Altes Officium

  • Der Rex Sacrorum wollte sich gerade seinem Besucher zuwenden, als ein Skalve ihm eine Notiz reichte. Mit zusammengekniffenen Augen überflog er sie und runzelte die Stirn. Das sah nach Unstimmigkeiten aus.


    Dann hob er wieder den Kopf, stand auf und ging dem soeben eingetretenen Mann entgegen. "Willkommen, wer bist Du und was kann ich für dich tun?"

  • Ich mußte mich wohl verlaufen haben. Der Rex persönlich!
    Augenblicklich sank ich auf die Knie, denn er war die höchste Persönlichkeit im Staat, und blickte während des Sprechens zu Boden, als ich antwortete:


    Ich Publius Aelius Hadrianus. Sohn des Publius Aelius Hadrianus Afer- Sohn des Senators Aelius und der Ulpia, welche eine Schwester des vergöttlichten Kaisers Trajans Vater Marcus Ulpius Trajanus war, weihte mein Leben dem Apollo und möchte in die Dienste desselben treten.

  • Die Götter müssen einen Tag der seltsamen Zusammentreffen beschllossen haben, wenn dieser Mann hier eintritt, dachte sich der Rex und nahm die Ehrenbekundungen seines Besuchers entgegen.


    "Nun, Publius Aelius Hadrianus, Sohn des Publius Aelius Hadrianus Afer und Geweihter des Apollon, erhebe dich. Ich heiße dich willkommen und freue mich, dass Du deinen Dienst an Apollon antreten möchtest.


    Über das Wohlwollen des Pontifex Maximus zu deiner Person wurde mir bereits berichtet." Er holte kurz Luft. "Gleichwohl ist mir aber auch zugetragen worden, dass es zwischen Dir und dem Scriba des Pontifex Maximus er kürzlich zu Unstimmigkeiten gekommen ist. Ich kann Streitereien zwischen Priestern nicht dulden und erst Recht kann ich es nicht dulden, wenn sich ein angehender Priester des Apollon mit dem persönlichen Sekretär des Pontifex Maximus streitet. So sprich, was führte zu eurer Meinungsverschiedenheit?"


    Streng blickte er ihn an. Schon manches Mal hatte der Rex Sacrorum durch hartes und direktes Auftreten für Verwirrung gesorgt und wenngleich es diesmal nur um eine interne Angelegenheit der Priesterschaft ging, so hatte er doch nicht vor, irgendeinen Zweifel an seiner Macht aufkommen zu lassen.

  • Ich stand auf und achtete darauf, den Blick gesenkt zu halten, um dem Rex nicht in das Angesicht zu sehen.


    Der Scriba des Pontifex maximus, sofern er es denn wahr, mit dem ich einen kleinen Disput pflegte, maßte sich an der Flamen dialis zu sein und über dem ehrenwertem collegium pontificium zu stehen. Ich hielt dies für einen Scherz und ging davon aus, in ein falsches Gebäude eingedrungen zu sein o Hüter des Ianus.

  • "Sofern er es war? Und Du glaubtest, ins falsche Gebäude eingedrungen zu sein?" Der Rex Sacrorum zog die Augenbrauen hoch.
    "Ich darf doch annehmen, dass Du lesen kannst. Und noch dazu in der Lage bist, bei Zweifeln zu fragen. Oder etwa nicht?"


    Er gab einen Wink und aus dem Nebenraum eilte ein Scriba herbei. "Bitte den Scriba des Pontifex Maximus in mein Büro." Der Scriba nickte und verschwand.

  • Ein Scriba, der sich über das Collegium pontificium stellt und sich zum Priester des Iupiter und damit zum Mittler zwischen Göttern und Menschen ernennt, frevelt. Wie soll ich da annehmen, daß er ein zutiefst gläubiger Mensch ist? Ein Komödie liegt hier näher. Oder soll ich sagen eine Tragödie Herr allen Anfangs?


    Mein Blick war immer noch gesenkt.

  • "Ein Priester des Iupiter, der demütig seinen Dienst als Scriba des Pontifex Maximus und damit als unverzichtbarer Helfer des Collegium Pontificium verrichtet, ist kein Frevler!
    Du darfst beruhigt annehmen, dass Du hier nur zutiefst gläubige Menschen antriffst, die ihren Dienst ohne jede Überheblichkeit verrichten. Ich hoffe, eben dies wird für die Zukunft auch auf dich zutreffen."

  • Verzeiht meine Unkenntnis, aber man lehrte mich von Kindheit an, daß es nur einen gibt, der zwischen den Menschen und den Göttern steht: und das ist der Flamen dialis höchstpersönlich. Oder wolltet ihr damit sagen, daß der Flamen als Zweiter im Range der Priester jetzt auch die Tätigkeit eines Schreibers verrichtet? Verzeiht Herr, aber da IHR das Höchste Amt innehabt, hieße daß dann, daß auch IHR auf der Stufe eines Schreibers steht... ?


    Irritiert hielt ich inne. Alles was man mich über die Religion meiner Väter lehrte schien mit einem Schlag falsch zu sein. Mit Mühe nur konnte ich meinen Blick gesenkt halten. Gar zu gern hätte ich ihm die Augen geschaut, aber der Anstand und die Ehrfurcht verbot es mir.

  • Der Rex Sacrorum bemerkte das aufrührerische Zittern in den Nackenmuskeln seines Gegenübers, ignorierte es aber routiniert. Dies war nicht der erste junge Mann, den er zurechtweisen musste. Schon häufiger hatten die Söhne einflussreicher Familien um den Dienst an den Göttern angesucht und mit ihrem unpassenden Gehabe für Ärger gesorgt.


    "Du hast offensichtlich eine sehr strenge religiöse Erziehung erhalten. Das ehrt dich und deine Familie und es gefällt den Göttern. Aber eine strenge Erziehung sorgt noch nicht von selbst für die nötige Weisheit! Du selbst bezeichnest dich als Geweihter des Apollon und möchtest in seinen Dienst treten und bist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal Priester. Und da gehst Du davon aus, dass es sich bei einem Mann, der sich als Priester des Iupiter vorstellt, entweder um den Flamen Dialis persönlich oder um einen Frevler handeln müsse?


    Man wird Dir die Ränge und Ämter des Cultus Deorum in Rom wohl noch einmal genauer bekannt machen, doch für den Augenblick sollte es reichen, wenn Du weisst, dass Gaius Plinius Secundus Sacrificulus ist, dem Iupiter geweiht und seinen treuen Dienst nicht in einem der Tempel des höchsten Gottes, sondern als Scriba des Pontifex Maximus versieht. Und im übrigen seiner Aufnahme in den Kreis der Septemviri entgegen sieht.


    Ich erwarte von Dir ihm gegenüber ein ebenso respektvolles Verhalten wie jedem anderen Priester gegenüber und im Besonderen eine Entschuldigung. Er wird gleich hier sein.


    Im übrigen steht es einem angehenden Camillus wie Dir nicht gut zu Gesicht, die Dienste eines Scriba gering zu schätzen, wo Du nicht einmal in der Lage zu sein scheinst, fehlerfrei Türschilder zu lesen."


    Der Rex Sacrorum schnaubte erregt und wartete auf eine Antwort.

  • In Rom gibt es nur den Einen, der sich dem Iupiter weihte. Des Iupiters Priester aus der Provinz, sind nicht in Rom. Wie sollte ich da erkennen, daß ein Provinzialer am Tische sitzt. Noch dazu, wenn er die Tätigkeit eines Schreibers ausübt, die gewöhnlich griechischen Sklaven und Fremden vorbehalten ist ?

  • *ich trat ins officium ein*


    "Ehrenwerter rex sacrorum, ihr habt mich rufen lassen..."


    *dann fiel mein Blick auf diesen Tölpel*


    "Ich nehme an, ihr wollt mich zum Sachverhalt befragen und diesen Frevler seine gerechte Strafe zukommen lassen? Er hat das Cultus Deorum, die Götter und mich verspottet!"


    *mein Blick verfinsterte sich*


    "Ohne Zweifel werdet ihr mir wohl zustimmen, das für solche Menschen kein Platz im Dienste der Götter ist!"

  • Noch immer zu Hadrianus gewandt:


    "Genug jetzt! Der einzige Frevler in dieser Geschichte bist du, du versagst dem Rex Sacrorum den ihm zustehenden Respekt. Wage es nicht noch einmal den Rex zu belehren, das steht dir nicht zu."


    Die plötzlich aufgestiegene Wut entwich dem Rex Sacrorum allmählich wieder...


    "Keinen Respekt, keine Ehrfurcht vor der Obrigkeit. Warum spreche ich noch mit dir?
    Es ist wohl dein Wissen, das erkenne ich an. Ich würde zudem lügen wenn ich behaupten würde, ein Priester des Apollo käme mir nicht gelegen.


    So also hast du unermessliches Glück. In meiner Güte biete ich dir 2 Optionen um diese Geschichte zu beenden.


    Die erste lautet: Du zeigst hier auf der Stelle Reue und entschuldigst dich für dein Benehmen, sobald Plinius dazukommt, entschuldigst du dich ebenfalls bei ihm. Er ist ein ehrenvoller Mann, er hat deinen Respekt verdient. Dann sehe ich mich bereit dich in die Reihen unserer Camilli aufzunehmen, als Diener des Apoll und werde dich mit ehrenvollen Aufgaben in die Provinzen entsenden.


    Die zweite lautet: Hinter dir ist die Tür.


    Entscheide nun, und entscheide weise."


    Als Plinius eintrat, gemahnte ich ihn mit einer Handbewegung zu schweigen.



    Sim-Off:

    Pai Mei hat gesprochen.

  • *ich blieb stehen und wartete. Der rex hatte recht. Wir brauchen Priester, aber das heißt nicht, dass wir jeden nehmen können und müssen. Es freute mich, dass dieser Tölpel zur Rechenschaft gezogen wurde. Ich war gespannt auf seine Reaktion. Würde er es weiterhin wagen, zu wiedersprechen. Wenn ihm so viel am Dienst im Cultus Deorum lag, würde er klein bei geben.*

  • Oh Ehrfürchtiger, laßt mich Euch gegenüber meine Demut mit einer Fabel des Aesop zeigen.
    Über Stärke, Festigkeit und Ruhe stritten sich ein Schilfrohr und ein Ölbaum. Das Rohr, welches von dem Ölbaum darob getadelt ward, daß es aller Stärke entbehre und leicht von allen Winden hin und her bewegt werde, schwieg und sagte kein Wort.
    Nach einer kleinen Weile erhob sich ein heftiger Sturm; das hin und her geschüttelte Rohr hatte den Windstößen nachgegeben und blieb unbeschädigt, der Ölbaum dagegen, welcher sich den Winden entgegengestemmt hatte, wurde durch deren Gewalt gebrochen.
    Nehmt meine Entschuldigung zur Kenntnis und die Worte als Zeichen der Aufrichtigkeit.

  • "Gut, dann soll es so sein. Deine Aufnahme in den Cultus Deorum werde ich umgehend veranlassen."


    Dann wandte sich der Rex Sacrorum an den Plinier..


    "Auch du, Plinius! Ich vermisse den Respekt vor meiner Person.."


    Missmutig warf er die Notiz auf den Tisch, so daß Plinius seinen eigenen Text sehen konnte.


    "Seht zu, daß ihr zum wohle Roms zusammenarbeitet. Ich bin heute äußerst nachsichtig, das wird nicht immer so sein. Und jetzt verschwindet. ....


    Hadrianus! Einen Moment noch!"

  • Leider war mir sehr viel Zeit verloren gegangen, als ich in dem Officium des Magister septemvires mich für die Interessen meiner Stadt einsetze. Nun kamen fast die Interessen der eigenen Familie und die um Antoninus’ Bestattung zu kurz.


    Ich begab mich also ohne Umschweife von dem Officium des Magisters vor das des Rex Sacrorum. Hoffentlich würde ich nicht ebenso lange warten müssen…

  • Quarto kam vor das Officium des Königs der Rieten. Wieder war er nicht allein, denn erneut wartete eine Dame bereits vor ihm. Er grüßte sie freundlich und setzte sich dann einmal mehr auf eine bereitgestellte Bank.

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