Galeo Decimus Sagitta

  • An einem winterlichen Abend studierte Galeo Decimus Sagitta ein wenig seine Schriften die er aus Athen hierher nach Rom mitgebracht hatte. Die Wärme im seinem Cubiculum war genau das Richtige was er jetzt Angesichts der kalten Wintertemperaturen jetzt brauchte. Ein wenig Heimweh plagte den jungen Sagitta schon, immerhin hatte er bis jetzt in Athen gelebt und sich mit der griechischen Kultur sehr angefreundet. Er liebte die Werke von Platon, Sokrates und Aristoteles, aber nun ja es war der Wunsch seines Vaters gewesen, der sich erhoffte, dass sein Sohn in der Hauptstadt Karriere machen konnte.


    Als Stoiker nahm Sagitta aber ein wenig Gelassen hin, denn die Lehre der Stoa vermittelte ja, dass das Individuum seinen Platz in der Ordnung erkennen sollte indem durch die emotionale Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren und mit Hilfe von Gelassenheit Seelenruhe nach Weisheit zu streben. Durch diese Gelassenheit versuche Sagitta sich nicht in Unruhe zu stürzen.


    Er studierte gerade den Bericht des Flavius Iosephus über den Jüdischen Krieg, eindrücklich schilderte dieser in seiner Schrift wie es zum Aufstand gegen die Römer kam. Iosephus beschuldigte dabei auch die unfähigen römischen Präfekten in Judäa für die Aufstände verantwortlich waren, währenddessen lobte er aber Titus gerechtes Handeln, obwohl dieser nicht gerade zimperlich mit den Hungernden Jerusalemern umging die während Nahrungssuche ausserhalb der Stadt von römischen Reitern angegriffen wurden. Aber auch hier schob Iosephus den Zeloten die Schuld, die sich nicht freiwillig ergeben wollten um die Zivilbevölkerung zu schützen. Trotz dieses Konflikts war er von der jüdischen Kultur und der Geschichte fasziniert.


    Nachdem er das Studium der Schriften des Iosephus ein wenig hinter sich hatte, las er den Abschiedsbrief den sein Vater für ihn verfasst hatte.


    Mein geliebter Sohn


    Ich weiss wie sehr dir der Abschied von deinem geliebten Athen und deiner Familien schwerfällt, doch glaube mir irgendeinmal wirkst du begreifen, dass zu deinem besten war.


    Ich hoffe dass du in Rom gut zurechtfinden wirst, unsere Familie wird dich natürlich überall unterstützen. Habe keine Angst du bist ein Decimer und wirst dich beweisen.


    Passe auf dich auf!


    Dein geliebter Vater


    PS: Ich habe noch ein Geschenk für dich


    Sagitta fragte sich wohl, was dass für ein Geschenk wohl wahr. Er hatte auf seiner Seefahrt eine blonde Frau gesehen, die augenscheinlich eine Sklavin zu sein schien. War das vielleicht sein Geschenk?

  • Es war in Almuts Leben viel geschehen während der letzten Monate. Erst im Spätsommer hatte die junge Germanin vom Stamm der Chatten den mit Abstand größten Einschnitt erlebt, als räuberische Menschenjäger in ihr überraschtes und überrumpeltes Heimatdorf eingedrungen waren und die Bewohner, die sie nicht erschlagen hatten, und jene Bewohner, die sie nicht direkt erschlugen, verschleppten. Ihre Eltern und ihre Schwester hatten es nicht überlebt, ebensowenig wie der Mann, der schon bald ihr Ehemann hätte werden sollen, aber einer ihrer Brüder musste das gleiche Schicksal wie sie erdulden, und so oder so ähnlich war es allen Familien im Dorf ergangen.



    In Gefangenschaft und auf den Schiffen der Menschenjäger hatte der erst neunzehn Jahre alten jungen Frau auch ihr ehemaliger Status als Tochter eines Häuptlings wenig genutzt, aber da die Chatten natürlich auch mit dem nahen Römischen Reich zu tun hatten und hin und wieder sogar handelten, konnte sie mit ihren geringen Lateinkenntnissen zumindest hin und wieder aufschnappen, was mit den Gefangenen geschehen sollte. Nun, dies war ja leider ohnehin klar: Man würde die geeignete Beute ins Mittelmeer bringen, um sie dort an den großen, reichen Häfen als Sklaven zu Gold zu machen.



    Und so kam es dann auch. Nach Wochen der Fahrt hatte sie irgendwann auch ihren Bruder aus den Augen verloren, der auf einem anderen Schiff gewesen war, welches einen anderen Hafen ansteuerte. Almut aber landete in Athen.

    Dort kaufte sie ein Händler, der sie für gut genug erachtete um vielleicht eine Haussklavin oder Magd abzugeben, man musste es sehen. Er richtete sie her, damit sie den Käufern ins Auge falle mit ihren blonden Haar, und gab ihr den neuen Namen ‚Corinna‘, damit man sich diesen auch merken könne. Athen war riesig, fremd und Almut fühlte sich hier elend und einsam, und ahnte, dass es in Zukunft wohl nur schlimmer kommen konnte. Man hörte die eine oder andere Geschichte über das Leben als Sklavin, es käme schlimm, erst recht wenn man eine junge Frau war. Da musste man sich nichts vor machen.



    Dennoch fand sich zunächst kein Käufer für die Germanin, erst vor nicht einmal zwei Wochen war es dann soweit. Ein älterer Römer fand anscheinend gefallen vor ihr, die es mittlerweile beinahe gewohnt war, sich auf dem Markt begutachten zu lassen, auch wenn sie es immer noch erniedrigend fand. Aber sie hatte ja keine Wahl.

    Doch der Mann namens Lucius Decimus Subrius behandelte sie gut, ließ sie erneut herrichten, waschen und frisieren und steckte sie dann in eine recht hochwertige Tunika, zumindest aus
    ihrer Sicht, bevor er sie mit einem Aufseher auf ein Schiff setzte, welches wohl nach Rom fahren sollte.



    Und hier kam man dann endlich an, erst heute Mittag. Es dauerte eine Weile, bis die Passagiere und die Ladung von Bord gebracht wurden, und der Aufseher sich um die Germanin kümmern konnte. Er schien klare Anweisungen zu haben, denn er sorgte dafür, dass Almut erneut gebadet wurde, dann ging er mit ihr ein Stück durch die Stadt bis zu einem Gebäude, welches offensichtlich das Ziel war. Almut konnte sich nicht orientieren, die Stadt war nochmals deutlich überwältigender, als es Athen gewesen war und sie war sprachlos, man erwartete aber gerade ohnehin nicht, dass sie sprach. Zum Glück.



    Der Aufseher betrat das Haus, meldete sich im Vestibulum an und brachte sie dann bis vor eine Tür, vor welcher sie stehenblieben. „Hinter dieser Tür wartet dein neuer Herr, Mädchen. Klopfe an, betritt den Raum und gib ihm dies,“ sprach er, gab ihr eine Schriftrolle, dann trat er ein paar Schritte zurück und bedeutete ihr, fortzufahren.

    Almut zögerte nur kurz, es wurde ihr bereits beigebracht, dass es besser war, zu gehorchen. Also tat sie wie befohlen, klopfte, und betrat dann den Raum mit gesenktem Kopf, nachdem sie
    hereingebeten wurde. Ihre blonden Haare fielen ihr lang über den Rücken, die Tunika war immer noch recht hochwertig, um den Hals der Eisenring, der sie als Sklavin auszeichnete. „Dominus.“ War ihr halblauter Gruß, während sie ihm die Schriftrolle überreichte.





    Mein Sohn,



    Dies ist Corinna, eine

    Germanin. Sie soll dir den Anfang in der Stadt ein wenig erleichtern.

    Ich bin mir sicher, dass du Verwendung für sie hast.



    Dein Vater

  • Galeo Sagitta blickte zum Fenster hinaus auf den und war in Gedanken versunken. Der junge Mann schien zu träumen und sah Athen vor sich, er träumte von der Akropolis, dem politischen und religiösen Zentrum der Athener Bürger, die lange Zeit ihr Schicksal selbst in der Hand hatten, indem alle männlichen, wahlberechtigten Bürger an Abstimmungen teilnehmen konnten. Er dachte an seine Freunde und die Familie die der in Athen zurücklassen musste, die Nostalgie mischte sich mit ein wenig Heimweh zusammen und dem jungen Mann liefen ein paar Tränen über seine Wangen, aber was konnte er machen. Man musste die Situation so akzeptieren und gelassen darauf reagieren wie es die Stoa vorsah, so erlangte man Seligkeit und Weisheit.


    Während er träumte klopfte es plötzlich an einer Tür und er wurde aus seinen Träumen herausgerissen. Er rieb sich seine Augen, war dieses Klopfen nur eine Einbildung, als es aber ein weiteres Mal klopfte, war ihm bewusst dass es kein Traum war. Sagitta fing sich ein wenig und rief: Herein!


    Es dauerte nicht lange, als eine junge Frau die langes, blondes Haar hatte in sein Gemach eintrat. Sagitta seinen Augen nicht trauen. Dieses Wesen, diese Frau mit ihren langen, blonden Haar, schien ein engelsgleiches Wesen zu sein. Beim genaueren Betrachten bermerkt er, dass Sie einen Eisenring um den Hals trug. War es eine Sklavin.?


    Sein Verdacht bestätigte sich, als sie ihn mit Dominus ansprach und ihm eine Schriftrolle überreichte. Sagitta nahm die Rolle an sich und las den Inhalt. Dass war also das Geschenk von dem sein Vater im Brief gesprochen hatte.


    "Corinna also.... sprach Sagitta: "Aus Germanien kommst du also... wie ist dein richtiger Name, ich nehme nicht an ,dass sie dir den Namen schon in deiner Heimat gegeben haben, oder? fragte er sie.

  • Almut hatte zwar die Aussage des Aufsehers, der sie ein wenig vorbereitet hatte, dass nämlich der Mann ihr neuer Herr sei, gehört, dennoch war die Angelegenheit für sie verständlicherweise sehr neu und aufregend. So oft geschah es eben nicht, dass man sich jemandem vorstellte, der danach über sein ganzes Leben bestimmen durfte, nicht wahr? Und schon gar als noch recht neue Sklavin, die hier und jetzt ihren ersten ‚Dominus‘ kennenlernen sollte.

    Entsprechend aufgeregt war sie. Es fiel ihr schwer, sich diese Rolle überhaupt vorzustellen, doch der Sklavenhändler hatte ihr jeden Widerstand aus dem Leib geprügelt, weshalb es letztlich wohl auch so lange gedauert haben mochte, bis sich ein Käufer für sie gefunden hatte.


    Mittlerweile waren aber alle Verletzungen geheilt und man hatte sie seit dem Markt sehr gut behandelt. Weshalb, das konnte sie kaum sagen, aber wenn sie nun ihrem Herrn vorgestellt werden sollte, auf diese Weise zumal, dann konnte sie sich denken, dass sie eben eine gute Figur abgeben sollte. Ob sie das tat? Sie war gebadet, kaum frisiert, aber gut gekleidet für eine Sklavin. Der Händler hatte sie auf ein wenig unter fünfeinhalb pes gemessen, sie war schlank und ein wenig abgemagert in den letzten Wochen, weil ihr das Essen kaum mehr schmeckte. Ihr Blick war gesenkt und sie wagte es nur kurz, ihn zu heben, als der Mann den Brief mit dem ihr unbekannten Inhalt studierte.


    Offensichtlich war er ebenso überrascht wie er es sein sollte, das war recht ersichtlich. Doch: Sie kannte ihn. Hatte ihn zumindest mehrfach auf dem Schiff gesehen, welches sie hierher gebracht hatte, auch wenn sie nicht wusste, wer er war oder warum sie nun ihm gehören sollte. Ein junger, kräftiger Mann, von dem sie aber lieber mehr gewusst hätte als sein Aussehen. Doch dafür musste sie wohl abwarten.


    Sie hielt den Blick gesenkt, als er sie ansprach. „Ich… nein, Dominus. Mein Name lautet Almut, Dominus.“ Warum interessierte ihn das?

  • Almut... eine schöner Name, antwortete Sagitta. Sein Vater und wahrscheinlich auch die Götter meinten es wohl trotz seines Abschieds aus Athen gut mit ihm, wenn er so eine Augenweide bekam. Das machte den Aufenthalt in Rom doch ein wenig schöner, auch wenn er Sehnsucht nach seinem geliebten Athen hatte.


    Also hat mein Vater dich gekauft, sprach Sagitta. Er sah sich das Gesicht der Sklavin ein wenig näher an. Von irgendwoher kannte er sie doch. Natürlich! Jetzt fiel es ihm wieder ein. Er hatte sich auf dem Schiff gesehen mit dem er von Athen nach Rom gekommen war, flüchtig aber es waren ihre Umrisse.


    Nun gut, mein Name ist Galeo Decimus Sagitta und wie es aussieht bin ich dein neuer Dominus, nachdem mein Vater dich mir zum Geschenk machte. Corinna... er verwendete dabei ihren neuen romanisierten Namen, denn sein Vater ausgesucht hatte. Sagitta auf einem Stuhl Platz und dachte kurz nach.


    Erzähle mir doch ein wenig von dir, wer du bist und was du kannst, erwiderte er interessiert.

  • Almuts Gedanken rasten. Natürlich wollte sie ihm Grunde keinesfalls hier sein, nicht einmal in der Nähe. Sie wollte nach Hause, das war ihr einziger Wunsch, doch ebenso wusste sie eigentlich, dass es ihre Heimat in dieser Form nicht mehr gab, denn ihr Dorf und alle die sie kannte oder liebte waren tot oder verschleppt. An diesen Gedanken hatte sie sich, soweit das möglich war, bereits gewöhnt oder sich zumindest damit arrangiert, es blieb ihr ja auch nichts anderes übrig, wenn sie sich nicht selbst belügen wollte. Es blieb ihr also nur zu hoffen, dass die Götter es in Zukunft etwas besser mit ihr meinten, denn der Herr eines Sklaven war durchaus entscheidend und bestimmte natürlich, wie es diesem erging. Und wenn man es gut mit ihr meinte, dann bestand ja vielleicht doch noch eine geringe Möglichkeit, dass sie dieser riesigen Stadt irgendwann einmal entfliehen könnte und in die Hügel ihrer Heimat zurückkehren mochte.

    Doch dies war Zukunftsmusik. Der Mann versuchte die Situation zu erfassen und kommentierte dies. Ihren Namen, wie sie hier her kam, ihre Beziehung, dass er ihr neuer Dominus war. Für sich, aber vermutlich ebenso für sie selbst, es war ja eben eine Überraschung für sie beide. Die Sklavin verzichtete auf eine Antwort oder eine Reaktion, so, wie es sich für sie gehörte, wenn man sie nicht zum Sprechen aufforderte. Ob er sie ebenfalls erkannte, wusste sie nicht, es spielte aber auch keine Rolle, auch nicht, dass er sie eingehender musterte. Dies war sie ja bereits gewohnt.

    Erst als er sich setzte hob sie den Blick und schaute ihn verunsichert an. “Ich.. stamme aus Germania. Vom Stamm der Chatten... nicht so weit von Mogontiacum.” Die Stadt kannte sie natürlich, auch wenn sie noch niemals dort gewesen war. Er würde sie sicherlich ebenfalls kennen. “Ich bin noch nicht so lange ...hier. Und kann euch als Magd oder Haussklave dienen.” Dies waren die Dinge, die man ihr gesagt hatte, und sie sah es für den Moment als ausreichend an. Persönlicheres wollte sie ohne Weiteres nicht preisgeben.

  • Mongotiacum ja die Stadt am Rhein natürlich... erinnerte sich Sagitta, die Stadt war ja berühmt nicht nur ehemalige Veteranen der Legion sondern auch romanisierte Germanen lebten dort friedlich, was eigentlich ein Erfolg der römischen Expansionspolitik, aber nun ja nicht alles was Gold war glänzt, nur ein Teil Germaniens stand unter der Herrschaft Roms, der andere Teil war von den germanischen Stämmen besiedelt.


    Die Chatten... wiederholte Sagitta, Corinnas Antwort. Er konnte sich da an die Schrift des Tacitus über die Germanen erinnern, wobei man auch hier nüchtern sein musste. Das erste Mal dass der Name "Germanen" in den römischen Schriften auftauchte war bei Feldzug des Gaius Iulius Caesar nach Gallien, der dort mit den Sueben zusammentraf, um die Bedrohung für Rom ein wenig grösser erscheinen zu lassen.


    Gesprächig schien sich nicht gerade zu sein, sie wirkte eher ängstlich. Wahrscheinlich war es das harte Los der Sklaverei. Denn nach römischen Recht war ein Sklave nun mal einem Gegenstand gleichgestellt und das war das traurige und himmelschreiende Unrecht der ganzen Sache.


    Kannst du auch ein Instrument spielen und auch singen? fragte er Sie.

  • Sicher, Mogontiacum war eine besondere Stadt, an dem sich Germanien
    und Rom begegneten. Frieden war dort möglich, doch änderte dies
    wenig daran, dass sich die Menschenjäger wenig dafür
    interessierten, sondern stattdessen mit der Gier Roms nach Sklaven
    den Stand ihres Geldbeutels aufbesserten. Ob das Dorf, welches sie
    überfielen friedlich, arm oder reich war, interessierte sie meist
    ebensowenig, wie die Beziehung der Menschen dort zu Rom. Wichtig war
    nur, wieviele der Menschen man dort versklaven konnte, und Almut
    konnte gar nicht anders, als die Dinge so zu sehen, dass daran
    letztlich nur die Römer schuld waren. Denn nur solange es sich
    lohnte in Germanien Menschen zu rauben um sie in Athen zu verkaufen,
    würde dies auch getan werden. Und ohne den Bedarf Roms wäre dem
    vermutlich nicht so.


    Doch nun, dies war
    gerade unwichtig. Denn sie war ja hier und konnte nicht anders. Der
    Mann vor ihr kannte zwar vielleicht die römische Stadt nah ihrer
    Heimat, mehr aber kaum, wie es schien. Es hätte sie auch gewundert,
    hätte er bereits von ihrem Stamm gehört. Nun, vielleicht wäre ihm
    eine Sklavin eines größeren, wichtigeren Stammes lieber? Das konnte
    sie kaum ändern.

    „Mein Vater war
    der Vorsteher eines Dorfes und wir haben mit den Römern Handel
    getrieben,“
    fügte sie hinzu, auch um klarzustellen, dass sie
    durchaus bereits mit seinen Leuten zu tun gehabt hatte. „Daher
    spreche ich eure Sprache ein wenig, Dominus.“

    Die kleine
    Trotzigkeit wich der erneuten Überraschung, als er fragte, ob sie
    musizieren könne. „Ich… ich kann ein wenig Flöte spielen, singen, und
    natürlich tanzen, Dominus. Wieso?“
    Bei dem letzten Wort
    verschluckte sie sich fast und hob die Hand vor den Mund. „Verzeiht.“

  • Sicherlich war die Sklaverei keine Sache die dem Ideal der Gerechtigkeit entsprach, aber sie war keine römische Erfindung, schon andere grosse Zivilisationen wie die Babylonier, Perser oder auch die Griechen hielten sich Sklaven, egal ob zur Arbeit im Hause oder in der Landwirtschaft. Das war bei den Römern auch nicht anders, was aber nicht den Umstand oder die Gründe dieser entschuldigte.


    Verstehe, deswegen sprichst du die Sprache des Imperiums... antwortete Sagitta es war nicht immer üblich dass jemand der aus den fernen Gebieten des Nordens kam, auch die lateinische Sprache beherrschte. Aber es gab Stämme die mit den Römern Handel trieben und auch zum Teil die Sprache beherrschten.


    Flöte sagst du? irgendwo in seinem Gepäck hatte Sagitta eine Flöte. Er hat diese als Kind vom seinem Vater erhalten und trug sie immer mit sich. Nach einer längeren Suche fand er diese auch.


    Nun wenn willst, darfst du mir gerne etwas darbieten, es ist schon lange her, dass ich ein bisschen Musik und Gesang, geniessen durfte.

  • Es war eben, wie es immer war: Wenn man auf der Siegerseite stand, ging es einem gut und man konnte mit den Besiegten tun und lassen, was man wollte. Das war letztlich der Lauf der Welt, keine Frage, aber man haderte natürlich oft erst wirklich damit, wenn man selbst oder vielleicht das eigene Umfeld wirklich davon betroffen war. Erst dann realisierte man, dass manche Dinge eben von grundauf falsch waren.

    Andererseits bedeutete Sklave zu zwar, dem Willen seines Herrn zu unterliegen, aber ebenso musste dieser sich auch um einen kümmern. Und solange dieser das tat, musste man zwar ebenso harte Arbeit verrichten, aber man wusste zumindest meistens, dass für einen gesorgt war und man nicht Hungern würde. Es kam eben darauf an, einen guten Herrn zu haben, leider konnte man sich diesen ja nicht aussuchen.


    Almuts Latein war einfach und hatte sich erst in den letzten Monaten ein wenig verbessert, als sie die Sprache immer wieder um sich herum gehört hatte. Immerhin hatte ihre Kenntnis aber auch dafür gesorgt, dass man sie als Haussklavin handelte und nicht für deutlich einfachere Tätigkeiten vorschlug.

    Sie nahm die Gelegenheit wahr, den Mann kurz zu mustern, als er nach etwas suchte. Er war sicher nicht viel älter als sie selbst, aber dennoch konnte ihr Weg bisher vermutlich verschiedener nicht sein. Und nun würde er untrennbar voneinander sein.


    „Ich kann es versuchen, Dominus,“ meinte sie, nachdem sie zögerlich die Flöte an sich genommen hatte. Hatte sie eine Wahl? Sie wollte sich ja gut stellen mit ihm. Kurz wurde das Instrument taxiert, aber es war letztlich sehr ähnlich zu den deutlich einfacheren Flöten, die sie bisher kannte. Dann nahm sie das Mundstück an die Lippen und begann, nach einem tiefen Durchatmen, ein paar der langsamen Töne aus ihrer Heimat zu spielen, die einen gewissen traurigen Unterton nicht verbergen konnten. Nach einiger Zeit nahm sie die Flöte dann herab und sang mit ihrer hellen Stimme ein dann doch eher heiteres Lied in ihrer Sprache über einen Jäger, der einem Hasen nachstellt, dabei aber nicht mit dessen Agilität gerechnet hatte und am Ende in einem Bach landet. Eben etwas, was man sich an den Lagerfeuern zusang und dann darauf trank. Dennoch war ihr gerade nicht zum Lachen zumute, als sie letztlich endete.

  • Sagitta setzte sich auf einen Stuhl und lauschte den Künsten seiner neuen Sklavin. Trotz ihres schwerer Los schien den Gesang und das Flötenspiel sie sehr gut zu beherrschen. Sagitta lächelte und bewunderte ihre Fähigkeiten. Auch das sie die lateinische Sprachen sprechen konnte war doch ein wenig ein "Wunder", wenn man es denn so nennen wollte. Auch wenn es Germanen gab die Lateinische Sprache durchaus beherrschten und zwar nicht nur die, die in einer römischen Stadt lebten.


    Aber ein wenig unsicher und wahrscheinlich auch traurig war sie noch, das merkte er. Aber es war kein Paradox, wer würde gerne von Menschenjägern aus seiner Heimat verschleppt und verkauft werden? Niemand, man spürte das Leid erst wenn es einen selber erreichte, aub und zu tat man gut, ein wenig Demut und Bescheidenheit an den Tag zu legen, das galt für alle die vom römischen Wohlstand und vom Sklavenhandel profitierten.


    Sehr schön, antwortete Sagitta und beklatschte die Darbietung von Corinna. Du hast wahrlich eine anmutende Stimme, er lächelte sie dabei an. Setzt dich doch zu mir und leiste mir ein wenig Gesellschaft, du willst doch nicht die ganze Zeit stehen oder?

  • Es war natürlich nicht sonderlich einfach, von der desillusionierten, verschleppten Frau zur dienstbaren Sklavin zu werden, die in jedem Moment das tat, was der Mann vor ihr wollte und was angebracht war. Es war ein gewisses Talent zum Schauspielen vonnöten, denn niemand konnte wirklich immer auf Kommando fröhlich oder glücklich sein, nicht wahr?

    Doch dies hier war noch eine der leichteren Aufgaben. Ein paar Töne auf der Flöte zu spielen und danach ein Lied aus ihrer Heimat zu singen, auch wenn es nur relativ kurz und unbedeutend war, tat gut und ließ sie die Umgebung kurz vergessen, immerhin. Sie konnte sich darauf konzentrieren und gleichzeitig alles um sie herum vergessen.


    Doch kaum hatte sie geendet, war sie wieder im Hier und Jetzt. Der Mann, Galeo Decimus Sagitta, applaudierte ihr und hatte anscheinend Gefallen an ihrer Musik gefunden. Das war ja schon einmal gut! "Danke, Dominus," nickte sie ihm zu, als er ihr sogar ein Kompliment machte.

    Sein nächstes Angebot war ebenso nett, allerdings erforderte es, dass sie sich recht nah an ihn heran setzte, auf der Bank, auf der er saß. Doch sie leistete dem Angebot, welches wohl auch eher eine Aufforderung war, schweigend Folge.

    "Soll ich eure Flöte reinigen, Dominus?" fragte sie dann mit unschuldigem Blick, welcher verdeutlichte, dass sie damit tatsächlich die von ihrem Spiel und Speichel verunreinigte Holzflöte in ihrer Hand meinte.

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