• Enterübung


    <<< RE: Edictiones - Aushang


    Wahrscheinlich hielt ihn eh wieder jemand für einen Holzkopf. Doch Sabaco hatte keine Ahnung, was unter "schiffsüblicher Ausrüstung" zu verstehen war. Vermutlich das volle Programm. Also erschien er in voller Rüstung, trug flauschige Beinlinge und hatte neben Gladius und Dolch auch den Ovalschild der Auxiliareinheiten am Mann. Vermutlich, weil hier auch Peregrini dienten, aber ihn störte der Ovalschild nicht. Und natürlich durfte der Rebstock nicht fehlen, mit dem er die Männer rumschieben konnte, ohne sie antatschen zu müssen und sich dabei den Finger irgendwo im Panzer einzuklemmen. Als Knüppel hatte er den Rebstock bisher nicht einsetzen müssen. Trotz einiger Rindviecher war die Truppe im Großen und Ganzen passabel.


    "MILITES", grölte Sabaco, der das Brüllen schon von der Ausbildung seiner Tirones gewöhnt war. Nun standen die Contubernia eins bis fünf vor ihm - vierzig Mann, wenn sie vollzählig waren. "IN ANCIEM VENITE!"*


    Die sollten ein ordentliches Bild abgeben, wenn ihr Kommandant aufkreuzte und so bereitete Sabaco schon mal alles vor. Als die Reihe angetreten und ausgerichtet war, kontrollierte er Sitz und Vollständigkeit der Ausrüstung, damit sie keinen Ärger auf sich zogen und damit ihr Vorgesetzter schnell zur Sache kommen konnte, sobald er eintraf, und nicht mehr allzu viel zu mäkeln hatte.


    Sim-Off:

    *In Linie antreten.

  • Seppi war einigermaßen aufgeregt. Es hatte schon länger keine Enterübung mehr gegeben.

    Klar es gab die Gefechtsübungen, Waffentraining, aber auch den langweiligen Wachdienst. Es war zu Kotzen. Der Wachdienst war seine Nemesis. Er neigte nun einmal zum Einschlafen sobald er sich langweilte.

    Neulich war er am hellichten Tag fast weggedöst und nur das Knarren eines Wagenrades weckte ihn bevor der Wachhabende es bemerken konnte. Woran das lag? Für seine Verhältnisse schlief er zu wenig. Es war einfach zu wenig Zeit. Formaldienst, Wache, dann in die Schreinerei. ...und Essen für den Kommandeur kochen mußte er auch noch...Er hoffte nur bald in der Schreinerei als Immunes angenommen zu werden. Die waren recht zufrieden mit ihm. Dann würde er nur noch in der Schreinerei arbeiten.

    Er liebte den Geruch von Holz, mochte die Arbeit und freute sich wenn sie ein Boot repariert oder gar eines gebaut hatten.

    Hier ging alles Hand in Hand. Man respektierte sich.

    So stand er denn nun da, in voller Rüstung und lächelte ob des Gedankens an die Schreinerei.

  • Einer der Nautae freute sich offenbar dermaßen auf die Enterübung, dass er vor sich hin lächelte. Wenn sich die Leute darauf freuten, was hier veranstaltet wurde, war das ein Kompliment und das wiederum war Sabaco Ansporn, auch wenn es noch schwerlich ihm gelten konnte. Mit motivierten Leuten machte es mehr Spaß als mit einem Haufen lahmarschiger Tranfunzeln. Da manche Ausbildungseinheiten und Übungen für Nautae und Marini gemeinsam verliefen, so wie heute, fühlte Sabaco sich auch für den vergnügten Kameraden verantwortlich. Prüfend ließ er den Blick über dessen Ausrüstung gleiten, nickte zufrieden und ging weiter. Wäre dumm gewesen, hätte der nächsthöhere Offizier was zu Meckern gefunden und dem fröhlichen Nauta die gute Laune gleich wieder verdorben. Auch Sabaco war gespannt. Für ihn war es die erste Enterübung.

  • Auch Nero fand sich zur Enterübung ein. Und so gab es schon zwei Anwesende mit blendender Laune. Selbstverständlich konnte Nero seine hinter einem Gesicht wie aus Eis verbergen. Wobei er die Befürchtung hatte, dass man an dem Funkeln seiner Augen dennoch sah, wie sehr er sich auf die Übung freute. Sabaco wirbelte schon fleißig herum, kontrollierte hier und dort, so dass alle Mann in Reih und Glied einen ordentlichen Eindruck machten. Nero beobachtete ihn, genau wie jenen jungen Mann der vor sich hinlächelte. So jung und noch so voller Tatendrang. Hatte er selbst einst auch so ausgesehen? Vermutlich. Und wenn er ehrlich war, er tat es doch immer noch, hinter der eisernen Maske des Vorgesetzten.

  • Bei Neptun, da war Vorenus Nero. Was für ein Finsterling. Während der neue Suboptio die ewig Schludrigen maßregelte betrachtete er den Gubernator. Er fragte sich manchmal was der Chef an ihm fand? Der lief immer rum wie eine Statue, immer perfekt gekleidet, immer ausdruckslos mit kalten Augen. Die Kumpels meinten ja er wäre ein Wiedergänger. Einer von Marc Antons Leuten die in Actium gegen Octaivian ins Meer gesunken waren. Seppi glaubte sowas nicht, aber so waren die Nautii, abergläubisch bis ins Mark.

    Endlich war der Suboptio fertig. Komischer Typ übrigens. Sollte eigentlich nach Cappadocia, ist dann aber hier geblieben. Soll der Bruder von einem hohen Tier bei der Ala sein. War ja klar. Er hatte keine Verwandten auf einflussreichen Posten. So wie die Dinge lagen würde er wohl ewig Nauta bleiben. Es sei denn einer seiner Vorgesetzten,...Einer der seltenen Momente der Erleuchtung durchfuhr ihn...einer seiner Vorgesetzten wäre zufrieden mit seiner Arbeit und würde sich für ihn verwenden.

    Wieder lächelte er, hier stand er nun und konnte nicht anders.

  • Ruga trat auf den Campus und baute sich neben Vorenus auf. Seine eisblauen Augen glitten über die angetretene Truppe. Er nickte Sabaco zu, goutierte auf diese Weise den tadellosen Zustand der Männer.

    Marini, ich bin Optio Spei Terentius Ruga...ich werde mir die Zeit nehmen und euch anweisen ein Schiff zu entern, eine Praxis die ihr hier bei der Classis Germanica weniger brauchen werdet...die aber zu eurer Ausbildung gehört. Wer die Kunst beherrscht auf schwankenden Boden zu kämpfen, der hat überall einen sicheren Stand...

    Sicherer Stand war das wichtigste auf den Planken eines Bootes.

    Er wies auf den Hinderniskurs hinter ihm.

    Ihr werdet zunächst auf dem wankenden Boden euer Glück versuchen...vier Fuß breit und 20 Fuß lang passen versetzt 10 Männer darauf. Die Planken sind in Seilen gelagert, sodaß Seegang imitiert wird. Zusätzlich zur Wankbewegung wird die Planke durch eine Winde vorwärts und rückwärts bewegt.

    Er lächelte gefährlich als er fortfuhr. Danach werdet ihr auf ein Zeichen die dahinter befindliche Bordwand überwinden, doch gebt Acht! Sie bewegt sich auf und ab. Natürlich werden euch von der anderen Seite allerlei Hindernisse in Form von Lanzen oder Pfeilen entgegenkommen. Das Ziel ist es die Planke an der Reling zu befestigen, die Reling zu überwinden und den Feind auf der anderen Seite zu vernichten.

    Er nickte einem der Suboptiones zu und nach einem gebellten Kommando stürmten 10 vollbewaffnete Marini auf die Planke die sich gefährlich wankend vorwärts und rückwärts bewegte. Die Marini stellten sich hintereinander, versetzt auf und hoben ihre Schilde zu eine Art Testudo. Scheinbar ungerührt von den Bewegungen der Planke warfen zwei mit Enterhaken befestigte Leinen über die gegnerische Reling und gemeinsam zogen sie die Planke näher an die Reling heran. Die vorderen zwei Marini stellten sich vor die Stelle und sicherten unter der nachgerückten Testudo ihre beiden Schilde auf der Planke sodaß diese als Rampe dienten um die Männer sicher über die Reling springen zu lassen. Die Gegenwehr von der anderen Seite zerschellte an der Testudo. Plötzlich stießen die vorderen Marini zwei Lanzen vor und ließen in der Mitte eine Lücke durch die sich im Schutze der Lanzen rasch vier Männer über die Reling schwangen um dort eine Kampfbasis zu bilden. Diese beschäftigten die Matrosen auf der anderen Seite und alle anderen Marini rückten nach.

    Keiner der Männer war von der Planke gefallen obwohl sie sich dauernd bewegte. Alle waren auf die andere Seite gekommen.

    Also, Planke besetzen, Planke festzurren Reling entern, Schiff erobern,...wie ihr seht,...ganz einfach!

    In der Vergangenheit hatte man mit dem Corvus gearbeitet, jedoch barg es auf See gewisse Nachteile wenn die Schiffe verkeilt waren und man sah wieder davon ab.

    Optiones!? Ausführung!

    Ruga lehnte sich zurück und seine kalten Augen glitzerten vor Vorfreude hier gleich ein grenzenloses Chaos zu erleben. Aber lieber so lernen als sich eine blutige Nase zu holen. Er hatte diese Hindernisse entworfen, sie simulierten vortrefflich die Gegebenheiten bei einem Seegefecht. Doch bei solch einem Gefecht würden es 4 von 10 nicht schaffen...

  • Seppis Lächeln gefror ein wenig als er Terentius Ruga sah und hörte. Dieser Mann machte ihm Angst und Bange. Es wurde gemunkelt er habe einem thrakischem Piratenkapitän bei lebendigem Leibe das Herz herausgerissen und hineingebissen, nachdem er im Alleingang fast die Hälfte der Mannschaft niedergemetzelt hatte. Was sicherlich Quatsch war, aber zuzutrauen wäre es ihm. Er wirkte wie die düstere Version des Mars persönlich. Der stellte sich wahrscheinlich perfekt gerüstet zum Schlafen in die Ecke,...oder hing kopfüber von der Decke wie man auch munkelte. Na egal. Mit offenem Mund betrachtete er die Enteraktion der Lieblinge des Terentius. Ein paar Ledernacken ohne Seele die einfach nur genau das taten und seltsamerweise auch konnten was der Optio spei verlangte. Naja...es sah auch machbar aus, aber die Planke wankte doch ganz schön. Hin und wieder fiel sein Blick auch auf den Optio spei, der wie eine Statue mit Argusaugen die Aktion betrachtete. Das konnte ja heiter werden. Seine Knie begannen zu schlottern. Sicherlich würde er einen Fehler machen, ganz sicher...er würde vielleicht von der Planke fallen...zusätzlich begannen seine Zähne leise zu klappern. Weniger aus Angst vor dem Versagen, mehr aus Angst vor dem Optio spei Terentius Ruga...der da so rumstand mit blitzenden Augen...lief dem da ein Blutstreifen aus dem Mundwinkel?

  • Auch Sabaco neuer Hass-Offizier war anwesend. Titus Vorenus Nero - inzwischen kannte er den Namen. Fast hätte Sabaco ihn mit dem Stab in die Reihe geschoben, weil er nur auf dessen schief stehende Caligae geschaut hatte, aber er bemerkte seinen Irrtum rechtzeitig und grüßte mit dem gebotenen Respekt. Dann ging es ans Eingemachte und die erfahrenen Marini demonstrierten die Übung unter dem Kommando des Optio spei. Sabaco beobachtete mit scharfem Blick, wie sie die Planke festzurrten, über die Reling sprangen und das Schiff einnahmen. Das alles geschah in hoher Geschwindigkeit. Es klappte perfekt, das sah nach jahrelanger Erfahrung aus. Es war nicht zu übersehen, dass der Optio spei stolz war auf die Truppe und das zu Recht.


    Natürlich war absehbar, dass es bei ihnen selbst bei weitem nicht so gut aussehen würde und irgendwer runterfiel, aber wie Stilo in seiner unendlichen Weisheit einst sagte: Das erste Mal ist immer Scheiße. Sabaco würde dafür sorgen, dass es nicht beschissener wurde als nötig.


    Einer der Nautae schlotterte. Das war der, der sich bis gerade eben gefreut hatte. Im Vorbeigehen legte Sabaco ihm kurz die Hand auf die Schulter, ohne ihn anzusehen.


    "MILITES", röhrte er, damit die Männer aufhörten, den Optio spei anzustarren und ihre Aufmerksamkeit stattdessen Sabaco zuwandten. "Die ersten neun von rechts - Planke besetzen! Macht langsam und konzentriert euch."


    Ihre Vorgänger waren auf die Planke gestürmt, doch das würde nicht funktionieren mit den Frischlingen. Die Hälfte würde stürzen oder gleich alle. Die Geschwindigkeit kam irgendwann von ganz allein. Jetzt galt es erst zunächst, eine saubere Ausführung zu gewährleisten. Er selbst postierte sich an der Stelle, wo die Planke begann. Erwartungsgemäß hatten die Männer große Probleme auf dem stark schwankenden Untergrund und fuchtelten um ihr Gleichgewicht.


    "Laaangsam und sauber", mahnte Sabaco. "Nicht mehr bewegen als nötig!"


    Das war leicht gesagt, aber je mehr sie fuchtelten, umso schlimmer würde die Planke schwanken. Die Mitte rechts sah nicht gut aus. Sabaco beobachtete von hinten, wer sich schon recht gut anstellte - diejenigen würde er bei der nächsten Übung als erste vor schicken. Als alle neun mehr oder weniger standen, nahm er selbst den zehnten Platz ein. Kaum stand er, schwankte die Planke plötzlich stark zur Seite und kam ins Schlingern. Nun musste er selbst um sein Gleichgewicht fuchteln. Rechts stürzte ein Mann und riss einen zweiten, der ihn festhalten wollte, gleich mit in die Tiefe.


    "Ihr wärt jetzt abgesoffen mit euren Rüstungen", brüllte Sabaco ihnen hinterher, während er um seinen sicheren Stand rang. "Lücke schließen! Milites auf den Planken - aufrutschen! Zwei rücken von hinten nach! Die Ersoffenen, zurück in die Reihe!"


    Nun waren sie wieder zu zehnt. Das Schlingern hatte sich etwas beruhigt, so dass Sabaco wagen konnte, den nächsten Befehl zu geben.


    "TESTUDO!" Sabaco hob mit den anderen gemeinsam die Schilde. Die Schildkröte kannten sie bereits vom Campus, so das wenigstens das funktionierte. "Zusammenrücken!" Überall waren Lücken, aber so machte eine Testudo wenig Sinn. "Noch dichter. Macht langsam, keiner stürzt mir ins Wasser!"


    Auch er selbst rutschte auf.


    "Enterhaken werfen!" Zwei Haken flogen in hohem Bogen durch die Luft. Als die Leinen sich spannten, verhakten sie sich in der Reling. Das klappte überraschend gut. "Und ranziehen! ZIEHT! RAN!"


    Gemeinsam zerrten die Milites, bis die Planke die Bordwand erreichte. Die Planke war nun, da sie durch die Haken fixiert war, stabiler. Trotzdem stürzte noch einer. Erneut rückten die Milites auf und schlossen die Lücke. Der Gestürzte trottete geknickt zurück "an Land".


    "Die vordersten beiden, Schilde als Rampe aufstellen. Die zwei dahinter halten ihre Schilde zum Schutz über sie."


    Noch kamen ja keine Geschosse geflogen oder wütende Feindeshorden. Trotzdem musste das alles schon jetzt geübt werden. Als auch das geschafft war, folgte das letzte Signal.


    "SCHIFF ENTERN! Wehe, es klatscht noch einer ins Wasser! Konzentration, Männer!"


    Einer nach dem andern sprangen sie mithilfe der aufgestützten Schilde über die Reling. Sabaco sprang als Letzter an Bord. Ein urtümlicher Winkel seines Denkens bedauerte für einen Moment, dass sie heute keine Feinde erwarteten, die sie ihrem wohlverdienten Schicksal zuführen konnten.

  • Seppis Herz sackte vollends in Richtung Kniekehlen. Warum musste ausgerechnet er als Erstes ran? Er sah in den Gesichtern der Kameraden eine gewisse Anspannung. In seinem Gesicht stand wohl die nackte Angst. Warum hatte er sich auch zu den Marini gemeldet? Als Nauta war er doch glücklich. Sogar auf dem Flaggschiff tat er seinen Dienst. Aber nein, bequatschen hat er sich lassen. In Germania gibt es schnelle Flusskreuzer die von rudernden Marinis gesteuert werden. Kämpfen und Rudern. Das hatte schon seinen Reiz. Das mit dem Rudern bekam er ganz gut hin. Sein Problem war auch nicht der Stand auf schwankenden Bohlen, sein Problem war die Angst etwas falsch zu machen, sein Problem war das Gewicht dieser Ausrüstung. Vor allem rutschte ihm der Helm dauernd auf das Nasenbein. Er konnte ihn so fest schnüren wie er wollte, sogar sein Hals hatte schon Einschnitte vom Helmriemen.

    Alles Probleme der Vergangenheit. Seine Gegenwart bestand aus einem gepanzertem Rücken vor ihm und einer lauten Kommandostimme hinter ihm.

    Seine Instinkte, aber auch seine relative Lethargie brachten ihn in die letzte Position der Angriffsrotte.

    Vorne fielen schon zwei Kumpels von der Planke und landeten unsanft auf den saftigem Grasboden. Der Sub brüllte Befehle und plötzlich war Seppi nicht mehr der Letzte. Testudo? ...was?! Testudo!...Seppi riss den Schild nach oben, stand aber zu nah an seinem Vordermann, sodaß sich ein saftiges Klong an dessen Helm ergab. Seinen blutrünstigen Blick begenete er mit einem irritiertem Lächeln und einem Schritt zurück. Die Planke wankte ganz schön und das brachte seinen Vordermann dazu sich auf sein Gleichgewicht und nicht auf Seppis Exekution zu konzentrieren. Mit dem Heranziehen der Planke ergab sich wieder eine neue Richtung des Wankens und die Gruppe ruckte nach hinten. Diesmal war es Seppi der litt. Der Schildrand seines Kameraden vor ihm rammte soweit zurück, daß nur Seppis Schildhand, welche den Riemen hielt ihn und alle anderen die dieser Bewegung folgten halbwegs stoppte.

    Er stemmte sich gegen die Wucht von mindestens 4 Männern und spürte wie seine Kräfte langsam nachließen. Neptun sei Dank machte die Planke wieder eine Bewegung nach vorn und der Druck ließ nach. Seppi war schweißgebadet und als er endlich über die Reling sprang war der Spuk vorbei.

    Die Kameraden freuten sich, aber in ihren Gesichtern stand auch das Wissen,...im Ernstfall hätte man versucht sie abzuwehren und ob sie dann alle hier stehen würden?

    Seppi betrachtete seine Schildhand. Der Zeigefinger stand seltsam ab und ein tiefer Riss ließ Blut strömen...seine Welt versank in einer blitzenden Sternenregen---

  • Einen Mann, der in voller Montur umfiel, konnte man nicht mal eben auffangen. Aber Sabaco stellte ein Bein raus, sodass der Nauta nicht ungebremst auf den Boden krachte, sondern daran hinab rutschte. Sabaco bemerkte, dass er nicht wusste, wer von den Anwesenden die Capsarii waren und ob sie überhaupt welche für diese Übung dabei hatten. Für die Zukunft musste er solche Dinge vorher in Erfahrung bringen.


    So blieb ihm nur übrig ins Blaue hinein "CAPSARII!" zu brüllen und zu hoffen, dass welche anwesend waren. Er befahl seinen Leuten, sich mit dem Rücken um den Bewusstlosen zu stellen, die Waffen nach außen, um ihn zu sichern, bis er abtransportiert wurde.


    Sabaco versuchte anschließend, Blickkontakt mit dem Gubernator aufzunehmen und er schaute, was der Optio spei jetzt machte, ob der irgendein Kommando gab, oder ob Sabaco weiterhin allein alles koordinieren sollte. Im Ernstfall würde das alles parallel laufen müssen, der Bewusstlose musste fortgeschafft werden, während die übrigen Männer weiterhin das Schiff stürmten. Sabaco war überfordert, eigentlich musste er sich weiter um das Entern kümmern, aber der Nauta war genau bei ihm umgefallen.


    Da dies eine Übung war und kein Feindessturm abzuwehren war, kniete er sich im Schutz der sichernden Kameraden beim Bewusstlosen nieder.


    Sabaco öffnete die Lederbänder und zog dem Nauta den Helm vom Kopf, wobei er bemerkte, dass das scheiß Ding viel zu groß war für diesen Schädel. Der Nauta atmete und hatte nicht gekotzt, was erstmal gut war, aber sein Finger sah verletzt aus, ragte sonstwohin und blutete wie Sau. Scheinbar war er davon bewusstlos geworden, entweder weil er einen Schock erlitten hatte oder weil er kein Blut sehen konnte. Dann müssten sie schauen, ob sie ihn dagegen abhärten konnten. Aber erstmal musste der Mann ins Valetudinarium gelangen. Sabaco fädelte vorsichtig die verletzte Hand des Nauta aus dem Haltegriff heraus und wälzte den Mann auf dessen eigenen Schild, sodass man gleich eine Trage hatte.


    "He, Mann, wach mal auf", brummelte Sabaco und patschte seine Wange.


    Dann schaute er wieder nach den anderen.

  • Servius Antonius Cimber betrachtete die Übung seines potentiellen Nachfolgers mit einigem Wohlwollen. So wollte er den Männern also zeigen was man bei der Classis üblicherweise zu tun hatte. Doch war es natürlich wenig wahrscheinlich auf dem Rhenus ein derartiges Manöver durchführen zu müssen.

    Der erste Trupp war sehr gut, der zweite unter dem neuen Sboptio solala. Er hatte seine Männer gut im Griff wie es schien, jedoch fehlte es ihnen an Übung.

    Er machte sich wieder auf dem Weg zur Principia. Dieses Jahr würde er seinen Abschied einreichen, bis dahin war noch einiges zu tun.

  • Der Nauta zeigte keine Regung. Es waren keine Capsarii anwesend und die Offiziere mischten sich nicht ein. Der Centurio verließ das Gelände. Sabaco konzentrierte sich also auf den Verletzten. Er nahm ihm den Gürtel und den Schwertgurt ab, legte ihm die Arme auf der Brust über Kreuz und zurrte sie mit dem Gürtel fest, damit der abgeknickte Finger nicht auch noch abgerissen wurde. Mit dem längeren Schwertgurt machte er den Verletzten über den Oberarmen am Schild fest, wobei er nicht mit Zugkraft geizte.


    "Ihr vier! Zwei vorne, zwei hinten."


    Er wählte Männer, die sich halbwegs gut angestellt hatten und welche die Trage schleppen sollten. Vier, weil die konvexe Form des Schildes ihn zum Tragen denkbar beschissen machte. Zwei weitere Milites mussten an den Seilen der Enterhaken zerren, um die Planke zu stabilisieren.


    Sie ließen den Verletzten unter den Argusaugen von Sabaco vorsichtig über die Reling die Schildrampe entlang hinabgleiten, wo ihn zwei der Träger empfingen und die anderen beiden von oben Halt gaben. Sabaco fürchtete, dass sie bei dem Geschaukel allesamt ins Gras stürzen würden. Verfluchte Kacke, wenn der Nauta den Finger verlor, musste er die Classis verlassen. Das musste natürlich während einer Übung von Sabaco passieren. Und natürlich widerfuhr es dem freundlichsten und harmlosesten Mann, so war das immer. Hinterher würde Sabaco die Übungseinheit zerpflücken, um herauszufinden, wo der Fehler lag und ob er es hätte verhindern können.


    Nach einigem Schwanken und Bangen war der Nauta wieder auf festem Grund und konnte ins Valetudinarium abtransportiert werden. Sabaco entspannte sich sichtlich. Der Rest erschien ihm nun einfach.


    "Die nächsten Zehn", brüllte er.

  • Seppi schreckte auf als er den Befehl des Suboptios vernahm. Sofort drückte ihn jemand wieder zurück auf,...was auch immer er da lag. Seine Hand tat ihm weh, sein Helm,...sein helm war weg! Wieder schreckte er auf. Nun bleib schon liegen Kumpel!...du bist verletzt! Wir bringen dich zum Medicus. Verletzt? Bei den Göttern, warum trug man ihn denn? Er berührte seine verletzte Hand. Ein Stich jagte ihm bis in den Ellenbogen. Schmerzverzerrt hob er die verletzte Hand und starrte auf einen blutig tropfenden Verband. Was,...er schluckte heftig. Seine linke Hand...war sie ab? Schwankend trug man ihn fort vom Campus in Richtung Valetudniarium...

  • Sabaco bemerkte noch, wie der Nauta erwachte und seine blutige Hand betrachtete, dann musste er seine Aufmerksamkeit wieder gänzlich den übrigen Männern widmen. Er fragte sich, ob sie am Ende doch zu dicht gestanden hatten während der Testudo für diese Aktion, das musste er im Anschluss mit einem der Offiziere auswerten. Wieder fiel einer runter, aber diesmal nur einer. Die übrigen Neun schafften es ohne Zwischenfälle an Bord.


    "Nicht warten, die nächsten Zehn", polterte Sabaco. "Auf die Planke! TESTUDO!" In dieser Manier ging es weiter, bis am Ende alle auf dem Schiff standen.


    Alle, bis auf einen.

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