• Von der Casa Octavia kommend gingen Manius und Maro die Via Tiburtina Vetus hinauf in Richtung der Castra Praetoria. Es war eine der langen Ausfallstraßen aus der Stadt, sie führte direkt an der Castra Praetoria vorbei. An der Porta Viminalis konnte man außer den Torwachen auch fast immer Gruppen von Urbanern oder Praetorianern beobachten, die sich vom Südtor der Castra Praetoria hinunter in die Stadt vorarbeiteten. Auch deshalb ging es auf diesem Abschnitt der Straßen Roms erheblich gesitteter zu, als anderswo. Aber nicht weniger geschäftig, natürlich.


    "Wo wir es gerade vom Gladius hatten: Hat man dir eigentlich mal beigebracht, wie man mit so einem Ding umgeht?" fragte Maro den jüngeren.

  • Ich ging neben Marcus auf gleicher Höhe und fühlte mich dabei bestens beschützt. Ich hatte somit keine Angst von irgendwelchen männlichen Pöbel unerwartet belästigt zu werden. Doch sprach mich deshalb auch keine der jüngeren Frauen an, sodass mir nur das Zwinkern blieb und ich deshalb hoffte, dass die eine oder andere mich erkennen würde.


    Es ist vom Vorteil Sohn einer der reichsten Senatoren zu sein. Denn dieser Umstand eröffnete mir so einige Türen, und damit meine ich nicht die einer Casa. "Mein Vater, doch das ist schon sehr lange her. Hättest du Lust mir eine Lektion zu erteilen?", gab ich mit Interesse bekannt. Zwar müsste ich mich in Roma nicht selbst verteidigen. Immerhin erhalte ich den besten Schutz, doch wer weiß, ob ich nicht in naher Zukunft bei Nacht gemeuchelt werde. Es gab so einiges Gesindel, die es auf meinen Vater und natürlich auf seiner Nachfolge abgesehen haben. Christen zum Beispiel.


    Bevor ich die nächsten Worte fassen wollte, sah ich eine wunderschöne Erscheinung; braunes langes Haar, grüne Augen und vor allem mit üppigen Busen ausgestattet, an mir langsam vorbeiziehen. "Moment, ich habe einen Kiesel in der linken Sandale." Ich beugte mich hinunter und bewegte mein Kopf weit nach links hinten gestreckt, um ihre Rückansicht zu begutachten. Beim Gesäß blieb ich für etwa fünf Sekunden hängen bevor ich mich wiederaufrichtete. "So, wir können. Sag mal, wie macht sich mein Vater? Ist er streng? Mehr Peitsche als Honig?"

  • Maro grinste amüsiert. "Ja, dieser besondere Kiesel ist die Tochter von Fernhändler Pomponius Rufo hier in der Straße. Und der wird immer nörgelig, wenn die Milites seinen Töchtern gar zu lange hinter her schauen. Eine ansehnlicher als die andere. Also eigentlich weniger Kiesel, als eher Halbedelsteine. Erstaunlich eigentlich, denn ihr Vater ist eine fette Steckrübe. Wie auch immer. Ich höre, die da mag Granatäpfel und Komödien im Theater oder so."

    Maro lief schon so lange jeden Tag die Via hoch und wieder runter, dass er die meisten der Anwohner mindestens mit Namen kannte. Über bestimmte Leute aber kursierten natürlich mehr Gerüchte als über andere.


    Manius Ansinnen mit der Lektion im Schwertkampf war natürlich eine hervorragende Idee. Der Centurio würde schon zusehen, dass der Junge vorbereitet war, wenn das unvermidliche Tribunat über ihn herein brach.

    "Wie man diese Waffen richtig benutzt, bringe ich dir natürlich auch gern bei. Mal sehen ob die Ärmchen zu mehr taugen, als Kaufmannstöchter zu beeindrucken." meinte er und klopfte Manius auf die Schulter.

    "Und was deinen Vater angeht, so kann ich denke ich sagen, dass er auf jeden Fall das sichere Paar Hände für diese Aufgabe ist. Er kennt die Stadt und die Cohortes Urbanae in und auswendig und achtet auf Disziplin und Professionalität."

    Und genau das verlangte man ja von einem guten Praefectus, Maro tat das jedenfalls, auch wenn seine Meinung ja nicht besonders maßgeblich war in dieser Sache.

  • Als ich ertappt wurde, war mir ganz anders. Ein wenig Scharmempfinden überkam mir, oder doch eher, dass ich mich hätte besser anstrengen müssen. Oder war ich einfach zu durchsichtig geworden? Ich sollte dies später nochmals reflektieren. "Und ich dachte immer, dass du allein dem Militär erliegen bist. Verheiratet. Wie Ödipus und seine Mutter." Ich lächelte, fast lachend und ging mit Marcus weiter. "Zumindest sind meine Ärmchen, wie du sie nennst, geschickt im Umgang mit gewissen Praktiken." Dabei spannte ich mein Bizeps an. Pff, so ein Schwert. Zack, zack in die Luft, rumwirbeln, zustechen... Was kann daran so schwer sein? "Das freut mich, Marcus. Das mein Vater anscheinend für die Aufgabe geboren ist." Und als Vater? ...

  • Maro grinste schief. Der Junge hatte fast fünf Sekunden besagter Fernhändlertochter hinterher gestarrt. Das war eine halbe Ewigkeit.


    "Oh ich bin sicher dass dir diese Art von Eroberung reichlich leicht fallen und dass du dazu kein Schwert benötigst. Ich würde schätzen, dass die zu erobernden sogar irritiert sein könnten, wenn du in voller Rüstung zum Sturm aufs Bett ansetzt."


    Er dachte auch nicht daran, sich von Manius einigermaßen frecher Anspielung aus der Ruhe bringen zu lassen.


    "Eher wie Anchises und Venus, siehst du doch. Jedenfalls bis es mir wieder gestattet ist, zu heiraten. Ich hoffe, dass ich irgendwann wenn es mir überhaupt gestattet ist, zu heiraten ein nettes, ordentliches Mädel finde.
    Im Übrigen weiß ich nicht, ob dein Vater dafür geboren wurde, aber falls nicht, hat er es sich auf jedenfall erarbeitet."


    Es war vollkommen normal, dass Manius sich viele Gedanken um seinen Vater machte. Schließlich hing ein guter Teil seines Werdegangs an jener imposanten Figur. Aber wa MAro anging, musste sich Manius da keine Sorgen um seine Reputation machen.

  • Das Schauspiel könnte evident amüsant werden. In einer Rüstung der Prätorianer. Einfach zum Anbeißen. Als hätte mich Venus höchstpersönlich zu ihrem Adonis erkoren. "Dann hoffe ich für dich, dass du nie dem Wein erliegen sein wirst..." Schluss mit den Andeutungen. Wirklich! Lass es sein, Manius. "Sei doch froh, dass dir eine Heirat vorerst verwehrt bleibt. Somit kannst du einer Verpflichtung entgehen und den ewigen Junggesellen Mienen. Perfekt!"


    Ich dachte mir, dass Marcus Äußerungen über meinem Vater eher zurückhaltend sein werden. Immerhin ist er das Oberhaupt unserer Familie und ich dessen Sohn. "Eine ganz andere Frage an dich. Hättest du eine Empfehlung, welcher Senator uns besonders angetan ist? Oder aber, sagen wir mal, werden könnte.... vielleicht opportunistisch veranlagt ist? Immerhin bist du täglich in Roma unterwegs. Du durchsuchst allerhand Häuser.... da hast du bestimmt das eine oder andere Gespräch erhaschen können."

  • Maro hob die Schulter. "Tut mir Leid Manius. Was die hohe Politik angeht bin ich wahrscheinlich leider überfragt. Es ist als Soldat gefährlich, sich in diese Ränke einzumischen, wenn man keine Ahnung davon hat. Dein Vater hatte sich aus dem öffentlichen Leben so gut wie zurück gezogen. Ich weiß nicht, wer von den hohen Herren sich noch um seine Rolle während des Bürgerkrieges schert und wer nicht."

    Das war natürlich kein besonders hilfreicher Gedanke, also fügte der Centurio noch etwas hinzu.

    "Hier ist, was ich dir aber sagen würde: Der Senat ist eine Festung, die nicht so leicht zu erstürmen ist. Ihr Vorfeld ist voller Fallgruben, angespitzter Holzstöcke und Gräben. Solche Festungen muss man gründlich auskunschaften, bevor man überhaupt das Lager aufschlägt.

    Man schaut sie sich mit den eigenen Augen an - da sieht man mehr, als jeder Kundschafter oder ich dir sagen könnte-, man prüft das Gelände, die Jahreszeit, plant seine Ressourcen, redet mit den Einheimischen. Ja. Warum fängst du nicht mit Letzterem an. Du wirst sicher Zugang zur feinen Gesellschaft haben. Treibe dich doch einfach beim nächsten adäquaten Anlass unter diesen Leuten herum. Du weißt schon, wo sich die Senatoren und Magistrate so herum treiben. Mach einen angenhemen, pflichtbewussten Eindruck. Hast du eigentlich den Kaiser schon kennnen gelernt?"

  • Zumindest war Maro ehrlich und bot nicht irgendwelche Luftblasen an. Der eine oder andere hätte versucht mich mit irgendwelchen Senatoren zu verkuppeln, die ihre eignen Ziele verfolgten und mich zu ihrem Vorteil geschädigt hätten. "Keine Sorge, Maro. Dafür hast du viele andere Qualitäten und eine davon wirst du mir demnächst freundlicherweise teilhaben lassen." Ja, die Sache mit dem Bürgerkrieg hing wirklich meinem Vater nach. Sogar die gesamte Familie wurde immer wieder mal Opfer von Schmähschriften oder offenen Beleidigungen. Dabei war der Bürgerkrieg viele Jahre her, und auch Palma hatte meiner Meinung nach einiges Dreck am Stecken. Sodass ohne Ausnahme alle Bürger und Bürgerinnen verantwortlich waren. Warum können es manche nicht lassen und so sehr nachtragend sein? Ich verstehe das nicht. Dabei wollte mein Vater immer das Beste für das Volk. "Ah, da kommt der Taktiker zum Vorschein. Also warum du nicht Offizier bist? Habe ich bis heute nicht verstanden. Du würdest sie alle vor Neid erblassen lassen." Ich richtete meine Arme zum Himmel. "Ein Feldherr wie Maximus Decimus Meridius. Siegreich in einer Schlacht wie um Septimanca! Geehrt durch einen Triumphzug." Sie senkte sie wieder. "Das wäre doch was, oder? Du mit dem Schwert und ich mit den Worten!" Ich musste lachen. "Oh, man. Ob Träume je wahr werden würden?"


    Ich werde Maro´s Worte in meinen zukünftigen Handlungen bedenken. Er hatte Recht, indem was er sagte. "Nein, ich hatte noch nicht die Ehre den Augustus zu treffen. Du etwa?"

  • Maro lachte: "Ich? Den Augustus persönlich? Nein, nein. Das ist doch etwas über meiner Gehaltsstufe, würde ich sagen. Und gefährlich ist es im Grunde auch, wenn man um den Kaiser herum ist.

    Aber als Centurio bin ich auf jeden Fall Offizier. Achzig, neunzig Mann zu führen ist keine leichte Aufgabe. Das worüber du nachdenkst, ist mehr was für die Senatoren unter den militärisch begabten, falls sich da mal wieder einer hervortun will. Wenn überhaupt. Also mache ich mir auf einen Triumph nun wirklich gar keine Hoffnungen. Du jedenfalls wirst beides beherrschen müssen. Schwert und Worte. Außer du willst dich während deines Tribunats veralbern lassen. Welche Sorte Vigintivirat schwebt dir eigentlich so vor?"

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