Gaius pausierte kurz und nahm einen Schluck Wasser aus einem Bottich. Die lange Aufzählung hatte seine Kehle ausgetrocknet. Dann fuhr er fort:
Kommen wir zu den rheinwesergermanischen Stämmen. Zu Ihnen zählen wir die Stämme der Cherusker, Bataver, Brukterer, Chatten, Ubier, Usipeter, Angrivarier, Tenkterer, Sugambrer und andere mehr.
Konzentrieren wir uns auf die wichtigsten Stämme:
Cherusker
Das Stammesgebiet der Cherusker befand sich im heutigen Niedersachsen zwischen Weser und Elbe. Immer mehr Experten vermuten, dass die Cherusker wohl eher keltischen als germanischen Ursprunges waren. Ob sie wie viele andere Stämme im 1.Jrh.v.Chr. germanisiert wurden ist fraglich. Während der Feldzüge 12 v.Chr. schlossen die Römer ihre ersten Verträge mit den Friesen, Chauken und Cheruskern.
Der wohl bekannteste Cherusker war Arminius. Er kam 8 v.Chr. bedingt durch den Vertrag von 12 v.Chr. wahrscheinlich als Bürge oder Geisel nach Rom. Von 6 bis 4 n.Chr. begleitete Arminius als Stabsoffizier das Heer des Tiberius bei Feldzügen durch Germanien. Für seine Verdienste erhielt er die römische Staatsbürgerschaft im Range eines Ritters. Ab 7 n.Chr. kehrte er in seine Heimat Germanien zurück und organisierte gegen die Germanienpolitik des neuen Statthalters Varus den germanischen Widerstand, während sein Bruder Flavus weiterhin dem römischen Heer diente. Im Jahre 9 n.Chr. lockte er Varus und dessen Armee im "saltus Teutoburgiensis" in einen Hinterhalt. Das römische Heer wurde in einer mehrtägigen Schlacht vernichtend geschlagen und Varus stürzte sich in sein Schwert. Auch gegen Tiberius und Germanicus setzte Arminius den Kampf recht erfolgreich fort. Er wurde im Jahre 21 durch seine eigenen Verwandten ermordet.
Alamannen
Die Alamannen sind ein Volksstamm im Südwesten Germaniens an der Grenze zum Limes. Sie sind bekannt für ihre Überfälle am Limes. Die Alamannen werden wohl auch zukünftig noch eine große Gefahr darstellen.
Chatten
Dieser Stamm war im Bereich der Oberläufe der Flüsse Weser, Eder, Fulda und Werra ansässig (große Teile des heutigen Nord -und Mittelhessen). Ausläufer des Siedlungsgebietes reichten bis zum Rhein, wo die Chatten im 1.Jrh. mehrfach Konflikte mit den Römern austrugen.
Bataver
Aufgrund einer stammesinternen Fehde trennten sie sich von den Chatten und siedelten sich, um etwa 50 v. Chr. an der Rheinmündung in der späteren römischen Provinz Belgica an. Im Jahre 12 v. Chr. wurden sie von den Römern unter Drusus unterworfen und galten von da an als treue Bundesgenossen, mit Ausnahme des Bataveraufstand im Jahre 69 n. Chr. In dieser Auseinandersetzung gelang ihnen erstmals die Eroberung eines römischen Legionslagers, des Lagers Castra Vetera (Xanten). Die Bataver waren als gute Reiter und Schwimmer bekannt. Sie stellten daher einen Teil der kaiserlichen Leibwache in Rom.
Brukterer
Dieser einst bedeutende germanische Stamm siedelte anfangs zwischen mittlerer Ems und oberer Lippe. Sie nahmen 9 n.Chr. an der Varusschlacht teil. Daher fiel der römische Offizier L.Stertinius 15 im Auftrag des Germanicus in das Land der Brukterer ein. Hier fand Stertinius das Feldzeichen der 19. Legion, welches in der Varusschlacht erbeutet worden war. Der Heereszug wurde weiter in die abgelegensten Gebiete der Brukterer geführt und alles Land zwischen Ems und Lippe verwüstet. In den Jahren 69/70 treten die Brukterer dann noch einmal in Erscheinung als Beteiligte am Bataveraufstand.
Ubier
Die Ubier siedelten ursprünglich rechten Rheinufer. Sie waren einer der ersten germanischen Stämme, die sich auf regen Handel mit den Römern einließen und ihnen schließlich auch Tribute zahlten. Außerdem stellten sie den Römern Hilfstruppen (bevorzugt Reiterei) zur Verfügung, welche diese dazu benutzten, andere Germanenstämme zu unterwerfen. Das brachte den Ubier schließlich den Hass der anderen benachbarten germanischen Stämme ein. Daher kam es in der Folge zu zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Ubiern und ihren germanischen Nachbarn. Als die Angriffe immer zahlreicher wurden, wurden sie von Kaiser Augustus aus Sicherheitsgründen am linken Rheinufer in der römischen Provinz Germania Inferior angesiedelt.
Usipeter
Dieser Stamm siedelte am rechten Rhein dem Niederrhein gegenüber. Im Jahre 16 v. Chr. fielen sie zusammen mit den Sugambrern und Tenkterern mordend in das rechtsrheinische Germanien ein und führten anschließend einen Plünderungszug nach Gallien, besiegten dabei die sie verfolgende römische Reiterei und schließlich sogar die 5.Legion. Nachdem sie im Jahre 12 v.Chr. erneut zusammen mit den Sugambrern in Gallien einfielen, wurden sie durch Drusus hinter den Rhein zurückgedrängt und in der Folge das Opfer einer Strafexpedition unter Drusus.
Tenkterer
Sie siedelten östlich des Rheins und gehörten zu den Verbündeten der Usipeter und Sugambrer. Sie wurden wie die Usipeter in der Gegenoffensive durch Drusus 12 v.Chr. geschlagen.
Sugambrer
Dieses westgermanische Volk ebte während der Römerzeit rechtsrheinisch zwischen Ruhr und Sieg. Vermutlich bildete sich dieser Stamm zwischen 800 v. Chr. und 500 v. Chr. Um 55 v. Chr. werden sie das erstemal bei den Römern erwähnt, weil sie den den Römern unterlegenen Usipetern und Tenkterern Aufnahme gewähren und den Römern unter Berufung auf die Rheingrenze deren Auslieferung verwehren. Im Jahre 16 v. Chr. fielen Sugambrer, Usipeter und Tenkterer in das rechtsrheinischen Germanien ein, führten anschließend einen Plünderungszug nach Gallien, besiegten die sie verfolgende römische Reiterei und besiegten schließlich sogar die 5.Legion. Diese Niederlage war unzweifelhaft ein schwerer und unerwarteter Schlag für Kaiser Augustus. Zur Kontrolle dieser Stämme, auf deren Konto immer wieder Überfälle in römisches Gebiet gingen, wurde das Legionslager Castra Vetera (Xanten) genau gegenüber der Lippemündung und damit gegenüber den Siedlungsgebieten der rechtsrheinischen Stämme der Sugambrer, Brukterer, Tenkterer und Usipeter errichtet. Sugambrer und andere mit ihnen verbündeten Stämme brachen im Jahre 12 v. Chr. erneut in Gallien ein. Drusus drängte die Eindringlinge hinter den Rhein zurück und führte auf der anderen Rheinseite unmittelbar nach dem 1. August 12 v. Chr. eine Strafexpedition.