[Hortus] Ein Nachmittag im Grünen - nach dem Besuch der Werkschau

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    | Sulamith

    Seit einigen Tagen schon hatte der Brief ungeöffnet unter Sulamiths Kissen gelegen. Hätte man sie nach dem Grund dafür gefragt, hätte sie wohl den Mangel an Zeit vorgeschoben. In Wirklichkeit war es aber mehr ihre Furcht und das Unbehagen, sich mit dem Inhalt des Briefes auseinanderzusetzen. Tiberios war schließlich Zeuge dessen geworden, was ihr widerfahren war.


    Alle Male an ihrem Körper waren inzwischen verheilt. Auch eine Schwangerschaft war ausgeblieben. Nur die schlimmen Alpträume, die sie nachts heimsuchten, wollten einfach nicht verschwinden. Dank der unermüdlichen Fürsorge ihrer Herrin und dem Versuch, alles Geschehene zu vergessen, hatte sie es geschafft, wieder ein klein wenig Freude am Leben zu finden. Zumindest schien es so nach außen hin. Dann, als sie Graecina vor ein paar Tagen zu der Werkschau und dem Treffen mit dem Decimus begleitet hatte, war sie dem furischen Sklaven wieder begegnet. Zwar hatten sie nur Blicke aber keine Worte getauscht, doch sie konnte sich noch gut daran erinnern, was sein plötzliches Erscheinen in ihr ausgelöst hatte. Ein Zucken hatte ihren Körper durchfahren. Sie hatte nicht lange seinem Anblick standhalten können. Zu groß waren immer noch der Schmerz und die Scham über das Geschehene.
    Schließlich hatte sie den Brief wieder hervorgeholt und ihn unter ihrer Tunika verwahrt. Falls sie die Gelegenheit bot, wollte sie sich nun doch endlich mit dem Inhalt beschäftigen.


    Mit ein paar Kissen und einer Decke bestückt, trat sie am Nachmittag hinaus in den Garten, um Ausschau nach einem schattigen Plätzchen zu halten. Graecina liebte es, den Nachmittag unter freiem Himmel zu verbringen. Was lag da näher, als es sich im Garten gemütlich zu machen?
    Die Hebräerin wurde schließlich fündig und breitete die Decke neben einem herrlich blühenden Oleanderbusch aus und drapierte die mitgebrachten Kissen darauf. Dies war in der Tat ein hübsches ruhiges Plätzchen! Nur die Zikaden sangen ihr schier endloses Lied.
    Nun endlich, nachdem sie sich auf ihre Knie niedergelassen hatte, nahm sie sich die Zeit, um den Brief hervorzuholen. Sie öffnete ihn und las Tiberios‘ Zeilen.


    Ad Sulamith Serva
    Iulia Graecina
    Domus Iulia
    Mons Esquilinus


    Chaire Sulamith,


    viel Zeit ist vergangen, und ich, der immer geschickt mit Worten bin, blieb dir gegenüber ohne Worte.


    Sei gewiss, Sulamith, das sich an meinem Respekt und meiner Anteilnahme dir gegenüber nie etwas geändert hat, und mögen auch Phobos und Daimos* dein Gemüt eingeschlossen haben, wie es der Dichter Aischylos beschreibt, so hoffe ich, dass eines Tages die Dunkelheit weicht, wie die Nacht der Eos weichen muss.


    Als ich dich kürzlich wieder sah, du weißt schon wo, da tat ich, als würde ich dich nicht kennen, denn ich wiederum kannte nicht diejenigen, die bei dir waren.
    Doch du sahst ruhig und genesen aus.


    Wie ist es der Ancilla ergangen? Ist sie gesund geworden und erfreut sich nun der Güte deiner kyria?


    chairete
    Tiberios
    Maiordomus Casa Furia


    Während sie las, hörte sie nicht das Knarzen der kleinen Steinchen des Gartenpfades, die die sich nahenden Schritte ankündigten.

  • Die Strafe ihres Dominus lastete schwer auf dem Gemüt der kleinen Germanin. Während sie an diesem Tag und auch die nachfolgenden Tage weiterhin die Aufgaben einer gewöhnlichen Haussklavin verrichtete. So hatte es ihr Dominus angeordert und seine Befehle wurden durchgesetzt. Und dennoch war der Rothaarigen noch immer nicht wirklich bewusst wieso sie bestraft wurde. Jedoch würde sie es kein weiteres mal wagen ihre Meinung durchzusetzen und ihrem Dominus mit ihren Fragen zu quälen. Schließlich hatte sie der iulische Maiordomus am heutigen Nachmittag in den Hortus geschickt, um die bunten Kacheln und Fliesen des Bassins zu reinigen. Ohne jegliche Widerworte hatte Iduna genickt und sich mit Eimer und Lumpen auf den Weg in den Hortus gemacht. Zum Glück brannte die Sonne nun nicht mehr so unnachgiebig und verheerend vom Himmel. Und dennoch kräuselten sich Idunas Locken noch stärker, als sich feine Schweißperlen an ihren Schläfen sammelten. Ihre Tochter trug sie in dem Tragekorb auf ihrem Rücken.


    Im Hortus angekommen ließ Iduna den Tragekorb vorsichtig von ihrem Rücken gleiten und hob Aislin auf ihre Arme. Zärtlich wuschelte sie ihrer Tochter durch die Haare. Bevoe sie das Mädchen vorsichtig zu Boden sinken ließ. Denn allmählich wurde die Halbgermanin tatsächlich zu schwer für Iduna, um ständig herum getragen zu werden. Auch wenn Iduna wusste das es noch ein langer, steiniger Weg werden würde, den sie alleine gehen musste. Abrupt schüttelte sie auch schon ihren Kopf und verbot sich jegliche Gedanken an den Kelten. Und so kniete sich Iduna auch schon an das Becken und begann die Steine zu schrubben. Während sie ihre Tochter neben sich in das Gras gesetzt hatte. Hatte sie doch, oder? Denn beim nächsten Blick zu ihrer Tochter konnte sie die kleine Halbgermanin nicht mehr neben sich entdecken. Augenblicklich spürte Iduna wie ihr Herz hastiger in ihrer Brust pochte.


    Zum Glück entdeckte Iduna ihre Tochter sogleich. Denn offensichtlich war es Aislin zu langweilig geworden und sie hatte begonnen auf allen Vieren, also krabbelnd den Garten zu erkunden. Und kam dabei Sulamith immer näher. Während Iduna ihrer Tochter hinter her eilte.

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    | Sulamith


    Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie den Brief öffnete und die sorgfältig geschriebenen griechischen Lettern zum Vorschein kamen. Sie begann, Zeile um Zeile zu lesen. Unweigerlich begann sich ihr Körper wieder zu verkrampfen und sie musste mit ihren Tränen kämpfen. Ob jemals wieder die Dunkelheit weichen würde? Die Hebräerin bezweifelte das. Es würde immer ein Stückchen zurückbleiben, ganz gleich, wie auch ihr weiterer Lebensweg aussehen mochte.


    Sie las weiter. Tiberios schrieb von der Werkschau, bei der sie sich wieder begegnet waren. 'Du sahst ruhig und genesen aus.' Ja, das hatte sie. Äußerlich war nichts mehr zu sehen. Am Tag spielte sie einfach ihre Rolle. Das gelang ihr von Tag zu Tag besser. Die Dämonen, die sie nachts erst heimsuchten, hatte sie tagsüber perfekt im Griff. Doch wenn der Tag zu Ende ging und sie endlich loslassen konnte, spürte sie, wie schwer und anstrengend es war, sich zu verstellen.


    Als sie den letzten Absatz lesen wollte, sah sie kurz auf, denn sie hatte das Gefühl, nicht mehr allein zu ein. Sulamith ließ den Brief aus ihrer Hand gleiten, der auf der Decke liegen blieb. Sie erhob sich, da sie nun auch die nahenden Schritte vernahm. Das musste Graecina sein. Doch statt der Römerin kam da ein kleines Bündel angekrabbelt. Ein Säugling, der schätzungsweise ein halbes Jahr oder nur unwesentlich älter war.
    Der Anblick dieses kleinen Wesens erweichte das Herz der Hebräerin. „Nanu, wer bist denn du? Und wo ist deine Ima?“ Sie machte ein paar Schritte auf das Kind zu und hob es vom Boden auf.
    Die Kleine schaute ganz verwundert, doch als die Fremde Person sie hochnehmen wollte, begann sie zu protestieren und schrie herzerweichend.
    „Ist schon gut, Kleines!“ Vorsichtig begann sie das Kind in ihren Armen zu wiegen, um sie zu beruhigen. Aber das war leichter gesagt, als getan!

  • Höchst aufmerksam verfolgte Iduna ihre Tochter, als sie Aislin im Gras kauernd erblickte. Was hatte das Mädchen denn dort entdeckt? Etwa ein gefährliches krabbelndes Tier das Aislin grfährlich werden könnte? Bei diesem Gedanken pochte Idunas Herz rasend in ihrer Brust und ihr brach unwillkürlich der Schweiß aus. Nicht auszudenken wenn sich Aislin verletzte und das in ihrer unmittelbaren Nähe. Bei diesen Gedanken bemerkte Iduna wie sie ihre schmalen Finger unwillkürlich zu Fäusten ballte. Das Mädchen hatte doch nur noch sie. Unwillkürlich schluckte die Cheruskerin hart und lenkte ihre Gedanken sogleich auf etwas anderes. An den Kelten durfte sie nicht mehr denken. Denn die Wunde würde jedes mal aufgerissen und es wäre schwerer diese Wunde dann immer zu schließen. Auch wenn sie Angus sllzu gerne ihre germanische Heimat gezeigt hätte. Nun ja. So würde sie eben all' ihre Liebe ihrer Tochter schenken.


    Apropos Aislin. Kauerte sie noch immer dort in einiger Entfernung im Gras. Nein! Oh nein. Die Rothaarige durfte sich von ihren eigenen Gedanken nicht leiten lassen. Sondern musste ihre gesamte Aufmerksamkeit ihrer Tochter widmen. Wo also steckte Aislin? Weit konnte sie nicht gekommen sein und das Becken lag hinter ihr. Somit konnte sie auch nicht in das Wasser gefallen sein. Ein Gedanke der Iduna erbleichen ließ und ihr Blick nun fieberhaft durch den Hortus glitt.
    “Aislin?“
    War schließlich Idunas zittriges Stimmlein zu vernehmen. Und dann vernahm sie auch schon Protestgeheul und das Herz der Germanin wurde leichter.


    Aislin unterdessen strampelte und wand sich in den Armen Sulamiths. Verstummte dann jedoch und blickte die junge Frau glucksend an. Beinahe nachdenklich mutete Aislins Blick an. Wobei das bei einem Baby noch gar nicht möglich sein konnte. Dann jedoch begann sich die Halbgermanin energischer in Sulamiths Armen zu winden. Beinahe so als wollte sie wieder zu Boden gelassen werden. Und in diesem Augenblick erreichte Iduna die Szenerie.
    “Oh. ähm. Salve. Ich hoffe meine Tochter hat dich nicht gestört?“
    Murmelte die Germanin. Während Aislin stärker strampelte und begann an den Haaren der Hebräerin zu ziehen.

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    | Sulamith


    Für einen Augenblick schien sie die Kleine beruhigen können. Der Frieden aber währte nicht lange und das Kind begann sich erneut lautstark in Sulamiths Armen zu winden und zu strampeln. Ein wenig hilflos sah sie sich um, ob nicht doch irgendwo die Mutter des Kindes steckte. Dann endlich hörte sie ein Rufen. Aislin – in den Ohren der Hebräerin klang der Name fremdartig. Doch das musste nicht bedeuten, dass er ihr nicht gefiel. Die kleine Aislin musste ein Sklavenkind sein und seine Eltern waren wahrscheinlich Germanen oder Kelten. So gut kannte sie sich da nicht aus, um gewisse Unterschiede erkennen zu können.
    Es dauerte nicht lange, bis dann auch die Mutter des Kindes erschien, die über Sulamiths Anwesenheit überrascht schien.


    Offenbar hatte die Kleine auch die Stimme ihrer Mutter gehört, denn nun war sie kaum mehr zu halten. Als Aislin dann noch mit ihren Händchen eine Strähne von Sulamiths hochgesteckten Haaren erwischte und daran zog, befand die Hebräerin, das es nun Zeit war, sich von dem kleinen Schatz zu trennen.
    „Salve! Ach nein, überhaupt nicht. Aber ich glaube, die Kleine möchte nun doch lieber zu seiner Mutter zurück!“ Damit übergab sie Iduna ihr Kind und lächelte ihr zu.
    „Du bist Iduna, nicht wahr?“ Mit der Germanin hatte sie bislang so gut wie gar nichts verbunden. Lediglich ihren Gefährten Angus kannte sie. Er hatte Graecina bereits mehrmals als Custos gedient. Sie wusste, dass sie erst seit einigen Monaten im Haus war und die Cubicularia von Dominus Caesoninus war. Unter den Sklaven erzählte man sich so manches über sie und ihren Gefährten Angus und natürlich weil sie erst kürzlich in Ungnade gefallen war. Aber Sulamith gab nicht viel auf das dumme Geschwätz der anderen Sklaven, das zuweilen recht boshafte Formen annehmen konnte. Sie zog es vor, sich lieber selbst ihre Meinung zu bilden und die Menschen danach zu beurteilen.
    „Mein Name ist übrigens Sulamith. Ich bin Domina Graecinas Leibsklavin.“, erklärte sie lächelnd.
    „Magst du dich nicht einen Moment zu mir setzen, solange Graecina noch nicht da ist?“ Die Hebräerin setzte sich wieder und bot der Germanin einen Platz neben ihr an. Tiberios´ Brief nahm sie und legte ihn zur Seite. Sie würde doch hoffentlich Iduna nicht von ihren Pflichten abhalten?


  • Die Augen des Kleinkindes leuchteten, als es von Sulamith vom Boden empor gehoben wurde. Dieses Gefühl liebte Aislin und so tat sie ihre Freude mit brabbelnden Lauten kund. Auch wenn diese Frau nicht ihre Mutter war. Dies spürte die Halbgermanin instinktiv. Und diese Erkenntnis ließ Aislin augenblicklich in den Armen der Hebräerin strampeln. Auch wechselte ihr freudiges glucksen in ein quengelndes weinen. Und zu guter letzt begann das Mädchen an Sulamiths braunen Strähnen zu ziehen. Im nächsten Moment ruhte das Mädchen wieder vollkommen ruhig in den Armen der Hebräerin und blickte Sulamith direkt an.


    Iduna unterdessen eilte ihrer Tochter nach und entdeckte diese in den Armen einer iulischen Sklavin. Einer Sklavin deren Namen ihr zwar bekannt war. Mit der sie jedoch bisher keinen näheren Kontakt hatte. Auch wenn sie das Geflüster und Getuschel in den Sklavenunterkünften natürlich wahrgenommen hatte. Doch auf derlei Geschwätz hörte die kleine Germanin nicht. Als Iduna die ihr noch so weit unbekannte Sklavin erreichte. Ließ sie ihren sorgenvollen Blick sogleich auf Aislin ruhen. Auch wenn sie wusste das die Hebräerin ihrer Tochter kein Haar gekrümmt hatte. Sorgen machte sich die Rothaarige dann doch.
    “Ich hätte besser auf Aislin achtgeben müssen.“
    Murmelte Iduna und man merkte ihr das schlechte Gewissen deutlich an.
    “Ich hoffe Aislin hat dich nicht zu sehr genervt.“
    Entschuldigte sich die Germanin und streckte ihre Arme aus, als die Hebräerin das Kind in ihre Richtung streckte. Sanft nahm Iduna ihre Tochter in die Arme und lächelte in Sulamiths Richtung.


    “Ich bin Iduna, das ist richtig. Ich bin Dominus Caesoninus Sklavin.“
    Stellte sich nun die Rothaarige mit leiser Stimme vor. Als dann die Hebräerin ihre Domina erwähnte, schluckte Iduna hart.
    “Mein ... also.. Angus hat deiner Domina als Custos gedient.“
    Tatsächlich fiel es Iduna schwer den Namen des Kelten über ihre Lippen dringen zu lassen.
    “Ich würde dir gerne Gesellschaft leisten.“
    Antwortete Iduna und ließ sich langsam zu Boden sinken. Die kleine Aislin platzierte sie auf ihrem Schoß und hielt sie sicher umfasst.

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    | Sulamith


    Es war nur verständlich, dass sich die Mutter der Kleinen Vorwürfe machte, denn hier im Garten lauerten Gefahren, die für einen kleinen Säugling, der Aislin ja nun einmal war, sehr brenzlig werden konnten. Jedoch, wenn man sich Idunas Situation bewusst machte, musste man ihr zugestehen, dass sie es nicht einfach hatte. Zum einen sollte sie ihren Pflichten nachkommen, andererseits musste sie sich aber auch um ihr Kind kümmern. Das war bestimmt keine leichte Aufgabe!
    Wieder entschuldigte sich die Sklavin. Sulamith aber wägte nochmals ab. „Nein, nein! Ganz bestimmt nicht!“ Die Hebräerin machte einen Schritt auf Iduna zu und übergab der Mutter vorsichtig das Kind. Wie zu erwarten war, beruhigte sich die kleine Ausreißerin sofort, als sie wieder die Nähe ihrer Mutter wahrnahm.


    Sulamiths Vermutungen wurden bestätigt. Dies war Iduna. Jene Frau, die mit Angus zusammen gewesen war. Weshalb sich dies geändert hatte, war ihr zwar nicht bekannt, doch sie konnte beobachten, wie schwer es der Germanin fiel, den Namen ihres Gefährten auch nur auszusprechen. Überhaupt machte sie einen sehr zurückhaltenden und eingeschüchterten Eindruck. Irgendetwas machte ihr schwer zu schaffen, glaubte die Hebräerin zu spüren. Aber natürlich würde sie die junge Frau niemals bedrängen, um den Grund dafür zu erfahren.
    Zu ihrem Erstaunen willigte Iduna ein und nahm neben ihr auf der Decke Platz. Sulamith lächelte ihr zu und sah wieder auf das Kind. „Es ist sicher schwer mit einem kleinen Kind. Das alles hier… ,“ begann die Hebräerin, um das Schweigen zwischen ihnen zu durchbrechen.

  • Für einen kurzen Augenblick musterte Iduna ihre Tochter auf dem Arm der Hebräerin und spürte den Stachel der Eifersucht in sich nagen. Denn Aislin blieb völlig ruhig in den Armen der iulischen Sklavin. Auch wenn dieser Moment nicht lange anhielt und die Halbgermanin deutlich zeigte das sie nun genug davon hatte. Doch noch streckte Iduna ihre Arme nicht in Richtung ihrer Tochter. Denn ihr Blick glitt aus dem Augenwinkel in Richtung des Bassins, dessen Fliesen von der Rothaarigen geschrubbt werden wollten. Und dennoch stand für Iduna ihre Tochter an erster Stelle. Dann kam ihr Gefährte. Und anschließend ihr Dominus und ihre Pflichten. Als Iduna abermals an den Kelten dachte, spürte sie wie ihr das Herz schwer wurde und sie hart schluckte.


    Schließlich nahm Iduna ihre Tochter vorsichtig aus den Armen der Hebräerin und gab ihrer Tochter einen zarten Kuss auf das flaumige Köpfchen. Augenblicklich schmiegte sich Aislins Köpfchen gegen Idunas Schulter und die Germanin hielt das Kind sicher in ihren Armen. Dabei stützte sie auch Aislins federleichtes Köpfchen. Und dennoch wirkten Idunas Bewegungen von deutlicher Vorsicht geprägt. Sie wollte ihrer Tochter schließlich keine Schmerzen zufügen.


    Nachdem sich Iduna neben Sulamith auf die Decke gesetzt hatte, schien sie sich langsam zu entspannen.
    “Du hast Recht. Einfach ist es nicht. Aber ich werde Aislin nicht im Stich lassen. Und gemeinsam meistern wir das schon.“
    Dabei lächelte Iduna sichtbar gequält und blickte auf ihre nun schlafende Tochter.

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    | Sulamith


    Iduna stimmte ihr zu, doch konnte man auch ein Fünkchen Zuversicht ihren Worten entnehmen. Aislin war schließlich nicht das erste Sklavenkind, dass in einem Haus wie diesem zur Welt gekommen war. Genauso wenig wie Iduna die erste Sklavin war, die ihr Kind alleine großziehen musste. Sie konnte sich bereits glücklich schätzen, dass sie die Erlaubnis dafür hatte. Aber das wusste Iduna sicher auch selbst.


    „Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann lass es mich einfach wissen“, bot sie der Germanin an, denn im Augenblick war sie sich nicht sicher, was sie sagen sollte, ohne aufdringlich zu wirken. „Auch wenn du mal jemanden zum reden brauchst… Ich werde nichts weitertragen!“, fügte sie nach einer Weile noch hinzu. Dann sah sie auf das kleine Töchterchen der Germanin, die nach ihrem kleinen Ausflug völlig erschöpft war und nun friedlich in den Armen ihrer Mutter schlief.


    ~~~***~~~



    Unterdessen machte sich nun auch endlich Graecina auf den Weg in den Garten. Begleitet wurde sie von der kleinen Ancilla, die in der einen Hand ihre hölzerne Puppe mit sich führte und in der anderen ein Säcken mit [EMAIL=https://de.wikipedia.org/wiki/Astragaloi]Astragalen[/EMAIL] hielt. Das Mädchen hatte sich inzwischen wieder gut erholt und war wieder zu Kräften gekommen. Außerdem entwickelte sie sich prächtig, seitdem sie endlich Kind sein durfte.
    Mit einigen Schritten Abstand folgte den beiden auch noch eine junge Sklavin, die ein Tablett mit drei Bechern und einem Krug[EMAIL=https://www.kochwiki.org/wiki/Rhodomeli] Rhodomeli[/EMAIL], einem erfrischenden Getränk aus Honig und Wasser, trug.


    Graecina sah sich suchend um und hielt Ausschau nach Sulamith . Doch schon bald vernahm sie die Stimme ihrer Freundin. Sie hatte wohl ein nettes Plätzchen in der Nähe des großen Oleanderbusches gefunden und war dort allem Anschein nach auch nicht allein! Kurze Zeit später erreichte auch die junge Iulia samt ihrer Gefolgschaft das schattige Plätzchen. Sulamith saß dort mit einer Sklavin auf der Decke. „Ha! Hab ich euch erwischt!“, rief sie schelmisch mit einem zwinkernden Auge als sie vor den beiden Frauen auftauchte.

  • “Ich danke dir für deine freundlichen Worte Sulamith.“
    Erwiederte die Rothaarige und schenkte der jungen Hebräerin ein freundliches Lächeln. Während ihr Blick dann doch wieder ihrer Tochter galt. Doch Aislin hatte ihre Äuglein geschlossen und schlief friedlich an die Brust ihrer Mutter geschmiegt. Abermals wurde Iduna von ihren Muttergefühlen überwältigt und sie blinzelte hastig, um die verräterischen Tränen in ihren Augenwinkeln zu verbergen. Oder waren es Sulamiths freundliche Worte die Iduna hart schlucken ließen? Denn die Hebräerin war äußerst freundlich zu ihr. Vielleicht könnte sich das zaghafte Pflänzchen einer Freundschaft entwickeln. Doch um solche Vermutungen anzustellen war es wahrlich noch zu früh. Und so drückte sie ihre Tochter unendlich vorsichtig an ihre Brust.


    “Zum.. zum Reden?“
    Echote der Rotschopf und schielte aus dem Augenwinkel in Sulamiths Richtung. Wusste die Hebräerin von ihren Fehltritten und das sie bei ihrem Dominus in Ungnade gefallen war? Denn solch Tratsch machte in den Sklavenunterkünften bekanntlich schnell die Runde. Aber ob sich Sulamith an solcherlei Tratsch beteiligte? Schließlich kannte sie die junge Hebräerin kaum und so war es äußerst schwierig bereits eine Antwort festzulegen.
    “Der Tratsch macht ja bekanntlich schnell die Runde und...“
    Doch weiter kam Iduna nicht, denn in diesem Augenblick näherte sich Domina Iulia Graecina und Iduna senkte augenblicklich ihren Kopf.
    “Domina.“
    War Idunas leises Stimmlein respektvoll zu vernehmen. Während sie unschlüssig war wie sie sich weiter verhalten sollte.


    Sollte sie bleiben oder die Iulia und ihre Leibsklavin alleine lassen? Schließlich warteten noch jede Menge ungeputzte Fliesen auf die kleine Germanin. Auch wenn ihr Töchterlein gerade so friedlich schlummerte.

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    | Sulamith


    Ein jeder trage des anderen Last. So hatte es der Nazarener gelehrt. Daher stand es für die Hebräerin außer Frage, ihrer Mitsklavin keine Hilfe anzubieten, wenn diese sie brauchte. Womöglich stellte dies für die Germanin ein Novum dar. Doch vielleicht würde auch sie dadurch bereit werden, sich auf die frohe Botschaft einzulassen und den Gottessohn in ihr Herz zu lassen. Dann konnte sie darin Trost finden, wann immer sie es benötigte.


    Das zweite Angebot der Hebräerin löste schon wesentlich mehr Skepsis bei Iduna aus, da sie wohl Sulamiths Worten wenig Vertrauen schenken wollte, alles Gesagte bliebe bei ihr. Sulamith fühlte sich deswegen keinesfalls gekränkt, denn sie wusste selbst, wie schwierig es sein konnte, sich jemand Fremdem zu öffnen. Dazu gehörte eine ordentliche Portion Vertrauen und dies musste man sich erst durch seine Taten verdienen.


    Noch bevor Iduna ihren letzten Satz beenden konnte, wurden die beiden Frauen aus ihrer Zweisamkeit herausgerissen. Ohne Vorwarnung war die junge Iulia vor ihnen aufgetaucht und hatte zumindest Sulamith einen riesen Schrecken eingejagt. Die Hebräerin riss überrascht ihre Augen nach oben und wollte bereits aufspritzen, als sie Graecina erkannte. Ein leiser Seufzer der Erleichterung war zu hören. Dann ermahnte sie sie zur Stille, indem sie den rechten Zeigefinger an ihre Lippen hielt und ein moderates „Pssssst!“ von sich gab. „Nicht so laut! Du wächst noch das Kind auf!“ Dabei verwies sie auf den schlafenden Säugling in Idunas Armen. Die Germanin selbst senkte demütig ihren Blick.


    ~~~***~~~



    Graecinas schelmisches Lächeln wich sofort einem überraschtem Ausdruck, denn erst jetzt nahm sie das schlafende Kind wahr. „Oh äh, tut mir leid!“, murmelte sie und warf einen Blick auf die Sklavin, die neben Sula auf der Decke saß. Sie kannte das Mädchen von Sehen, aber ansonsten wusste sie wenig über sie.
    „Das sind Iduna und ihre Tochter Aislin.“, erklärte ihr die Hebräerin und wies auf die junge Frau neben ihr. „Ihre Kleine hat sich davongestohlen und ist bei mir gelandet,“ fügte sie noch hinzu.
    „Aha, Iduna und Aislin also,“ erwiderte Graecinia nachdenklich. „Iduna… ist das nicht Angus´…“, dachte die junge Iulia laut, doch sie wurde von Sulamiths Blicken davon abgehalten, ihren Satz zu vollenden. „Oh äh ja also… Ich hab uns eine Erfrischung mitgebracht. Möchtest du auch einen Becher?“ fragte sie die Germanin und suchte nach einem freien Plätzchen auf der Decke. Ancilla indes trat neugierig an Iduna heran, um sich das schlafende Kind aus der Nähe betrachten zu können.

  • Für einen kurzen Augenblick wirkte Idunas Gesichtsausdruck nachdenklich. Während sie ihren Blick auf den Fliesen des Wasserbassins ruhen ließ.
    “Ich versuche es doch immer allen Recht zu machen. Aber manchmal entschlüpfen mir dann Worte die den hohen Damen und Herren nicht gefallen Dabei meine ich meine Worte niemals böse.“
    Sprudelte es auf einmal über Idunas Lippen. So dass man den Eindruck gewinnen konnte die kleine Germanin erleichterte in diesem Augenblick ihr Gewissen. Auch wenn ihr Blick im nächsten Moment Unsicherheit ausstrahlte und sie sich nervös auf die Unterlippe biss. Hoffentlich würde Sulamith ihr Gespräch für sich behalten. Denn von den Gedanken der Hebräerin ahnte die Germanin nichts, dass sie eventuell beim Gottessohn Trost finden könnte. Schließlich wusste sie nichts von Sulamiths Glaubensrichtung.


    Dann näherte sich Domina Iulia Graecina den beiden jungen Frauen. Und Iduna schielte aus dem Augenwinkel empor. Bevor sie ihren Blick gehorsam senkte. Als Iduna siedendheiß ihre aufgetragene Arbeit einfil und die kleine Rothaarige sichtlich zusammen zuckte. Wie reagierte Domina Iulia Graecina auf die tatenlos herumsitzende Cheruskerin? Bestimmt nicht positiv begeistert. Und dennoch wagte sich Iduna nicht von der Stelle zu rühren. Außerdem schlummerte Aislin gerade so friedlich. Und dann entschuldigte sich die Römerin. Sodass Idunas Herz hastiger in ihrer Brust pochte und sie nicht glauben konnte das sich die Römerin bei ihr, einer Sklavin, entschuldigte.


    Und dann wurde sie von Sulamith vorgestellt. Als die Römerin auch schon Angus Namen aussprach und Iduna zusammen zuckte. Der Kelte war verschwunden und Iduna durfte nicht mehr an ihn denken. Auch wenn es ihr das Herz zerriß.
    “Ich bin Angus Gefährtin. Auch wenn mein Gefährte verschwunden ist und mich alleine zurück gelassen hat.“
    Murmelte Iduna mit leiser Stimme und senkte abermals ihren Kopf.
    “Wenn du erlaubst Domina.“
    Ließ die Germanin ihre leise Stimme erklingen und blickte im nächsten Moment in das Gesicht der kleinen Ancilla. War dies nicht das kleine Sklavenmädchen das von Sulamith, Angus und der entlaufenen Sklavin Livia gerettet wurde?


    Ancillas neugierigen Blick bemerkte Iduna und lächelte sanft, als sie ihre Tochter etwas in Richtung des Sklavenmädchens reichte.
    “Aislin schläft gerade so friedlich. Aber wenn sie wach ist, darfst du bestimmt mit meiner Tochter spielen.“
    Auch wenn dieses spielen wohl eher ein davon krabbeln der Halbgermanin wäre.

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    | Sulamith


    Sulamith glaubte zu verstehen, was die Germanin meinte. Besonders jene Sklaven, die nicht als solche geboren worden waren, taten sich oft schwer mit ihrer Wortwahl. Ihre Eltern hatten sie gelehrt, stets ein wachsames Auge zu haben, was sie zu wem sagte oder doch besser schwieg. Die einzige Ausnahme bildete da Graecina. Ihr konnte sie alles sagen, wenn sie unter sich waren.


    „Du solltest immer auf der Hut sein, wenn du mit Fremden sprichst, die du nicht kennst. Auch wenn sie nett und freundlich scheinen, kannst du trotz allem in ein Schlangennest stechen, wenn du allzu offen sprichst. Ich selbst spreche für gewöhnlich nur mit meiner Domina sehr offen, weil wir uns schon kennen, seitdem wir Kinder waren. Doch das tue ich auch nur, wenn wir allein sind.“ Diesen Rat gab sie ihr gerne mit. Kurz darauf demonstrierte ihr, was sie meinte, als Graecina erschien.


    ~~~***~~~



    Für einen Moment lag Graecinas Blick nachdenklich auf der germanischen Sklavin, als diese sich dann doch als Angus´ Gefährtin vorstellte. Sie sagte, er sei verschwunden und habe sie zurückgelassen. Vor einigen Tagen war er doch noch da gewesen! Er hatte sie zur Werkschau begleitet und davon dass einer der Sklaven geflohen war, wusste sie nichts. Allerdings wollte sie nun auch nicht so taktlos sein und sie danach fragen. Überhaupt lernte sie die Germanin gerade als ein einen sehr eingeschüchterten und zurückhaltenden Menschen kennen. Nicht einmal auf ihre Frage nach dem Erfrischungsgetränk hatte sie ihr geantwortet. Graecina beschlich die Befürchtung, die junge Sklavin womöglich von ihrer Arbeit abzuhalten.
    Ancilla war die einzige, die keinerlei Skrupel hatte und unbeirrt stehen blieb, um sich das Kind der Sklavin anzuschauen. „Mag deine Tochter auch mit Puppen spielen?“, fragte sie Iduna.


    „Oh, ein Brief!“, rief Graecina aufgeregt. Sie hatte hatte indessen Sulamiths Brief entdeckt, der immer noch geöffnet auf der Decke lag. Sofort kam ihr der Decimus wieder in den Sinn. War das der ersehnte Brief, auf den sie schon seit Tagen wartete? Irgendein Lebenszeichen… oder eine Absage? Doch in Gegenwart der fremden Sklavin wollte sie darüber nicht mit Sula sprechen. Schließlich nahm sie neben Sulamith Platz und bedeutete der Sklavin, die sie mitgebracht hatte, ihr einen Becher mit dem Erfrischungsgetränk zu reichen. Auch Ancilla kam nun herbei, um sich einen gefüllten Becher abzuholen und begann sogleich davon zu trinken.

  • “Meinst du also wir Sklaven sollten nur schweigen und ebenso schweigsam die Anweisungen der hohen Herren und Damen ausführen?“
    Wollte Iduna von Sulamith wissen. Manchmal klappte das Schweigen ja recht gut. Aber meistens eben nicht. Und dies waren die Momente in denen Iduna lieber schweigen sollte. Vielleicht lag es aber auch an ihren jungen Jahren oder daran das sie keine geborene Sklavin war. Sondern von den Römern dazu gemacht wurde. Und jenes Schicksak hatte sie nun auch ihrer kleinen Tochter auferlegt. Denn der Weg einer Libertina schien für Aislin in unerreichbare Ferne gerückt. Hatte ihr Dominus nicht als Auflage gegeben das sie sich wie normale Sklaven benehmen sollten, ohne Fehl und Tadel? Nun ja. Dies war ja schon einmal gehörig schief gelaufen. Erst Angus spurloses verschwinden und dann ihre unbedacht gesprochenen Worte gegenüber der kleinen Valeria.


    Dann erschien auch die Domina der Hebräerin und Iduna verharrte mit gesenkten Kopf. Während sie Aislin sachte in ihren Armen wiegte. Denn den musternden Blick der jungen Römerin spürte die kleine Germanin deutlich auf sich. Worüber Domina Iulia Graecina wohl gerade nachdachte? Hoffentlich nicht über ihre Worte, dsss Angus spurlos verschwunden war. Denn natürlich war es ihr nicht aufgefallen. In der Domus Iulia schwirtten unzählige Sklaven wie fleißige Bienen hin- und her. Da fiel es garantiert nicht auf wenn die eine oder andere fleißige Biene einfach mal spurlos verschwand. Iduna jedoch war es aufgefallen das Angus verschwunden war. Und so betete sie jede Nacht zu ihren Gottheiten das der Kelte wohlbehalten an ihre Seite zurück kehrte. Bisher ohne Erfolg.


    “Aislin ist ein Mädchen. Ich glaube das sie gerne mit Puppen spielt. Noch ist sie zu klein, verstehst du? Aber wenn sie größer ist wird meine Tochter gerne mit dir und deinen Puppen spielen.“
    Lächelte die kleine Germanin zuversichtlich. Auch wenn es ihr innerlich das Herz zerriss daran zu denken Aislin als iulische Sklavin aufwachsen zu sehen. Wäre sie doch nur mit Angus geflohen. Wie es der Kelte vorgehabt hatte.

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    | Sulamith



    „Wenn du nach einem unbeschwerten Leben strebst, dann schon,“ gab die Hebräerin trocken zurück. Im Laufe eines Sklavenlebens lernte man aber auch, wie man die Herrschaften beeinflussen konnte, ohne dass sie es merkten. Die Zauberworte dafür hießen 'Vertrauen schaffen' und 'sich unentbehrlich machen'. Nur dann trat man aus dem Schattendasein der dienstbaren Geister heraus. Sulamith hätte ihr sicherlich noch einige Ratschläge geben können, doch mit dem Erscheinen der Iulia musste dies vorerst warten. Vielleicht ergab sich ja einmal eine andere Gelegenheit dafür.


    ~~~***~~~



    Graecina nahm einen Schluck der gekühlten Rhodomeli. Im Gegensatz zur kleinen Ancilla genoss sie die Süße auf ihrer Zunge. „Trink nicht zu hastig, Ancilla! Du bekommst sonst noch Magenschmerzen!“, ermahnte die Iulia das Kind. Ein wenig enttäuscht setzte das Mädchen den Becher wieder zurück auf das Tablett. Doch dann hatte die Kleine eine Idee. Sie nahm ihre Puppe und setzte sie ebenfalls auf die Decke. „Meine Puppe hat noch Durst! Darf ich ihr auch noch ein Schlückchen geben?“ Graecina nickte grinsend. „Ja, natürlich darfst du das, Liebes!“ Während nun Ancilla wieder den Becher nahm, selbst noch einmal daran nippte und ihre Puppe mit dem Getränk versorgte, fiel Graecinas Blick wieder auf die germanische Sklavin. Wie friedlich ihr Kind doch schlief! Doch eines wollte ihr partout keine Ruhe lassen: Was war denn nur mit diesem Angus los? War er tatsächlich fort, so wie Iduna behauptet hatte? Hatte man ihn verkauft und wenn ja, weshalb?
    „Breda, geh und suche Angus! Wenn du ihn gefunden hast, bring ihn her zu mir!“ sagte sie der Sklavin, die noch immer das Tablett mit dem Erfrischungsgetränk hielt. Die Sklavin stellte das Tablett neben der Decke ab und verschwand.


    Graecina wandte sich wieder an die Germanin, denn noch eine andere Frage beschäftigte sie sehr. Da sie Iduna als Expertin in Sachen Kinderkriegen und Mutterschaft ansah, scheute sie sich auch nicht, sie zu fragen. „Sag mal, wie geht das eigentlich? Ich meine, wie bekommt man denn ein Kind?“ Tante Calvena hatte dieses Thema immer tunlichst vermieden und auch ihre Mutter hatte sich bis zu ihrem Tod in Schweigen gehüllt.

  • “Ein unbeschwertes Leben.“
    Murmelte Iduna mit leiser Stimme und streichelte ihrer Tochter beruhigend über das Köpfchen. Denn Aislin räkelte sich leicht auf Idunas Schoß. Schlummerte jedoch im nächsten Moment friedlich weiter und gab dabei leise schmatzende Geräusche von sich.
    “Weißt du Sulamith? Angus und ich wollten das unser Dominus unsere kleine Aislin freilässt und sie zu einer Libertina wird.“
    Bei diesen Worten spürte die Rothaarige wie ihr Herz dumpfer in ihrer Brust pochte und sie mit den Tränen kämpfte.
    “Und ich habe Aislins Chance freigelassen zu werden mit meinem unbedachten Verhalten zerstört.“
    Abrupt senkte die kleine Germanin ihren Kopf damit Sulamith nicht bemerkte wie sie mit den Tränen zu kämpfen hatte. Auch wenn man Idunas Gefühlsregung deutlich an ihren bebenden Schultern erkennen konnnte.


    Zum Glück unterbrach das erscheinen Domina Iulia Graecinas Idunas düstere Gedankenspirale. Vorsichtig blinzelte sie ihre Tränen hinfort, die sich an ihren Wimpern verfangen hatten. Und hielt ihren Blick gehorsam abgewandt. Auch wenn sie aus dem Augenwinkel beobachtete wie Domina Iulia Graecina mit der kleinen Ancilla umging und ein sanftes Lächeln über Idunas Lippen spielte. Als Ancilla ihre r Puppe zu trinken gab, schmunzelte Iduna und beobachtete das kleine Sklavenmädchen. Würde Aislin eines Tages auch so werden wie die kleine Ancilla? Welches Wesen würde Aislin später haben? Angus Charakterzüge oder doch die ihrigen? Und als Domina Iulia Graecina nach Angus schicken ließ, zuckte Iduna sichtlich zusammen. Während ihr Herz schmerzhaft in der Brust pochte.
    “Angus ist fort Domina.“
    Gelang es der Rothaarigen mit rauer Stimme über ihre Lippen dringen zu lassen. Das war der Kelte doch, oder? Sonst hätte Dominus Caesoninus bestimmt etwas anderes gesagt, oder?


    Völlig in ihren eigenen Gedanken versunken zuckte die Cheruskerin zusammen, als die kleine Römerin das Wort an sie richtete. Und Iduna erstarrte bei dieser Frage.
    “Ähm.. ich weiß nicht ob ich die richtige Ansprechpartnerin dafür bin. Aber wenn sich zwei Menschen sehr lieb haben, dann entsteht aus dieser Zuneigung Liebe und Kinder sind das Resultat einer solchen Liebe.“
    Ob die Iulia verstand? Und würde sie weiter nachbohren?

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    | Sulamith


    Endlich öffnete sich die Germanin und begnn zu reden. Sie erzählte Sulamith, was sie bedrückte. Es war die Sorge um die Zukunft ihres Kindes. Im Grunde etwas ganz Normales, was jede Mutter beschäftigte. Nur hatte scheinbar Idunas Verhalten dazu beigetragen, dass die Zukunft der Kleinen als Libertina verbaut worden war. Gerne hätte sie ihr Trost gespendet und ihr gesagt, dass es immer noch Hoffnung gab, doch dann erschien Graecina. Womöglich war es Iduna peinlich, in ihrer Gegenwart über diese sehr persönlichen Dinge zu sprechen. Also ließ sie es dabei bewenden.



    ~~~***~~~



    Graecina bemerkte das Zusammenzucken der Sklavin, nachdem sie Breda losgeschickt hatte, um nach Angus zu suchen. Sicher würde es noch eine Weile dauern, bis sie zurück war. Umso besser. So konnte sie die Germanin noch etwas mit ihren Fragen löchern, denn diese gab es reichlich!


    „Aha, das ist ja interessant! Aus der Zuneigung entsteht das Kind? Das heißt, ich muss einfach meinen lieben und dann bekomme ich ein Kind? Einfach so?“ So recht konnte sich das die Iulia nicht vorstellen. Sicher war das Schwierigste dabei, erst einmal etwas für den zukünftigen Ehemann zu empfinden. Aber was machten die, die rein gar nichts für ihren Gatten empfanden? Wie kamen die zu ihrem Kind? „Also dann liebst du Angus und deshalb hast du dein Kind bekommen,“ stellte sie nachdenklich fest.

  • Wie ein Wasserfall sprudelten die Worte nur so über Idunas Lippen. So dass man den Eindruck gewinnen konnte die Rothaarige hatte nur auf einen solchen Moment gewartet. Wem hätte sie sich denn sonst anvertrauen können? Freunde hatte sie keine unter der Sklavenschaft. Ob dieser Gedanken blinzelte Iduna erneut und versuchte den Kloß herunter zu schlucken, der sich plötzlich in ihrer Kehle gebildet hatte.


    Wenn man es so wollte dann war Iduna alleine. Jetzt nachdem das mit Angus geschehen war. Schließlich atmetet Iduna tief durch und verscheuchte ihre düsteren Gedanken. Was ihr auch teilweise gelang. Vielleicht hätte sie später noch Gelegenheit mit Sulamith das Gespräch fortzusetzen. Denn vor Domina Iulia Graecina wollte die Rothaarige über dieses doch sehr persönliche Thema nicht sprechen.


    Am liebsten wäre Iduna einfach aufgestanden und hätte so getan als hätte sie die Worte der Römerin gar nicht wahrgenommen. Da Iduna jedoch nicht als Unhöflichkeit in Persona gelten wollte. Blieb sie regungslos auf der Decke knien. Beobachtete die kleine Ancilla und strich ihrer Tochter beinahe geistesabwesend über das Köpfchen.
    “Ähm.. nein Domina. So einfach ist das natürlich nicht.“
    Versuchte sich Iduna schließlich an einer einfachen Erklärung.
    “Du musst mit der Person die du liebst das Bett teilen Domina. Durch den Austausch von Zärtlichkeit und die Vereinigung eurer Körper kann ein Kind entstehen.“
    Verstand die junge Römerin oder müsste Iduna noch tiefer in die Materie vordringen?


    “Ich.. ich habe Angus lieben gelernt. Das ist richtig Domina.“
    Erneut schluckte Iduna bei diesen Worten hart. Sie liebte den Kelten einfach. Da war ihre Reaktion doch etwas völlig normales, oder?

  • „Ich wusste es!“, entfuhr es Graecina. Natürlich gab es einen Haken an der Sache. Lediglich durch Zuneigung konnte doch kein Kind entstehen! Es gehörte noch weit mehr als das dazu. Der Austausch von Zärtlichkeiten und die Vereinigung der Körper waren nötig. Sie hatte vage Vorstellungen, wie dies von statten ging. Als Sulamith Gewalt angetan worden war, hatte man sie gezwungen sich zu vereinigen. Seither war sie nicht mehr die 'Alte'. Sie hatte lange gebraucht, um dieses Erlebnis einigermaßen zu verarbeiten und noch immer wurde sie von Alpträumen heimgesucht. Es stand natürlich außer Frage, dass sie die Hebräerin in dieser Sache um Rat fragte. Dafür war Iduna ja nun da!


    „Du hast ihn lieben gelernt? Und das hat funktioniert? Wie hast du das gemacht?“ Wenn das so einfach war, jemanden lieben zu lernen, ähnlich wie man zum Beispiel Lesen lernte, dann war das ja einfach. Dann konnte sie sicher jeden Mann lieben lernen. Selbst dann, wenn sich der Decimus gegen sie entscheiden sollte und sie doch noch einen Greis mit Mundgeruch heiraten müsste.
    Aber nicht nur diese Fragen quälten sie, sondern noch tausend andere. „Wie ist das eigentlich, wenn man sich vereinigt? Tut das weh? Hast du Schmerzen verspürt? Und bei der Geburt? Wie war es da bei der Geburt?“
    Die Iulia hätte der Germanin sicher noch unendlich viele Fragen stellen können, ohne dabei zu merken, wie unangenehm ihr das war. Im Augenblick war sie einfach nur fürchterlich aufgeregt, endlich jemanden vor sich zu haben, der 'Ahnung hatte' .Wäre da nicht Breda wieder zurückgekehrt. Wenige Schritte hinter ihr erschien ein blonder muskulöser Sklave von großer Statur, der lediglich mit einem Subligarium bekleidet war. Sein Körper war verschmiert vom Schmutz und glänzte vom Schweiß der harten Arbeit an den Öfen des Hypocaustums. Wenige Schritte vor Graecina blieb er stehen hob seinen Blick und sah sie an. „Womit kann ich dir dienen, Domina?“ Dann schweifte sein Blick kurz zur Seite und er erblickte Iduna, die Aislin im Arm hielt. Bei diesem Anblick verkrampfte sein Inneres. Schnell senkte er wieder seinen Blick und erwartete die Befehle der Römerin.


    „Ach!“, rief Graecina aus. „Na siehst du, da ist er doch!“

  • Bei Domina Graecinas Worten 'Ich wusste es!', zuckte Iduna leicht zusammen. Was wusste die junge Römerin? Fragend schielte die Sklavin aus dem Augenwinkel in Richtung der Iulia. Bevor sie ihren Blick erneut senkte und stattdessen die kleine Ancilla beobachtete. Hoffentlich würde die kleine Römerin nicht weiter bohren. Und überhaupt wieso fragte Domina Iulia Graecina ausgerechnet die Sklavin ihres Cousins? Konnte Sulamith diese Fragen nicht beantworten? Noch immer beobachtete die Rothaarige die kleine Ancilla. Während Aislin angeachmiegt in ihre Arme friedlich schlummerte. Zum Glück war ihre Tochter ein solch braves Kind und schien von dem Trubel um sie herum nichts mitzubekommen. Auch wenn Iduna wusste das ihre Tochter bald Hunger haben würde. Doch bis es so weit war, würde sie sich an dem Gespräch mit Sulamith und ihrer Domina erfreuen.


    Hart musste die kleine Germanin schließlich schlucken und biss sich auf die Unterlippe. Während ihre Gedanken wild durch ihr Köpfchen kreisten. Wie sollte sie der Iulia begreiflich machen was geschehen war, ohne zu viel preiszugeben. Denn bisher wusste lediglich ihr Dominus von der angeordneten Vergewaltigung und sonst niemand. Ob Domina Iulia Fraecina bemerkte wie unwohl sich die Rothaarige in diesem Augenblick in ihrer Haut fühlte? Und würde sie dennoch weitere Fragen stellen?
    “Domina ich.. ich.. mein früherer Dominus bei den Flaviern hat Angus gesagt das er von nun an auf mich aufpassen soll. Und das hat Angus auch gemacht.“
    Erneut schluckte Iduna vernehmlich und spürte wie ihr Herz hart in ihrer Brust trommelte.


    Und dann prasselten die Fragen ungehindert aud Iduna ein und die rothaarige Sklavin zog unwillkürlich ihren Kopf zwischen die Schultern.
    “Dein zukünftiger Mann wird sanft zu dir sein Domina. Du wirst am Anfang leichte Schmerzen spüren. Aber diese Schmerzen wirst du vergessen wenn dich dein Gemahl zärtlich berührt.“
    Noch immer hielt Iduna ihren Blick abgewandt.
    “Ich hatte bei Aislins Geburt Schmerzen. Aber dies hat jede Frau Domina. Sobald du dein Kind jedoch im Arm hältst sind jede Schmerzen vergessen. Dann erfreust du dich nur noch am Anblick deines Kindes Domina.“
    Denn nun lächelte Iduna sanft, als sie auf die schlafende Aislin blickte.


    Dieser Moment, in dem nur das Vogelgezwitscher zu vernehmen war, wurde schließlich durch seine Stimme durchbrochen. Angus? Aber wie konnte das möglich sein? Wo hatte der Kelte gesteckt?
    “Angus.“
    Wisperte Iduna mit erstickter Stimme und drehte langssm ihren Kopf in des Kelten Richtung.
    Und tatsächlich. Dort stand ihr Gefährte. Schweißbedeckt und mit Ruß am Körper. Aber er lebte und war nicht davon gelaufen, wie Iduna vermutet hatte.

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