[Triclinium] Cena zur Ankunft der Seia Fusca

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    TRICLINIUM


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    Durch die offen stehende Tür flutete sommerliches Abendlicht in das Triclinium, welches die Sklaven zur Cena vorbereitet hatten. Jeder Herr, der eintrat, und natürlich jede Herrin, erhielt von Malachi mit einem Wort der Begrüßung eine Blumengirlande um den Hals gehängt und einen Blumenkranz auf den Kopf gesetzt. Der Jüngling Begoas stand als Mundschenk mit Wein und Wasser bereit, um den Durst des heißen Sommerabends zu löschen. Das Tischlein in der Mitte des Tricliniums war durch einen großen Tisch ersetzt worden, auf dem allerhand Speisen Platz finden konnten. Zur Vorspeise standen schon hartgekochte Eierhälften bereit, deren Dotter mit Honig und Kräutern in eine köstliche Creme verwandelt worden war. Schwere rote Decken schützten die bequemen Matratzen und die Kissen vor Flecken.


    Da die Ankunft einer Verwandten gefeiert wurde, strömte der Duft besonders köstlicher Speisen durch die Hallen. Aus der Küche hörte man die Sklaven darüber diskutieren, wer musizieren musste, denn darin war niemand von ihnen gut, doch sie waren sich einig, dass die Heimkehr der Seia Fusca einer künstlerischen Würdigung bedurfte.

  • Nach seiner Audienz beim Kaiser kam Stilo in der Domus Iunia vorbei. Köstliche Essensdüfte schwebten bereits durch das Haus. Eigentlich wollte er nur kurz nach dem Rechten sehen und mit Tacitus ein paar Worte bezüglich der letzten Gerichtsverhandlung wechseln. Die Kutsche vor dem Haus und die wimmelnde Sklavenschar veranlassten ihn, nun doch zum gemeinsamen Abendessen zu bleiben. Sein Zeitfenster gab das heute her, da man nie wusste, wie lange eine Audienz beim Kaiser dauern würde, so dass er vorerst freigestellt war.


    Ohne Umwege marschierte er zum Triclinium. Nachdem ihm Hände und Füße gewaschen worden waren und er zwei stark duftende Blumenkränze erhalten hatte, von welchen er einen auf dem schwarzen Haar trug und einen um seinen Hals, suchte er sich einen Platz. Fusca war also in den Schoß der Familie zurückgekehrt ... Stilo grinste in sich hinein. Mal sehen, wie es ihr in Rom gefallen würde und was sie von Achaia zu erzählen hatte.


    "Gib mir was vom Mulsum, Begoas", sagte er zum Jüngling. Mit dem Essen würde er noch warten, aber er konnte ja schon mal einen Schluck trinken, bis der Rest eintrudelte.

  • Stilo spürte heute im Laufe des Tages eine gewisse Aufregung bei den Sklaven. Es hieß, dass die Dame Fusca zurückkehren würde und ihr zu Ehren ein Abendessen stattfinden würde. Leider kannte er Sie nicht, selbst der Name war ihn gänzlich unbekannt. Umso größer war die Freude sie kennenzulernen und sein Verständnis der Familie zu erweitern. So kleidete sich Stilo angemessen und ließ sich die Haare richten. Gespannt ging er dann abends ins Triclinium, wo bereits ein anderer Mann von Beogas etwas Mulsum eingeschenkt bekam. Neugierig, wenn auch etwas schüchtern, ging er auf Ihn zu. "Salve. Mein Name ist Sextus Iunius Stilo aus Crotona. Darf ich fragen wer du bist?"

    Mit einem freundlichen Lächeln ließ er sich von Beogas ebenfalls ein Becher mit Mulsum füllen.

  • Nun denn, noch eine Verwandte. Diesmal eine, deren Namen ich nicht kannte. Das konnte interessant sein, wenngleich ich mich eigentlich lieber dem Verfassen weiterer Werke widmen wollte. Dem Namen nach musste sie zu angeheirateter Verwandtschaft gehören. Mein Interesse war im Moment eher gedämpfter Natur. Der Anlass war zwar familiär, doch war eine solche Cena für mich stets mit dem Charakter des Offiziellen behaftet. Insbesondere dann, wenn ich die Gastgeberin - noch - nicht kannte.


    So hatte ich mich in eine gute Tunika und meine Toga gekleidet, schon allein weil es meinem Stand als Advokat und prinzipiell immer noch Philosoph angemessen war. Als mir Malachi den Blumenschmuck anlegen wollte, winkte ich entschieden ab, sprach aber mit ruhiger Stimme.


    "Ein Philosoph soll sich durch nichts schmücken, außer durch seinen Verstand."


    Als er dennoch einen zweiten Versuch startete, blickte ich ihn streng an, woraufhin er inne hielt und schließlich keine Anstalten mehr machte, mich zu schmücken. So betrat ich das Triclinium ungeschmückt. Da die beiden Stilos im Gespräch waren, störte ich nicht durch Grußworte. Lieber wollte ich beobachten, wie sich das Gespräch meines jungen Vetters entwickelte.

  • "Salve", wurde der eintretende Stilo von dem schon anwesenden Stilo begrüßt, der in bequemer Haltung auf seinem Teil des Liegesofas lümmelte. "Sextus Iunius Stilo aus Cortona, so so. Dann hattest du es nicht weit bis nach Roma, was? Hast du etruskische Wurzeln? Ich heiße Sisenna Seius Stilo und stamme aus Caesarea in Cappadocia", was den fernöstlichen Akzent erklärte, denn für Stilo war Latein nur Zweitsprache. "Mütterlicherseits bin ich der Onkel von Sisenna Iunius Scato, weshalb ich heute hier liegen darf."


    So konnte der andere Stilo ihn familiär einordnen und musste sich nicht wundern, warum er hier so selbstverständlich ein- und ausging, wenn ihm danach war. Stilo musterte seinen Namensvettern. Jung und freundlich, noch recht zutraulich, wohl kein Militär. Aber, wie viele Mitglieder dieses Zweiges ihrer Familie, dunkelhaarig und dunkeläugig, was ihm spontan einen kleinen Sympathiebonus einbrachte. "Stehst du schon in Lohn und Brot? Du scheinst ja im besten Alter dafür zu sein, irgendwo anzufangen, wenn ich mich nicht verschätze."


    Den anderen Mann, der dann ohne Blumenkränze eintrat, kannte Stilo schon. "Die Kränze sind kein Schmuck, sondern dienen der Gesundheit*", tadelte er, doch es war nur im Scherz. Sollte doch jeder selber der Sitte folgen oder sie ignorieren, wie es ihm gefiel. In Stilos Einheit tranken sogar die Soldaten mit selbstgebastelten Graskronen, oder was sich eben gerade an duftendem Grünzeug beschaffen ließ. Der am Tisch eingeschlafene Pansa hatte es mit seinem gelben Löwenzahnkranz sogar zum unfreiwilligen Zeichenmodell gebracht.


  • "Salvete, Stilo et Stilo."


    Ich konnte ja nichts erwidern, ohne zuvor angemessen gegrüßt zu haben. Wobei ich bei meinem Gruß zunächst Seius Stilo und dann erst Iunius Stilo zunickte.


    "Zwar wird die gesundheitsfördernde Wirkung der Bekränzung allgemein angenommen, doch hat weder mein Lehrer am Museion, der Philosoph Alexios, noch ich selbst hierfür jemals einen Beweis gefunden, der einer experimentellen Überprüfung standgehalten hätte. Ich selbst habe eine Experiment durchgeführt und jeweils fünf Freiwillige mit Kränzen und genauso viele ohne Kränze bis fast zur Bewusstlosigkeit mit Wein abgefüllt. Die Kränze wurden eigens aus Myrte und Rose gefertigt. Am nächsten Morgen ging es allen gleichermaßen schlecht. Alexios hatte Lavendel mit einem Öl aus Citrium und Pinie verwendet, aber auch ohne bemerkbaren Effekt. Wir hätten ja noch weitere Testreihen durchgeführt, aber das Museion weigerte sich, diese zu finanzieren."


    Dabei hatten wir ganz klar wissenschaftlich gearbeitet. Vielleicht sollte ich nun, da ich über zunehmenden Wohlstand verfügte, die Experimente wieder aufnehmen? Man konnte neben den Wirkungen der Kräuter und Öle auch sehr interessante Ergebnisse zu den Effekten von Wein auf verschiedene Persönlichkeitstypen erhalten. Weitere interessante Fragen wären, ob das zum Wein gereichte Essen einen Effekt hatte oder ob die Weinsorte einen Effekt hatte. Ich würde mir das bei Gelegenheit notieren und die Experimente ausarbeiten.

  • "Salve zurück. Guter Ansatz", fand Stilo, den solche alltäglichen Zusammenhänge ebenfalls interessierten. "Ihr solltet die Versuchsreihe noch einmal mit Kräutern, Blüten und Ölen wiederholen, die von einem renommierten Medicus zusammengestellt wurden. Ohne einen Medicus geht das nicht, weil die Körpersäfte garantiert einen Einfluss darauf haben, welche Kränze für wen am besten geeignet sind. Es mag sein, dass die ausbleibende Wirksamkeit damit zusammenhing, dass ihr eine ungünstige Zusammenstellung der Kränze gewählt hattet. Zum Beispiel habe ich den Eindruck, dass kräftig gefärbte Rosen bei mir besser wirken als blasse, aber mein Kamerad Pansa schwört auf gelbe Blüten. Man müsste das wirklich mal professionell untersuchen. Ein Jammer, dass das Museion die Fortführung des Experiments nicht finanzierte. Die Erkenntnisse wären schließlich im Interesse des Allgemeinwohls."


    Wie zur Bestätigung trank er einen kräftigen Schluck von dem köstlichen süßen Mulsum.

  • "Guter Hinweis. Den Medicus hatten wir nicht dabei. Vielleicht sollte ich die Fortführung der Versuche selbst finanzieren. Wobei ein renommierter Medicus eine recht teure Angelegenheit ist."


    Vielleicht sollte ich einmal meinen Patron fragen, ob er sich beteiligen würde? Ich nahm mir ebenfalls ein Glas, welches aber korrekterweise mit verdünntem griechischen Wein gefüllt wurde. So gut kannten mich die Sklaven hier inzwischen. Ich hob mein Glas und prostete Seius Stilo zu.


    "Auf die Wissenschaft!"


    Dann nahm ich einen kräftigen Schluck.

  • Terpander geleitete Seia Fusciana in ihrem Tempo durch die Domus Iunia. Bevor sie in Sichtweite des Tricliniums kamen, wusch er ihr die Hände und die Füße an einer Schüssel mit angenehm kühlem und leicht parfumierten Wasser. Dabei ging er sanft und langsam vor. Er bot ihr auch an, Gesicht und Hals mit einem feuchten Tuch abzutupfen, und strich ihr das Haar ungefragt mit den Fingern zurecht. Lange war die Zeit her, da er selbst eine tiefschwarze Mähne getragen hatte. Aber vorbei war vorbei.


    Nach dem Abtrocknen hoffte er, dass Seia Fusca sich die Blütengirlande um den Hals legen und einen Blütenkranz aufs Haar setzen ließe, was ihm wichtig war, bevor er sie die letzten Schritte zum Eingang geleitete und sanft entließ. Er wartete noch eine Gesprächspause ab, dann verkündete für alle: "Seia Fusca, Schwester des verehrten Sisenna Seius Stilo und Tante meines Herrn Sisenna Iunius Scato, ist zu ihrer Familie zurückgekehrt."


    Dann zog er sich einige Schritte zurück, denn ihm sollte die Aufmerksamkeit nicht gelten. An dieser Stelle wartete er, beobachtend, ob weitere Aufgaben anfielen.

  • Während Beogas ein Becher Mulsum einschenkte und sich dann umgehend auf den Weg machte Stilo ebenfalls einen Blumenkranz zu holen nahm er neben dem anderen Stilo auf der Liege Platz.

    "Freut mich sehr, Stilo", vobei er beim Namen besonders grinste, "aber nein. Ich komme nicht aus Cortona sondern aus Crotona. Mein Vater, Lucius Iunius Luculus stammt aus Roma und meine Mutter kommt aus Crotona. Und so wurde ich da unten geboren und habe nun die Ehre hier zu sein.

    Beogas kam nun mit einen Blumenkranz und legte diesen Stilo über den Kopf der ihn dafür etwas senkte und sich bedankte. Abgesehen von Tacitus, von dem Stilo mehr als begeistert war, hatte er nun eine zweite Bekanntschaft gemacht und so freute er sich auf den Abend die Familie besser kennenzulernen.

    "Cappadocia? Interessant. Vielleicht werde ich mal dahin reisen, ich will erst bei den Legionen dienen und anschließend so viel wie möglich vom Imperium sehen."

    Zwischenzeit trat auch Tacitus herein. Auf die Redung bezüglich des Blumenkranz hob Stilo sein Becher ebenfalls und fügte hinzu, " auf die Wissenschaft! "


    Die Gespräche zuhörend bemerkte er wie Terpander mit dem Ehrengast den Raum betrat.


    Sim-Off:

    Hatte ausversehen statt Crotona Cortona geschrieben. Sorry. 🙂

  • Seia Fusca saß auf ihrem Schemel, die Augenlider zur Hälfte niedergeschlagen, und ließ Terpander sein Werk vollführen. Hände und Füße gewaschen zu bekommen war ihr wahrlich kein unvertrautes Gefühl, jedoch lag ein bedeutsamer Unterschied darin, ob ein Sklave lediglich der Pflicht nachkam, oder die Aufgabe mit Sorgfalt anging. Terpander gehörte zu Letzteren und als er ihr gar die entflohenen Haarsträhnen richtete, kam sie nicht umhin, verschmitzt zu Lächeln. Sein Angebot, Hals und Gesicht zu waschen, nahm sie nur allzu gerne an und legte kurzerhand den Kopf leicht in den Nacken. Weshalb selbst Hand anlegen, wenn kräftige Alternativen diese Aufgabe erledigen konnten? Beinahe gab Fusca so etwas wie ein Schnurren von sich, als das kühle Nass den Staub des Tages mit sich trug. "An Dir ist ein Meister für die Bäder verloren gegangen, Terpander, so scheint es mir", sagte sie schließlich, während sie wieder in ihre Sandalen schlüpfte und die Riemen sich um ihre Knöchel legten.


    Auf dem Weg zum Triclinium ließ Fusca sich bereitwillig den Blumenkranz um den Hals wie auch das Gesteck auf den Kopf legen. Wann hätten Blumen eine Dame nicht geziert? Und ihr Nutzen war schließlich weithin bekannt. Als Terpander sie schließlich entließ, zog Fusca ihre Fingerspitzen nochmals um seinen Oberarm zusammen - sein Angebot hatte sie angenommen - und in Tat konnte man glauben, einen harten Baum umfassen zu wollen. Äußerst beachtlich. Indes hütete sich Fusca, diesmal gleichfalls eine Mimik zu offenbaren.


    Fuscas dunkle Augen wanderten durch den Raum, kaum dass Terpander sie vorgestellt hatte. Und wohl einem Centurio nicht unähnlich, der seine Soldaten eingehend musterte, taste Fusca die anwesenden Herren von der Sohle bis zur Haarspitze ab. Was sie von einem Soldaten indes eindeutig unterschied, war das gewinnende Lächeln, welches ihre Lippen umspielte, und das neugierige Glänzen ihrer Pupillen, dem - zumindest für den Moment - jede Härte fehlte. Sie erkannte Sisenna Seius Stilo ihren Bruder, wobei sich Wärme in ihre Betrachtung stahl, wogegen die anderen Männer ihr fremd waren. "Ich hoffe, nicht den Austausch neuer Erkenntnisse zu stören, vermag ich zur Wissenschaft doch recht wenig beizutragen. Andererseits kann eine neue Perspektive gewinnbringend sein." Eine kleine Anspielung auf den Umstand, fortan die einzige Bewohnerin der Domus Iunia zu sein. Fusca lächelte. "Ich grüße euch und bedanke mich schon jetzt, dass meine Ankunft eurer Zeit wert ist."

  • "Ein renommierter Medicus kostet weniger, wenn man zufällig einen in der Familie hat ..."


    Weiter als zu diesem bedeutungsschweren Hinweis kam Stilo nicht, denn Seia Fusca trat ein, elegant wie eh und je. Als seine Schwester ihn begrüßte, grinste Stilo breit. Er sagte vorerst nichts mehr, um ihr den alleinigen Auftritt zu gönnen, bei dem für einen Moment alle Augen ganz auf sie gerichtet waren. Er wusste, dass sie das brauchte. Natürlich untertrieb sie, als sie sich selbst beschrieb, denn sie war im Gegenteil ein äußerst kluges Köpfchen. Aber das würden Tacitus und der andere Stilo schon von selbst merken.


    "Deine Anwesenheit ist immer ein Gewinn, kleine Schwester", schmeichelte er und klopfte dann auf die freie Liegefläche neben sich. "Mach es dir bequem. Wir haben uns gerade über den äußerst interessanten Berufswunsch des anderen Stilo und über einen wissenschaftlich motivierten Umtrunk im Museion von Alexandria unterhalten."

  • Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit einer solchen Schönheit. Bei ihrem Lächeln konnte ich nicht anders, als es zu erwidern. Und sie lag sicher nicht ganz falsch darin, dass sie eine neue Perspektive in das Haus bringen würde. Am Museion hatte ich die Perspektive der wenigen Frauen, die dort studierten, stets zu schätzen gewusst.


    "Es bedarf keines Dankes deinerseits. Vielmehr müssten wir uns bedanken, deine Anwesenheit genießen zu dürfen."


    War ja irgendwie klar, dass mein Verstand mir wieder solche Worte auf die Zunge legte. Man hätte es auch etwas weniger schwulstig ausdrücken können. Aber mein Fokus war auch nicht so, wie er sein sollte. Seia Fusca war wirklich gutaussehend. Wenn sie jetzt auch noch gebildet und intelligent wäre... wobei man Bildung ziemlich sicher voraussetzen konnte... na, jetzt bloß nicht auf dumme Ideen kommen!

  • "An Dir ist ein Meister für die Bäder verloren gegangen, Terpander, so scheint es mir"

    "Er ging nicht verloren. Das Baden kann ich und noch vieles andere", hatte Terpander in seiner mangelnden Bescheidenheit geäußert, bevor er Seia Fusca ins Triclinium geführt hatte. Die gegenseitige Hilfe bei der Körperpflege gehörte zu einem wichtigen Teil seiner Vergangenheit. Insbesondere Haar- und Bartpflege übernahm er trotz gelegentlicher Phasen von Faulheit auch heute noch immer gern, ließ sich dabei Zeit.


    Als er wartend im Hintergrund stand, mit der Körperhaltung und dem Blick eines Türstehers, spürte er noch ihre Finger auf seinem Arm. Er freute sich, bewusst als Mann wahrgenommen worden zu sein, doch beging nicht den Fehler, daraus etwas abzuleiten. Interessanter war die Frage, wie die jungen Römer auf die Gegenwart der erblühten jungen Frau reagieren würden, und er beobachtete durch seine halb geschlossenen Lider jede Regung. Als aus einem entfernten Raum die Misstöne eines Instrumentes erklangen, das jemand zu stimmen versuchte, zuckte sein Ohr.

  • Fusca genoss den Moment, da sich alle Aufmerksamkeit ihr zuwandte und ließ ihn gerade lange genug währen, auf dass es für niemanden unangenehm wurde; - zumindest hoffte sie das. Dann stellte sie ihre Füße voreinander, den linken auf der Ferse, ergriff den gelben Stoff der Stola in Höhe ihrer Oberschenkel und hob ihn um die Breite zweier Finger an, um ihre Knie anschließend begleitet von einem charmanten Lächeln ein wenig durchzufedern. Eine schwungvolle Geste, die so rasch kam wie sie ging. "Vielen herzlichen Dank, meine Herren. Mit solchen Worten wird meine Rückkehr in die Heimat eines jeden Römers umso mehr versüßt."


    Fusca folgte der Einladung ihres Bruders, ließ sich mit einem behaglichen Seufzen auf die Liege nieder - eine Hand im Schoß, die andere zur Seite abgestützt - und gab dem Sklaven Begoas - da er einen Krug hielt, hatte sie ihn als Mundschenk ausgemacht - ein Zeichen, ihr gleichfalls einen Becher Mulsum anzureichen. Ihre Gedanken wanderten (wieder einmal) zu dem bevorstehenden Bad und sie fragte sich, ob sie Ralloú wohl gegen Terpander ... "Ein der Wissenschaft geschuldeter Umtrunk? In Athen schien es mir, als frönten die griechischen Gelehrten in aller Selbstverständlichkeit und auch Notwendigkeit dem Wein, um ihre Denkprozesse anzuregen", sagte Fusca rasch und hob sodann die Augenbrauen. "Ein weiterer Stilo?" Ihr Blick fiel auf den dritten Mann im Raum. "Ich wage einen Versuch und kombiniere mit dem alexandrinischen Museion: Ein Leben als Philosoph?"

  • Freundlich lächelte ich Fusca an. Sie war schön und gebildet, wie man an ihren Bemerkungen erkennen konnte. Und auf den Kopf gefallen war sie sicher auch nicht.


    "Man könnte mein Leben als das eines Philosophen bezeichnen und ich will nicht verhehlen, dass ein Jahrzehnt am Museion sicher einen prägenden Einfluss auf mich hatte. Doch aktuell führe ich eher ein Leben als Jurist. Wobei sich Philosophie und Juristerei natürlich nicht zwingend ausschließen und man durchaus berechtigt behaupten könnte, dass ein Jurist immer auch zu einem gewissen Grad ein Philosoph ist, suchen doch beide nach der Wahrheit. Jedoch ist ein Jurist sehr viel praktischer veranlagt als der übliche Philosoph, der sich als solcher bezeichnet."


    Nach einem Schluck Wein fuhr ich fort.


    "Ich überlasse es nach dieser Antwort dir, zu entscheiden, ab welchem Maß an Praxisbezug du einen Menschen dem Philosophenlager nicht mehr zuordnest."

  • Ein herausforderndes Lächeln stahl sich auf Fuscas Lippen und sie neigte den Kopf sachte zur Seite, senkte ihre Augenlider um eine Nuance. "Ich stimme Dir zu, dass ein Philosoph und ein Jurist gewiss viele Gemeinsamkeiten haben. Das wohl gewählte Wort, die Präzision, die Dialektik der Perspektiven. Doch ob die Wahrheit selbst dazu gehört, erlaube ich mir zu bezweifeln." Fusca hob ihre feingliedrige Hand, als Begoas ihr den geforderten Becher Mulsum reichte, drehte diesen zwischen ihren Fingern und schien nachzudenken. "Wo der Philosoph, wie ich annehme, nach dem sucht, was er tatsächlich als Wahrheit erachtet, ist ein Jurist oft bemüht, glaubhaft zu machen, was als Wahrheit gewünscht wird." Fusca seufzte, ein wenig übertrieben, ehe sie zu Schmunzeln begann. "Einen Juristen zu kennen kann jedoch nur von Vorteil sein und so freue ich mich, Deine Bekanntschaft zu machen. Darf ich Deinen Namen erfahren?"

  • Auf ihre Bemerkung hin, dass der Philosoph die Wahrheit suche, während der Jurist die gewünschte Wahrheit anderen glaubhaft machen wolle, musste ich schmunzeln. Es war treffend ausgedrückt. Anerkennend nickte ich kurz.


    "Aulus Iunius Tacitus. Und ich bin ebenso erfreut, die Bekanntschaft einer solch gebildeten und intelligenten Frau wie dir machen zu dürfen. Wenn ich fragen darf, wo hast du deine Bildung genossen? Am Museion hättest du mir auffallen müssen und da ich erst etwas mehr als ein Jahr in Rom weile, erachte ich eine zeitliche Diskrepanz als unwahrscheinlich. Athen hattest du zuvor erwähnt, als du unseren Umtrunk kommentiertest. Entsprechend folgere ich, dass du zumindest in dieser Polis weiltest. Hattest du Zeit im Hain des Akedemos verbracht?"

  • Ein flüchtiger Schatten, kaum mehr als der sanfte Lufthauch an einem Frühlingsmorgen, huschte über Fuscas Gesicht. Sie hob ihren reichlich verzierten Becher, nahm einen Schluck Mulsum und schien den Geschmack über ihre Zunge dahinfließen zu lassen. Dann wandte sie sich wieder Tacitus zu und ihr Lächeln war so aufrichtig sanftmütig wie zuvor; - ergänzend stahl sich eine leichte Röte auf ihre Wangen. "Vielen Dank. Doch fand meine Ausbildung leider nicht in den heiligen Hallen der Künste des Geistes statt. Vielmehr wurde ich darin geschult, die ... Tugenden einer römischen Dame zu verinnerlichen." Fusca schwang ihre offene Hand durch das Triclinium, um das Haus und seine Verwaltung zu umfassen. "Zu meinem Vorteil und wohl auch Glück", sagte sie langsam und richtete ihren Blick nachdenklich scheinend auf ihre Füße, ehe ein nur schwer zu deutendes Lächeln ihre Mundwinkel umspielte, "konnte ich in jener Zeit, da ich in der Tat Athen meine Wohnstatt nannte, regelmäßig die Gesellschaft gebildeter Männer wie Dir genießen." Fusca fixierte Tacitus. "Es gelang mir, den ein oder anderen Gedanken aufzunehmen."

  • Mit einem Lächeln hieß Stilo seine Schwester neben sich willkommen, froh, dass sich Ravilla derzeit in Germania seinen parfumierten Hintern abfror. So war es möglich, dass Fusca und Tacitus sich heute entspannt unterhalten konnten. Stilo hörte - wie sein Namensvetter - den beiden zu, ohne sich in das Gespräch einzumischen, dachte jedoch mit, erinnerte, verglich und zog seine Schlüsse. Manchmal nickte er oder lächelte unbestimmt.


    In der Nähe der Tür muffelte derweil Terpander vor sich hin, den er zu gern einmal im trunkenen Zustand erleben würde, wenn die eiserne Selbstbeherrschung bröckelte, bis sie in Scherben zu Boden fiel. Stilo aß ein paar Eierhälften und blickte in sein Glas. Warum waren es nur immer so schnell leer ... er ließ sich diesmal reines Wasser nachschenken, denn betrunken werden wollte er nicht, langsam trinken allerdings auch nicht.


    Der Versuch der Sklaven, zu musizieren, schien an einem störrischen Instrument zu scheitern, was vermutlich zu aller Bestem war, denn keiner von ihnen war ein geschulter Musikant.

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