• In den letzten Wochen war ich mit Arbeit eingedeckt bis über beide Ohren, wie man so sagte. Da war nicht nur die Casa Helvetia wieder auf Vordermann zu bringen, nein ein anderes sehr wichtiges Vorhaben wollte ich verwirklichen. Meine Kandidatur zum Vigintivirat. Dazu war es nötig Wahlpropaganda zu machen, denn wenn auch mein Familienname in Rom bekannt war, ich selber war es kaum.

    Spät hatte ich meine Anmeldung schriftlich eingereicht. Dafür hatte es einen einfachen Grund gegeben ich musste sicher gehen, dass die Vorbereitungen zu meinem ersten öffentlichen Auftritt rechtzeitig abgeschlossen waren.

    Ich hatte es geschafft, einen Bäcker aufzutreiben der mir genügend Brote, für den bestimmten Tag backen würde, wenn nötig auch für ausreichenden Nachschub sorgte. Genauso einen Metzger für die Lukanischen Würste sorgte. Ausreichend Äpfel aufzutreiben war auch nicht unbedingt einfach gewesen. Doch nun waren drei Stände errichtet mit Waren und Sklaven ausgerüstete. Karren mit Nachschub standen bereit und was sehr wichtig war, ich hatte kräftige Sklaven als Wachdienst angeheuert. An jedem Stand war eine Tafel angebracht auf der stand
    wie viel jeder hungernde erhalten würde. 3 Brote, 5 Würste, sowie 3 Äpfel.

    Eine große Tafel verkündete:


    Ihr Menschen aus Rom jeder der Hunger hat, möge

    sich seinen Teil abholen.


    3 Brote - 5 Lukanische Würste - 3 Äpfel


    Tiberius Helvetius Faustus


    All das hatte ich auf dem Forum Romanum aufgebaut. In einer einfachen bürgerlichen Toga gekleidet stand ich, für jeden den es verlangte, zu einem Gespräch oder Beantwortung von Fragen bereit.

  • Octavius Frugi schritt durch die Straßen Roms. Am Forum Romanum angekommen spähte er nach irgendwelchen Auffälligkeit herum. Für ihn war es sinnvoll, sich von Zeit zu Zeit auf den Straßen umzuschauen, da er selber normalerweise keinen Patrouillendienst mehr hatte. Bald hatte er das Gefühl, mehr Bettler wären auf dem Platz. Viele gingen zu einem Punkt, andere kauten an Brot oder einer Wurst herum. Neugierig ging er näher und da sah er wie drei Stände an denen sich die Menschen Essen abholten. Ein wenig abseits davon stand ein Mann der dies freudig beobachtete. Ein Sklave der Brot austeilte, wies auf ihn, als er etwas gefragt wurde. Der verhärmt wirkende Mann ging hin und bedankte sich allem Anschein nach. Näherkommend konnte Frugi die Unterschrift auf der Tafel lesen. Hm.. Tiberius Helvetius Faustus, irgendwo oder irgendwann hatte er den Namen schon einmal mitbekommen. Er trat auf den Mann zu. „Salve, Tiberius Helvetius Faustus, das bist du? Wer bist du genau und warum machst du das?“ Diese Frage erschien ihm sinnvoll, denn wer gab soviel ab, für die Ärmsten der Armen.

  • Wo es kostenlos Futter gab, waren die Aasgeier nicht fern. Und wie ein gerupfter Geier sah der ehemalige Lustknabe auch aus, der zurück zum Diebeshandwerk gewechselt war, seit Kyriakos sie im Stich gelassen hatte. Als Dieb jedoch war er sehr viel weniger erfolgreich als im Bereich der käuflichen Begierde. Es war alles die Schuld des schwarzgelockten Griechen und des fetten Thrakesr, der nur den Strohkopf Satibarzanes mitgenommen hatte. Letzterer war natürlich ebenfalls Schuld. Fort waren sie alle, hatten sie herzlos zurückgelassen und das Lupanar, ihre Spielwiese, die Quelle ihrer Einkünfte, erst niedergebrannt und dann nach anfänglichen Aufräumarbeiten verwaist zurückgelassen. Die verbliebenen Jünglinge waren erneut sich selbst überlassen.


    Pollux´ Magen knurrte deutlich, als er sich einreihte, sehr mager war er geworden. Unter dem Dreck und den verfilzten Haaren war von seiner natürlichen Schönheit bestenfalls noch etwas zu erahnen. Er schniefte, mit dem Handrücken schmierte er Rotz und Dreck breit.


    "Wir haben solchen Hunger", klagte er und wengleich das Lügen seine übliche Art zu kommunizieren war, so log er diesmal nicht. "Und unsere Knie sind aufgeschürft!"


    Er sprach immer von sich und seinem Bruder, ob der nun anwesend war oder nicht. Sicherheitshalber guckte Pollux rasch hinter sich, wo Castor eigentlich stehen sollte.

  • Tiberius Helvetius Faustus, irgendwo oder irgendwann hatte er den Namen schon einmal mitbekommen. Er trat auf den Mann zu. „Salve, Tiberius Helvetius Faustus, das bist du? Wer bist du genau und warum machst du das?“ Diese Frage erschien ihm sinnvoll, denn wer gab soviel ab, für die Ärmsten der Armen.

    Genau diese Frage war es was mir Sorge bereitete, ich war unbekannt. Wieso hegte ich die Hoffnung, dass mich jemand wählen würde. Trotz meines geringen Selbstvertrauens und meiner Schüchternheit besaß ich etwas was wichtig für ein solches Vorhaben war, nämlich Zähigkeit. Die hatte mir bisher in jeder Lebenslage geholfen. So strafte ich meinen Körper und schaute den der fragte an. „Salve, an deinem Auftreten erkenne ich dem Soldaten. Um es einfach zu sagen, ich bin ein Römer wie du. Bisher bin ich Scriba des Senator Claudius Menecrates und Liktor. Warum ich das mache? Ganz einfach, weil diese Menschen etwas zu Essen brauchen und ich dies ihnen wenigstens einmal geben möchte. Es mag sich eigennützig, weil ich mich gerade zur Wahl zum Vigintiviri angemeldet habe. Doch ich bin davon überzeugt, wenn ich ihnen Nahrung gebe, begehen sie zum Beispiel erst einmal keinen Diebstahl, zu dem sie durch Hunger getrieben werden. Das ist es doch was wir beide gerne in Rom sehen möchten.“

    Immer wieder während ich sprach schaute ich gleichzeitig zu den Menschen in den Schlangen vor den Ständen. Dabei war mir ein Mann besonders aufgefallen. „Schau dir den da an.“ Dabei wies ich auf den vor Dreck starrenden verfilzten Kerl. „Der, der sich gerade die Rotze durch sein Gesicht schmiert. Sollen so die Einwohner unserer Stadt aussehen und leben?“ Gespann wartete ich auf die Antwort des Soldaten. Außerdem war es an der Zeit, dass er sich mir vorstellte.

  • Halb verwundert halb amüsiert zog Frugi eine Augenbraue hoch. „Na wenn das man kein Zufall ist", kam jetzt spontan von ihm. "Ich gehöre zum Stab des Praefectus Urbi und bin sein Cornicularius, Octavius Frugi ist mein Name. Doch sag mir, ich weiß zwar das Wahlen anstehen, doch warum sehe ich keine Werbung von dir? Wenn man noch wenig bekannt ist, sollte dies doch das A und O sein. Du musst deinen Namen für alle sichtbar machen.“ Dann hielt er jedoch inne und betrachtete den Helvetier. Hatte ich nicht gehört es befänden sich keine bekannten Helvetier mehr in Rom, der letzte sei verstorben. Wo hast du bisher gesteckt?“ Viele Fragen kamen Frugi in den Sinn, doch er wollte es lieber langsam angehen lassen.

  • Erstaunt schaute ich zu Octavius, dann musste ich lachen. „Ja wie das Leben so spielt, ich wohnte bis vor kurzem in der Villa Claudia. Doch nun habe ich mich in der Casa Helvetia eingerichtet, da ich sie erbte.“ Ernst fuhr ich dann fort. „Bis jetzt bin ich unbekannt, doch als der Praefectus noch Prätor war, lernte ich viele namhafte Römer kennen, die leider Rom, aus welchen Gründen auch immer, verlassen haben. Nicht nur dienstlich, auch im privaten Rahmen lernte ich einige kennen. Sei es Senatoren, Konsule oder hohe Offiziere. Da herrschte noch reges Leben in Rom.“ Kurz legte ich eine Pause ein, um zu dem eigentlichen Thema zurück zukommen. „Ich habe Werbung gemacht an den Wänden. Wenn du jedoch keine gesehen hast muss ich wohl nachlegen.“ Nachdenklich rieb ich meine Stirn. „Da brauche ich wohl einen dem ich vertrauen kann, der mir den Wahlhelfer macht.“ Aber woher nehmen, wie ich es eben sagte, es gab keinen mehr den ich näher kannte.

  • Verständnisvoll nickte Frugi. „Stimmt, ein Wahlhelfer wäre nicht schlecht. Leider kenne ich dich und deine Ziele zu wenig, eher gar nicht. Trotzdem wäre ich bereit dir zu helfen.“ Ehe Faustus dazu kam eine Reaktion zu zeigen oder äußern, hob er die Hand. „Allerdings unter einer Bedingung.“ Fest schaute er den Helvetier an. „Wenn ich einmal Hilfe brauche, bist du für mich da. Das ist doch ein guter Vorschlag oder?“ Gleich schob er noch einen Vorschlag hinterher. „Wie gesagt Werbung ist alles. Ich sorge dafür dass dein Wahltext auf Plakate kommt und diese in Rom verteilt werden. So verteilt, dass jedem irgendwann ein solches Plakat auffällt.“ Erwartungsvoll schaute er zu Helvetius. „Na wie gefällt dir das?“

  • Ohne lange zu zögern und zu reden, holte ich eine kleine Tafel hervor und schrieb den Text auf.

    Menschen von Rom, was überlegt ihr noch?

    Macht es einfach richtig und erklärt

    Tiberius Helvetius Faustus für wichtig.

    Tut Rom etwas gutes und wählt ihn zum Vigintivir

    „Einverstanden mit allem. Das ist eine gute Vereinbarung und glaub mir ich stehe zu meinem Wort. Weiß du was, komm doch an einem Abend wenn du Zeit hast bei mir vorbei. Es wäre doch gut wenn wir uns näher kennen lernen würden.“

  • Dass der Helvetier zu seinem Wort stand bezweifelte mindestens ein Mitglied der umstehenden Menge. Von den versprochenen "Speisen für das Volk" hatte der heruntergekommene Zwilling jedenfalls noch nichts gesehen. Sein Magen knurrte noch immer, während die reichen Herren sich da vorn unterhielten und untereinander Geschäfte vereinbarten. Jener, der die Aufmerksamkeit dringend hätte gebrauchen können, stand immer noch hungrig und unbeachtet in der Gegend herum.


    Frustriert hörte Pollux zu, was die zwei aufgetakelten Schnösel zu mauscheln hatten und so erfuhr er, worum es ging. Aha, ein Wahlkampf war das hier. Leere Versprechungen zu machen hatte der angehende Politiker schon gut gelernt! Pollux hätte den Auftrag als Wahlhelfer sicher besser gebrauchen können als der verwöhnte Fettsack, dem er letztlich anvertraut worden war. Zumindest hätte er das versprochene Essen gern bekommen, so dürr und halbverhungert, wie er war, aber die beiden hatten nur Augen füreinander. Pollux wischte sich noch einmal über sein rotzverschmiertes Gesicht, diesmal mit dem anderen Handrücken.


    "Castor?!", kreischte er er plötzlich, weil sein Bruder immer noch außer Sicht war, und fuhr herum. "Hier kriegen wir nichts, sein fetter Liebhaber ist ihm wichtiger als das hungrige Volk. Machen wir uns vom Acker!" Er schaute seine nackte Fußsohle an, weil er in etwas Ekliges getreten war. Dann setzte er seinen Fuß wieder auf, wischte ihn am Bordstein ab und ging in die Richtung, in welcher er den anderen Zwilling das letzte Mal gesehen hatte, um ihn zu suchen. Sie würden sich erneut ihr Essen auf kriminellem Wege organisieren.

  • Während meines Gespräches mit Octavius, hatte ich die Wartenden im Auge behalten. So hatte ich auch bemerkt wie der Bursche der sich zum zweiten mal die Rotze durch das Gesicht geschmiert hatte, laut
    schimpfend davon gezogen war.

    Gleich ging ich zu einem Sklaven des Wachdienstes an den Ständen ,um mich zu informieren, warum der Bursche, sich nichts abgeholte hatte. "Keine Ahnung“, antwortete der mir, „ er hat irgendetwas rumgepoltert, er bekäme nichts, wer würde sich lieber um einen fetten Liebhaber kümmern. Dabei war die Schlange schon weit vorgerückt und er war fast an der Reihe. Sein Hunger war dann doch nicht so groß, es ist ja noch reichlich da. Wer nicht will der hat schon, um so mehr für die die es nötig haben“, fügte er noch hinzu.

    Mein Gedanke war. warum gibt es immer wieder Menschen die alles madig machen müssen?

  • Castor beobachtete die Essensausgabe und seinen Bruder der versuchte wie ein ganz normaler, verhungerter und verlauster Bürger Roms den der Hunger aus den Augen stierte etwas Essen zu erhalten. Castors wusste es besser, der Ehrliche war immer der Dumme. Stellte man sich brav in der Schlange an, drängelte sich einer vor, bekam das letzte Stück Brot und man selbst ging leer aus. Dafür hatte man dann Stunde um Stunde angestanden, nur um mit leeren Händen und einem ebenso leeren Mangen wieder von dannen zu ziehen.


    Meist waren die Leute viel spendabler, wenn man sie höflich nach einer Spende fragte und einen Dolch dabei in der Hand hielt. Das lockerte die Geldsäckchen und die Zungen. Erstes war wichtig, zweites uninteressant. Mittlerweile pfiff der Wind durch seine Rippenbögen so ausgehungert waren sie und der Schatz von Kyriakos war vermutlich nicht einmal in den Ruinen des Lupanars zu finden gewesen. Der Schatz, wer wusste überhaupt was das war? Ein Blütenblatt seines Liebsten? Daraus hätte er sich dann vor gerechtem Zorn einen Tee gebrüht, aber nicht mal heißes Wasser hatte er!


    Wie ein lebendig gewordener Schatten trat Castor aus der Nische in die er sich gedrückt hatte. Seine Augen funkelten vor gerechtem Zorn. Wieso bekamen nur die anderen und nicht sein Bruder und er? Vielleicht sollten sie die Bereitschaft zur Hilfe einmal auf die Probe stellen und den Fettsack in den Hintern stechen. Castor ging so schnell in die Hocke, dass es aussah als wäre er zu Boden gestürzt. Aber das war er nicht, im Gegenteil, er stürzte auf den Stand zu und er würde sich ihren Anteil holen, das war gewiss!

  • Im Auftrag des Praefectus Urbi, der Patron des kandidierenden Helvetier war, kam ein Tross Sklaven zum Forum Romanum, um für den Nachschub an Spenden zu sorgen. Ein einzelner Mann, selbst wenn er übernatürlich viel Personal besitzen würde, könnte nicht alleine die benötigte Menge an Brot, Würsten und Äpfeln herbeischaffen und vor allem nicht gleichzeitig. Die Lieferungen erfolgten in Raten, sodass das Forum immer ausreichend Platz für das Volk und die zu verteilenden Spenden bereithielt.

  • Pollux´ Magen knurrte, als er die Speisen sah. Gebannt folgte er der kleinen Karawane aus vollbeladenen Sklaven mit den Augen. Vielleicht sollte er sich noch mal anstellen? Das Lager schien leergefressen gewesen zu sein.


    Da sah er, wie sein Bruder drauf und dran war, auf den Tisch vom Politiker zu springen. Schon stürzte Castor los! Der liebe, tapfere Bruder, aber sah er nicht, dass das letzte Lukanerwürstchen schon verzehrt war? Heldenhaft warf Pollux sich zwischen seinen Bruder und den Helvetius, so dass beide Zwillinge als Knäuel zu Boden stürzten. Sie kugelten über die Straße. Pollux kicherte, dann verzog sein Gesicht sich vor Schmerzen. Es war keine Verletzung, sondern der Hunger, der ihn so quälte!


    "Die Sklaven", wisperte er und hielt mit dürren Fingern den knochigen Oberarm seines Bruders. Er konnte ihn umfassen. "Das ganze Essen ... Castor ... Bruderherz ... drängel dich an die erste Stelle vor und FRAG! Frag LAUT für zwei Personen! Sie dürfen nicht so herzlos zu uns sein, nicht jetzt, bei diesen Unmengen von Speisen!"

  • Ich stand auf, klopfte sich den Schmutz ab und sah lächelnd auf Pollux.

    "Warum veranstaltest du so einen Circus, bist fast beim Essen, läufst weg, kommst wieder und hüpfst herum. Entweder hast du keinen Hunger oder du bedankst dich auf diese Art. Danke wäre aber nicht nötig gewesen."

    Dem herbei gewunkenen Sklaven wies ich an. "Gib ihm doch bitte und seinem Freund doch seine Portion, sie können sich nicht entscheiden was sie wollen. So können sie wenigstens im nachhinein nicht behaupten sie hätten nichts bekommen."

  • Es war spät am Abend und nur noch alle Vorräte von den Karren waren auf die Stände verteilt worden. Das wenige was jetzt noch übrig war, ließ ich an die hungrigen Straßenkinder verteilen. Vielleicht ließ dies sie wenigstens ein oder zwei Tage vom Stehlen abhalten.

    Nachdem aufgeräumt war erhielten die angemieteten Sklaven, noch ein reichhaltiges Abendmahl, in einer nahegelegen Taverne. Ich selber ging mit den Haussklaven nach Hause, dort hatte meine Köchin ein reichhaltiges Mal für alle vorbereitet.

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