Der Herr der Welt würde heute - so dachte er sich - eine gewisse... Korrektheit wieder herstellen. Zu diesem Zweck hatte er sich in die Aula Regia begeben, um auch die richtige Kulisse zu haben und dann nach dem Primicerius Varenus geschickt. Bester Stimmung diktierte er noch einen Brief an ein paar Honorationen in Lusitania und wartete auf Varenus.
Erhebung des Titus Decimus Varenus in den Ordo Equester
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- Aula Regia
- TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS
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Varenus war überrascht über die unplanmäßige Besprechung. Er fragte sich, was vorgefallen sein könnte. Welcher Anlass sich verborg. Vor allem warum in der Aula Regia. Untypisch. Waren eventuell weitere Personen hinzugezogen worden. Fragen über Fragen.
Er ging ohne Unterlagen bei sich zu führen in die Aula. Sah den Augustus auf seinem Thron sitzend. Ein Scriba schien etwas niederschreiben zu wollen. "Salve! Ich möchte nicht stören, doch du hast nach mir rufen lassen?"
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Ah, da war er ja. Ungeduldig winkte de Augustus den Sekretär, dem er den Brief diktierte beiseite.
"Varenus, gut dass du gekommen bist. Ich habe mir vorhin gedacht, dass heute vielleicht der richtige Tag ist, um einen Umstand, wie sagt man... gerade zu rücken. Und dass es Zeit ist, dass man dich für deinen Dienst, den du dem Gemeinwesen nicht erst seit deiner Rückkehr in den Palast geleistet hast, belohnt, in der Tat.
Für deinen Dienst als Primicerius a rationibus und nun als Primicerius a libellis. Als Augustus ist es mir eine besondere Freude dich im Namen des Gemeinwesens entsprechend auszuzeichnen.
Ich verkünde deswegen: Vom heutigen Tag an soll Titus Decimus Varenus in den Ritterstand erhoben sein. Er soll darob alle Privilegien genießen und alle Pflichten erfüllen, die mit dieser Erhebung einher gehen."
Der Augustus hatte sich zuletzt gefragt, wie Varenus das wohl aufnehmen würde. Freude? Genugtuung? Zynismus? Immerhin war der Mann einst bereits in den Ordo Senatorius erhoben worden. Er hatte nur das Pech gehabt, dass diese Erhebung von einem gewissen Salinator vorgenommen worden war, der mit dem Problem konfrontiert gewesen war, die falsche Seite einer Bürgerkriegspartei angeführt zu haben.
Cornelius Palma hatte Varenus sodann nach Salinators Niederlage wie man hörte ziemlich unzeremoniös aus dem Senatorenstand entfernt. So würde es der Kaiser durchaus nicht seltsam finden, wenn Varenus' Reaktion heute weniger als überschäumend ausfiel. Aber andererseits - eine Standeserhebung war eine Standeserhebung.
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Oh, ganz förmlich. Die bisherige bloße Nennung 'Varenus' gefiel ihm besser.
Überwältig vom Ereignis, dass er nach so vielen Jahren Dienst, endlich in den Ordo Equester erhoben werde, erfreute ihn. Fabius, ich bin dir auf den Fersen!
Hatte tatsächlich der junge Annaeus die Initiative ergriffen. Unglaublich! Oder warum sollte der Augustus ihn ernennen wollen? Einen alten, dickköpfigen und senilen Mann. Der in letzter Zeit zu sehr rumnörgelte, anstatt mit Bedacht zu agieren und zu verhandeln. Vielleicht würde die Ernennung ihn wieder auf die richtige Spur bringen.
"Ich danke dir, mein Augustus. Dass du meiner Familie solche Ehre zukommen lässt.
Soll ich mich eigentlich verneigen? Doch mir wäre es ehrlich gesagt lieber, wenn ich stehen bleiben könnte, denn es bestünde die Gefahr nicht mehr aufrecht stehen zu können. Alte Knochen und so!" Ein Dienstunfall wäre in dieser Situation nicht hilfreich gewesen. "Entschuldigung, dass ich dich unterbrochen habe. Du kannst gerne fortfahren." Varenus hoffte inständig, dass es sich im Nachgang nicht als Déjà-vu herausstellen würde. "Oder war es das?"Ach herje! Varenus würde es verstehen, wenn der Augustus die Erhebung postwendend zurücknehmen würde. "Mein Mund ist versiegelt." Endlich.
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Der Augustus setzte sein huldvollstes Lächeln auf.
"Keine Hektik, Varenus. Alles in bester Ordnung." Er wandte sich an die Umstehenden, die nach den Worten des Augustus höflichen Beifall gespendet hatten. Es gab immer Leute, die in der Aula herum lungerten. "Nehmt euch Varenus zum Vorbild. "Oder war es das?" Man hat ihn gerade in den Ritterstand erhoben und schon will er wieder an die Arbeit gehen. Irgendeiner von euch soll sich nützlich machen und der Kanzlei Beschied sagen, dass sie die nötigen Urkunden ausstellen sollen. Ich hatte gedacht, ich könnte sie dir auch direkt überreichen, aber dann hättest du vielleicht Wind davon bekommen und meine schöne Überraschung wäre im Eimer gewesen. Und überrascht habe ich dich, nicht war? Hehe."
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Innerlich konnte Varenus nicht mehr lachen. Doch verbot er eine Regung nach außen hin. Varenus und arbeiten? Hatte er doch als Primicerius a libellis im Gegensatz zu seiner damaligen Tätigkeit als Primicerius a rationibus gelernt wie man sich am besten von der Arbeit fern hielt. Delegieren war das Zauberwort. Im Grunde hätte man seine Abteilung in Arbeitsabwehr umbenennen müssen. Sie war die wichtigste Abteilung am Palatium, jeder wollte hin, nun wusste er warum. Nicht um zu arbeiten. "Das wohl wahr. Ein guter Berat.... äh Beamter ist immer gut vorbereitet und informiert. Doch Gedankenlesen bleibt mir jeglicher Erkenntnis fern. Könnte ich dies, dann würde ich wohl bei meinem Vetter Serapio dienen." Bloß nicht.
Varenus setzte auf die letzte Frage hin ein freundliches Grinsen auf. "Ja, hast du. Und wenn ich mir erlauben darf, äußerst gut, mein Augustus. Du scheinst ein Naturtalent für die Aufbewahrung von Geheimnisse zu sein. Ich sehe Konkurrenz zum Vestatempel. Du kannst echt sehr stolz auf dich sein. Prima." Als würde er zu einem seiner Söhne sprechen. Doch eine Umarmung verkniff er sich. "Ich kann meine Freude nicht in Worte fassen. Was recht ungewöhnlich für mich ist." Hatte doch Varenus schon so einiges erlebt und erleben müssen. "Ich denke, dass es erst zum zwei Mal vorgekommen ist. Als meine Frau meine Frage nach Ehelichen annahm, und nun das. Das ist doch was."
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"Konkurrenz zum Vestatempel. Sollte ich mir aufs Mausoleum drauf schreiben lassen." Die Ehrung hatte den Primicerius anscheinend ordentlich aus de Bahn geworfen. "Es ist immer gut, wenn man seine Leute dann und wann mal überrumpeln kann." Ein Umstand über den der Augustus höchst zufrieden war. Erst wenn er völlig berechenbar geworden war, würde es schwierig werden. "Sonst wäre der Kanzeialltag auch allzu grau nicht wahr? Jedenfalls hast du diese Auszeichnung vollkommen verdient." Und an den ganzen Raum gewandt fuhr er fort: "Titus Decimus Varenus, Eques, meine Herren." Und zum Applaus der Anwesenden entließ der Augustus mit einer huldvollen Geste den Decimer, damit der sich gebührend an dieser Auszeichnung erfreuen konnte.
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"Danke!" Varenus verabschiedete sich und bevor er den Raum verlassen hatte, dachte er sich, dass er tatsächlich einige Passagen seiner Aussagen hätte nicht äußern dürfen. Was hätte er noch alles erreichen können. Sei es drum. Er würde auf jeden Fall seinen Untergebenen für den heutigen Tag zwanzig Prozent weniger Arbeitsleistung abverlangen und am Abend mit seiner Frau den Beischlaf ausüben, zur Freude des Tages, länger als die üblichen fünf Minuten, ... vielleicht sieben.
Es lag nicht an ihm, sondern seine Frau war im Gegensatz zu ihm nicht mehr ganz so fit gewesen. Rücken und so. Manchmal auch die klassischen Kopfschmerzen ...
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