Die kleinen Vergnügen

  • Um sich von der beschwerlichen Anreise aus Alexandria etwas zu erholen und vom Schmutz der vergangenen Wochen gründlich zu befreien, besuchte Cafo die Thermen des Agrippa. Die große Kuppel der Eingangshalle beeindruckte ihn. Mit langsamen Schritten durchschritt er diesen Tempel der Hygiene und Ertüchtigung, der dem Neuankömmling - wie eigentlich alles, was ihm Rom bisher geboten hatte - von einzigartiger Größe, unübertroffener Handwerkskunst und vollendetem ästhetischen Geschmack vorkam.


    Cafo, der seit langer Zeit einmal wieder ganz alleine unterwegs war, zog sich im Apoditerium um, reinigte sich und begab sich schnurstracks auf eine der Tepidarien. Ohne groß auf die anderen Thermenbesucher zu achten, richtete er sich auf der Liegefläche ein und schloss die Augen. Wie die Könige geringerer Länder lebt selbst der kleinste Römer, dachte er bei sich. Während er so in eine tiefe Entspannung überging, wollte ihm sein Körper weismachen, dass er stattdessen noch auf dem Schiff dem immergleichen Gang der Wellen ausgesetzt sei. Eine Erinnerung daran, dass er einem Tempel des Neptun noch seine Aufwartung schuldete. Nach kurzer Zeit stellte sich sein inneres Gleichgewicht aber ein und er löste sich in einen Knäuel befreiter Wonne auf.


    Wie viel Zeit vergangen war, wusste Cafo beim gemächlichen Aufwachen aus seinem tranceartigen Zustand nicht zu sagen. Langsam bewegte er seine Muskulatur und massierte die ehemals schmerzenden Stellen. Wie ausgewechselt kam ihm sein Körper vor. Anstatt weiter in den warmen Räumen der Thermen herumzufläzen begab er sich direkt in die angeschlossenen Gärten. Dem beseelten Badegast schien die harmonische Anordnung der gepflegten Anlage wie ein Spiegelbild seines inneren Friedens. Unbekümmert wandelte er in Richtung des angelegten Sees, um dort ein wenig zu schwimmen.

  • Die Sonne stand bereits tief über den prächtigen Gärten der Agrippa-Thermen, als Praxilla mit einem feuchten Tuch über die Marmorbänke wischte. Der Duft von Lorbeer und blühendem Jasmin erfüllte die Luft, vermischt mit dem fernen Plätschern des Stagnum Agrippae, des künstlichen Sees, der das Herzstück der Anlage bildete. Viel war nicht mehr los, sie hatte den Tag wie immer eher im Hintergrund verbracht, es war war nicht erwünscht, dass die Bediensteten, und erst recht nicht sie als Aushilfe, mehr Kontakt als unbedingt notwendig zu den Gästen hatten, normalerweise gab es für alle Dienstleistungen Sklaven.

    Während sie ihrer Arbeit nachging, fiel ihr Blick auf einen jungen Mann, der unbekleidet und mit einer selbstbewussten Gelassenheit den Kiesweg entlangschlenderte. Praxilla hielt inne und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Sein athletischer Körperbau und die wilden schwarzen Locken fielen ihr auf, ein paar Druckstellen auf der Haut ließen darauf schließen, dass er sich eben ein wenig ausgeruht hatte. Sein Gesicht strahlte Zufriedenheit aus, als ob er die Sorgen der Welt für einen Moment hinter sich gelassen hätte. Ein durchaus angenehmer Anblick, es gab hier auch weitaus weniger schöne Dinge zu sehen. Dass sie einem Mann hier drin so relativ offen nah kam, lag an der späten Stunde, man rechnete wohl nicht mehr damit, dass hier noch jemand vorbeikäme, oder vielleicht hatte man ihn auch nachlässigerweise übersehen, weil man ihn nicht hatte stören wollen. Jetzt aber reinigte sie hier die Bänke und er war hier. Eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte!

    Solche Männer waren oft empfänglich für ein wenig Unterhaltung nach dem Bad – vielleicht ein harmloses Würfeln oder ein geschicktes Hütchenspiel, bei dem sie ihre Fingerfertigkeit unter Beweis stellen konnte. Zu viel Vertraulichkeit zwischen dem Personal und den Gästen war, wie gesagt, nicht gern gesehen. Trotzdem entschied sie sich, nach einem prüfenden Blick über die Schulter, das Risiko einzugehen. Immerhin lohnte es sich immer, jemanden für solche Spiele zu begeistern, auch wenn er offensichtlich keine Münzen bei sich trug.

    Mit einem charmanten Lächeln trat sie einen Schritt vor und sprach ihn an:

    "Dominus, Ihr seht aus, als hättet Ihr einen angenehmen Aufenthalt. Darf ich Euch vielleicht zu einem kleinen Spiel einladen, um den Tag ausklingen zu lassen? Nur zum Zeitvertreib, versteht sich."

    Sie hielt ein paar Würfel in der Hand, die sie kunstvoll zwischen den Fingern drehte, und wartete gespannt auf seine Reaktion, die selbstverständlich auch vollkommen nach hinten losgehen konnte. Da sie eine schlichte Tunika trug, war immerhin direkt ersichtlich, dass es sich bei ihr um keine Sklavin handelte.

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