[Tablinum] Paullus zu Gast bei Iunius Tacitus

  • So lange ich der einzige Iunier vor Ort war und zudem noch vor allem als serischer Gesandter unterwegs war, hatte ich veranlasst, die Möbel aus dem Tablinum in einen Vorratsraum zu bringen und stattdessen das Tablinum so einzurichten, wie ich es als Gesandter für richtig hielt. So befand sich im Tablinum ein niedriger, gerade einmal kniehoher Tisch mit großer Fläche. An der dem Atrium abgewandten Seite, an der ich zu sitzen pflegte, war eine mit roter Seide überzogenes Sitzkissen. Auf der gegenüberliegenden Seite, die zum Atrium hin zeigte, befanden sich zwei mit blauer Seide überzogene Sitzkissen. Auf dem Tisch befanden sich sowohl Bögen serischen Papiers, als auch aus ägyptischem Papyrus, sowie eine Tuscheschale, ein Tintenfässchen, und zwei feine Pinsel. Das waren meine üblichen Schreibutensilien.


    Als mein Gast hereingeführt wurde, saß ich auf den Knien, so wie es in Serica üblich war, auf meinem Sitzkissen und kalligraphierte mit dicker Tinte einen serischen Text auf Papyrus. Auf dem Tisch stand noch eine Tasse mit grünem Tee aus Serica.


    "Der ehrenwerte Paullus ist hier, Herr," kündigte Begoas an, während er sich nach serischer Art tief verbeugte.


    Ich sah den jungen Sklaven und meinen Gast kurz an und deutete mit der rechten Hand auf die blauen Sitzkissen. "Paullus, ich danke, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Bitte setz dich doch." Dann sah ich wieder zu Begoas. "Lass das besprochene Essen anrichten. Und bring eine Tasse lǜchá für meinen Gast. Danke." Danach hatte Paullus meine volle Aufmerksamkeit. "Hast du gut hergefunden?"


    Begoas verneigte sich noch einmal tief und verließ das Tablinum in Richtung der Küche.

  • Setzte sich.

    "Danke der Nachfrage , aber ja. Wobei ich mir überlegte wie, per Pedes oder mit einer Sänfte. Es war jedoch angenehmes Wetter , also entschied ich mich für den Fußweg."

    Er deute auf Tinte und Papyrus.

    "Wie ich sehe, bist zum am Schreiben, hoffentlich habe ich Dich nicht allzu sehr gestört?"

    Er lächelte freundlich.

  • "Nun, du hast mich nicht gestört. Schließlich habe ich dich eingeladen, die Tage einmal abends vorbeizukommen, und du hast die Einladung angenommen. Da war es erwartbar," sagte ich freundlich lächelnd. "Ich lasse Zeit nur ungern ungenutzt, deshalb übe ich, wann immer es geht, serische Texte zu schreiben. Es gibt ziemlich viele serische Schriftzeichen. Um die neuntausend sollte ich beherrschen, aber aktuell sind es vielleicht viertausend, die ich ohne viel nachzudenken schreiben kann. Die serische Sprache ist zwar recht leicht zu lernen, aber sehr schwer zu schreiben."


    Ich beendete noch den Satz, den ich zu schreiben angefangen hatte, und legte dann den Pinsel beiseite. Währenddessen kam Begoas mit einer Tasse, die ein aromatisch riechendes, klares, gelblich-grünes Getränk enthielt, welches dampfte. Grüner Tee. Die Tasse war aus mit serischem Lack verziertem Holz. Sie glänzte so, dass man sich fast darin spiegeln konnte. Von der Maserung des Holzes war nichts mehr zu sehen.


    "Die Serer nutzen das Harz eines Baumes, um Dinge mit dieser dekorativen, glänzenden Schickt zu verzieren. Mir gefällt, dass dieses Material eine gewisse Wärme ausstrahlt. Das Getränk wird von den Serern gerne getrunken. Es wirkt belebend, auch wenn es ein wenig bitter schmeckt." Ich hob meine Tasse.

  • Paullus begutachte die Tasse und koste dann den Tee.

    "Also dieder Tee ist köstlich, wahrlich. Wenn ich aber diese Tasse sehe, eigentlich einfaches Holz, so kunstvoll ummantelt, da sind wir aber noch weit entfernt davon, der Nabel der Welt zu sein, auch wenn wenn wir uns gern dafür halten."

    Paullus trank und beäugte seine Tasse.

  • "Nun, das kann ich so ganz nicht stehen lassen. Beide Reiche haben Dinge, die im anderen Reich fehlen oder zumindest nicht so weit entwickelt sind. Diese Ummantelung der Tasse zum Beispiel haben wir hier nicht. Ebenso fertigt man dort Keramik, die feiner ist, als unsere, und fast weiß. Aber dafür gibt es in Serica keine Thermen, wie bei uns. Und es gibt dort auch nichts, was mit römischen Aquädukten vergleichbar wäre. Unsere Straßen sind besser, aber die serischen Kanäle sind unseren überlegen. Die Verwaltungen sind ähnlich effizient, aber doch anders aufgebaut. Ich denke, dass beide Reiche ebenbürtig sind." Ich nahm einen Schluck von meinem Tee, der inzwischen leider fast schon kalt war. Aber er stand ja auch schon auf dem Tisch, bevor Paullus hier ankam. "Die Reiche zwischen Rom und Serica aber, die erscheinen mir etwas unterhalb unserer Entwicklungsstufe zu sein. Ja, Parthien ist ein mächtiges Reich mit großen Schätzen. Ebenso Indien. Aber doch fehlt ihnen das letzte Stück Zivilisation, das Rom und Serica auszeichnet. Die Serer nennen unser Reich übrigens Dàqín, was 'großes Qín' bedeutet. Qín war der Name des Königreichs, dessen Herrscher vor den jetzt herrschenden Hàn über Serica geherrscht haben. Und sie nennen ihr Land offiziell nach der Herkunft ihrer Herrscherdynastie. In vielen Gegenden der Welt wird Serica aber immer noch nach den Qín benannt, weshalb man es auch gerne einmal als 'China' bezeichnet. Oder 'Sina'. Damit haben wir nach der Philosphie der Serer zwei Reiche, die das Gleichgewicht der Welt garantieren. Rom im Westen der bekannten Welt und Serica im Osten der bekannten Welt. Beide Reiche sind von gleicher Bedeutung für das kosmische Gleichgewicht."

  • Trinkt und hört interessiert zu.

    "Indien, war wenn ich mich recht entsinne, das Reich der Magier, nicht?

    Das Partherreich hat sich doch kriegen und Bürgerkriegen selbst aufgerieben, oder irre ich mich.

    Quin, Sina oder China auch diese Name hörte ich schon.

    Es freut mich das ich meinen Horizont erweitern kann."





    Sim-Off:

    Der gute Paullus hat Mogul mit Magier verwechselt.

  • "Magier? Nicht, dass ich wüsste." Nein, davon war mir nichts bekannt. "Aber zum Partherreich kann ich etwas sagen. Es ist zwar geschwächt, aber immer noch gefährlich. Im Osten grenzt es an die Kuschana, die ich zwar als friedlich erlebt habe, die aber auch kriegerisch sein können. Jedenfalls haben sie ein großes Gebiet erobert, das vorher von den Nachfahren der Griechen, die mit Alexander dem Großen nach Osten gezogen sind, beherrscht wurde."


    Zu Indien konnte ich weniger sagen. "Was Indien anbetrifft, so kenne ich nur die vorgelagerte Insel Taprobana, die aber von den Einwohnern Lanka genannt wird. Und dann kenne ich noch Muziris an der Südspitze Indiens. Ich weiß nicht, ob das Reich dort nun Chera oder Tamilakam heißt. Vielleicht ist eins von beiden der Name des Herrschers. Ihre Sprache beherrsche ich nicht, deshalb konnte ich niemanden fragen. Ich weiß auch nicht, ob sie über ganz Indien herrschen oder nicht. Sie treiben auf jeden Fall Handel mit uns und von Dort kommen Pfeffer, Nelken, Zimt und viele andere Gewürze. Auch Edelsteine gibt es dort reichlich. Es ist ein reiches Land."




    Sim-Off:

    Das Mogulreich gab es erst seit 1526. Allerdings leitet sich der Name wohl von "Mongole" her. Ob die sich bereits im 2. Jh. n. Chr. so bezeichneten, weiß man nicht. Die großen Eroberungen der Mongolen waren aber erst im Mittelalter. Die Kuschana kamen aber wohl auch aus der zentralasiatischen Steppe, waren aber indogermanischen Ursprungs und vermutlich mit den Skythen verwandt oder ein Teilstamm der Skythen.

  • Wieder hat der wissbegierige Paullus etwas gelernt. Es freute ihn, denn all sein Wissen hatte er entweder angelesen

    oder sich auf seinen Reisen als Gladiator angeeignet.


    "Also ich würde gern die weite Welt kennenlernen, Quin, Indien,etc. Mit Verlaub, verehrter Yunzi, es soll jetzt keine Anmassung sein, aber eventuell würde auch ich als weiser Meister zurückkehren."


    Paullus, muss selbst lächeln, bei dem letzten Satz.

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