In etwa drei Wochen später...
In den letzten drei Wochen hatte ich natürlich auch noch Zeit gefunden weiter nachzudenken und mich auch ein wenig mit der schönen Helena auseinander zu setzten, welche noch immer in ihrer Meinung über mich stark schwankte. Je nachdem wie sehr sie ein Wiedersehen mit Glaucon aus der Therme wünschte. Natürlich hatte sie versucht, mich auch weiterhin zu überreden, aber das hatte ihr noch nichts genützt, denn ich war standhaft geblieben, was mehrere Gründe hatte. Der Erste war jener, dass ich kein Bedürfnis hatte Glaucon wegen ihr aufzusuchen. Der Zweite war noch immer mein Stolz gegenüber dieser Sache im Allgemeinen und der Dritte lag darin begründet, dass sie mir dabei Avancen mache, welche ich nur unter großer Mühe abwehren konnte, was wieder zwei Gründe hatte: Eben meinen Stolz und dann auch noch die Tatsache, was Dominus Selenus mit mir machen würde, würde ich die einzige Frau antasten, die es im Haus der Bruderschaft im Moment gab und somit etwas unternahm, was nicht einmal seine Männer durften. Und ein solcher war ich Helenas Augen ja auch nicht. Immer noch nicht.
Dessen ungeachtet aber, erging es mir gesundheitlich immer besser und ich konnte meine Atmung schon wieder ein wenig strapazieren. Einmal bereits hatte ich den Dominus auf einen Gang begleiten dürfen, um einen Menschen, dessen Namen ich nicht erfahren hatte und auch sonst nichts, was ihn anbelangte, sicher durch die Straßen zu bringen. Und nun war sozusagen eine Premiere für mich, denn ich durfte seit Wochen wieder aus dem Haus – sehr vorsichtig natürlich – und mich auf den Markt begeben, um einem weiteren Mann eine für mich recht kryptisch anmutende Botschaft überbringen, welche für mich keinerlei Sinn ergab. Der Mann allerdings schien zufrieden gewesen und war seiner – wohl seltsamen – Wege gezogen. Noch immer war ich der Meinung, das mich derartiges ansonsten nichts anging, denn ich wollte nicht wieder verprügelt werden oder gar in Gefahr geraten noch einmal beinahe mein Leben lassen zu müssen. Also beschäftigte ich mich dieser Botschaft nicht weiter und schlenderte nun – mit einem leckeren Stück Obst in der Hand, welches ich mir dank des neuen Dominus hatten leisten können, über den Markt und machte mir Gedanken ganz anderer Art.
Andeutungsweise stand es im Raum, dass meine Karriere bei Dominus Selenus keine lebenslängliche Angelegenheit sein würde und eine Rückkehr in das Haus „Zur Freude“ zu Kaeso war absolut nicht diskutabel, auch wenn dort noch immer meine Asse lagerten. Doch kam Zeit, so würde auch Rat nicht fern sein und es würde schon eine Gelegenheit geben. Sicher waren sie dort ja auch, weshalb ich eben besagte Zeit für mich verbuchen konnte. Also schlenderte ich weiter – mein Gesicht war nunmehr auch fast schon vollständig wieder hergestellt, nur meine Rippen schmerzten noch ein wenig, und schaute mich nach allerlei Dingen um. Letzten Endes vor allem aber nach jenen, welche dort ebenfalls den Nachmittag verbrachten, wobei mir die Idee kam, dass unter jenen doch jemand sein müsste, der meine Dienste mehr als nur verdient hätte. Nicht unbedingt jene, welche man aus einem Lupanar kannte, sondern richtig ehrliche Arbeit für einen Sklaven für mich! Eine schöne Vorstellung, unter den Menschen hier vielleicht sogar einen oder eine zu finden, welche es wirklich auch wert wäre.
Natürlich war das eine wunderliche Idee, aber sie erheiterte mich, weshalb ich die Menschen auch besonders genau begutachtete, ohne dass diese dies hoffentlich bemerkten. Einige würdevolle Herren waren dabei. Einer mit einem Bart, wohl aus der Provinz, was aber wohl nicht für mich in Frage käme. Germanien, Hispanien oder dergleichen waren kein schönes Ziel, denn eigentlich lebte ich ja gerne in Rom. Wenn die Römer darinnen nicht wären. Aber wie auch immer. Ich lehnte mich dann an eine Hauswand neben einen Marktstand, kaute an meinem Apfel, bis mir eine Dame in Auge sprang, welche wirklich nach einem gewissen Reichtum aussah. Leider war sie schon alt und recht beleibt, auch wenn das Geschmeide an ihrem Hals schön klimperte. Das wäre wohl auch nichts. Dann aber sah ich eine junge Frau, wirklich hübsch anzuschauen, die in Begleitung eines riesenhaften Hundes war. Was für ein Tier! Doch die Römerin schien ebenso gut betucht zu sein und strahlte etwas sehr Nobles aus. Sie lächelte auch sehr nett. Das wäre schon eine vorteilhafte Vorstellung, mit welcher ich noch beschäftigt war, während ich wieder in meinen Apfel biss und einfach so tat, als würde ich überall hinschauen, nur eben nicht auf die junge Dame aus gutem Hause.