In den Straßen von Rom

  • Nach meiner Rückkehr nutzte ich die Zeit, bis ich eine Antwort des Kaisers auf meine Audienzanfrage erhielt, um meine Heimatstadt wieder neu zu erkunden. Die eher gefährlichen Gegenden mied ich, weil ich in der Kleidung eines serischen Gesandten unterwegs war. Ein langes, schwarzes Seidengewand, über weißer seidener Jacke und Hose, mit schwarzer Seidenkappe und schwarzen Seidenschuhen. Der Spazierstock aus Teakholz gab mir die Sicherheit, mich notfalls wehren zu können.


    So lernte ich meine Stadt ein wenig anders kennen, als ich sie gewohnt war. Ich sah Rom nun ein wenig mit den Augen eines Fremden, während mich die Bewohner Roms nur als Fremden ansahen. Natürlich taten sie das, denn ich sah ja auch extrem exotisch aus. So viel Seide an einem einzelnen Menschen hatte hier wohl auch noch niemand gesehen. Außer vielleicht bei patrizischen Frauen, aber die sahen dafür sehr anders aus. So wunderte ich mich nicht über die Blicke, die mich trafen. Mal sah man mich interessiert an, mal neidisch, manchmal sogar ängstlich. Ich ließ mich davon aber nicht beeindrucken, sondern ging stolz durch die Stadt und nahm mir alle Zeit, die ich wollte, um hier ein spezielles Gebäude, dort die Auslage eines Ladens und woanders einen schönen Garten näher zu betrachten.

  • Paullus schlenderte durch die Straßen Roms, aber in Gedanken war in dem im Pergament beschrieben fernen Welten.

    Während er so Gedanken verloren ging, wäre er beinahe mit einem Fremden zusammengestoßen. Jener sah sehr fremd aus, selbst für Rom, er trug ein langes, schwarzes Seidengewand, über weißer seidener Jacke und Hose, mit schwarzer Seidenkappe und schwarzen Seidenschuhen., dazu einen Stock.

    "Oh, verzeiht meine Unachtsamkeit, werter Freund. Ich war immer noch in Gedanken ,ob dessen was ich las. Wie ich sehe seid ihr kein Römer, jedenfalls nicht nach der Kleidung zu urteilen. Verzeiht abermals, ich schwätze ,anstatt mich vorzustellen, Paullus, Besitzer einer Ludus."

    Paullus neigte knapp sein Haupt um dann den Fremden wieder ins Auge zufassen.

  • Der Beinahe-Zusammenstoß hatte mich nur kurz zum Ausweichen genötigt, doch die Entschuldigung nahm ich gerne an. Auch, wenn sich der Fremde in seiner Annahme irrte, dass ich kein Römer sei. Ich verneigte mich ganz leicht, obwohl Römer sich eigentlich nie verbeugten. Doch war die Verneigung so gering, dass es keine echte Verbeugung war.


    "Es gibt nichts zu verzeihen. Ich kenne das, wenn man in Gedanken vertieft ist. Ich freue mich, dich kennenzulernen, Paullus." Ich nahm das unter Römern übliche 'Du'. "Und doch muss ich dich leider korrigieren. Meine Kleidung ist nicht römisch, und doch bin ich Römer. Im Moment stehe ich in der Kleidung eines Beamten des Reiches Hàn vor dir. Du magst es als Serica, das Seidenland kennen. Dort nannte man mich Yúnzǐ, was so viel bedeutet wie 'Meister Yún'." Ich sprach die fremden Namen so aus, wie sie korrekt in serischer Sprache auszusprechen waren. "Doch bin ich eigentlich in Rom geboren und heiße Aulus Iunius Tacitus. Im Moment kleide ich mich aber weiterhin so, wie in der Ferne. Das liegt daran, dass ich als Gesandter des Kaisers von Hàn hier bin. Ob du mich nun Iunius Tacitus nennen möchtest, oder Yúnzǐ, überlasse ich dir." Dabei lächelte ich freundlich, denn Paullus hatte das Gespräch auch freundlich begonnen.

  • Ein Römer als kaiserlicher Beamter des Seidenreichs. Paullus war erstaunt.

    "Yúnzǐ, heißt also Meister und Du bist ein Iunius? Wie kommt den einer Römer aus vornehmen Haus dazu Beamter eines fremden Reichs zu werden?

    Nun ich werde den Meister, also Yunzi nehmen.

    W4eshalb ich das alles Frage? Nun vor Tagen flatterte mir ein Pergament zu welches einiges über fremde Welten beinhaltet. Nun ich war und bin daran sehr interessiert. Was auch der Grund meiner Unachtsamkeit. Da meine Ludus auch ohne mich läuft, überlege ich hin und her ob ich es wagen soll weiter als bis nach Germanien zu reisen.

    So es Dir verehrter Yunzi, nicht zu aufdringlich , so bitte ich dich mehr vom Seiden Land und deinen Erfahrungen dort zu erzählen."

    Paullus sprach ohne Scheu zu dem Beamten.

  • Die Direktheit von Paullus machte ihn mir sympathisch. Ich mochte es, wenn man geradeheraus sprach.


    "Du bist also an der Ferne interessiert? Nun, vielleicht kann ich dir ein wenig erzählen. Das wird aber dauern. Ich kenne eine Taberna dort oben auf dem Esquilin, die einen kleinen Garten hat, in dem ein angenehmer Wind weht. Das ist bei den Temperaturen sicher nicht verkehrt." Ich deutete kurz auf meine Kleidung. "Mein meint ja immer, dass Seide kühlt. Aber wenn man sie so dicht webt, wie die Serer, dann ist sie nicht mehr allzu kühl. Und wenn man dann noch mehrere Schichten trägt, ist es ziemlich warm."


    Während wir die Straße entlang gingen, die uns auf den Esquilin hinauf brachte, sprach ich weiter. "Aber kommen wir zu deiner ersten Frage. Ich bin ein Gelehrter, habe am Museion in Alexandria studiert. Nach dem Tod meines Vaters hatte ich ein ansehnliches Erbe erhalten und meine Arbeit als Anwalt brachte auch gutes Geld ein. Aber nach Serica kam ich durch den Zufall." Ich überlegte kurz, welcher Teil meiner Reise relevant war, entschied mich aber, ganz am Anfang zu beginnen. "Als ich in Mogontiacum weilte, um Recht zu unterrichten, fand ich auf einem Markt durch Zufall eine Karte, die niemand so richtig wollte. Sie zeigte die Provinzen am östlichen Mittelmeer, Parthien und Baktrien. Das Besondere an der Karte war, dass sie voller Notizen war. Wie viele Tagesmärsche die Städte auseinander lagen, welche Waren man dort bekommen konnte, welche man dort verkaufen konnte, Anmerkungen zur Kultur und vieles mehr." Die Begeisterung über die Karte hörte man mir immer noch an. "Serica war nicht auf der Karte verzeichnet, aber eine Anmerkung neben einem Gebirge, das die Karte nach Osten begrenzte. Da stand: 'Hinter den Bergen Serica?' Das war für mich so etwas wie ein Zeichen der Götter. Man hatte mir einen Weg nach Osten gezeigt und alle Informationen mitgegeben, um bis an die Grenze von Serica zu kommen. Also begann ich, meine Reise zu planen." Das war die Geschichte gewesen, die mich zur Reise gebracht hatte. Doch musste ich direkt eine Warnung aussprechen. "Hätte ich damals gewusst, wie schwer die Reise auf dem Landweg ist, dann wäre ich hier geblieben. Aber ich wusste es damals nicht."

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