Abseits der Porta Praetoria - Ocella & Sabaco

  • << RE: Porta praetoria – Haupttor (Vor dem Betreten des Lagers bitte hier anmelden!)


    Man bemerkte den Unwillen in seinem Verhalten. Die Begrüßung des Bruders fiel kurz und knapp aus. Ocella prüfte den Stand der Sonne als säße ihm die Zeit im Nacken.

    Sabo,...was gibt es?...ich bin ein wenig in Eile, gleich muss ich auf Patrouille, es gibt also noch einiges vorzubereiten.

    Dabei sah er mehr an seinem Bruder vorbei als ihn an. Daß er ein gewalttätiger Pyromane war, ein Gauner und vielleicht sogar Mörder war eine Sache, daß er es neuerdings auch mit Kerlen trieb, ebenso. Daß dieser Kerl, der weder Moral noch Würde besaß, sie bestenfalls spielte oder von anderen verlangte, daß dieser Mensch im finstersten Sinne sich mit Varro anlegte, immer und immer wieder, das nagte an ihm. Denn Varro war der Bruder der ihm ein Vorbild war, Varro war der Bruder den er sich gewünscht hatte. Er würde nicht zulassen, daß Sabo auch nur ein Körnchen Dreck auf Varro warf.

    Herausfordernd sah er Sabo an.

  • Das Brüderchen hatte augenscheinlich eine seiner Launen. Wenn es einen Vorteil dabei gab, dass Ocella diese Pestbeule namens Varro vergötterte, dann den, dass ihn diese Tatsache hier für immer im Castellum festnagelte. So lange der Germanicus hier seinen Dienst verrichtet, so lange würde Ocella ebenfalls hier dienen, ganz gleich, was Sabaco so trieb. Varro, der allen Vorgesetzten bis zum Anschlag in den Anus kroch, würde schon dafür sorgen, dass keiner von ihnen beiden irgendwo anders hin versetzt wurde. Die Ala war Varros Leben und er ging ohne sie zugrunde. Sollte das Brüderchen doch muffeln und maulen ... diesmal konnte es nicht fortlaufen.


    Sabaco blinzelte versöhnlich und respektierte Ocellas Distanzbedürfnis. Alles war unter Kontrolle.


    "Ich kann auch später wiederkommen, aber wir müssen reden. Kleiner, bei uns in der Castra grassiert womöglich eine Seuche. Es gibt Tote, teils ohne eine ersichtliche Ursache. Manche sagen auch Fluch dazu. Es hat mit zwei Tirones zu tun, die schon zu Lebzeiten keine angenehme Gesellschaft waren, zwei Deserteure, die auf der Flucht ermordet wurden und nun vielleicht als Manen ihren Unmut an den Soldaten Roms auslassen. Ich muss wissen, ob ihr das gleiche Problem habt oder ob es sich auf die Classis beschränkt."

  • Unwillkürlich und unbewußt trat Ocella einen Schritt zurück und meinte, ein wenig alarmiert. ...wenn zwei Männer gleichzeitig desertieren ist das schon übel,...wie kommst du darauf daß da ein Zusammenhang zu den Todesfällen besteht?

    Sabo war sicher kein abergläubischer Mensch, sonst würde er seinen Lebenswandel sorgfältiger gestalten.

    Er rieb sich das Kinn und schüttelte den Kopf.

    Nein,...unser Valetudinarium ist nur mit Unfallopfern belegt, also Reitunfälle, Übungsunfälle,...keinerlei Fieber oder ähnliches.

    Er musste das wissen, er war heute noch zum Verbandwechsel dort gewesen.

  • Sabaco nickte. "Gut. Falls sich das ändern sollte, gibt mir Bescheid. Ich muss das wissen, es ist wichtig.


    Ja, gleich zwei Tirones sind mir durchgebrannt ... aber meine Schuld war das nicht. Sie haben die Musterung nicht vertragen, es waren prüde Schisser, aber ich hätte sie mir schon zurecht geprügelt. Alles, was ich gebraucht hätte, wäre etwas Zeit. Die haben sie mir nicht vergönnt. Und nun sind sie tot!"


    Sabaco biss die Zähne zusammen, seine Kiefermuskulatur arbeitete. Es ging prinzipiell schief, wenn man ihm die Möglichkeit nahm, aufzupassen. Erst Gwendolyn, die ihm mit seinem Erzrivalen Catualda durchgebrannt war. Dann Ocella, der fast von Germanen aufgespießt worden wäre, weil Varro ein verdammter Bastard war, der seine Männer für seinen persönlichen Ruhm verheizte. Nun auch noch Adalrich und Tiro. Normalerweise müsste Sabaco seine Augen überall haben.


    "Den Zusammenhang zwischen den beiden Toten und den ungeklärten Todesfällen mutmaßen einige unserer germanischen Kameraden, nicht ich. Weil sonst müssten die Manen - oder der Gehörnte Rhenus, wer auch immer - konsequenterweise mich bestrafen. Ich bin derjenige, der befohlen hat, die zwei aufgeschlitzten Körper auf das Schiff zu ziehen und sie mit nach Hause zu nehmen. Ich wollte sie vernünftig bestatten lassen.


    Wir haben sie nach ein paar Metern wieder dem Rhenus übergeben, weil alle mich dazu drängten. Die Keto wurde hinterher rituell gereinigt. Jetzt lässt mich das trotzdem in einem ungünstigen Licht dastehen, weil genau im Anschluss an das Ereignis so eine verdammte Seuche aufkommen musste! Verstehst du?"


    Er schnaubte und starrte den Stand mit dem billigen Vinum an ... Met hatten sie auch. Er würde sich was für den Rückweg mitnehmen. Sein Blick schweifte wieder zu Ocella.


    "Ich dachte, wenn ihr hier in der Ala das gleiche Problem gehabt hättet, vielleicht sogar schon länger, dann wäre das der Beweis gewesen, dass ich nichts dafür kann. Dass keine wütenden Manen oder Götter dahinterstecken. Aber gut. Und wie geht es dir ansonsten?!"


    Er nickte in Richtung von Ocellas Bauch. Bei dem Gedanken an die Wunde fuhr ihm ein hässliches Ziehen durch den Leib. Normalerweise mochte Sabaco ein gewisses Maß an Schmerzen ganz gern, weil sie ihn entspannten. Doch das traf nicht auf die nachempfundenen Schmerzen seines Brüderchens zu.

  • Ocella hörte aufmerksam zu und nickte verstehend. Sabo, du weißt ich halte mich nicht an den Klatsch- und Tratschgeschichten der Germanen auf, ...außerdem wird sich bei deiner Vita weder ein Mane noch ein gehörnter Rhenus an dich wenden...geschweige denn von der Seite anmachen.

    Er grinste leicht. Wenn ihr euren Kahn gereinigt habt, wird das wohl ausgereicht haben,...ansonsten fallen dir vielleicht bald die Nüsse ab...oder so etwas.

    Daß er seine Einheit über die Zustände bei der Classis informierte, machte Sinn und er nickte bestätigend.

    Ich werde den Vorfall bei euch dem Decurio melden...sicher ist sicher.

    Er sah seinen Bruder an und es lag ihm auf der Zunge ihn nach der Sache mit dem vorgesetzten Offizier zu fragen, als er sich eines besseren besann.

    Es geht, ich bin wieder diensttauglich,...übrigens Avianus will sich wieder zur Legion melden,...hier bei der XXII.

    Ganz Toll! Die drei Matinier in einem Ort, das ging schon das letzte Mal nicht gut.

  • "Wieder diensttauglich ... schön rausgeredet. Das beantwortet nicht meine Frage, wie es dir geht."


    Die übrigen Worte von Ocella erzeugten jedoch ein breites Grinsen in Sabacos Gesicht. "Gute Neuigkeiten sind das. Ein Matinier in jeder Truppe, es könnte nicht besser laufen. Germania sollte vor lauter Dankbarkeit auf Knien vor uns rutschen. Avianus hätte das Exercitus Romanus gar nicht erst verlassen sollen, es war klar, dass das schiefgeht. Er gehört unter die Adler, genau wie wir.


    Die Nüsse können mir ruhig abfallen und wegrollen, ich habe meine Schuldigkeit getan. Ich muss den Jungen nur noch irgendwie in die Gens holen ... keine Ahnung wie die Abläufe sind, jetzt wo Vater tot ist. Wer nun bei uns den Hut aufhat und so was entscheiden müsste. Aber das hat noch Zeit. Jedenfalls ist der Stammhalter von meiner Seite aus vorhanden, womit ich euch zwei Faulpelzen um einiges voraus bin."


    Und er hatte dafür nicht mal heiraten müssen, wenngleich ihm trotzdem das lange Tal der Tränen nicht erspart geblieben war ... der Weg, den alle irgendwann gingen, sobald sie sich familiär banden. Der einzige Unterschied bestand darin, dass bei einen das Tal schwarz und stürmisch war und bei den anderen trist und grau. Sabaco hatte die schwarze, stürmische Variante durchqueren müssen.

  • Ocella rappelte sich ein wenig auf, er mochte es nicht von seinem Bruder wie ein kleines Kind bemuttert zu werden. Na was,...es geht mir gut, mach dir keine Sorgen. Was den älteren Bruder anging, so war Ocella skeptisch. Er wußte so gut wie nichts über ihn und seine früheren "Heldentaten". Daher beließ er es bei einem zustimmenden Brummen.

    Was die Erbfolge anging so war sie doch klar. Der Älteste würde übernehmen, ihm bliebe nichts, weshalb er auch zu den Adlern gegangen war. Zu früh um an Stammhalter oder Familienplanung zu denken.

    Ja, ist wirklich Pech für die Matinier, daß die drei Söhne keine offizielle Familie gegründet haben, ich meine Avianus hätte es jetzt tun können, aber anscheinend hat er dazu keine Lust...bleibt also dein Bastard,...ganz toll Sabaco.

    Falls er noch lebte,...unter den Umständen in welchem Sabo damals lebte war es durchaus möglich, daß...

    Sabo war wie eine Müllkatze die auch noch aus einem abgenagten Fischkopf einen Vorteil ziehen würde.

    Ocella wandte sich dem Tor zu. Also Bruder, danke für die Nachricht, ich werde es dem Medicus berichten,...und was hälst du von einem Treffen der Brüder in der Taberna am Wochenende?...falls sie noch steht?



  • Für Sabaco waren die Taten oder Untaten von Avianus nicht relevant. Er war sein Bruder, das genügte. Charakterschwächen waren nichts, was Sabaco störte, so lange man ihm gegenüber loyal war. Dies war der einzige Charakterzug, auf den er etwas gab. Das hatte im Laufe seines Lebens zu einem horrenden Sammelsurium an Freunden geführt, die man besser niemandem vorzeigte, die aber Sabaco in all ihrer Unzulänglichkeit am Herzen lagen. Ihn schreckten eher die ewig Perfekten ab, denen er in ihrer Maskerade nicht über den Weg traute. Er suchte das Raue, Rohe, Unverfälschte.


    Er lachte. "Kannst du dir einen von uns Dreien als Hausmann vorstellen? Nur noch das Geplärre der Kinder in den Ohren und das Gekeife der Weiber, während draußen vor dem Fenster das Leben an einem vorbeizieht? Und was, wenn die Frau einen mit irgendeinem Arschloch betrügt, ganz gleich, wie sehr man sie dafür prügelt? Wenn man nur noch der Geldesel ist, der sein Leben wegwirft für DAS?!"


    Er schüttelte den Kopf. "Damit wird keiner glücklich. Vater war es auch nicht, sonst wäre er nicht so ein verbittertes Arschloch gewesen. Ich habe es auch versucht, Ocella, es funktioniert nicht. Die einzige Variante, die ich mir halbwegs vorstellen könnte, wäre die, dass man sich Grundbesitz organisiert und dann als ritterlicher Tribun beim Exercitus einsteigt. Die haben ihre Familie mit in der Castra, so dass sie trotz Anhang in Ruhe ihren Dienst versehen können und nicht alles Lebenswerte aufgeben müssen. Oder man belässt es halt einfach bei Bastarden und spart sich den ganzen Unsinn mit der Ehe. Sex gibt es überall, dafür muss man sich keine Eisenkugel ans Bein ketten."


    Finanzielle Vorteile und regelmäßiger Sex waren die einzigen Gründe, warum jemand aus freien Stücken heiratete. Wenn man verheiratet wurde, kamen noch die Aspekte eines Bündnisses der Familien hinzu. All das waren aber Probleme, die durchaus auch anders gelöst werden konnten. Jetzt, wo Vater tot war, konnte ihn jedenfalls keiner zur Hochzeit zwingen. Ebenso gab es niemanden mehr, der etwas dagegen haben könnte, dass Sabaco seinen "Bastard" in die Gens holte. Er rieb sich das Kinn, nicht merkend, dass er Ocellas Körpersprache spiegelte. Es hatte alles seine Vorteile und auf die Nachricht von Vaters Tod hatte er sich das Grinsen verkneifen müssen.


    "Wahrscheinlich muss ich den Jungen adoptieren, nachträglich anerkennen ist wohl nicht drin nach all den Jahren. Ich muss mich mal schlau machen, wie die Abläufe sind. Damals war alles durcheinander." Wie könnte es auch anders sein, wenn Sabaco Jahre hinweg der Überzeugung gewesen war, dieses Kind sei die Brut von Catualda - bis er den Jungen leibhaftig gesehen hatte. "Der Kleine gehörte zu Rom und nicht zu den Wildlingen, bei denen er momentan haust und von denen er wahrscheinlich nur unnützen Scheiß lernt.


    Die Taberna steht noch. Warum sollte es auch anders sein?" Er wirkte vergnügt bei der Frage. "Alles darin ist nagelneu und noch ziemlich sauber. Das Essen ist nicht so gut wie beim unglückseligen Vorgänger, aber es ist essbar, und der Met ist hervorragend. Wir werden sicher einen Zeitpunkt finden, an dem wir alle drei frei haben. Organisierst du das? Dann würde ich dich jetzt wieder mit deinem Elend allein lassen."

  • Natürlich hatte Sabo alles im Griff und Pläne für die Zukunft sowieso.So kannte er seinen Bruder. Er war ihm lange genug wie ein kleiner Hund gefolgt. Doch ihm fehlte die kriminelle Energie, die moralische Beliebigkeit alles so zu wenden, daß die eigenen Ansichten die einzig wahre Lösung darstellten.

    Ihm persönlich war es egal wer die Matinier anführte und eine Karriere als ritterlicher Tribun war nahezu illusorisch.

    Das war der Weg Varros, soviel war klar und er war sicher in seinem Habitat würde er wesentlich sicherer leben als i Dunstkreis seines Bruders. Trotzdem liebte er diesen Mistkerl, denn er war ein sehr loyaler Mensch. Es war eine Schande, daß er sich nicht mit Varro verstand, sie waren einfach zu gegensätzlich. Sabo dunkel und unbeherrscht, Varro hell und ultima Ratio.

    Er atmete tief ein und entgegnete nur,

    Gut,...ich habe Avianus die Taberna als vorläufige Unterkunft empfohlen. Die XXII dürfte wohl bald ihre Tore öffnen, bis dahin logiert er dort... wo du dir den Anus weiten lässt.

    Er verstand nicht alles was sein Bruder tat, er konnte auf keinen Fall alles gutheißen, doch er war und blieb sein Bruder und er würde für ihn einstehen. ...dann bis zum nächsten Herrenabend.

  • "Der Große ist dort gut aufgehoben. Er soll sich an den Met halten, vom Wein bekommt man Kopfschmerzen. Zumindest von dem, der dort für einen Normalo bezahlbar ist. Pass auf dich auf, Kleiner."


    Da Ocella sich augenscheinlich vor einer Ansteckung ob der vermeintlichen Seuche fürchtete oder heute einfach Distanz benötigte, kam er um die sonst für Sabaco typische überschwängliche Verabschiedung herum. Er wurde nicht geknuddelt noch geknetet, nicht getätschelt noch geklopft. Sabaco blinzelte ihm nur zu, zeigte dabei grinsend sein fürchterliches Gebiss und ging dann den Weg zurück zum Castellum der Classis.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!