[Trajansmärkte] Fremde unter Fremden

  • Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als Amytis die steinerne Schwelle der Trajansmärkte überschritt. Ein leiser Hauch von Gewürzen, gebratenem Fleisch und frischem Brot lag in der Luft, vermischt mit dem Rufen der Händler und dem Murmeln der Menge. Die junge Frau, in eine schlichte Tunika gehüllt, hielt den Beutel mit Münzen fest umklammert, den ihr Herr, Aulus Aurelius Pinus, ihr anvertraut hatte.

    Der Markt war ein Labyrinth aus Tabernae, in denen Waren aus allen Ecken des Imperiums feilgeboten wurden: glänzendes Glas aus Ägypten, duftendes Öl aus Hispania, exotische Gewürze aus dem Osten. Amytis bewegte sich vorsichtig durch die Menge, ihre dunklen Augen beobachteten aufmerksam das Treiben. Sie war sich der Gefahr bewusst, die in den belebten Gassen lauerte – Taschendiebe und Betrüger waren keine Seltenheit.

    Trotz ihrer zurückhaltenden Art konnte Amytis ihre Neugier nicht verbergen. Ein Stand mit leuchtend roten Granatäpfeln zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, ebenso wie ein Händler, der mit melodischem Akzent Seide aus dem fernen Osten anpries. Doch sie erinnerte sich an die Worte ihres Herrn: "Kaufe Wein und Speisen." Mit einem leisen Seufzer wandte sie sich ab und setzte ihren Weg fort, entschlossen, ihre Aufgabe gewissenhaft zu erfüllen und nichts unnötiges zu erstehen.

  • Amytis

    Hat den Titel des Themas von „[Trajansmärkte]“ zu „[Trajansmärkte] Fremde unter Fremden“ geändert.
  • Amytis ließ den Blick schweifen, während sie sich vorsichtig zwischen zwei dicht gedrängten Ständen hindurchschob. Die Luft war schwer vom Duft frisch gerösteter Pinienkerne und dem süßlich-scharfen Aroma fermentierten Fischs, das aus einem großen Amphorenhals neben einem Garküchenstand drang. Männer mit aufgekrempelten Tuniken verkauften frisches Brot – flache Laibe mit gekörnter Kruste – und schmale Streifen gepökelten Schweinebauchs, der in Tontöpfen eingelegt war.


    Sie blieb vor einem Stand mit getrockneten Feigen und Datteln stehen. Der Händler, ein älterer Mann mit wettergegerbter Haut und einem leicht schiefen Lächeln, grinste, als sie zögernd eine Handvoll Feigen betrachtete.

    „Süß wie die Mädchen aus Syrien,“ flötete er, wohl wissend, dass sie keine freie Frau war – ihre einfache Tunika, das Lederband und der zurückhaltende Blick verrieten es. Dennoch musterte er sie mit neugieriger Freundlichkeit. Amytis nickte nur knapp und hob die Hand, in der sie den Beutel trug. Vorsichtig zog sie eine der Münzen hervor und reichte sie ihm mit leicht gesenktem Blick.

    Der Händler nahm die Münze, warf einen flüchtigen Blick darauf – doch dann hielt er inne. Er drehte sie zwischen Daumen und Zeigefinger, blinzelte, als würde er die Prägung genauer betrachten, und rieb sie kurz über die rauere Unterseite der Ladentheke. Amytis bemerkte das Zögern, ein schmaler Schatten flog über ihr Gesicht, doch sie sagte nichts. Vielleicht war es, weil die Münze noch so neu glänzte – viel heller als die üblichen, abgenutzten Denare, die sie bisher gesehen hatte.

    „Hm... neu geprägt, was?“ murmelte der Händler mehr zu sich selbst. „Hatte gehört, dass der Senat über neue Stempel redet... oder war das nur Geschwätz beim Weinhändler?“

    Er warf einen letzten prüfenden Blick auf die Münze, zuckte dann mit den Schultern und steckte sie ein. „Na gut. Hier. Drei Datteln dazu, weil du mir gefällst.“, sagte er mit einem Zwinkern und einem anzüglichen Blick auf ihre Oberweite.

    Amytis verneigte sich leicht und nahm das zweifelhafte Geschenk ebenso wie das Kompliment an. „Gratias, domine.“


    Mit dem kleinen Korb am Arm ging sie weiter, den süßen Duft der Feigen noch in der Nase. Sie dachte kurz über das Verhalten des Mannes nach – warum hatte er so lange geschaut? Lag es an der Münze oder an ihr selbst? Vielleicht glaubte er, sie habe sie gestohlen?

    Aber sie war eine Sklavin. Was konnte sie schon wissen von echtem Geld, von Prägungen und Senatsbeschlüssen?

    Also ging sie weiter. Ein paar Schritte entfernt entdeckte sie einen Stand mit Amphoren, versiegelt mit Wachs, aus denen ein kräftiger Duft nach italischem Wein aufstieg – genau das, was ihr Herr haben wollte.

  • Amytis trat näher an den Weinhändler heran, ein untersetzter Mann mit schmutzigen Fingernägeln, der gerade mit einem anderen Kunden feilschte. Die Amphoren standen in Reihen aufgestellt, die Wachsiegel glänzten dunkel im Sonnenlicht. Amytis wartete geduldig, den kleinen Korb an den Körper gedrückt, und spürte den vertrauten Druck der Münzenbeutel an ihrer Hüfte.

    Während sie wartete, bemerkte sie, wie zwei junge Männer – vermutlich Handwerksgesellen – in abgewetzten Tuniken an ihr vorbeiliefen und sie mit unverhohlenen Blicken musterten. Einer von ihnen, groß und schmalgesichtig, grinste breit, als er absichtlich dicht an ihr vorbeiging, sodass sein Arm leicht über ihren unteren Rücken strich.

    Amytis versteifte sich und trat einen halben Schritt zur Seite, senkte den Kopf und schluckte ihren Ärger hinunter. Sie wusste es besser, als sich aufzulehnen – ein Fehltritt einer Sklavin konnte Strafe bedeuten, und ihr Herr hatte sie gewarnt, keinen Aufruhr zu verursachen.


    Der Weinhändler wandte sich endlich ihr zu. Seine Augen wanderten abschätzend über sie, verweilten etwas zu lange an ihrer schlichten Tunika, doch er sagte nichts. Stattdessen schlug er ihr eine Amphore vor – kräftiger Falerner, gut, aber teuer.

    Amytis nannte, was ihr Herr gewünscht hatte: einen schlichteren Wein, geeignet für die Dienerschaft und die täglichen Mahlzeiten. Der Händler brummte, wählte eine kleinere Amphore und nannte den Preis. Wieder zog sie eine der Münzen hervor, und wieder bemerkte sie dieses flüchtige Zögern, das feine Kräuseln seiner Stirn. Doch wie der Feigenhändler zuvor steckte er die Münze ein, zuckte die Achseln und wickelte die Amphore rasch in ein Stück Leinentuch, um sie ihr zu übergeben. Sie setzte ihren Weg fort.


    Je länger sie durch die engen Gassen der Märkte eilte, desto mehr merkte sie die stickige Wärme hier drinnen. Die dünne Tunika klebte längst unangenehm an ihrem Rücken und unter den Armen, der leichte Leinenstoff dunkelte vom Schweiß. Staub wirbelte unter ihren Sandalen auf, und ihre dunklen Haare klebten feucht an ihrem Nacken, trotz des geflochtenen Bandes, das sie hochgebunden hielt.

    Sie kaufte noch einen kleinen Korb mit Käse – hart und salzig, wie es ihr Herr mochte – und ein Bündel frischer Kräuter. Dabei achtete sie peinlich genau darauf, die Münzen schnell und mit gesenktem Blick zu überreichen, ohne lange zu verweilen oder einen Grund für Misstrauen zu liefern.


    Schließlich verließ sie die Märkte durch ein Seitentor und begann den Weg zurück hinauf auf den Quirinal. Die schmalen, unebenen Straßen, die sich zwischen hohen Mietskasernen hindurchzogen, schienen unter der Mittagssonne zu flirren. Esel und Karren blockierten gelegentlich den Weg, und die Rufe von Wasserverkäufern und Straßenhändlern dröhnten in ihren Ohren.

    Der Heimweg war ein schweißtreibender Marsch. Der Korb in ihrem Arm schien mit jedem Schritt schwerer zu werden, und Amytis spürte, wie sich ein schmaler Schweißfilm auf ihrer Stirn sammelte und in die Augen rann. Ihre Tunika, die am Morgen noch so sauber gewesen war, trug nun Spuren des Staubs und der Mühen des Tages.

    Als sie endlich die vertrauten Mauern des Hauses der Aurelier erreichte, stieß sie erleichtert die schwere Tür auf und trat hindurch.

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