Ein unerwartetes Treffen mit einem Studienfreund

  • In den Trajansmärkten hatte ich mich auf die Suche nach einem Geschäft gemacht, in dem ich neue Statuetten für das Lararium der Domus Iunia zu finden hoffte. Immerhin fehlten dort meine persönlich favorisierten Gottheiten. Nach einiger Suche fand ich einen passenden Handwerksladen, der sogar recht außergewöhnliche Qualität anbot. Durch meine erfolgreich verhandelten Fälle konnte ich es mir leisten, diese Qualität zu kaufen. Natürlich hatte ich vereinbart, die Ware zur Domus Iunia am Abend liefern zu lassen. Schließlich wollte ich nicht mit wertvollem Kunstgut durch Rom laufen.


    Nach dem Verlassen des Ladens lief ich meinem Studienfreund Quintus Betucius Firmus über den Weg. Wir grüßten uns kurz, gingen dann aber weiter. Jedoch nur ein paar Schritte, bis ich einhielt. Firmus sah irgendwie besorgt aus. Also wendete ich, um ihn einzuholen. Das war aber gar nicht notwendig, denn auch er war stehengeblieben und sah in meine Richtung. Also ging ich auf ihn zu.


    "Firme, du siehst so aus, als würde dich etwas bedrücken," sprach ich sofort an, was mir aufgefallen war.


    "Irgendwie schon," antwortete er, "denn ich habe ein Problem. Vielleicht kannst du mir helfen?"


    "Nun denn, sprich."


    "Wo soll ich anfangen?" Firmus seufzte. "Also, mein ältester Bruder, Gnaeus, ist verheiratet. Aber seine Ehefrau ist nicht an ihn manzipiert oder emanzipiert worden. Und nun will ihr Vater sie an einen anderen verheiraten und sie aus der Ehe wieder entfernen."


    "Ja, du hast ein Problem," sagte ich nachdenklich.


    "Hör zu, mein Bruder und seine Frau sind glücklich verheiratet. Es wäre Unrecht, diese Ehe aus politischen Gründen zu zerstören!"


    Nachdenklich nickte ich.


    "Habt ihr Klage beim Praetor Urbanus eingereicht?"


    "Ja, natürlich!"


    "Vertritt dein Bruder sich selbst?"


    Das wäre eher schlecht, weil eine emotionale Vertretung des eigenen Falls meistens nachteilig war.


    "Nein, ich vertrete ihn. Aber ich wüsste nicht, ob und wie ich den Fall gewinnen kann." Er holte Luft. "Du hast doch den Kommentar zur Manzipation geschrieben. Gibt es da eine Lücke?"


    Ich dachte einen langen Moment nach.


    "Das ist eine schwierige Frage. Wann ist die Verhandlung?"


    "Der Praetor hat einen zweiten Tag angesetzt. Morgen. Kannst du das Ehepaar vertreten?"


    Nicht einmal ein Tag zur Vorbereitung. Das würde schwierig werden. Andererseits wollte ich meinem Freund helfen und man wuchs ja auch mit seinen Herausforderungen.


    "Wer ist der Gegner?"


    "Sixtus Albinus Tullus."


    Ein aufstrebender Politiker. Wollte ich den zum Feind haben? Anders gefragt, konnte er mir gefährlich werden? Doch selbst wenn, kümmerte es mich? Würde ich gewinnen, wäre das gut für meine Reputation als Jurist. Würde ich verlieren, hätte ich auch keinen mir feindlich gesinnten Politiker. Beides war in Ordnung. Also gab es nur noch eine wichtige Frage.


    "Was bekomme ich im Fall eines Sieges?"


    Firmus sah mich fragend an. Natürlich musste ihm klar sein, dass ich meine Zeit vor Gericht nicht ohne Gegenleistung verbrachte. Und es musste ihm auch klar sein, dass ich wusste, dass seine Gens nicht arm war.


    "Ein Aureus?"


    Ich sah Firmus emotionslos an und schwieg.


    "Na gut, zwei Aurei. Passt das?"


    Ich schwieg weiter.


    "Bei den Göttern! Tacitus, sag was!"


    "Nun gut. Du arbeitest doch auch als Advocatus. Was würdest du verlangen, wenn du einen Fall rettest, der schon verloren schien?"


    Nun schwieg Firmus, also sprach ich.


    "Bei einem Fremden wären zehn Aurei sicher realistisch, meinst du nicht, Firme? Doch wir sind keine Fremden. Auch wenn ich deinen Bruder nicht kenne, sind wir beide doch Freunde. Da kann man den Preis halbieren. Ich bin mir sicher, dass dein Bruder das ähnlich sehen würde. Oder nicht?"


    Firmus dachte nach und nickte schließlich.


    "Ja. Dann sehen wir uns morgen früh zur ersten Stunde in der Basilica Ulpia?"


    "Zweite Stunde. Ich werde noch mit deinem Bruder und seiner Frau sprechen müssen."


    Firmus stimmte zu und wir verabschiedeten uns. Da hatte ich mir nun einen Abend voller Arbeit eingebrockt. Natürlich wusste ich auch nicht, ob ich den Fall gewinnen konnte. Aber fünf Aurei waren ein guter Grund, mir alle erdenkliche Mühe zu geben. Das und meine Freundschaft zu Firmus. So machte ich mich auf den Weg nach Hause. Es würde wohl ein langer Abend in der Bibliothek der Domus Iunia werden.

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