Commentarius de Bona Fide, Mala Fide et Dolo Malo

  • Commentarius de Bona Fide, Mala Fide et Dolo Malo

    Auli Iunii Taciti



    Praefatio


    In der juristischen Arbeit begegnen einem immer wieder die Begriffe des guten Glaubens (Bona Fides), des bösen Glaubens (Mala Fides) und der arglistigen Täuschung (Dolus Malus). So kann eine Ersitzung beispielsweise nur in gutem Glauben erfolgen, da andernfalls die Voraussetzungen der Ersitzung nicht erfüllt sind, wozu man gerne auch in meinem Commentarius de Usucapione, Kapitel III, Absätze 12 und 13 nachlesen kann. Auch sei darauf hingewiesen, dass nach der Lex Iulia et Papia derjenige seinen Stand im Ordo Senatorius verliert, der mit einer Frau verheiratet ist, die den Eheverboten der Senatoren unterliegt, und dies wissentlich und in arglistiger Täuschung der Öffentlichkeit vorenthält. Ganz grundsätzlich haben auch sämtliche Rechtsgeschäfte in gutem Glauben und ohne arglistige Täuschung zu erfolgen.


    Bereits an dieser Stelle wird dem verständigen Leser klar sein, dass ein Verständnis der Begriffe „Bona Fides“, „Mala Fides“ und „Dolus Malus“ von großer Bedeutung ist. Dieser Kommentar soll dazu dienen, hier Klarheit zu schaffen. Hierzu werde ich in einer mir didaktisch sinnvoll erscheinenden Reihenfolge vorgehen. Zunächst erkläre ich den Dolus Malus, um anschließend die Bona Fides und abschließend die Mala Fides zu erklären. Am Ende werde ich mich zu den Rechtswirkungen dieser Begriffe äußern.



    Dolus Malus


    Bereits der Begriff des Dolus Malus zeigt zwei Merkmale auf, die erfüllt sein müssen. Der Begriff „Dolus“ zeigt, dass man sein Gegenüber täuschen muss. Diese Täuschung kann grundsätzlich in diverser Hinsicht sein. Bei den Rechtsgeschäften geht es hier typischerweise um eine Täuschung bezüglich der Eigenschaften einer Sache. Eine genaue Definition einer Sache würde im Rahmen dieses Kommentars zu weit gehen, daher sei an dieser Stelle auf die Institutiones des Tiberius Valerius Flaccus, Liber Secundus, Subpars I, verwiesen.


    Eigenschaften einer Sache sind in ihr selbst innewohnende Merkmale oder Besonderheiten, die untrennbar damit verbunden sind.


    Beispielsweise sind die Eigenschaften eines Sklaven, dass dieser ein Mensch ist, rechtswirksam versklavt ist und grundsätzlich zur Verrichtung von Arbeiten befähigt ist. Hieraus lässt sich ferner ableiten, dass er gesund sein sollte, aber auch verständig. Darüber hinaus können weitere, spezielle Eigenschaften gefordert sein. So soll ein Sklave, der als Hauslehrer gekauft werden soll, über eine gute Bildung verfügen, während ein Feldsklave vor allem kräftig zu sein hat. Liegt eine der Eigenschaften nicht vor und der Käufer wurde darüber nicht informiert, so liegt Dolus vor.


    Ein anderes Beispiel wäre eine Frau, die eine Mann aus dem Ordo Senatorius heiratet, jedoch diesem verschweigt, dass ihre Eltern Schauspieler sind. Auch hier würde Dolus vorliegen.


    Auch der Abschluss eines Kreditgeschäfts kann dem Dolus unterliegen, wenn der Schuldner falsche Angaben über seine Vermögensverhältnisse macht.


    Sehr viel einfacher sind Beispiele alltäglicher Sachen. So wäre es Dolus, wenn ein Silberlöffel verkauft würde, der aber in Wirklichkeit nur aus versilberter Bronze besteht, sofern auf diese Eigenschaft nicht hingewiesen wurde.


    Dolus liegt also immer dann vor, wenn die geforderten oder berechtigt zu erwartenden Eigenschaften einer Sache nicht den real existierenden Eigenschaften dieser Sache bestehen und die Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde.


    Die Forderung, dass die Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde, ist trivial. Denn wenn die Sache nicht Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde, war sie schon immer im Besitz desjenigen, der sie verwendet. Da man sich über seine eigenen Sachen aber gewiss sein sollte, müsste man sich selbst täuschen. Das kann aber zumindest dann nicht der Fall sein, wenn man der Erschaffer der Sache ist.


    Nun besteht der Dolus Malus aber nicht nur aus dem Begriff des „Dolus“, sondern auch aus dem des „Malus“. Wie der Begriff des „Malus“ klar darstellt, bedarf es bei der arglistigen Täuschung also eines Grades an Bösartigkeit des Täuschenden. Das bedeutet, dass jemand, der sich eines Mangels an Eigenschaften der Sache nicht bewusst ist, auch nicht des Dolus Malus schuldig machen kann.


    Auch hier helfen wieder Beispiele. Nehmen wir den zuvor genannten Sklaven. Angenommen, dieser leide an einer Krankheit, die weder im Alltag, noch durch sorgfältige medizinische Untersuchung feststellbar ist. Dann wäre diese Krankheit zwar ein Mangel, jedoch würde das Bewusstsein über diesen Mangel fehlen. Auch im Beispiel der Ehefrau wird klar, dass sie nicht arglistig täuschen kann, wenn ihr nicht bewusst ist, dass ihre Eltern der Schauspielerei nachgehen. Der Schuldner, der sich bei der Übersicht über seine Vermögensverhältnisse einem Irrtum unterliegt, kann ebenfalls nicht arglistig täuschen. Und auch dann, wenn man nicht wusste, dass der Silberlöffel, den man verkauft, nur versilbert ist, wird einem nur schwerlich eigene Bösartigkeit attestiert werden können.


    Nun könnte man davon ausgehen, dass man durch Unwissen generell davor geschützt wäre, des Dolus Malus schuldig zu sein. Dem ist aber nicht so. Denn es gibt auch die Pflicht, sich über die Eigenschaften seiner Sachen zu informieren. Diese Pflicht ist nicht umfassend, aber zumindest im Bereich des vertretbar Möglichen zu sehen. Bei vorsätzlicher Verletzung der Pflicht handelt man Dolo Malo, bei fahrlässiger Verletzung hingegen nicht.


    Auch hier mögen Beispiele beim Verständnis helfen. Wenn ein Sklave, der als Hauslehrer eingesetzt werden soll, kein Griechisch spricht, sollte das dem Sklavenhändler auffallen. Spricht der Sklavenhändler selbst kein Griechisch, so hat er zumindest einen des Griechischen mächtigen Gutachter anzufordern. Versäumt er dieses, weil er die Kosten des Gutachters scheut, so handelt er Dolo Malo.


    Auch die zuvor genannte Ehefrau sollte wissen, ob ihre Eltern als Schauspieler auftreten. Denn es ist nur schwer vorstellbar, dass heiratsfähige Kinder solche wichtigen Dinge von ihren Eltern nicht erfahren oder wenigstens auf Nachfrage erfahren können. Sie hat also ihre Eltern zu fragen. Antworten die Eltern vorsätzlich falsch, so handeln diese Dolo Malo, nicht jedoch die Ehefrau.


    Ein Schuldner hat seine Vermögensverhältnisse ordentlich zu dokumentieren. Also darf sich ein Mangel in der Darstellung nur auf solche Dinge erstrecken, die nur schwer oder gar nicht bei der Prüfung des Vermögens erkennbar sind. Wird absichtlich nur oberflächlich oder gar nicht geprüft, so liegt Dolus Malus vor.


    Der Maßstab bei der Pflicht, Eigenschaften kennen zu müssen, ist das, was ein durchschnittlicher Römer, der ein ähnliches Rechtsgeschäft abschließt, machen würde, um sich der Eigenschaften einer Sache zu vergewissern. Wie genau dieser Maßstab aussieht, muss im konkreten Einzelfall geklärt werden. Oft gelingt das nur vor den Gerichten.


    Dolus Malus liegt also dann vor, wenn eine Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde und der Veräußerer der Sache den Erwerber über die Eigenschaften der Sache getäuscht hatte, obwohl er den Mangel kannte oder kennen musste und die Unkenntnis auf Vorsatz beruht.


    Diebesgut und Raubgut gilt nach Tabula VIII, Lex XII Tabularum, nicht ersitzen. Doch liegt dieser Regelung die generelle Regelung des Mos Maiorum zu Grunde, dass Diebes- und Raubgut niemals ehrlich erworben wurde und deshalb stets nur in Dolo Malo veräußert werden kann.



    Bona Fides


    Auch bei der Bona Fides zeigt sich am Begriff, dass zwei grundsätzliche Eigenschaften erfüllt sein müssen. Zunächst ist hier das subjektive Element der „Fides“. Dieses bedeutet, dass man als kein umfassendes Wissen zu einer Sache hat, so dass man sich darauf verlassen muss, dass die Sache bestimmte Eigenschaften hat. Man muss also darauf vertrauen, dass der Mangel an umfassendem eigenem Wissen um Eigenschaften durch das Wissen des Veräußerers ergänzt wird.


    Ein einfaches Beispiel sei der Kauf eines Schiffs. Man geht davon aus, dass dieses seetauglich sei. Jedoch kann man nicht vor dem Kauf eine mehrtägige Probefahrt machen. Stattdessen kann man sich selbst vom Augenschein überzeugen, muss aber bezüglich der restlichen Unsicherheit mangels Probefahrt darauf vertrauen, dass das Schiff auch längere Strecken auf See übersteht. Selbst dann, wenn man eine Probefahrt übernimmt, kann man doch nur die Eigenschaften des Schiffs unter den Bedingungen der Probefahrt erkennen und muss die Eigenschaften unter anderen Bedingungen annehmen oder dem Veräußerer glauben.


    Doch genügt Fides alleine nicht. Vielmehr ist es notwendig, den Aussagen der Veräußerers auch berechtigt glauben zu können. Hier kommt der Begriff „Bona“ ins Spiel. Den „Bona“ bedeutet hier, dass man darauf vertrauen darf, dass der Veräußerer Gutes im Schilde führt. Man darf also berechtigt annehmen, dass kein Dolus Malus in Bezug auf die Sache vorliegt.


    Bona Fides beutet also, dass man darauf vertrauen kann, alle relevanten Informationen zu einer Sache zu erhalten. Ein arglistiges oder fahrlässiges Verschweigen von Mängeln der Sache darf nicht vermutet werden.


    Ganz grundsätzlich wird bei allen Rechtsgeschäften darauf abzustellen sein, dass diese in Bona Fide abgeschlossen werden. Weder muss der Erwerber damit rechnen, dass die Sache nicht über die berechtigt erwartbaren oder explizit geforderten Eigenschaften verfügt, noch muss der Veräußerer damit rechnen, dass man das vereinbarte Entgelt nicht entrichten kann. Hier greift die grundsätzliche Vorstellung der Gemeinschaft als auf ein gemeinsames Vorankommen ausgerichteter Versammlung von Menschen. Diese Vorstellung ist so unmittelbar im Mos Maiorum verwirklicht und auch sämtliche Gesetze zielen auf die Verwirklichung dieser Gemeinschaft ab.



    Mala Fides


    Die Mala Fides lässt sich aus Bona Fides und Dolus Malus ableiten. Sie liegt dann vor, wenn man berechtigt damit rechnen muss, arglistig getäuscht zu werden oder man sich der Existenz eines Mangels bewusst ist.


    Ein sehr einfaches Beispiel liegt im Erwerb von Sachen von einem bekannten Dieb. Dann kann man sich nicht mehr auf Bona Fides berufen, da man ja weiß, dass es sich um einen Dieb handelt. Entsprechend darf man dann auch nicht glauben, dass die Sachen, die der Dieb anbietet, nicht gestohlen sind. Vielmehr muss man mit Diebesgut rechnen. Man kann also nur bösgläubig erwerben.


    Ein etwas weniger einfaches Beispiel liegt vor, wenn man beispielsweise eine Insula erwirbt und erkennt, dass diese baufällig ist. Der Veräußerer handelt prinzipiell Dolo Malo, weil er den Mangel kennen müsste und vorsätzlich verschweigt, könnte aber auch fahrlässig den Mangel nicht kennen. Andererseits weiß man selbst um den Mangel. Dann kann man nur noch bösgläubig erwerben und muss die Konsequenzen des Mangels tragen.



    Rechtsfolgen


    Rechtsgeschäfte werden grundsätzlich gutgläubig (in bona fide) abgeschlossen. Das bedeutet, dass Erwerber und Veräußerer an das Geschäft gebunden sind. Eine Rückabwicklung des Geschäfts ist ebenso ausgeschlossen, wie eine Forderung nach Schadensersatz, so lange Gesetze oder Gerichte nichts anderes festlegen.


    Wenn eine Partei in einem Rechtsgeschäft die andere Partei arglistig täuscht (dolo malo), dann erhält die getäuschte Partei ein Recht auf Ersatz des entstandenen Schadens und kann das Geschäft als nichtig erklären. Nichtigkeit bedeutet, dass einerseits die Sache zurückgegeben wird, andererseits aber auch die gewährte Gegenleistung zurückzugeben ist. Wenn dennoch ein Schaden bleibt, so kann zusätzlich Schadensersatz gefordert werden. Die geschädigte Partei soll nach dem Geschäft nicht schlechter dastehen als zuvor.


    Auch bei fahrlässiger Täuschung entsteht ein recht auf Schadensersatz. Die Nichtigkeit des Geschäfts könnte entfallen, weil man nicht vorsätzlich geschädigt wurde. Allerdings kann es sein, dass der Mangel so gravierend ist, dass ein Gesetz oder Gericht die Nichtigkeit anerkennt.


    Ein Rechtsgeschäft wird aber nicht nichtig, wenn der Erwerber oder sonstwie Begünstigte sich des Mangels bewusst war oder bewusst sein musste. Denn dann hat er bösgläubig (in Mala Fide) erworben. Dadurch entfällt aber der Schutz, den der gutgläubig Erwerbende durch unser Recht erhält. Denn unser Recht setzt auch auf die Verantwortung des Einzelnen für seine Taten. Wenn man sich aber eines Mangels bewusst ist, und dennoch das Rechtsgeschäft abschließt, so ist das eine eigene, bewusste Entscheidung. Diese führt, so lange Gesetze oder Gerichte nichts anderes festlegen, zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.


    Ob Mala Fides vorliegt, wird oft Gegenstand komplexer Untersuchungen vor Gericht und ohne die Anhörung von Zeugen häufig nicht zu klären sein. Im Sinne der Rechtssicherheit wird grundsätzlich immer von Bona Fides ausgegangen werden und Mala Fides durch die Partei, der Täuschung vorgeworfen wird, zu beweisen sein.


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