• Zambaschas Verhör


    Cimber hatte seinen Sohn zurück in die Castra gebracht. Cinna ging es den Umständen entsprechen, er war froh darum, dass sein Sohn gerettet worden war. Nicht auszudenken, wenn er ihn verloren hätte. Nun hatte er sich dem Mann zu widmen, der für Cinnas Verletzungen verantwortlich war. Mehr noch, er hatte die Familie von Cimber bestohlen und die besten Pferde geraubt. Zambascha saß auf einem Stuhl, war gefesselt aber nicht geknebelt worden. Immerhin sollte der Mann antworten liefern.


    Cimber schaute auf den Verbrecher herab, was Pferdedieben blühte war klar, was jemanden erwartete, der seine Familie angriff ebenso.


    "Fangen wir ganz von vorne an. Ich rate Dir nichts auszulassen, sonst lasse ich nichts aus. Also weshalb der Diebstahl unserer Pferde und weshalb hast Du uns angegriffen? Ich rate Dir gleich von Anfang an, meine Geduld nicht zu strapazieren. Du hast einen gewaltigen Fehler begangen. Einen Fehler für den es keine Wiedergutmachung gibt. Ich höre", sagte Cimber und starrte den Gefangenen an.

  • Ungezählte Tage hatte Zambascha in einem Kerker gelegen. Man hatte ihn nicht über die Gebühr schlecht behandelt, doch er wusste, dass dies nicht als Milde der Römer missverstanden werden durfte. Es ging nur darum, ihn nicht vor der von ihnen angedachten Zeit vor die Götter treten zu lassen. Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, sich zu erdrosseln, hatte man ihm die Kleider genommen und ihm erst jetzt für das Verhör zurückgegeben. Zambascha war viel zu ertragen imstande und entschlossen, zu sterben, ohne sein Geheimnis preiszugeben.


    »Es sind gute Pferde, darum wählte ich sie. Ich griff euch an, da ihr Römer seid. Wiedergutmachung ist nicht notwendig, da ich nichts Schlechtes tat. Mein Herz und mein Gewissen sind rein. Ist es das deine auch?«

  • Cimber starrte den Gefangenen an, der scheinbar mit sich und der Welt abgeschlossen hatte. Einen Moment später bestätigte dieser sogar Umbrenus Annahme, sein Herz und Gewissen waren rein. Und er stellte die Frage, ob es das seine ebenso war.


    "Mein Herz und mein Gewissen sind nicht rein, aber das hat nichts mit Cappadocia, Dir oder etwas in dem Zusammenhang zu tun. Die Pferde sind gut, sie sind die Besten. Aber Raub ist Raub und Du hast nicht nur die Legion angegriffen, sondern auch meinen Sohn. Einiges hätte ich verzeihen können, Letzteres sicher nicht. Bist Du Vater? Weißt Du wie man für ein Kind empfindet? Für das eigene Fleisch und Blut?", fragte Umbrenus den Gefangenen.

  • »Väter liegen wach auf ihrem Lager, wenn der Kampf bevorsteht, grübeln, sorgen sich um Frau und Kinder oder um die kranken Eltern daheim. Die besten Männer sind frei von solchen Dingen und durch ein einziges, unzerstörbares Band an ihren Dienstherren und ihre Pflicht gebunden. Du kannst dieses Verhör beenden, weder wird mich jemand auslösen noch werde ich um Gnade flehen und dir Informationen anbieten, nur um am Ende doch getötet zu werden. Niemand wird in Not geraten oder trauern, wenn ich diese Erde verlasse. Du machst mir keine Angst.


    Ich habe keine Kinder, Römer, noch sonstiges Fleisch und Blut, das mich bindet. Es gibt niemanden, mit dem du mich unter Druck setzen kannst, ich würde jeden opfern, den du vor meinen Augen die Grausamkeit Roms spüren ließest. Nur zu, hole einen der meinen aus dem Kerker, beweise erneut, dass der Adler Roms sich mit falschen Federn schmückt und in Wahrheit ein Geier ist.


    Wer dein Sohn ist, weiß ich nicht, aber hätte ich es gewusst, würde er nicht mehr leben. Bring ihn her und zeig mir sein Gesicht, damit ich es ihm beim nächsten Mal vom Schädel schneiden und an die Hunde verfüttern kann.«



  • Cimber betrachtete den Gefangenen und fragte sich, ob er tatsächlich so abgebrüht war, wie er tat. Nein das war er nicht, oder zumindest nicht derart wie er glaubte. Auch dieser Mann hatte eine Schwachstelle, jeder hatte sie und ihr Gefangener bildete da keine Ausnahme.


    "Du hast keine Kinder, kein eigen Fleisch und Blut und niemanden der Dich auslösen würde? Niemand der nur eine Träne für Dich vergießt? Du hast Recht, wir sollten dieses Verhör beenden, denn Du bist schon lange tot. Man kann nichts töten, was bereits gestorben ist. Wir werden Dich frei lassen und verkünden, dass wir einen neuen Verbündeten haben. Dass Du es warst, der uns geholfen hat Deine Kameraden aufzureiben. Für eine Handvoll Pferde und ein Stück Land in Rom, hast Du all jene verraten die mit Dir geritten sind.


    Du wirst Deine Freiheit erhalten und unseren Dank. Wir werden die Kunde von Deiner Freundschaft und Großzügigkeit Roms gegenüber in ganz Cappadocia verkünden. Dein Name wird noch in 100 Jahren besungen werden, nur was wird Dein Volk singen? Du hast Recht mein "Freund", es gibt fast nichts was man Dir nehmen kann. Fast", lächelte Cimber gütig.

  • »Warum versuchst du es überhaupt, Römer, dessen Vorfahre in einem Erdloch von einer räudigen Wölfin gesäugt wurde. Ich benötige keinen Ruhm, mein Blut wird meine Geschichte in die Erde der Heimat schreiben und mir Lohn genug sein. Jeder, der hier verwurzelt ist, spürt sie und die Geschichten all der anderen kappadokischen Söhne, die hier fielen. Du aber bist nur ein Invasor und taubblind für die Wahrheit, der Nachfahre eines Schänders und eines Brudermörders. Niemand glaubt die Mär von Roms Großzügigkeit, euer eigener Gründungsmythos erzählt die Wahrheit für alle Welt, Hundesohn. Lass mich laufen, wie du es angekündigt hast, oder schicke mich auf ewig heim zu Tarku. Ich werde nicht reden.«

  • Cimber grinste dem Gefangenen ins Gesicht.


    "Weshalb versuchst Du so krampfhaft durch meine Hand zu sterben, wenn doch jeder Deine Geschichte kennt? Du hättest nichts zu befürchten, würden Dich die Römer in Freundschaft entlassen. Brudermörder? Der Gründungsmythos basiert auf einem schrecklichen Unfall, dass weiß jeder Römer. Der Bruder hat die Grenze leider missachtet und was geschieht mit jenen die die Grenzen anderer übertreten? Sie erleiden eine Sanktion. Das geschah und deshalb kann man es als tragischen Unfall werten. Wusstest Du, dass Hunde ein wunderbares Sozialgefüge haben und zusammenhalten? Jeder weiß wo sein Platz ist und falls es einmal einer nicht weiß, lernt er wo er hingehört.


    Aber in einem gebe ich Dir Recht, Du wirst nicht reden. Das steht Dir ins Gesicht geschrieben. Du bist ein Mann, der seine Entscheidung vor langer Zeit gefällt hat. Und ich sage Dir eines, Du musst auch gar nicht reden. Es werden andere sein, die über Dich reden. Du magst niemanden auf dieser Welt haben, aber dennoch bist Du nicht allein. Du lebst nicht neben der Welt her, Du lebst auf ihr", antwortete Cimber. Er packte den Gefangenen am Kinn und presste dessen Kopf nach oben.


    "Du wieso sollte ich mit dem Hund reden, wenn ich doch besser seinen Herrn frage, nicht wahr?", grinste Umbrenus eine Spur breiter und ließ den Gefangenen los.

  • Zambascha spannte seine Halsmuskulatur an, ohne verhindern zu können, dass sein Kopf nach oben gedreht wurde. Einen Moment lang sah man Verunsicherung im Gesicht des Cappadox - er fragte sich, ob man ihm ansehen konnte, dass er einst Sklave gewesen war. Er hatte nur von einem Dienstherrn gesprochen. Vielleicht hatte der Römer aber auch nur auf gut Glück gefragt und mit seinem Volltreffer Zambascha dazu gebracht, seine Maske ein Stück verrutschen zu lassen.


    Die Lüge war offensichtlich, als er sprach: »Ich habe keinen Herrn. Ich bin ein freier Mann.«


    Denn was das Recht sagte, war die eine Sache. Eine andere, was sein Herz sagte.

  • Cimber tat der Kerl fast leid, aber auch nur fast. Ein freier Mann hatte sicher keine Sklavennarben.

    "Natürlich bist Du ein freier Mann, wie lange? Einen Tag, zwei, maximal drei? Du kannst es gerne mit Worten leugnen, doch Deine Haut spricht eine andere Sprache. Und was Deine Heimreise zu Tarku angeht, da werden wir erstmal mit einem Experten darüber sprechen. Er wird entscheiden, was mit Dir geschieht. Du scheinst es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Doch dieser Mann wird in Dir lesen, wie in einer offenen Schriftrolle. Zudem ist er ein Meister der Qualen, er kann Dich Leiden erleben lassen, von denen Du nicht einmal vermutet hättest, dass es derartige Leiden gibt", warnte Cimber mit einem grimmigen Lächeln.


    Oh ja Zmertorix würde diesem Burschen ganz genau auf den Zahn fühlen, da war sich Cimber sicher.

  • Zambascha lächelt. Augenscheinlich mangelt es dem Römer an der nötigen Courage, ihn eigenhändig zu foltern. Wem will er es verübeln - der Hundesohn wird spüren, wessen Schutz seinen Gefangenen umgibt. Alles wird sich fügen. So schließt Zambascha die Augen und hüllt sich in Schweigen.

  • Cimber grinste von einem Ohr zum anderen. Ja er würde den Gefangenen wie einen guten Freund und eine Frau gekleidet laufen lassen. Sollten seine Kameraden sehen, zu was die Römer ihn gemacht hatten. Der Gute würde sich selbst im Spiegel nicht wiedererkennen. Und der Duft der ihn umwehen würde, wäre nicht nur der des Parfüms, sondern der des Verrats. Der Gute vor ihm wusste gar nicht, dass nicht jede Folter körperlich schmerzen musste. Ehre schien diesem Mann alles zu bedeuten, sie würden ihn seiner Ehre berauben und sein Ansehen vor seinem Herrn derart beschmutzen, dass selbst ein dreiwöchiger Aufenhalt in den Thermen keine Besserung bringen würde. Dieser Mann würde sich noch wünschen, niemals auch nur eines seiner Pferde ungebührlich in die Augen geschaut zu haben. Cimbers Grinsen wurde noch breiter.

  • In der Gewissheit, dem Römer keine Angriffsfläche geboten zu haben, genoss Zambascha das Gefühl seines kleinen Sieges. Mochten die Söhne einer Lupa seinen Körper auch vernichten, sein Geist und sein Herz triumphierten und am Ende fügte sich alles so, wie es von den Göttern Cappadocias geplant war. Rom würde weichen, früher oder später. Mochte Zambascha auch nur einen kleinen Teil dazu beitragen können, so höhlte steter Tropfen doch den Stein. Er war nur einer von vielen, doch viele waren sie. Es galt nur, sie daran zu erinnern, wer sie waren.


    Ein zufriedenes Lächeln hob seine Mundwinkel und er öffnete seine Augen nicht.

  • Cimber lächelte mit seinem Gefangenen um die Wette und löste dessen Fesseln.


    "Steh auf, es wird Zeit", sagte er schlicht und zerrte den Mann auf die Beine.


    Umbrenus schliff den Mann, der einst Sklave gewesen war und dies im Geiste immer noch zu sein schien hinter sich her. Er bekam neue Kleidung, eine saubere Tunika und Sandalen. Der Mann mutete deshalb nicht wie ein Römer an, doch wie jemand dem Rom vielleicht eine Spur zu sehr am Herzen lag, wenn man seine Herkunft bedachte. Zumindest die mentale Heimat dieses Mannes.


    Und dann auf einmal stand er genau dort, wo Cimber es vorher angekündigt hatte. Ohne dass man ihm ein Haar gekrümmt hatte, war er frei. Gut gekleidet, extrem parfümiert und derart herzlich vor die Tür gestellt worden, als wären sie alle Jahrzehnte lange Freunde. Es würde Tage dauern, bis er den Gestank des Parfüms aus der Nase hatte. Alles andere würde sich ganz anders einbrennen, dessen war sich Cimber sicher.


    Jeder konnte nun diesen Mann sehen, doch er würde nicht so einfach aus dem Gedächtnis der Umstehenden verschwinden, denn er zog seinen Duft wie eine Erinnerungsspur hinter sich her. Er war einer von ihnen, er war ein Römer.


    Wie das Parfüm wohl hieß, dass durchaus mit edlen Komponenten hergestellt wurde?

    Der Duft des Verrats.

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