Praefectus Vigilum Sebastianus Germanicus Reverus

  • Als mein Scriba die Besucherin in mein Büro geleitete stand ich auf und ging ihr ein paar Schritte entgegen.


    "Salve Deandra!" begrüßte ich sie mit einem Lächeln.


    "Dein Anblick ist eine willkommene Abwechslung in meinem Arbeitsalltag. Sonst bekomme ich hier im Castra meistens nur rauhbeinige Vigiles oder unten im Verhörkeller verstockte Kriminelle zu Gesicht."."


    Nach unserer Begrüßung bot ich Aurelia Deandra einen Platz an und wir setzten uns beide an einen Tisch.


    "Den Grund deines Besuches meine ich nach unserem Gespräch in der Curie erraten zu können. Bevor wir jedoch beginnen, was darf ich dir zu trinken anbieten?"

  • Ich kannte zwar Falco, war aber dennoch von seiner Begrüßung beeindruckt. Kein Wunder, ich hatte schon gänzlich andere Empfänge erlebt. ;)


    „Nett wie immer“, erwiderte ich lächelnd als wir zum Tisch gingen.


    Ich setzte mich und nickte ihm bestätigend zu. „Du hast Recht. Es geht um die Vigilesstation in Ostia. Ja, und ein Getränk? Sehr gern! Ich bevorzuge Obstsaft - ein wundervolles Getränk“, schwärmte ich.

  • Ich gab die Bestellung bei meinem Scriba auf und kurz danach stand der Obstsaft für Deandra auf dem Tisch. Für mich wurde sehr stark mit Wasser verdünnter Wein serviert.


    Nachdem der Scriba die Tür zu meinem Officium hinter sich geschlossen hatte, setzten wir unser Gespräch fort.


    "Deandra, wir haben uns ja bereits kurz in der Curie verständigt. Ich plane seit einiger Zeit bereits die Stationierung einer Vexillatio der Cohortes Vigiles in Ostia, so wie es in früheren Zeiten Usus war. Ostia mit seinem Hafen bedarf als Lebensader Roms einfach des Schutzes. Wenn die dortigen Getreidelager abbrennen, sei es nun durch ein zufälliges Feuer oder durch gezielte Sabotage, der Schaden für Rom und für die Versorgung der Bevölkerung wäre unermeßlich. Leider band der Wiederaufbau der Cohortes Vigiles in Rom selbst bisher alle Kräfte und Mittel, um diese Aufgabe eher in Angriff zu nehmen."


    Nach einem kurzen Schluck aus meinem Glas sprach ich weiter.


    "Soviel zu meinen Intentionen, Deandra. Von dir weiß ich, das dir der Schutz und die Sicherheit Ostias ebenfalls sehr am Herzen liegen, und dies nicht nur, weil du dort Magistrat bist. Wir haben also beide die gleichen Ziele und müssen uns nur noch über die Details verständigen, ist meine Meinung. Das sollte nicht unmöglich sein..." sagte ich lächelnd.

  • Sim-Off:

    :) ;)


    „Danke!“ Lächelnd nahm ich den Obstsaft entgegen.


    Ich nippte am Glas, lehnte mich auf meinem Stuhl entspannt zurück und verfolgte aufmerksam die Ausführungen von Falco. Hin und wieder nickte ich zu seinen Worten.


    „Ich sehe, unsere Vorstellungen treffen sich vollkommen“, sagte ich sehr erfreut, als Falco geendet hatte. „Ostia ist immens wichtig für Rom und die gesamte Bevölkerung. Derzeit wäre niemand vorbereitet, wenn es zu einer feindlichen Besetzung oder – wie du sagst – Sabotage kommen würde. Es ist immer gut, wenn man einem möglichen Fiasko zuvorkommt. Und ja, ich habe auch ein eigenes Interesse daran, Ostia sicherer als bisher zu machen.“


    Wieder nahm ich einen Schluck aus meinem Glas und sortierte dabei meine Gedanken.


    „Du sagst, der Wiederaufbau der Cohortes in Rom band bisher alle Kräfte. Besteht die berechtigte Hoffnung, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert?“


    Gespannt waren meine Augen auf Falco gerichtet...

  • Einmal mehr trat Parcus vor das Büro des Praefectus. Sich an seinen letzten etwas... überstürzten Auftritt erinnernd ging er diesmal erst langsam zum Scriba seines Vorgesetzten.


    "Verzeihen sie, ist Marcus Didius Falco gerade zu sprechen" fragte er.
    "Der Präfekt hat gerade Besuch!"
    "Oh Verzeihung, könnten sie mir den Gefallen tun und ihm ausrichten, dass Centurio Parcus sich wieder zum Dienst zurückmeldet?"
    "Selbsverständlich"
    "Vielen Danke, Vale"
    "Vale!"


    Nach diesem kurzen Dialog verließ Parcus wieder das Büro mit zufriedener Miene, nichts war kaputt gegangen.

  • Deandra war ehrlich. Das schätzte ich besonders an ihr. Sie gab offen zu, das es auch in ihrem eigenen Interesse lag, Ostia sicherer zu machen. Ihr Haus – die Villa Pellacia, welche ich von der Einweihungsfeier her kannte – und ihr Gestüt waren triftige Gründe dafür. Jedoch wußte ich, das es ihr bei weitem nicht nur darum ging, sondern das sie wahre Sorge um das Wohl Ostias und seiner Bevölkerung antrieben. Außerdem hielt ich es schon immer für eine optimale Kombination, wenn sich die Sorge um das Allgemeinwohl mit den persönlichen Interessen kombinieren ließ. Das schafft einfach die zuverlässigste und dauerhafteste Motivation bei der Durchsetzung von Projekten.


    Nach einem Schluck aus meinem Glas – der Wein war wirklich stark verdünnt; zu stark für meinen Geschmack – antwortete ich auf ihre Frage.


    „Ja, Deandra.“ sagte ich. „Der Aufbau der Cohortes Vigiles in Rom ist soweit fortgeschritten, das wir in naher Zukunft daran gehen können, auch die in Ostia bereits vorhandene Kaserne der Vigiles wieder zu füllen. Die dafür erforderlichen Männer werde ich bald entbehren können. Es ist auch höchste Zeit dafür. Wir hatten großes Glück das dieser Usurpator Laeca nicht auf die eigentlich naheliegende Idee gekommen ist, die mehr oder weniger ungeschützten Hafenanlagen und vor allem die Getreidesilos Ostias durch ein gezieltes Stoßtruppunternehmen in Brand zu setzen und zu zerstören. Eine gräßliche Hungersnot in Rom und der Tod zahlloser Bürger wären unvermeidlich gewesen. “


    Nicht das erste Mal in der Geschichte, grübelte ich, hatten die Götter das römische Volk vor großem Schaden bewahrt, indem sie die Gedanken seiner Feinde vernebelten.


    „Auf derlei Glück können wir jedoch nicht immer hoffen und daher sollte der Aufbau der Vigiles in Ostia bald erfolgen. Vorher gilt es jedoch die Bestimmungen der Lex Vigilium diesen neuen Erfordernissen anzupassen und dann stehe ich in der Pflicht die geeigneten Männer zur Abkommandierung nach Ostia auszuwählen.“

  • Ich weiß nicht, ob es an der langen Rede von Falco lag oder doch an mir - ich bemerkte, wie meine Gedanken abdrifteten und ich unkonzentriert wurde. Unzufrieden über mich selbst, griff ich an meinen leicht schmerzenden Kopf. Ich zwang mich dazu, mich wieder auf Falco zu konzentrieren. Schlappen erlaubte ich mir prinzipiell nicht, also auch nicht hier.


    Ich fragte mich insgeheim, ob wohl noch immer die Gefahr bestand, dass dieser Laeca Leute nach Ostia senden konnte. Natürlich wusste ich um seine Lage, aber wusste ich um seine Pläne?


    Wieder zwang ich mich zur Konzentration.
    „Für die Durchsetzung der erforderlichen Voraussetzungen zeigst also du dich verantwortlich“, fasste ich kurz zusammen. „Was kann ich deiner Meinung nach in der Zwischenzeit noch tun?“


    Ich nahm noch ein paar Schlucke von meinem Saft in der Hoffnung, dass seine sonstige belebende Wirkung bald einsetzen möge.

  • Deandra schien von einem leichten Unwohlsein geplagt zu sein. Vielleicht hatte ich auch nur zu lange geschwafelt, so das sie Mühe hatte sich zu konzentrieren. Daher beschloß ich mich kürzer zu fassen und rasch zu den noch zu klärenden Fragen zu kommen..


    "Deandra, die Vexillatio der Cohortes Vigiles in Ostia würde also neben dem Schutz der Hafenanlagen und Getreidelager den allgemeinen Polizeidienst in Ostia sowie die Aufrechterhaltung der dortigen Ordnung und Sicherheit zur Aufgabe haben. Siehst du als Magistrat von Ostia noch weitere Erfordernisse des Einsatzes? Diese könnte ich dann in mein Konzept einarbeiten."


    Ich nippte von meinem Wein und stellte dann eine weitere Frage.


    "Zur personellen Besetzung des Vigiles-Kommandos in Ostia. Mehrere Mitglieder deiner Familie, der Aurelia, verrichten löblicherweise Dienst bei den Cohortes Vigiles, unter anderem Sarmaticus und Scipio. Du hast bei unserem Gespräch in der Provinzcurie angedeutet, das Scipio Interesse an einer Versetzung nach Ostia hätte, falls die Cohortes Vigiles dort aufgebaut werden. Was hältst du persönlich von Scipio?"

  • Ich sammelte meine Gedanken, denn hier hatte ich nun die Möglichkeit, meine Pläne für Ostia offen zu legen.


    „ Um ehrlich zu sein, schwebte mir neben der Einrichtung der Vigilesstation in Ostia, mit all ihren Pflichten und Befugnissen, zusätzlich die allseitige Betreuung der Hafenkommandantur vor. Dies müsste nach meiner Einschätzung durchaus mit zu bewältigen sein, denn Ostia ist noch im Wachstum begriffen und nicht mit Rom vergleichbar. Des Weiteren würde ich es sehr schätzen, wenn parallel zur Polizeiarbeit, eine Bürgerwehr in Ostia organisiert werden würde. Man kann die Einbindung aller männlichen Bürger Ostias für schwierige Zeiten nicht zu hoch einschätzen. Diese jedoch erst dann zu organisieren, wenn sie notwendig wird, halte ich für nachlässig. Auch diese Aufgabe würde ich in die Hände des zukünftigen Leiters der Polizeistation legen wollen.“


    Ein kleiner Hustenanfall unterbrach meine Rede. Meine Güte, was war bloß los mit mir? Erschöpft fasste ich mir an die Stirn und wieder fühlte sie sich leicht feucht an. Ich versuchte meine Sorge zu verbergen. Nichts sollte meine Verhandlungen mit Falco beeinträchtigen.


    Ich sammelte meine Kräfte erneut. Falco wollte noch meine Meinung über Scipio wissen.


    „Zu deiner Frage nach Scipio: Ich halte es für eine optimale Besetzung, wenn er die Leitung der Station übernehmen würde und das sage ich nicht, weil er mein Cousin ist.“
    Ernst nickte ich Falco zu. Wäre Scipio unfähig gewesen, hätte ich mich nicht gescheut, dies offen zu äußern. Selbst meinen Bruder Iustus nahm ich an anderer Stelle nicht in Schutz, weil ich von ihm enttäuscht war.


    „Scipio bringt alle erforderlichen Eigenschaften mit und hinzu kommt meine feste Überzeugung, dass er bei mehr Einbindung und Verantwortung, sogar noch über sich selbst hinauswachsen wird. Außerdem hat auch er ein persönliches Interesse an der Stadt. Ja, die Aurelier“, ich musste lachen, „sie breiten sich über ganz Italien aus und wollen sich allesamt für das Wohl des Reiches einsetzen.“

  • "Da ist ja fast so wie bei den Didiern, Deandra.“ antwortete ich lachend. "Das werden auch immer mehr und die meisten davon sind sehr engagiert. Solche Familien braucht unser Land aber. Früher waren es andere Gentes, aber beseelt von der gleichen Aufbruchstimmung wie heutzutage die Aurelier oder die Didier. Dieser Geist hat Rom stark und mächtig gemacht und der gleiche Geist ist jetzt notwendig um das Errungene zu erhalten. “


    Dann wurde ich wieder ernst.


    "Deine Begeisterung für Scipio in allen Ehren, aber Leiter der Vigiles-Station in Ostia – so schnell schießen die kretischen Bogenschützen denn doch nicht. Scipio ist Vigilus und hat die Grundausbildung gerademal hinter sich. Er bekommt seine Chance, aber als Leiter der Vexillatio in Ostia setze ich zunächst einen erfahrenen Centurio ein. Es dauert ohnehin etwas, bis die Änderung der Lex Vigilum durch den Senat ist. Wenn sich Scipio in den nächsten Wochen in seiner momentanen Einheit, der Cohors VI Palatinum, sehr anstrengt, kann er bis dahin Optio sein und dann bereits als stellvertretender Leiter mit nach Ostia gehen.“


    Anschließend ging ich auf Deandras weitere Vorschläge ein.


    "Die Betreuung der Hafenkommandantur ist sicherlich kein Problem, da die Vigiles ohnehin für die Sicherung der Hafenanlagen zuständig sein werden. Hinsichtlich der Bürgerwehr dagegen muß ich noch nachdenken, inwiefern das realisierbar ist.“


    Mit zunehmender Dauer unseres Gespräches ging es Aurelia Deandra sichtlich schlechter. Ihre Stirn glänzte schweißnaß und Hustenanfälle plagten sie.


    "Deandra, bist du erkältet? Möchtest du etwas anderes trinken? Wasser, Wein oder einen Becher heiße Milch mit Honig vielleicht?“ fragte ich sie besorgt.

  • "Ja, ich bin stolz auf meine Familie", stimmte ich Falco bei seinen einleitenden Worten zu. "Hoffentlich kehren alle unversehrt aus der Schlacht zurück! Mir kam zu Ohren, dass der Krieg zu Ende ist." Ein Lächeln legte sich bei diesen Worten auf mein Gesicht. :)


    Ich dachte noch kurz über sein Angebot für ein anderes Getränk nach, aber ich wollte nicht zimperlich sein. Eine Aurelia leistete sich keine krankheitsbedingten Schwächen.


    "Es ist alles bestens, Falco. Ich hatte mich wohl nur verschluckt. Zu deiner Ansicht über Scipio." Ich räusperte mich kurz. "Du hast Recht. Ich habe nicht bedacht, dass seine Ausbildung nicht ausreichend weit fortgeschritten ist. Sicherlich wäre die Verantwortung auch viel zu groß für ihn alleine, mal ganz abgesehen davon, dass es unverantwortlich wäre, ihn ohne die Unterstützung eines erfahrenen Vorgesetzten in das jungfräuliche Ostia zu entsenden."


    Ich musste selbst lachen bei dem Gedanken an Ostia und seine Jungfräulichkeit. Ein treffender Ausdruck wie ich fand. ;)


    "Gerade kommt mir ein Gedanke ... Ich sollte Ostias Entjungferung, wenn es einmal so weit ist, mit einem Stadtfest würdigen. Dürfte ich dich zu diesem Anlass dann auch zu meinen Gästen zählen?"

  • "Ja, die Usurpation wurde durch die treuen Truppen des Imperators niedergeschlagen. Wir sollten den Götter unseren Dank zollen und ihnen demnächst besonders reichliche Opfer darbringen." antwortete ich.


    "Ostias Entjungferung..." Ich grinste. Die Bezeichnung war durchaus witzig. ;)


    "Über eine Einladung zu diesem Stadtfest würde ich mich sehr freuen. Wenn ich rechtzeitig von dem Termin weiß, kann ich mein Erscheinen sicherlich ermöglichen. Nach dem Ende meines Volkstribunates darf ich Rom ja nun auch wieder verlassen."

  • „Also, ich finde den Vergleich mit einer Entjungferung durchaus passend“, bekräftigte ich noch einmal scherzhaft meine Eingabe von eben. „Ostia ist eine jungfräuliche Stadt. Schon ihr Name hat etwas Weibliches und welche Frau sehnt sich nicht nach männlichem Schutz.“
    Ich beugte mich vor. „Darin stimmst du mir doch zu, oder?“


    Vergnügt betrachtete ich Falco.


    „Dringen zu gegebenem Zeitpunkt die männlichen Vigiles nach Ostia vor – oder soll ich sagen ein? – dann wird Ostia nie mehr sein wie vorher.“


    Ich musste mich beherrschen, um nicht ungeniert loszulachen. Meine Augen glänzten, die Frage war nur wovon. Heute gingen wieder einmal die Pferde mit mir durch und ich vergaß über die Witzeleien sogar mein Unwohlsein.


    „Apropos Pferde.“ Ich griff meinen eigenen Gedanken auf und wurde wieder ernst. „Das Fest der Ceres steht vor der Tür, ein Wagenrennen wäre angebracht, um den Göttern und Kämpfern für das Imperium unseren Dank auszusprechen.“

  • Gern ließ ich mich von Deandras Fröhlichkeit anstecken, hatten wir doch dIe Grundrisse des Aufbaus der Vigiles in Ostia festgelegt.


    "Wenn Frauen sich männlichen Schutz ersehnen, welcher Mann könnte sich dann diesem Wunsche verwehren?" fragte ich grinsend zurück.


    "Also wollen wir dem Weibe - Ostia - das geben, wonach es ihm verlangt. Den Schutz der männlichen Vigiles. Ich hoffe nur, das es bei der Begrüßung meiner Männer durch die Holden der Stadt nicht zu allzu heftigen Begrüßungsszenen kommt. Sonst können wir in einer der nächsten Ausgaben der Acta Diurna wirklich die Schlagzeile "Vigiles entjungfern Ostia!" lesen."


    Ich mußte mich mächtig bremsen, um nicht lautloszuprusten. Aber schließlich saß im Vorzimmer mein Scriba und er sollte keinen falschen Eindruck von meinem Gespräch mit Deandra bekommen.


    Um mich vom in meiner Kehle kitzelnden Lachen abzulenken, ging ich daher sofort auf Deandras Vorschlag mit den Wagenrennen ein.


    "Eine gute Idee, Deandra. Das bald bevorstehende Fest der Ceres - die Cerealia - ist mir wohl bewußt. Arbeitet doch meine Frau Liliana, die Oberpriesterin des Ceres-Kults bereits hingebungsvoll an der Vorbereitung dieses Festes. Wir sollten die traditionellen Wagenrennen zu den Ludi Cereris in diesem Jahre besonders dem Dank an die Ceres und die anderen Götter für den Sieg über den Usurpator und die Rettung unseres Vaterlandes weihen."

  • Ich nickte zu Falcos Worten. „Ich werde mich nach unserem Gespräch sofort an die Vorbereitung der Ludi machen. Du hast vollkommen Recht, die diesjährigen Cerealia sollten etwas ganz Besonderes werden. Und Ostia? Ist auch ausreichend abgeklärt.“


    Nachdenklich sah ich Falco an. Mir war klar, wir saßen nicht in privater Umgebung, sondern in Falcos Dienstzimmer, aber eine Frage stellte sich mir soeben. Jegliche Fröhlichkeit schien verschwunden und hatte vollem Ernst Platz gemacht.


    „Wir beide scherzen, aber ist uns wirklich immer zum Lachen zumute? Ist es nicht oftmals nur Schau oder Fassade, um anderen keine Einblicke in unsere wahre Stimmungslage zu gewähren? Ich würde nie jemand auf dieses Thema ansprechen, hätte sich nicht schon längst herausgestellt, dass wir zwei mehr Parallelen aufweisen, als nur einen ähnlich gelagerten Humor und ein ähnliches Temperament. So wie anderen mein häufiges Alleinsein aufgefallen ist, blieb auch deine Einsamkeit trotz Ehefrau nicht verborgen.“


    Immer, wenn ich über dieses Thema nachdachte, fühlte ich mich sehr bedrückt. So auch jetzt.


    „Meinst du nicht, dass in besonders bedrückenden Stunden ein Gespräch mit einem Menschen helfen würde, der eine vergleichbare Situation durchlebt? Ich plane eine solche Anlaufstelle für Betroffene in Ostia, aber ausdrücken wollte ich soeben etwas ganz anderes.“


    Ich schwieg eine Weile und suchte nach Worten. Überlegte, ob ich sagen sollte, was mich bewegte oder doch lieber nicht. Alles wäre leichter, wäre Falco eine Frau. Ich wollte nicht missverstanden werden.


    „Ich wünschte manchmal“, begann ich, kam aber sofort ins Stocken. „Ich wünschte, es gäbe einen mir nahe stehenden Menschen, mit dem ich gemeinsam solche Tiefpunkte durchschreiten könnte. Jemand, der wie ich seinen Partner liebt, und daher aufrichtige Hilfe anbieten kann, so wie auch ich aufrichtige Hilfe anbieten könnte.“


    Gespannt wartete ich auf Falcos Reaktion.

  • Lange schwieg ich und dachte über Deandras Worte nach. Sie hatte die wunde Stelle in meiner Seele angetippt. Nach geraumer Zeit begann ich Deandra zu antworten.


    "Du bist eine gute Menschenkennerin, Deandra.“ sagte ich. "Es ist wahr, es gibt Dinge welche mich bedrücken.Ich lasse es nicht nach außen dringen, aber es bereitet mir Sorgen.“


    Ich suchte nach den richtigen Worten, um meine Gefühle auszudrücken, das was mich bewegte.


    "Ich bin mehr als glücklich darüber, meine geliebte Liliana als Ehefrau an meiner Seite zu haben. Sie ist die Frau meines Herzens, meines Lebens. Daran gibt es für mich keinen Zweifel. Dennoch gab es in letzter Zeit oft lange Stunden der Einsamkeit für mich. Stunden die ich allein verbringen mußte, in denen Liliana ihren Studien nachging. Meine zahlreichen Verpflichtungen sorgen für Ablenkung, so das ich es oft verdrängen kann. Jedoch spüre ich immer mehr, das es seit einiger Zeit zuwenige Momente des Glücks, des Sichfallenlassenkönnens für mich gab, in welchen ich Kraft für den Alltag, für die Bewältigung meiner vielfachen Aufgaben schöpfen könnte.“


    Genau das war es was mir fehlte. Mehr Stunden des gemeinsamen Glück mit Liliana. Erst jetzt im Gespräch mit Deandra wurde mir das vollständig bewußt


    "Die Götter gewähren uns das was wir Menschen brauchen wie die Luft zum Atmen – Stunden des Glücks und der Liebe - oft in zu kleinem Maße. Wie ich sehe geht es dir genauso, Deandra. Du verspürst ähnliche Empfindungen. Bei dir ist es Sophus, sein Dienst in der Legion, welcher ihn kaum bei dir verweilen läßt. Bei mir sind es Lilianas Studien, welche sie oft so in Anspruch nehmen, das ich nachschauen muß, ob sie überhaupt noch da ist. All das ist schon schwer genug. Und dann schaffen wir Menschen es oft, diese wenigen Möglichkeiten des gegenseitigen Glücks nicht so auszunutzen, so wie es möglich wäre.“


    Ich öffnete in unserem Gespräch die Tür zu meiner Seele, etwas was ich mir normalerweise nur gegenüber Liliana gestattete, vielleicht noch gegenüber meinen Schwestern. Doch weder mit Liliana noch mit meinen Schwestern konnte ich über dieses Problem so sprechen wie mit Deandra, welche sich in der gleichen Situation befand.


    "Es tut gut darüber zu sprechen, Deandra, mit jemandem der ähnlich empfindet wie man selbst. Du siehst, das auch ich dir vertraue, genauso wie du mir vertraust. Denn sonst hättest du dieses Thema nicht angesprochen und auch ich hätte nicht über das reden können, was mich tief in meinem Inneren bewegt.“


    Nachdenklich schaute ich Deandra an.


    "Gerade wenn einen der Kummer besonders fest im Griff hat, ist das darüber reden sehr wohltuend. Jedoch, was kann man noch tun außer reden? Wie kann man sich gegenseitig helfen um solche Tiefpunkte zu durchschreiten, Deandra?“

  • Gerade war ich noch so stark und glaubte, nichts könne mich erschüttern ... Weit gefehlt! Gekonnt schlängelten sich Falcos Worte durch die Ritzen meines Schutzwalls und brachten ihn zum Einsturz. Ich kämpfte mit aller Macht gegen die aufsteigenden Tränen an und verlor doch diesen Kampf. Noch bevor Falco geendet hatte, rollten erste Tränen.


    „Entschuldige!“, sagte ich peinlich berührt, stand auf und ging zum Fenster. Er schilderte haargenau das, was ich empfand. Es spielte gar keine Rolle, dass er von sich und seiner Frau und kaum über meine Situation gesprochen hatte.


    Es dauerte eine Weile bis ich mich fing. Ich holte mehrmals tief Luft, wischte mir die Tränenspuren fort und hoffte, dass keine mehr nachkommen würden. Dann drehte ich mich wieder um.


    „Entschuldige bitte! Das war keineswegs so geplant“, wiederholte ich mich. „Ich wollte vor allem Hilfe anbieten, stattdessen …“

    Ich kam ins Stocken und mir wurde etwas klar.


    „Bis zu einem gewissen Grad des Kummers ist das Zuhören eines verständnisvollen Menschen ganz sicher eine gute Lösung. Auch das ‚sich selbst Ablenken’, das Überhäufen mit Arbeit und das ‚sich selbst Schönreden’ helfen über die Zeit. Nur irgendwann reicht auch das nicht mehr. Ich fürchte fast, bei mir ist das der Fall.“


    Ich ging zu meinem Stuhl, aber ich setzte mich nicht. Ich hielt die Lehne fest oder sie mich und blickte nachdenklich Falco an.


    „Ich sollte mit Sophus sprechen und du mit deiner Frau. Mir scheint, alleine – selbst wenn wir uns unterstützen – finden wir doch keine befriedigende Lösung. Ist es überhaupt klug, Sorgen dieser Art vor dem Partner verborgen zu halten?“ Ich zweifelte inzwischen daran. „Wenn überhaupt, dann können wir wohl nur im Gespräch mit unseren Liebsten diese belastende Situation auflösen.


    Sophus weiß um mein Problem, aber über das Ausmaß ließ ich ihn im Unklaren. Und du? Hast du denn schon mit deiner Frau gesprochen?“

  • Noch während ich sprach, flossen bei Deandra erste Tränen. Daran erkannte ich, das sie genau die gleichen Gefühle und Empfindungen hinsichtlich ihrer Liebe zu Sophus bewegten, wie mich bezüglich meiner Ehe mit Liliana.


    "Du brauchst dich nicht für deine Tränen entschuldigen, Deandra. Wir beide durchleben gerade mehr oder weniger dieselbe Situation mit den Menschen, welche wir lieben. Es ist wunderbar, das wir miteinander darüber reden können und für unsere Gefühle brauchen wir uns als Freunde voreinander nicht zu schämen.“


    Mir war bei Deandras Worten einiges klar geworden. Auch für mich reichte die Ablenkung durch Arbeit und das Ignorieren der Situation nicht mehr aus, um damit fertig zu werden.


    "Du hast völlig recht, Deandra. Eine mögliche Änderung können wir nur dadurch erreichen, indem wir mit unseren Liebsten darüber reden. Ich selbst habe mit Liliana noch nicht darüber gesprochen. Das liegt zum einen daran, das ich das Problem bis zum heutigen Tage verdrängt habe, bzw. mir manches bis zu unserem Gespräch noch gar nicht so klar war. Zudem bedarf es um darüber zu reden, auch einer entsprechenden ungestörten Situation, in der beide Zeit haben. Wir verbrachten durch Lilianas Studien für den CD, welche sie trotz ihrer Schwangerschaft äußerst intensiv weiterbetrieb, zuletzt sehr wenig Zeit miteinander.“


    Plötzlich mußte ich lächeln.


    "Da stehen uns beiden wohl demnächst interessante Gespräche bevor...“

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