[Casa Leonis] Die Zwiebel ist zurück

  • Lurco schmunzelte seinen Schatz entschuldigend an. Gleich wie mies es ihm ging, die Anwesenheit von Scato beruhigte ihn stets. Nur scheinbar seine gerade Scato nicht, oder besser gesagt, seine Argumentation.


    "Ach Stöckchen, das erzähle ich Terpander lieber auch nicht, ehe er mir den Hals umdreht. Aber ich habe in dem Moment wirklich nicht an ihn gedacht, dass gebe ich offen und ehrlich vor Dir zu. In dem Moment war ich mit den Gedanken ganz woanders. Die Sklaven aus der Casa Purgitia werden ihm gut zur Hand gehen und er wird sie anleiten und anweisen. Ich werde ihm die Erlaubnis dazu geben. Wir wohnen alle gemeinsam unter einem Dach, es ist unser Zuhause. Wieso sollten wir dort alles in Deins und meins aufteilen? Wie soll Terpander seine Arbeit ordentlich erledigen, wenn er nicht allen Sklaven etwas zu sagen hat?


    Das Terpander den Haushalt fast allein geführt hat, hat er mir nicht gesagt Scato. Mit Charislaus werde ich ein ernstes Wort reden, sobald er zurück ist. Vorab wird sich die Situation schon grundlegend ändern, wenn die anderen Sklaven hier sind. Terpander teilt ihnen dann die Arbeit zu und sie werden sie verrichten. Immerhin hat er das ganze Haus für uns einst auf Vordermann gebracht und renoviert.


    Na Stöckchen, ich hoffe nicht das Terpander einen Aufstand anzettelt, weil Charislaus eine faule Haut war. Da sollte er mit uns reden und wir helfen ihm. Nur so kann das funktionieren", antwortete Lurco und streckte sich lang aus, dass seine Gelenke knackten. Er fühlte sich gerade ausgelaugt und verspannt, am liebsten hätte er Scato fest in die Arme genommen und sich angeschmiegt.


    Zum Thema Verbitterung und Frustration nickte Lurco beipflichtend.

    "Erst mit Crispus und Menecrates haben sich die Urbaner wieder ihrer wahren Bestimmung zugewandt. Vielleicht war dem vorher bereits einmal so, aber die Zeit haben wir nicht erlebt. Du hast Recht, wir benötigen einen Erfolg. Ein Erfolg würde alle Urbaner motivieren und hätte eine entsprechende Außenwirkung. Zudem, auch da gebe ich Dir Recht, kann weder Crispus noch Menecrates das binnen Tagen, Wochen oder Monaten wieder ausbügeln, was Jahrzehnte schief gelaufen ist. Aber beide setzen alles dran, genau das zu tun und das Unrecht dass geschah aufzuarbeiten.


    Die Doppelstatio wird ein weithin sichtbares Zeichen einer neuen Zeitrechnung der Cohortes Urbanae sein und wir Scato, wir beide haben unseren Beitrag dazu geleistet. Ja die Krähen, hätte ich sie überführt anstatt zu rupfen, hätten wir unseren Erfolg gehabt. Aber in dem Moment war ich derart enttäuscht, wütend und außer mir Scato, dass ich im Namen von Mars gehandelt habe. Heute würde ich auch anders handeln, aber wem sage ich das.


    Du kennst mich vermutlich besser, als ich mich selbst kenne Stöckchen.


    Prätorianer, die Prätorianer. Ob sie die gleichen Probleme haben wie wir? Vermutlich nicht, aber das ist nur eine Spekulation meinerseits. Sie umgeben sich mit dem Nimbus der besonderen Eingreiftruppe. Man kann ihnen nicht beitreten, man kann sich nicht bewerben, man wird von ihnen erwählt. Ganz ehrlich? Die Typen kochen auch nur mit Wasser und den ganzen Tag vor dem Palast stehen und Besucher reinwinken, ist für mich nun nicht gerade eine Glanzleistung für die man in höhere Sphären gewählt werden muss.


    Ich könnte unseren Urbi mal fragen, er ist offen und zugänglich Scato. Bezogen auf die Prätis werde ich ihn einmal ansprechen. Und sie sind uns nicht übergeordnet oder gar weisungsbefugt, sie haben nur eine andere Aufgabe. Scheinbar scheinen sie die zu vergessen oder da etwas zu verwechseln. Sie sind die Palastgarde, die Palastwache. Sie sind die Türsteher des Kaisers, mehr nicht.


    Wir sind die Cohortes Urbanae. Das müssen wir den Kerlen ein für alle male klar machen", stimmte Lurco mit grimmiger Zufriedenheit zu.


    "Stöckchen, würdest Du mich massieren?", bat er mit Hundeblick.

  • "Massieren? Jetzt?" Er blickte in Richtung Eingang. "Und wenn die Zwiebel uns sieht? Also mein Bruder. Caepio! Er heißt Zwiebel."


    Der kleine Fango würde ihn vermutlich darauf hinweisen, dass eine Massage unhöflich sei, während Gäste anwesend sind, die sich mit einem unterhalten wollen. Caepio? Scato wusste es nicht einzuschätzen. Am Ende verschwand der große Bruder ein zweites Mal auf Nimmerwiedersehen von der Bildfläche.

  • "Dein Bruder heißt Zwiebel? ZWIEBEL?

    Ja gut, ein etwas... sagen wir mal gewöhnungsbedürftiger Name, aber ich werde ihn mir garantiert merken.


    Du kannst mich auch später massieren, aber nur bitte tue es irgendwann. Sonst ende ich als völlig verspanntes Knäul. Dein Bruder weiß nicht, dass Du mit mir zusammen bist? Dass solltest Du ihm sagen, falls er länger bleibt. Was wir ja beide hoffen. Sonst könnte das für Verwirrung sorgen. Oder Frust bei uns, wenn wir uns nicht mehr nahe sein dürfen. Zwiebel... Deine Mutter war wirklich grausam", stöhnte Lurco.

  • Kaum dass er sein Bad beenden wollte, da er mit seinem Bruder über einen möglichen Patron zu sprechen gedachte, rief auch schon Scato nach ihm. Caepio ließ sich von Terpander aus dem Wasser helfen, sich abtrocknen und einkleiden und fragte sich wo der Sklave geblieben war, der ihn eigentlich hätte massieren sollen. Der gute alte Terpander war immer zur Stelle. Auf die jungen Sklaven war kein Verlass. Caepio schenkte dem vertrauten Mann ein aufmunterndes Lächeln.


    "Danke für Deine Fürsorge Terpander. Ihr braucht dringend zuverlässigere Sklaven, die Dir zur Seite stehen. Das werde ich ebenfalls einmal ansprechen", sagte Caepio und machte sich dann auf den Weg zu seinem Bruder.


    Caepio gesellte sich zu Scato und lächelte gut gelaunt.

    "Erfrischt und munter Scato. Vielen Dank für Deine Gastfreundschaft. Terpander hat sich um mein Wohl vorzüglich gekümmert, aber der Sklave der mich massieren sollte hat sich leider nicht sehen lassen. Das wollte ich Dir gesagt haben. Einen Happen zu essen könnte ich auch vertragen. Wer ist Dein Gast?", fragte Caepio und nickte Lurco grüßend zu.

  • Terpander würde sich nie daran gewöhnen, was für Nervenbündel die drei Brüder alle miteinander waren. Einer nervöser als der andere. Ließ ihn mit dem klatschnassen Badezimmer zurück, damit er wegen nicht einmal einer halben Stunde baden nun wieder zwei Stunden putzen durfte. Gedanklich verfluchte er Unauris und Charislaus, er verfluchte sogar Tiberios, verfluchte jeden, der nicht hier war, um ihm zu helfen.


    Vielleicht wurde es an der Zeit, seiner Maskerade ein Ende zu bereiten ... sich zu offenbaren als jener, der er war, als Lysander von Sparta, und die Herren ihrem Schicksal zu überlassen. Wenn ihnen überhaupt niemand mehr zur Seite stand, würden sie vielleicht erkennen, was sie an "Terpander" gehabt hatten. Doch was sollte danach aus ihm werden? In seiner Heimat hatte er keine Zukunft. Wohin? Er wünschte, wenigstens einer seiner alten Weggefährten wäre noch an seiner Seite, Cassander, Zisimos ... irgendwer.


    Aufgebracht holte er sich den Eimer, um das Badewasser aus der Steinwanne auszuleeren, einen Lappen und einen Wischmopp.

  • "Ah, schön, dass du uns mit deiner Anwesenheit beehrst." Und Lurco um seine Massage bringst.


    So waren Brüder: Kaum wieder aus dem Exil aufgetaucht, mussten sie stören, um sich in den Fokus der Aufmerksamkeit zu drängen. Scato musterte die Zwiebel schmunzelnd, doch bei deren Frage wurde sein Mund zu einem ausdruckslosen Strich. Jegliches Leben in seinen Augen schien zu erlöschen, Scato schaute ihn an wie ein toter Fisch.


    "Lurco ist nicht mein Gast - ihm gehört dieses Haus und ich wohne hier zur Untermiete. Er ist mein Kamerad."


    Caepio hätte genau so gut einer lebensecht bemalten Marmorstatue gegenüberstehen können, die wäre genau so freundlich und warmherzig gewesen, wie Scato es gerade war. Er war ein verdammt schlechter Lügner, schon immer gewesen ... hilfesuchend sah er Lurco an.

  • Beschwichtigend hob Caepio die Hände.

    "Bruder dass konnte ich nicht wissen, ich dachte es wäre Dein Haus. Die Begrüßung und... vergiss meine Worte bitte. Entschuldige", erklärte die Zwiebel und schaute nun seinerseits Lurco hilfesuchend an.

  • Lurco setzte sich auf und schaute Scato verstehend in die Augen. Scato verteidigte ihn hier soweit, wie er konnte. Wobei er vermutlich falsch lag und der Bruder den Namen Zwiebel zu Recht trug. Der Bursche wollte mit seinem jüngeren Bruder scheinbar alleine reden oder hatte sich einen gemütlichen Abend bei alten Geschichten versprochen. Und der "Gast Lurco" störte dabei. Dass er der Gastgeber war, hatte die Zwiebel nicht gewusst und bereute nun bitterlich. Lurco hatte nicht vor, den Mann aufgrund es exakt getroffenen Fettnäpfchens vor die Tür zu setzen. Auch wenn Scato wütend war und es ihm extrem schmeichelte, war die Zwiebel dennoch Scatos Bruder.


    "Scato hat völlig Recht, mir gehört dieses Haus und Scato wohnt bei mir. Mehr noch, er gehört nicht nur zum Haus wie das Inventar, ohne ihn wäre das Haus nur eine leere Hülle", antwortete Lurco und fügte an, `wie der Rest von meinem Leben´.


    "Wenn Du Dir eine gemütliche Zeit mit Deinem Bruder machen möchtest, nur zu. Aber nicht hier und nicht jetzt. Scato und ich haben vor, den Feierabend gemütlich ausklingen zu lassen. Das Letzte was einer von uns beiden gebrauchen kann, ist Streit. Also setz Dich dazu und rede, oder wir sehen uns morgen und ich wünsche Dir eine gute Nacht Zwiebel", antwortete Lurco und schenkte Scato ein verstecktes Lächeln.

  • Scato fuchtelte herum, nun gar nicht mehr fischig dreinblickend. Nachdem seine Hände einige Momente unnütz durch die Luft irrten, fassten sie die von Caepio und er zog seinen Bruder an sich heran. Er empfing ihn nicht in der Casa Leonis, um ihn wieder zu verjagen.


    "Verzeih meine Garstigkeit ... es war ein stressiger Tag ... stressige Jahre ... hier ist unsere kleine Oase, die erste, die ich je hatte in diesem Spießrutenlauf, der mein Leben ist. Du gehörst dazu. Ich möchte, dass du bleibst, dich hier von er Welt da draußen erholst und dich wohlfühlst. Nur bitte mach uns diese Oase nicht kaputt. Sie ist wichtig für uns, die Mauern halten alles Übel draußen. Nur hier ...


    Bruder, indem ich dich einlade, hier zu wohnen, erweise ich dir nicht nur Gastfreundschaft, sondern großes Vertrauen. Ich möchte nicht, dass Lurco und ich von den eigenen Kameraden zu Tode gesteinigt werden. Frage nicht - akzeptiere, was du vielleicht einmal siehst oder auch nur ahnst. Dann verschließe Augen und Ohren, trinke von Lethes Fluten und vergiss."

  • Nicht nur Scato war fahrig und durch den Wind, Caepio erging es nicht anders. Irgendwie waren sie wie ein Haufen Zitteraale, die in einer Reuse zappelten. Die Zwiebel hörte ihrem Bruder zu und blickte ernst. Scato sprach von seinem Leben als Spießrutenlauf und das konnte Caepio nur bestätigen. Ihre Mutter war ein Graus gewesen und hatte sie alle mit ihrer Art aus dem Haus vertrieben. Doch die Welt wartete nicht mit offenen Armen auf sie, sondern hatte ihre eigenen Stolpersteine für sie parat gehalten. Für Scato, für Fango und für ihn ebenso.


    Als sein Bruder Caepio bei den Händen nahm, entspannte die Zwiebel sich etwas. Scato schien es ähnlich zu ergehen, die vertraute Berührung tat ihnen beiden gut. Der Blick von Caepio wurde noch ernster, als Scato davon sprach, dass er diese kleine Oase, diese Zuflucht nicht zerstören sollte. Er war eingeladen, hier ebenfalls zu leben. Die Einladung nahm Caepio gerne an. Zwei Iunius unter einem Dach, Lurco musste gute Nerven haben, oder ebenfalls ein Nervenbündel sein.


    Dann sagte Scato etwas, dass Caepio innehalten ließ, vermutlich hatte er für einen winzigen Moment sogar den Atem angehalten.

    Niemand sollte seinen kleinen Bruder und Lurco steinigen?


    Caepio blickte von Scato zu Lurco und zurück. Vorsichtig zog er Scato zu sich heran und umarmte seinen Bruder.


    "Vergeben und vergessen, ich war auch nicht besser. Nichts und niemand wird Euch diese Oase zerstören, dass verspreche ich Dir. Dafür sind große Brüder da", sagte die Zwiebel so ernst wie es ihm damit war.

  • Caepio konnte spüren, wie Scato sich in seiner Umarmung entspannte, wie seine Muskeln weich wurden und sein Kopf gegen den seines Bruders sank. So blieben sie einige Herzschläge lang. Dann küsste Scato ihn auf die Wange, ehe er ihn sanft freigab.


    "Auf ein Neues: Lurco, das ist mein großer Bruder Caepio. Caepio, das ist Lurco und ihm gehört nicht nur das Haus." Sondern auch mein Herz. "Bitte leg dich zu uns und lass es dir schmecken."

  • Caepio hielt seinen Bruder, er fühlte wie Scato bei ihm ankam und sie wieder vereint waren. Wirklich vereint, nicht nur örtlich. Ihr Herz schlug im selben Takt, sie waren eine Familie und dieses Haus war der Hort ihrer Herzen. Caepio verstand Scatos Worte, vor allem jene die er nicht ausgesprochen hatte. Als sein Bruder ihn freigab, fasste er ihn bei den Händen.


    "Salve Scato und Lurco, vielen Dank für Eure Gastfreundschaft. Wo ist man lieber als im Herzen der Familie? Schön Dich wieder zu sehen Scato, ab jetzt bleiben wir zusammen. Es wird nichts mehr zwischen uns kommen. Niemand wird das Scato und niemand wird einen Stein nach Dir oder Lurco werfen", antwortete die Zwiebel und machte es sich ebenfalls gemütlich.

  • Dies war das erste Haus, das sie wirklich ein Zuhause nennen konnten. Jeder der hier anwesend war, war willkommen. In ihrem eigenen Haus damals, hatten sie sich nicht einmal geduldet gefühlt. Der Irrglaube ihrer Mutter hatte ihnen so manche Bürde auferlegt und letztendlich jeden von ihnen außer Haus getrieben. Nur fort von den immer währenden Vorschriften und Nörgeleien dieser destruktiven Frau, die sich selbst an ihre eigenen Regeln nicht zu halten schien. Der Blick der Zwiebel huschte dabei zu Terpander. Auch dieser Mann war ein Opfer ihrer Mutter, anders konnte man es nicht bezeichnen.


    Umso mehr freute sich Caepio darüber, dass Scato dermaßen glücklich aussah und aufgeblüht war. Er schien mehr als ein Zuhause gefunden zu haben, nämlich sich selbst. Die Zwiebel lehnte sich zurück und freute sich über die schlichte Tatsache, dass er im Kreise seiner Lieben willkommen war. Einen Ort wo er, er selbst sein durfte. Und vielleicht würde auch er hier herausfinden, wer er eigentlich war und was ihm lag. Sich mit Gelegenheitsarbeit über Wasser zu halten, war nichts, was ihm Freude bereitete.


    Ein jeder benötigte doch eine Aufgabe die ihm lag und wichtig war. Darüber würde er mit Scato in Ruhe sprechen. Sicher hatte er einige Vorschläge, jedenfalls hoffte Caepio dies. Doch nun genoss er ersteinmal den Garten und seine Familie.


    "Schön hier zu sein", sagte er gut gelaunt.

  • "Unterschreibe ich so. Schön, jetzt und heute genau hier zu sein, so wie wir sind."


    Sie lagen den gesamten Abend im Triclinium, plauderten über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Lachten, regten sich auf, lachten erneut. Terpander, so sehr ihm einige der jüngeren Sklaven Faulheit vorwarfen, ließ sich heute nicht lumpen. Sicher auch darum, weil ihn interessierte, was geplaudert wurde.


    Zu fortgeschrittener Stunde brachte er sie in die Betten. Scato hatte vor lauter Wiedersehensfreude zu viel getrunken und bedurfte etwas Hilfe. Die Zwiebel erhielt ein schönes Zimmer im Erdgeschoss. Die obere Etage war Domäne der Sklaven und Lagerraum. Am nächsten Tag würden sie ausgeruht und erfrischt weitermachen. Das Zwiebelchen hatte große Pläne und angedeutet, mit Scato in Ruhe darüber reden zu wollen.


    Mal sehen, ob Caepio sich damit nicht übernahm. Scato würde jedenfalls sein Mögliches tun, den großen Bruder zu unterstützen.

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