schuhwerk legte Kyriakos nun ab, als er sein Ziel erreicht zu haben glaubte, und trug die Caligae in der Hand.


    »Man kennt mich nicht an diesem Ort«, sagte Kyriakos zu dem Türsteher. Er war nicht sicher, ob dies eine geschlossene Gesellschaft war.


    Mit Blicken untersuchte er die von zwei Lampen nur spärlich erhellte rote Tür, hinter der tiefe Trommeln wummerten und Flötenmelodien tobten. Die Wein- und Efeuranken bewegten sich im Wind. Nichts sonst ließ auf die Gesellschaft dahinter schließen, doch wer eingeladen war, verstand die Botschaft dieser Ranken.


    »Niemand kennt hier einander«, erwiderte der Mann und öffnete ihm die Tür. Das stimmte so sicher nicht, doch Kyriakos verstand die Bedeutung. Nicht umsonst war eine Maske erwünscht.


    Er trat in die Dunkelheit. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss. Sein altes Leben - ausgesperrt für eine Nacht. Kyriakos zahlte, gab die Schuhe zur Verwahrung und dann brach eine Zeit gnädigen Vergessens an. Tief atmete er ein, ließ den Rauch der Feuerschalen durch seine Nase fließen und die Lungen fluten. Das Räucherwerk war mit anregenden Kräutern versetzt, zu wenig, um die Sinne zu vernebeln, doch genug, um dafür zu sorgen, dass man die Nacht voll auskosten konnte. Flöten, Handtrommeln, Harfen, Kastagnetten, Zimbeln bestimmten fortan den Takt. Den Cordax hatten die Satyrn erfunden, sagte man. Einige der Tänzer trugen künstliche Phalli vorgebunden, obszön vergrößert, andere trugen überhaupt nichts und warfen ihre Körper nackt im Rhythmus der Musik von hier nach da. Was einige hier suchten, war nicht zu übersehen. Kyriakos suchte Vergessen. Er tanzte, wenngleich er sich bedächtiger als die anderen bewegen musste. Nur jeden zweiten Takt nahm er, im halben Tempo bewegte er sich, bis er schweißnass glänzte und seine verstümmelten Füße eine Pause benötigten.


    Er organisierte sich Wasser und gesellte sich an einen der Tische. Dort prostete ihm fröhlich ein Gast zu, der kecke Fellohren trug. Einen größeren Kontrast zu der düsteren Gestalt des Satyrn, den Kyriakos mimte, konnte es kaum geben.


    Milde amüsiert über den Gegensatz antwortete er: »Auf Bacchus.« Den Anti-Gott eines jeden Spartaners, aber das spielte in diesem Moment keine Rolle. Die Polis lag in weiter Ferne. Kyriakos hob seinen Becher und senkte leicht das Haupt, während er dem anderen in die Augen schaute, die im Licht der Feuerschalen selbst zu lodern schienen. Die Augenfarbe war nicht zu erraten. Blieb nur die Frage, wer zuerst die Maske fallen ließ.

  • Eine helle, fast schrille Flötenmelodie schwang sich hoch über den aufpeitschenden Takt der Musik hinaus, schlug besinnungsverwirrende Kapriolen. Meine Füße hatten schon längst zu wippen begonnen, jedes Trommeldröhnen schien meine Brust weiter zu machen und jeder Atemzug schmeckte nach Freude. Ich war mehr, wurde mehr, war mehr geworden, viel mehr als ein kostümierter Hedonist, ich war Teil des Rhythmus von Verzückung und grenzenlos göttlichem Sinnentaumel.
    Beschwingt ließ ich meinen Becher gegen den des eisernen Satyr klacken, hob das Gefäß dann hoch, und rief, der Maske des großen Thyrsosschwingers über uns huldigend:
    "Io, feueratmender Sterne Chorführer, nächtlicher Gesangestöne Gebieter!"
    Darauf trank ich tief von dem roten Wein, Auge in Auge mit dem eisernen Satyr, und fast schmerzlich überfuhr es mich, wie vollkommen schön er war! Flammender Widerschein lag auf der Wölbung seiner Schulter, die von einem feinen Schweißfilm überzogen war. Wie aus einem Füllhorn quollen die Locken unter dem Reif hervor, und die Linie seines Kinnes... wie gemeißelt, mit einer neckischen Kerbe darin... war exquisit. Was unter der Maske verborgen lag, und unter der Chlamys, ergänzte mühelos meine angeregte Fantasie. Sehnsucht war es, die ich machtvoll verspürte, und mitnichten nur die der Lenden, es war einer dieser raren Momente wo ich mich vom Anblick der Schönheit emporgehoben und von ferne eine verwehte Erinnerung an den Saiten meiner Seele entlangstreifen spürte...
    "Bist du vom Olymp gefallen?" Die Worte waren mir schon entfahren, als ich sie gerne zurückgeholt hätte. Da siehst du das Wahre und Schöne, und dann so ein oller Anmachspruch, Faustus. Ich überspielte sie mit einem Lachen, hielt jedoch seinen Blick unverwandt.
    "Oder sind es chtonische Tiefen, aus denen du emporgestiegen bist.....Tragosideros?" Ich legte sinnend die Hand an mein Kinn und machte mir einen Spaß aus dem Versuch, seinen Satyrnamen zu erraten: "Nein. - ... Ferrotaurus...?" Oder heissest du etwa... "Nyxogonos...?!"

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Die Becher schlugen schwungvoll aneinander, Wein und Wasser ergossen sich über ihre Finger und bildeten auf der Tischplatte ein interessantes Muster. Der Satyr mit den Puschelohren hatte entweder bereits über den Durst getrunken, oder er war ein exzentrisches Naturell. Er schaffte es mit seiner überschwänglichen Art, seinem düsteren Gegenüber ein schwaches Lächeln zu entlocken. Das gelang nicht vielen - besonders, da das Lächeln echt war.


    »Gute Namen sind das«, sprach Kyriakos mit seinem unverkennbar dorischen Akzent. »Doch meinen hast du nicht erraten. Marsyas darfst du mich nennen. Die Fluten sind es, denen ich entstieg. Und mit wem habe ich die Ehre?«

  • "Oh, Marsyas,hochgerühmter Virtuose, dass ich dich nicht gleich erkannt habe," sprach ich mit spielerischem Ernst, "wo doch dein kühner Wettstreit - und dein qualvolles Schicksal! - in aller Munde sind. " Ich trank ihm solidarisch zu und stellte mit einem kleinen Schulterzucken fest: "Diese Olympier sind eben einfach schlechte Verlierer."
    Was für ein interessanter griechischer Akzent war das. Er erinnerte mich an den meines Custos Arkadios, war zugleich etwas rauer und kontrastierte reizvoll mit dem weichen Schwung der Lippen, über die soeben der Hauch eines Lächelns gezogen war.
    An das Fass gelehnt, einen Arm locker aufgestützt, erwog ich, wer oder was ich denn eigentlich war? Der erste Impuls, mich ebenfalls in ein mythisches Gewand zu hüllen, ging mit einem seltsamen Anflug von schlechtem Gewissen einher... als würde dies die unerreichbare Einzigartigkeit Manius' und meiner Meditrinaliennacht bedrohen. So ein Quatsch. Mit einem weiteren tiefen Schluck spülte ich den störenden Missklang herunter, dachte mir aber doch lieber selbst etwas aus.
    "Ich bin Serenus. Genius eines herrlichen Weinberges! In Campania liegt er, von seinen Hängen blicke ich aufs Mare Nostrum und keltere einen vortrefflichen Massiker. Wer ihn kostet, der... schmeckt der Sonne Glut, vergisst alle Sorgen und wird sogleich zum Dichter."
    Übermütig malte ich mit dem Finger in der Lache, die beim schwungvollen Anstoßen aus unseren Bechern geschwappt war, einen Berg und eine symbolische Rebe.... dann führte ich den Finger geistesabwesend zum Mund um ihn abzulecken... und machte eine höchst irritierende Entdeckung.
    "Per omnes deos! Trinkst du etwa... Wasser?" Kein Wunder dass er so düster erschien!
    "Dionysos weint, wenn er das sieht!"
    Ohne Säumen winkte ich dem nächsten Schankburschen (nebenbei bemerkt, eine geschmeidige Augenweide, er trug einzig ein paar zusammengeknüpfte Schnüre und golden aufgemalte Schnörkel am Leibe) und bestellte eindringlich: "Wir brauchen einen Krug Massiker. Ganz dringend." Hoffentlich hatten sie hier überhaupt welchen. Doch es schien kein Problem zu sein. Die Schnüre schwangen um die Hüften des Jünglings, als er loseilte.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • "Dass du mich nicht erkanntest, mag daran liegen, dass ich für Äonen am Grunde des Flusses wohnte und nicht wagte, mein Haupt aus den Fluten zu erheben. Mag sein, dass man sich meiner kaum noch erinnert. Doch hier bin ich - fast zur Gänze genesen. Und ich habe meine Lehren gezogen. Vor allem die, dass es gefährlich ist, der hässlichen Fratze alter Macht etwas Schönes und Neues entgegenzusetzen."


    Die Geschichte des Satyrn, der sich als Serenus vorstellte, war das Gegenteil von seiner, sie war so heiter wie sein Name. Sie war eines ausgelassenen Satyrn im Gefolge des Bacchus würdig.


    "Bacchus umgibt sich vermutlich gern mit deiner Gegenwart. Es scheint, als fließe durch deine Adern selbst etwas Sonnenglut."


    Davon hätte Kyriakos gern etwas gehabt. Doch als er von dem in die raffinierte kleine Legende eingebundenen Wein trinken sollte, zögerte Kyriakos. Er trank niemals Wein, er erinnerte sich an die Lehren Lysanders und an die Heloten, die, zur Trunkenheit gezwungen, der Unterhaltung der Spartiaten während der Gemeinschaftsmähler gedient hatten. Wie hatten sie über das närrische Verhalten gelacht. Und was hatte es ihn selbst gekostet, als er ein einziges Mal im Leben trunken gewesen war. Kyriakos spürte die grauen, steingleichen Augen Lysanders auf sich ruhen, obwohl der gar nicht anwesend war. Über Zeit und Raum hinweg hatte der Krieger bis heute noch immer Macht über seinen Schüler. Als der Schankbursche zurückkehrte, griff Kyriakos entschlossen nach dem Krug und zog ihn vor sich. Er würde würde heute erstmalig gegen Lysanders Regelwerk verstoßen. Der Zauber des Sonnenweins würde den Bann brechen, der auf ihm lag. Der Satyr Serenas konnte nicht wissen, wobei er Kyriakos gerade half.


    "Mein erster Massiker", verriet Kyriakos. "Möge der Zauber seine Wirkung entfalten." Er nahm die Maske ab, damit er trinken konnte. Sorgfältig legte er sie auf der Tischplatte ab, denn sie war ihm wertvoll, auch wenn der reine Materialwert nicht sehr hoch war. Er lächelte. "Dionysos soll nicht weinen müssen, nicht wahr? Auf ein Neues. Und danach tanzen wir ... Serenus."

  • Sonnenglut in den Adern, das gefiel mir! Ich lächelte geschmeichelt. Mein Gegenüber hingegen schien erst gar nicht so angetan vom Weintrinken. Ob er vielleicht... tatsächlich Musiker war, und noch auftreten müsste, mit einem schwierigen Stück auf der Doppelflöte, das höchste Fingerfertigkeit verlangte? Oder war er gar ein lustfeindlicher Asket (das wäre zu schade).... aber was hatte ihn dann auf ein Bacchanal verschlagen?
    Als der Krug gebracht wurde, da schien er sich jedoch besonnen zu haben. Ich war kurz abgelenkt, weil ich im halbdunklen Flackerlicht die Denarii für den Schankburschen hervorkramen musste, gab diesem auch ein ordentliches Trinkgeld weil er so flink gewesen war.
    "Danach tanzen wir, unbedingt!" stimmte ich freudig zu, während ich wieder aufblickte und gewahr wurde, dass 'Marsyas' seine Maske abgelegt hatte. Einfach so, völlig unbekümmert! (Eines war schon mal klar, er war jedenfalls kein Senatorensohn auf Abwegen.) Ich übertreibe nicht, wenn ich sage: schon maskiert war er hinreißend, jetzt verschlug seine Schönheit mir den Atem. So weit waren meine Sinne, so empfänglich und ungewappnet hatte ich ihnen erlaubt zu werden hier, dass dieses Bild der Vollkommenheit mich bis ins Mark traf. Unwillkürlich blinzelte ich, schüttelte fast ungläubig ein wenig den Kopf.
    Ehrfurchtgebietend schön! Sinnenverwirrend schön!
    Schnell griff ich nach den frischen Bechern, um irgendetwas anderes zu tun als ihn kuhäugig anzustarren, nahm den Krug und schenkte den goldenen Wein in hohem Bogen ein.
    "Möge der Zauber sein Werk tun. Zum Wohl Dir.... Marsyas."


    Sein erster Massiker – da konnte ich ja seinen Horizont erweitern. Es war tatsächlich ein passabler Massiker, halbtrocken und nur wenig verdünnt. Mein Gaumen war nur leider sehr verwöhnt, Massiker mein Lieblingswein, und ich einfach einen deutlich hochwertigeren gewöhnt, somit riss er mich erst nicht gerade vom Hocker. Um den Zauber nicht zu stören ließ ich mir davon aber nichts anmerken, ließ den Wein genießerisch Schluck um Schluck meine Kehle herabrinnen. Und vielleicht hatte meine kleine Geschichte ihm doch ein wenig Macht eingehaucht, denn ich spürte, wie meine Zunge sich alsbald löste, und die Worte ohne Hemmnis ihren Weg nahmen. Früh genug würde ich wieder ein respektabler Tribun sein (um genau zu sein: morgen schon, für meine Kohorte stand Drill mit den neuen Torsionsgeschützen an) – aber heute war ich war ein lachender Satyr, Genius des Weinbergs, Gefährte des Bacchus, der alles sagen konnte was ihm gerade in den Sinn kam, ALLES!
    "Weißt du, zur Erntezeit, da ziehen sie dem Bacchus Hymnen singend in meinen Weinberg. So groß ist die Hitze, dass ein purpurnes Flirren wie ein Schleier über den Reben liegt. Wie das Weinlaub sich windet, grün und golden... Wo kein Schatten fällt, da bricht die Erde auf und atmet überreifen Wandel. Die Trauben, die herrlichen Trauben sind so prall, sie bersten schier vor Süße. Nur die erlesensten Schönen von Campanien sind es dann, die sie mit bloßen Füßen stampfen..."
    Wieder fuhr mir gebieterisch der Rhythmus in die Füße, ich stampfte auf, straffte mich und hob fließend den Arm, schnippte in die Finger wie ein Tänzer von Gades.
    "Aah, die Tänze der Weinlese... komm, Marsyas!"
    Ich bot ihm die Hand, begierig mich mit ihm in den satyrischen Reigen zu stürzen.

  • Letztlich tranken hier alle, es konnte also nicht zu schwierig sein und ein Becher Massiker war wenig. Andere tranken den Wein amphorenweise. Schluck um Schluck rann das Getränk durch die Kehle von Kyriakos, als sei er ein erfahrener Zecher. Doch für ihn, der den Geschmack nicht gewohnt war, schmeckte der Alkohol trotz der Verdünnung scharf und brannte in seinem Rachen. Wie konnte ein kaltes Getränk Hitze auslösen? Er unterdrückte ein Husten, Wärme breitete sich aus in seinem Inneren und Tränen stiegen in seine Augen, die nun im Feuerschein glänzten.


    "Wahrlich flüssige Sonnenglut", sagte er heiser. Ein Räuspern stellte seine Stimme wieder her. "Ich bin noch nie in Kampanien gewesen ... aber ein Land, in dem solcher Wein wächst, muss ein gutes Land sein."


    Vielleicht sollte er einmal dorthin reisen. Reisen? Wann hatte Kyriakos das letzte Mal an eine Zukunft gedacht, die nicht nur aus seinen dreckigen Geschäften, Rachegelüsten oder allumfassender Schwärze bestand? Irritiert blickte er in den Becher. Der Wein machte ihn ... glücklich. Dann blickte er auf. Vor ihm tanzte Serenus auf seinem Stuhl und schnippte mit den Fingern. Von wem ging nun dieser Zauber aus? Kyriakos suchte eine rationale Erklärung für seine plötzliche gute Laune, doch seine gottlosen Gedanken könnten alles zerstören und bevor sie das vermochten, fegte er sie beiseite. Für diese Nacht wollte er sich gestatten, dass sein verlorener Glaube zurückkehrte, aus seiner Jugend, als die Welt noch voller Wunder gewesen war und die Götter ihn liebten. Heute war er nicht Kyriakos, der Hoffnungslose, sondern Marsyas, ein Geschöpf höherer Sphären, das sich nach seiner Schindung während Äonen der Ruhe im Fluss erholt und eine Menschenhaut angelegt hatte, um unter Sterblichen zu wandeln wie es auch Serenus tat, der heitere Genius des Weinbergs aus der Campania.


    Und so wurden sie in seinem Geist Sonne und Nacht, Licht und Dunkel, die einander in der Dämmerung getroffen hatten.


    Der fröhliche Satyr mit den Puschelohren tanzte bereits im Sitzen, so wollte Kyriakos nicht länger zaudern. Plötzlich zwängte sich eine Menschenmenge an ihrem Tisch vorbei und nahm dabei wenig Rücksicht. Ein Tross von Zechern in Tierhäuten wankte vorbei, wobei sich jeder am Vordermann festhielt. Die befellte Tiermenschenschlange johlte, geriet außer Kontrolle und stürzte. Sich windend und stöhnend wanden sie sich hernach am Boden, der Rauch der Feuerschalen trug den Geruch ihrer erhitzten Körper an seine Nase. Die Schlange wurde eins. In seinem Rausch erschien sie Kyriakos tatsächlich wie ein Wesen, das sich in diesen Zechern manifestiert hatte wie Python, der aus faulendem Schlamm entstand. Fell statt Schuppen hatte der Faulige also gehabt, bevor er mit tausend Pfeilen erschossen worden war.


    Mit langsamen Bewegungen, die seinem aufsteigenden Rausch geschuldet waren, legte Kyriakos seine Maske wieder an. Ein Trinkrohr wäre praktisch gewesen, dann hätte er sie nicht ablegen müssen ... das nächste Mal würde er schlauer sein. Die Maske saß erneut und Serenus bot ihm die Hand. Kyriakos sah ihm in die Augen, als er sie ergriff und sich auf die Füße ziehen ließ.


    "Pythons letzte Sinnesfreuden", sagte er und stieg, ohne die Hand loszulassen, über die zuckende Schlange hinweg, um Serenus zu den Tänzern zu führen, hin zur Musik, hin zur Ekstase, um vollends zu vergessen, wer er einst gewesen war.

  • So düster der schöne Marsyas anfangs erschienen war, so unschuldig wirkte er jetzt. Als ob er noch nie Wein getrunken hätte! Und auch die Wahl seiner Maske wies darauf hin, dass er kein routinierter Orgiengänger war – Profis benutzten nämlich Halbmasken, die jegliche Aktivitäten des Mundes gestatteten - wie zum Beispiel meine (die darüber hinaus mit ihren unvergleichlich neckischen Pinselohren bestach.) Oh ja, meine Menschenkenntnis war in langen Gardejahren so geschult, da entging mir auch beschwippst kein Detail!
    Aber ich tat natürlich immer gern mein bestes, tugendhafte Schöne auf dem Weg ins Laster zu unterstützen.
    "Vielleicht", flirtete ich mit einem undezenten Augenzwinkern, "nehme ich dich ja mal mit in meinen Weinberg!"


    Huch! Das einzige Problem an meiner famosen Maske war, dass sie das Gesichtsfeld einschränkte, und so erschrak ich, als als jählings eine Welle wildgewordener Halbwesen korybantengleich über uns hereinbrachen. Trotzdem umklammerte ich geistesgegenwärtig den Krug – da war nämlich noch was drin! Wie sie dann purzelten und drollig taumelnd versuchten, wieder auf die Füße zu kommen, war ein komischer Anblick, dazu Marsyas trockener Kommentar... ich prustete los und stieg lachend, Marsyas an der einen Hand, den Krug in der anderen, über das Menschenschlangenknäuel hinweg, über zertretene Kränze, Becherscherben und Weinpfützen, durch Schleier von Räucherwerk und wummerndem Takt, in das Herz des Tanztumultes hinein.


    Direkt aus dem Krug nahm ich noch einen tiefen Zug, dann wurden wir einfach mitgerissen vom Wirbel des wilden Reigens, ein feines Zimbelschwirren lag wie Zikadensang unter allem, sphärische Saitenklänge wurden von Trommelschlägen wie Peitschenzucken durchbrochen, es war eine vollkommen irre, brutale und sinnliche Musik, die den himmlischen Apollo (den miesen Häuter) sicher sogleich schmerzverzerrt in die Flucht geschlagen hätte.
    Der Priapus, dessen ithyphallische Pracht ich zuvor schon bewundert hatte, war der Vortänzer eines rasanten Cordax, er schnellte schwungvoll umher, wiegte sich, warf kunstvoll die Beine. Verzückt zog ich den schönen Marsyas an mich, legte ihm einen Arm um die Hüften, um an seiner Seite und mit ihm mich dem aufpeitschenden Takt zu ergeben. (Der Krug war irgendwie bei einem anderen Tänzer gelandet, einem mit im Sprung auf und ab flatternden Schweineohren, egal.)
    Schon immer habe ich es geliebt zu tanzen, als Kind bei den iberischen Festen, und tatsächlich hatte ich auch bei den Tänzen zur Weinlese auf unseren Familiengütern mitgemacht, solange ich noch so klein gewesen war, dass es nicht unstatthaft gewesen war; in meiner Jugend dann hatte ich hier in Rom die Nächte durchgetanzt, bevor ich sub aquila gegangen war und es aus gewesen war mit dem Spaß. Etwas eingerostet war ich wohl, verlernt hatte ich es aber nicht. Es war so herrlich! Und so zutiefst unrömisch! So herrlich unrömisch!
    Mit dem überschäumenden Frohlocken von jemandem, der grimmen Autoritäten gerade kurz glücklich entkommen ist, setzte ich die Füße, reckte mich stolz wie ein Stierkämpfer, sprang und stampfte leichtfüßig im Takt und schwang die Hüften, tanzte ich den Reigen, selbstvergessen und eng an Marsyas' Seite.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Und dann waren sie mitten im Geschehen. Die Trommelschläge vibrierten in Kyriakos´ Brust. Langgezogene, melodische Schreie, von denen nicht zu sagen war, ob sie Gesang darstellten oder Rufe waren, tönten von allen Seiten. Viele der Tänzer hatten sich zu Paaren zusammengefunden, die sich tanzend und springend umwarben, einander näherten und dann kokett mit Drehungen wieder auswichen, während andere Paare bereits körperlicher zugange waren. Ein ausgelassenes Treiben, eine Huldigung der Lebensfreude, wie Kyriakos sie seit Jahren nicht erlebt hatte. Auf das freche Zwinkern samt der Aussicht auf einen Weinbergbesuch hin musste Kyriakos breit lächeln. Dieser Satyr schien ihm ein routinierter Charmeur zu sein und vielleicht auch ein kleines Schlitzohr.


    "Die Einladung würde ich annehmen, würde ich sie denn eines Tages erhalten. Und mich entsprechend revanchieren, Serenus."


    Wobei, klein war Serenus nicht, jetzt, wo er stand. Es waren die Puschelohren gewesen, die Kyriakos aus irgendeinem Grund zu der Annahme verleitet hatten, der andere Satyr müsse klein gebaut sein. Lange mustern konnte Kyriakos ihn nicht, ehe Serenus zu tanzen begann. Serenus schob ohne Scheu den Arm um seine Hüfte, wobei er feststellen durfte, dass die schwarze Chlamys von Kyriakos nicht von einem Gürtel gehalten wurde, sondern lose um seinen Körper lag. Darunter trug er nichts, doch im Gegensatz zu anderen hier war er dennoch verhältnismäßig züchtig bekleidet. Kyriakos ließ es geschehen, er hatte keine Berührungsängste und fand die römischen Sitten grausig prüde. Nun tanzten sie gemeinsam, der Takt der Musik wurde der Takt ihrer Körper. Und sogleich stellte Kyriakos fest, dass er mit Serenus einen geübten Tänzer an seiner Seite hatte, so flüssig wie seine Bewegungen sich in die aufschwingenden Töne fügten. Kyriakos ging es nicht anders, er hatte besonders den brachialen Korybantentanz geliebt.


    "Was für ein Abend", rief er gegen den Lärm an, während er das Tempo von Serenus hielt. So lange sie sich nicht drehten, war das kein Problem. Nur bei den Sprüngen konnte er sich nicht beteiligen, er glich es durch ein Wiegen aus, das von den Knöcheln hinauf über die Knie und die Hüfte bis in die Schultern führte, währen er zeitgleich im Takt stampfte.


    Als er auch seinen Arm um Serenus schob, spürte er dessen drahtigen und gut trainierten Körperbau. Vielleicht ein berufsmäßiger Tänzer? Seine Bewegungen waren geschmeidig und flüssig, seine Körperbeherrschung beachtlich. Kyriakos legte die umarmende Hand flach auf seine Taille, um die darunter arbeitenden Muskeln zu spüren. Was er fühlte, gefiel ihm. Der Wein sorgte dafür, dass Kyriakos der Sinn nach noch mehr Nähe stand, doch er zügelte sich bewusst, wie er es auch stets bei Velia getan hatte und den anderen seltenen Momenten, in denen er so empfand. Dieser Mann war kein Freier. Was sie gerade gemeinsam erlebten, war auf eine unbezahlbare Weise wertvoll.

  • Aber Hola, er hatte gar nichts drunter! Schon kam meine kleine Theorie über den tugendhaften Marsyas wieder ins Wanken, und ich kam mir, mit Chiton und Bronzegürtel und Subligaculum ganz kurz geradezu verklemmt über-angezogen vor. So war das mit den Griechen, sie hatten so was... unbefangenes, so was freies... (Ich hätte als Grieche geboren werden sollen.)
    Marsyas war heiß! Von allen Satyren in diesem Gewölbe war ich wohl gerade der meist-beneidete. Ich schwelgte in seiner Nähe, der Schönheit seiner kraftvollen Bewegungen, im Feuer seines Tanzes, unserer Harmonie im Takt. Wobei er etwas... erdgebundenes an sich hatte. Ich hielt mich an ihm fest und sprang beim Crescendo der Musik in die Luft, wobei ich übermütig die Fersen seitlich gegeneinander schlug; dann kam ein langsameres Stück, und ich ließ im Tanzen andächtig meine Hand unter den Faltenschwung seiner Chlamys wandern, entdeckte erfreut die ausdefinierten Konturen seiner Bauchmuskeln. Seine Hand auf meiner Taille war heiß und herrlich und mir sehr willkommen. Erinnern wir uns: ich konnte ALLES sagen.
    "Was bist du schön, Marsyas!" Überwältigt wandte ich den Kopf seitlich zu ihm, atemlos, sah nun wiederum nur das ungerührte eiserne Profil, gekrönt von den angriffslustigen Hörnchen, spürte zugleich die leidenschaftliche Spannkraft seiner Bewegungen. "Wie ein Wetterleuchten im Gebirge. Wie der Glanz im Auge des Panthers. Wie... wenn das Mondlicht zersplittert, auf stürmischem Meer..."
    Ach, Worte... Wie hinfällig waren doch Worte...

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Serenus versuchte wohl, ihn zum Sprung einzuladen, doch Kyriakos war nicht in der Lage, der Bewegung zu folgen. Die plötzliche Bewegung riss ihre Arme kurzzeitig vom anderen weg. Serenus sprang aus dem Stand so hoch, dass seine Füße einen Augenblick in Hüfthöhe von Kyriakos schwebten. Die Fersen schlugen aneinander, dann stand der Puschelohrige wieder neben dem strauchelnden Kyriakos. Dessen Hand fasste rasch die Chlamys an Serenus´ Flanke, so dass er seinen festen Stand wiederfand.


    »Immer langsam!«


    Unter der ernsten Maske lachte Kyriakos leise über die überschwänglich gute Laune des Genius´ vom Weinberg, der ihn nun mit Komplimenten überhäufte, während er den nackten Bauch des Dunkelsatyrn befühlte. Kyriakos hielt einen Moment inne, um die Liebkosung auf sich wirken zu lassen, wobei er seinen Bauch nicht zusätzlich anspannte, um mit seinen Muskeln zu prahlen, sondern nur genoss. Die Art, in der Serenus sich gab, hatte etwas Einnehmendes und Entwaffnendes. Sogar ihm, der schon viele Schmeicheleien gehört hatte, trieben diese Worte das Blut die Ohren oder vielleicht war es auch die Zärtlichkeit - oder vielmehr beides zugleich. Der alte Götterfresser Kronos sollte ihn verschlucken, wenn er da nicht mithalten wollte. Kyriakos griff die Lichtmetapher auf, die der andere Satyr verwendet hatte, um seine eigene Schwärmerei in ein Gewand aus Worten zu hüllen, während seine Hand nun den Konturen der Taille hinauf folgte, um die Brust von Serenus zu befühlen, die unter zu viel Stoff verborgen lag. Doch der Saum ließ sich zur Seite streichen, was Kyriakos nun tat, den er wollte die Haut spüren und die vielversprechende Muskulatur, die sich darunter wölbte.


    »Und du, mein heiterer Serenus«, sprach Kyriakos, »warst von deinem Massiker in Licht verwandelt. Du hast Helios als Funken über den Himmel begleitet. Du brachst als Sonnenstrahl durch die Winterwolken. Wie der erste Frühlingstag nach langem Frost hat du die Eisdecke meines Flussbettes getaut und mich erneut geweckt. Durch das Dunkel folgte ich deiner Spur. So trafen wir uns hier.«


    Kyriakos taute wahrlich immer weiter auf. Es war sieben Jahre her, seit er das letzte Mal ausgelassen gefeiert und mit jemandem in spielerischer Manier gesprochen hatte. Die anfänglich wachsame Zurückhaltung war vom Sonnenwein und von Serenus´ guter Laune hinfortgespült worden. Kyriakos war rundum glücklich.

  • Beinahe hätten meine Kapriolen uns von den Füßen gerissen, doch uns aneinander festhaltend fanden wir lachend das Gleichgewicht wieder. 'Immer langsam' war aber nicht Marsyas Devise... ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss bei seinen poetischen Worten. Komplimente zu machen, das fiel mir ja leicht, aber ein solches... ein so wunderschönes... zu bekommen war ein anderes Kaliber und brachte mich gelinde aus dem Konzept. Ich hätte es mir aufschreiben und mit Gold einrahmen wollen (für schlechte Zeiten).
    "Oho, welch silbersüß betörende Zunge verbirgt sich unter diesem stählernen Antlitz! Du bist wahrlich ein Satyr voll Überraschungen!!", scherzte ich leichthin, dabei fragte ich mich unvermittelt... eine Hand unter seiner Chlamys, während die seine verheißungsvoll über meine Brust strich... : Was passierte eigentlich gerade?
    Ich war hierher gekommen für etwas Abwechslung und bestenfalls eine schnelle Nummer in den Bädern... und ganz klar nicht um mir mal wieder vollends den Kopf verdrehen zu lassen.
    Zögernd, tief durchatmend... Räucherwerk, Weindunst, Öl und frischer Schweiss stieg mir in die Nase... erinnerte ich mich bewußt daran, dass all dies hier nicht echt war. Es war ein wenig Glanz und Glimmertünche, ein paar gestohlene Scharade-Stunden, flüchtiger Rausch der mit dem ersten Sonnenstrahl zu Katzenjammer wurde.


    Doch als wolle der Genius des Festes selbst mich nicht vom Haken lassen, geschah in gleichen Moment folgendes: die Musiker verstummten. Die Tänzer hielten inne. Es wurde still in den Gewölbe. Dann flammten zwei Feuerschalen auf einer Plattform an der Stirnseite des Raumes hell auf, und umfassten die Silhouette einer stattlichen Mänade, die mit dem Rücken zu uns stand, reglos im blutroten Gewand, die Haarpracht in Locken hochaufgetürmt und von Funkelsteinen gekrönt. Man schien sie/ihn zu kennen, denn ein erwartungsvolles Raunen ging durch die Menge. Dann, ein Gongschlag. Majestätisch wandte die Schöne der Nacht sich zu uns, und hob an zu singen mit einer Stimme, so tief und voll und wohltönend, dass mir eine Gänsehaut über den Rücken rieselte. Erst einen Takt später setzten die Instrumente wieder ein, und begleiteten säuselnd und schluchzend das Lied der Mänade. Wovon genau sie sang, hätte ich später gar nicht mehr sagen können, es war irgendwas von Sehnsucht und einem schnöden Geliebten, der sie immer vertröstete...


    ... und unter normalen Umständen hätte ich es wohl eher kitschig gefunden, aber hier und jetzt und so war es zauberhaft.... Ich lauschte gebannt und mitgerissen, hatte alle Vorsicht schon wieder vergessen, war eng an Marsyas herangerückt, meine Hände nun beide kosend unter seinem Gewand, meine Lippen sacht die bloße Schulter erst streifend, dann küssend.
    "Ich glaube... " raunte ich ihm zwischen zwei Strophen ins Ohr, "Ich kann noch viel mehr erwecken....."

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Nach den letzten Worten von Serenus geschah etwas Merkwürdiges: Die Musikanten hörten auf zu spielen, die Tänzer hielten inne und jede Stimme verstummte. Die Zeit stand um die beiden Satyrn herum still. Sie schienen sich in einer Abkapselung der Wirklichkeit zu befinden, als sie sich gegenseitig durch die Öffnungen der Masken tief in die Augen sahen. Kyriakos stutzte. War das eine Nebenwirkung des Rausches? Oder meldete sich tatsächlich eine Gottheit zu Wort? Was geschah hier? Ein plötzliches Flammenrauschen zerriss die Zeitkapsel. Erbarmungslos wurden die beiden Satyrn zurück in die Gegenwart geschleudert, wie um sie daran zu erinnern, dass sie unter ihren Masken Sterbliche waren, dem Werden und Vergehen erneut ausgeliefert. Ihre Zeit verrann, die Nacht verstrich und wie, um das aufzuhalten, hielt Kyriakos Serenus noch stärker fest.


    Die Mänade, die den Zeitzauber mit ihrem Feuer aufgehoben hatte, erhob kraftvoll ihre Stimme. Das Aussehen des singenden Wesens befand sich in jener geheimnisvollen Schwebe zwischen Mann und Frau. Ein neuer Zauber begann. Und nach kurzem Zögern empfand Kyriakos ihn nicht weniger angenehm als den vorherhigen. Denn verstreichende Zeit verhieß auch Zukunft. Die Satyrn waren zu einem eng umschlungenen Paar verschmolzen. Die heißen und von Bartstoppeln umsäumten Lippen des Serenus fuhren über Kyriakos´ Schulter. Licht und Schatten ... dieser Gegensatz verschwand, als sie eng umschlungen dem Musikstück lauschten, das Kulisse ihrer eigenen Bühne zu sein schien, als würde die Mänade ihnen zu Ehren singen, anstatt dass sie hier nur zu Gast waren. Das war ihr Abend, der von Serenus und Marsyas, vom Sonnensatyrn und vom Dunkelsatyrn, zwei Gegensätze vereint.


    Noch mehr erwecken wollte Serenus ... Kyriakos lächelte und heute lag keinerlei Selbstgefälligkeit darin. Stattdessen zog er Serenus noch näher an sich heran, so dass er spüren konnte, dass das bereits geschehen war.


    »Dein Zauber war schneller als deine Zunge«, raunte er, während er sich langsam an ihm rieb.


    Kyriakos kostete vom Licht des Serenus und Serenus von der Dunkelheit des Marsyas, als sie sich eng umschlungen streichelten. Kyriakos` Finger fuhren ins Genick von Serenus, um ihn dort, wo der Haarschopf begann, festzuhalten. Eine deutliche Bewegung des anderen Satyrn würde dazu führen, dass Kyriakos ihn wieder freigab. Doch es gab Leute, die mochten es, wenn man sie sicher hielt. Mit der eisernen Nase fuhr er die stoppelige Halspartie des anderen Satyrn englang, sich dem Ohr nähernd, in das er sanft den Eisenmund drückte.


    »Und vielleicht vermag ich es ja auch bei dir.«

  • Ein wohlig erschauderndes Seufzen kam über meine Lippen. In der Sparte 'geistreiche Erwiderungen' war mit mir nicht mehr viel anzufangen, ich war hin und weg in der Umarmung. Als würde es etwas bedeuten, so fest hielt er mich, ich spürte sein Begehren und auch das meine strebte machtvoll empor. Nun waren wir voll und ganz Satyren!
    "Mmhm....."
    Sein Mund war kalt, sein Atem heiß, und für mein Leben gern hätte ich ihm jetzt sofort die eiserne Maske vom Gesicht gerissen, um die weichen Lippen darunter mir zu eigen zu machen.
    "Komm mit!"


    Nur widerstrebend löste ich unsere Umschlingung, ließ meine Hand aber auf der herrlichen Wölbung seines Gesäßes liegen, und begann uns einen Weg von der Tanzfläche zu bahnen. Das Lied der Mänade verklang hinter uns in aufbrandendem Applaus und Ovationen. Ich steuerte den Durchgang zum Badebereich an, entrichtete einem schmerbäuchigen Pan den Obolus, dafür erhielten wir Badetüchter und ein kleines verkorktes Tongefäß. Ungeduldig streifte ich die Sandalen von den Füßen. Wir traten durch einen Vorhang, unter meinen Füßen war der Mosaikboden warm, Dampf hing schwer in der Luft, verschleierte die Sicht, und um uns war ein Widerhall von Plätschern und Rauschen, rhythmischem Klatschen und Stöhnen. Aus dem Dunst schälte sich dann ein Knäuel von Bacchanten, die in einem flachen Bassin hitzig miteinander zugange waren, einer winkte uns sogar einladend zu, doch auch wenn sie einen anregenden Anblick boten - mir war heute so gar nicht nach teilen.


    "Ein anderes Mal..." lehnte ich höflich ab und führte Marsyas bestimmt weiter... nur wohin war gerade schwer zu sehen, in dem Halbdunkel. Die Therme war nicht groß, auch nicht besonders schick im Vergleich zu den öffentlichen Prunkanlagen, aber sehr verwinkelt. Die Steingestalt eines Tritons tauchte vor uns auf, aus seinem Muschelkrug floss in kräftigem Schwall das Wasser in ein Becken zu seinen Füßen... will sagen Flossen... zugleich stieß ich mit dem Zeh gegen eine Massagebank und beschloss, dass es nun genug war mit der Suche nach einem lauschigen Plätzchen.
    Als ob wir noch tanzen würden, so schwungvoll zog ich Marsyas an mich, drückte ihn mit meinem entflammten Körper gegen den Sockel der Statue, um da weiterzumachen wo wir zuvor schon gewesen waren. Begehrlich küsste ich seinen Hals hinauf, bis mir die kalte Eisenbarriere Einhalt gebot, zugleich löste ich meinen Gürtel, der mit einem hellen Klang zu Boden fiel.
    "Wie komme ich nur..." schmachtete ich scherzend, ...an deine Lippen...? Hab Erbarmen du nachtschönster, kunstfertigster aller Satyren und lass die Maske fallen, bevor ich vor Sehnsucht noch ganz vergehe...!!"

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Der Gürtel des Serenus fiel und der Chiton entfaltete sich in federleichtem Hauch um die schlanke Gestalt. Als wolle er die Flügel ausbreiten, um erneut hinauf zu Helios zu fliegen, der ihn in seinem Gefolge sicher vermisste. Nur für einen kurzen Augenblick hatten sich die beiden Satyrn für diesen Handgriff voneinander gelöst. Sogleich zog Kyriakos sein lichtes Gegenstück wieder an sich, dessen Mund mit sanftem Stoppelkratzen die weiche Haut an seinem Hals liebkoste, hinauf bis zu dem Punkt, an dem die Eisenmaske verhinderte, dass auch ihre Gesichter einander berührten.


    Kyriakos sah Serenus in die Augen. Ob dieser erkannte, dass der Blick nach seiner Seele tastete, wusste der Dunkelsatyr nicht. Wahrscheinlich war es der Rausch, der Kyriakos empfindsam machte, denn die übrige Zeit seines Lebens funktionierte er wie ein Apparatus. Doch all die Automatismen, die ihn sonst durch den Tag trugen, schienen ausgerechnet unter der Eisenmaske nicht mehr zu funktionieren, sondern dem Mann Raum zu machen, der Kyriakos hätte werden können. Kyriakos schnaufte leise und voller Sehnsucht. Doch die Masken allein verhinderten nicht ihre Menschwerdung, sie waren Serenus und Marsyas, so lange sie diese Namen trugen. Der Zauber würde nicht verfliegen, wenn die Maske fiel.


    Die heißen Küsse auf seiner Haut brachten Kyriakos dazu, den Kopf zu drehen und zu neigen, um seine Kehle zu entblößen, von wo aus die Hitze in seine Lenden floss. Die Zärtlichkeit von Serenus wurde erwidert mit warmen und starken Händen, die über seinen Körper glitten. Wie fest er sich anfühlte, regelmäßige Leibesübungen hatten ihn zweifelsohne gestählt und zu gern würde Kyriakos diesen Satyrn endlich ganz erkunden. Hier in dem warmen Bad war der geeignete Ort dafür, sie waren unter sich - den übrigen Gästen schenkte Kyriakos nicht einmal einen Blick. Was sollte ein anderer ihm geben, das nicht auch Serenus geben konnte und das wohl auf höherem Niveau?


    Und so löste Kyriakos das Eisen von seinem Antlitz und zeigte sich äußerlich als jener, der er war. Das Innere aber spielte keine Rolle zu dieser Zeit, auch wenn es in ihm brannte, als wäre er erneut zum Leben erwacht. Eine Illusion machte er sich nicht und dennoch lächelte er Serenus zu, kaum dass sein Gesicht bloßlag.


    »Und nun du, mein Sonnentänzer. Ich beschwöre dich, Satyr mit dem Glutherzen, lass mich sehen, wie die Götter dein Antlitz geformt haben, wenn sie schon bei deinem Geist solch eine solche Kunstfertigkeit an den Tag legten.«

  • Mit angehaltenem Atem sah ich, wie seine Hände zur Eisenmaske gingen, sie abnahmen, und darunter wiederum sein wahres Gesicht zum Vorschein kam. Das Lächeln, das um den herrlichen Schwung der Lippen spielte, war hinreißend... wie von unsichtbaren Fäden gezogen legten sich meine Hände huldigend um das makellose Antlitz, und ich reckte mich ein wenig, um auf seine stattliche Höhe zu kommen, näherte meine Lippen den seinen, um endlich... -


    WAS? ICH?!
    Erschrocken von seinem... eigentlich nur fairen... Ansinnen stockte ich nur eine Handbreit vor seinem Gesicht, unwillkürlich nach der schützenden Bronze fassend, und mein Herz hämmerte nicht wie ein Glutherz, sondern eher wie ein Hasenherz.
    "...das... das kann ich nicht." stammelte ich, hin und her geworfen wie ein Schiffbrüchiger zwischen der Sturmflut seines alles bezwingenden Charmes und den Klippen der Vernunft... oder des kleinen Restes, der mir zumindest noch verblieben war, und der mir mit kalter Spielverderberstimme sagte:
    Ganz schlechte Idee, Faustus.
    Warum hatte ich Tonto es von ihm verlangt, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ich mich revanchieren müsste! Ich sollte jetzt einen gewandten Vorwand finden, es ihm abzuschlagen... doch im Bann des Marsyas... den tiefen Blick der dunklen Augen erwidernd... als wären wir Liebende... und vielleicht waren wir das ja auch, Liebende für diese Nacht dionysischen Rausches und grenzenloser Verzückung... fiel mir kein Vorwand ein, dafür jedoch sogleich viele gute Gründe dafür, dass es doch gar nicht so schlimm war, seinem Wunsch zu willfahren.
    Marsyas ist nicht von hier. Er ist bestimmt... ein Athlet vom Peloponnes... ein preisgekrönter Pentathlet, hier für irgendeinen Wettkampf... darum trank er anfangs auch nur Wasser... also, woher sollte er mich kennen... überhaupt, mein Stern ist längst gesunken, mich kennt keiner mehr... und in dem Schummerlicht hier, da erkennt mich sowieso niemand... nur für einen kurzen Moment...


    Und in dionysischer Vermessenheit murmelte ich: "Ach was solls!" und zog mir die Halbmaske vom Kopf. Mir war, als würde ich fallen und fliegen zugleich, wie wenn ich mein Gespann halsbrecherisch im gestreckten Galopp um eine scharfe Kurve lenkte... als ich ihm mein Gesicht zeigte, und dann endlich wahrhaftig seine Lippen fand. Sie waren so heiß wie das Eisen kalt gewesen war, als ich sie küsste, zuerst ganz weich und andächtig, dann feurig und von seinem Feuer wiederum noch heißer entflammt, neckend und zärtlich ein wenig beißend, Lippen und Zungen verschmelzend. So eng umschlungen wir auch standen, es war noch immer zu viel Stoff zwischen uns, und ungeduldig schob ich seine Chlamys zur Seite, konnte sie ihm jedoch nicht abstreifen, denn dafür hätte ich aufhören müssen, ihn zu küssen und das war gerade ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Begehrlich ließ ich meine Härte an seine Lenden drücken, spürte die Macht der seinen und die berauschende Stärke seiner Umarmung, hatte, noch immer leidenschaftlich küssend, eine Hand in die Fülle seiner dunklen Locken gewühlt, die andere fuhr fest über sein muskulöses Hinterteil, liebkosend, aufreizend und fragend.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Römer neigten oft dazu, die Schönheit an merkwürdigen Kriterien festzumachen, wie der Haarfarbe, Schminke oder gar der Kleiderwahl, welche der Natur ihres Trägers am Ende nie ganz gerecht werden konnten. In seinen Augen aber war der vor Vitalität strotzende Anblick nackter, sandbedeckter Körper bei den Wettkämpfen unter der unerbittlichen lakonischen Sonne wahre Schönheit. Ob Frau, ob Mann, sie mussten Gesundheit und Leistungskraft ausstrahlen, um ihm zu gefallen. Davon hatte Serenus viel und jede Bewegung schien frei von Mühen zu erfolgen. Genüsslich ließ Kyriakos seine Hände über die harten Flanken gleiten, bis auch Serenus endlich sein Gesicht offenbarte. Harmonisch, wie seine Bewegungen es waren, alles passte zusammen. Das Haar war dunkel und die Augen blau, wie Fächer waren die langen Wimpern, doch seine gleichmäßigen Züge waren es, die Kyriakos begeisterten. Einst musste dieser Satyr ein hübscher Knabe gewesen sein - nun war er ein schöner Mann.


    »Was für ein edles Antlitz«, sprach Kyriakos. »Kein Wunder, dass du es versteckst. Vor lauter Umwerbung könntest du dich sonst nicht retten. Aber keine Sorge, ich bin hier und gebe auf dich Acht. Kein anderer soll sich dir nähern, so lange ich an deiner Seite weile.«


    Er wünschte keine Ablenkung von diesem vollkommenen Augenblick. Und dann ... geschah das Unglaubliche, als die heißen Lippen seines Gespielen Kyriakos´ Mund berührten. Er hatte das Gesicht des Serenus sehen wollen, um sich daran zu erfreuen und um es zu liebkosen. Doch niemals küsste Kyriakos auf den Mund. Einige wenige Tabus hatte er sich bewahrt, nicht alles sollte zu einem Geschäft verkommen. Dieses hier war sein Wertvollstes, denn seine Küsse hatte er sich aufgespart für die Frau, der er sein Herz zu Füßen gelegt hatte. Velia, die ihm unmissverständlich klar gemacht hatte, dass er sie auf keine Weise je besitzen würde - nicht einmal für Geld. Kyriakos schloss nicht die Augen, sondern während ihre Lippen aneinander saugten, ihre Zähne sanft daran zogen und ihre Bartstoppeln sacht kratzten, betrachtete er den Mann, der nichts davon ahnte, welches Geschenk Kyriakos ihm heute machte.


    Serenus wurde so leidenschaftlich, dass Kyriakos sich ein wenig schwindelig fühlte vor Überwältigung. Eine Hand fest in seinen Locken, die andere an seinem Gesäß, ließ Serenus nun durchklingen, dass er mehr wollte. Auch Kyriakos wollte mehr ... Von seiner Chlamys, die ständig im Weg hing, hatte er genug, er riss sie sich mit einer Hand vom Hals und warf sie fort. Dann nahm er die andere Hand zur Hilfe, um auch den Gespielen aus seiner Kleidung zu befreien.


    »Serenus«, keuchte er leise zwischen zwei Küssen, während er einen guten Griff suchte, um dessen Kleider vom Leib zu ziehen. Wenn sie dabei Schaden nahmen - sei es drum. Er würde sie ihm ersetzen und die gleiche Summe drauf legen. Kein materieller Wert hatte in diesem Moment eine Bedeutung. »Ich will dich ganz«, raunte Kyriakos, griff nach der Hand auf seinem Gesäß und schob sie tief unter seinen Steiß.

  • Noch im Küssen, im berauschendsten Küssen, zuckten meine Schultern vor verhaltenem Lachen ob seiner gewandten Schmeichelei, mit der er sogar mein Zaudern auf das Charmanteste entschuldigt hatte. (Vielleicht war Marsyas ja gar kein Athlet sondern ein Dichter, auf Lobeshymnen spezialisiert. Oder beides, die Griechen waren oft so begabt!) Auch das sich-mich-aneignende in seinen Worten gefiel mir wohl... Endlich fiel sein Gewand, und stürmisch zog er auch an dem meinen, ich wollte die Fibel an der Schulter lösen, doch schon machte es Ratsch und alles glitt zu Boden, es war einfach herrlich. Verzückt von seiner Leidenschaft griff ich fest zu, und knete wollüstig die perfekten Hinterbacken.
    "Sei vorsichtig was du dir wünscht!" flüsterte ich neckend in die Hitze seines Atems, grub noch einmal spielerisch leicht die Zähne in die weiche Wölbung seiner Unterlippe. "Bist du dir sicher, ja? Ganz, ja? Gut, du sollst mich haben..."


    Einen Schritt zurück tat ich, schwer atmend, bewunderte ihn in seiner ganzen satyrischen Pracht, ihm seinerseits die meine zeigend. Er war makellos, doch ich schämte mich vor ihm nicht meiner Narben. Aus dem Kleiderknäuel fischte ich das Tongefäß, entkorkte es und ließ ein Rinnsal in meine Handfläche fließen. Das Öl glänzte im Flämmchenschein und verströmte einen leichten Duft, irgendwie nussig. Marsyas unverwandt betrachtend, verstrich ich das Öl liebevoll auf meinem Phallus, benetzte erneut meine Hände damit und trat wiederum dicht an ihn heran, legte die warmgeriebenen Hände auf seine Lenden. Darauf ließ ich besitzergreifend eine nach vorne und eine nach hinten wandern, verrieb kosend das Öl, und seufzte hingerissen, berauscht von der schwellenden Härte und der köstlichen Hingabe unter meinen Fingern. Marsyas war das Gegenteil von fragil, hier musste ich mich nicht zurückhalten! Ihn ungestüm von hinten umschlingend drängte ich ihn gegen die Statue, kostete den heißen Augenblick aus, in dem unserer beider ölbenetzte Körper in gieriger Erwartung zueinander drängten, dann nahm ich ihn, im Stehen gegen den Sockel des Tritons gepresst. Der Rhythmus unserer Körper, der Einklang kraftvoller Stöße und keuchenden Atems, das Rauschen des Wassers, und auf meiner Zunge der salzige Geschmack seines Nackens... alles verschmolz in Eines, so wie wir, als wir unseren Satyrentanz unter dem Thyrsosstab tanzten, uns immer höher hinaufschwangen ins Reich seliger Ekstase.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!