Soldaten auf dem Weg nach Mantua...

  • Am Abend erreichten die Schiffe wie vorgesehen den Hafen von Genua. Sie hatten eine schnelle Fahrt gemacht, so dass sie noch im letzten Licht der Sonne die Hafeneinfahrt passieren konnten und nicht völlig auf die Leuchttürme angewiesen waren.
    Rasch machten die Nautae die Schiffe an der Kaimauer fest und begannen mit den Vorbereitungen für die Nacht. Neugierig kamen die Legionäre an Deck, um einen Blick auf die Hafenstadt zu werfen. Einige stammten aus dieser Gegend und kamen sich gleich heimisch vor, andere sahen zum ersten mal eine norditalienische Stadt.


    Die Centurionen liessen ihre Einheiten kurz antreten und teilten ihnen mit, dass sie die Nacht auf den Schiffen verbringen würden, um sich den Aufbau eines Lagers zu sparen. Inzwischen war es fast völlig dunkel und an einen Marsch quer durch die Stadt, um einen geeigneten Lagerplatz vor den Toren zu finden war ohnehin nicht zu denken. Nicht jedem Soldaten behagte die Aussicht, noch einen Nacht auf den schwankenden Planken zu verbringen - Legionäre sind halt keine Wassertiere.
    Die Offiziere teilten die Nachtwachen ein und schickten die Soldaten dann zum Schlafen. In den nächsten Tagen stand der Marsch über die nördlichen Ausläufer des Appennin an und im übrigen hatten die Soldaten schon die letzte nacht in Ostia ausgiebig in den Tavernen genossen, dass musste ja nun nicht jeden Abend sein.

  • Ich ließ die Besatzung der Tempestas an Deck antreten und stellte mich aufs Achterdeck.


    "Nautae! Bevor hier irgendwelche Missverständnisse auftreten: Auch wenn die Legionäre freundlicherweise die Wache übernehmen, so habt ihr trotzdem keinen Landgang! Ich will morgen nach dem Entladen sofort lossegeln! Und da kann ich es mir nicht leisten, wenn ihr nach einer durchzechten Nacht unausgeruht seid. Also: Kein Landgang! Gute Nacht, Nautae!"


    "Gute Nacht, Herr Kapitän!"

    OPTIMIST - A PESSIMIST WHO LACKS EXPERIENCE

  • Sprachlos betrachtete Sophus die Skizze des Nauticus.


    "Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll. Die Baupläne werden so bald als möglich nach Sizilien gesendet."



    Nach der Ankunft in Genua machte sich Sophus, der einer der ersten Wacheinheiten zugeteilt war, ein kleines Nachtlager zurecht.
    Die Waffen stets griffbereit, umschlang ihn eine bequeme Winterdecke. Hin und wieder stand er auf, um ganz sicher zu gehen, dass keine dubiosen Gestalten in Sicht waren.
    Das plätschern des Hafenwassers machte schläfrig, doch die Kälte jener norditalischen Stadt hinderte den Wachposten am Einnicken.
    Stunde um Stunde verging in jener sternenklaren Nacht ohne besondere Vorkommnisse.

  • ...bis einige gedämpfte Stimmen zu hören waren.


    Sophus wurde blitzschnell wach und lauschte einen Moment in die Nacht hinein. Für einige Herzschläge war nichts als der Zug eines scharfen Seewindes und das leise Schnarchen der Legionäre unter Deck zu hören. Doch dann! Es bestand kein Zweifel: Jemand musste unmittelbar in der Nähe des Schiffes angeregt flüstern.
    Sophus überlegte, ob der den Optio wecken sollte, verwarf den Gedanken allerdings schnell wieder und pirschte langsam und vorsichtig in Richtung Bug.


    Die Stimmen wurden lauter. Der Legionär schielte über die Reling und erkannte einige Gestalten, welche in der Finsternis kaum näher auszumachen waren.


    Sophus legte eine Hand an den Griff des Schwertes, nahm mit der anderen eine Fackel aus ihrer Halterung und leuchtete einen Wimpernschlag später den Gestalten ins Gesicht...


    ...es war eine Horde Jugendlicher, die sich vermutlich an den Tauen zu schaffen gemacht hatten.
    Jene erschreckten sich fast zu Tode, als sie den Legionär in voller Bewaffnung wenige Schritte vor sich sahen uns stoben wild auseinander.


    "Verschwindet, ihr Bengel! Lasst euch hier nie wieder blicken!", zischte Sophus ihnen hinterher, um seine Kameraden nicht zu wecken.


    Als er Begriffe wie "elendes Saupack" murmelnd zum Schlafplatz zurückkehrte, weckte er einen Kameraden, der die nächste Schicht übernehmen sollte.


    "Einige Bengel haben an den Tauen rumgespielt. Sie sind zwar in Ordnung und ich habe jenen Strolchen einen gehörigen Schrecken eingejagt, doch es wäre ratsam, wenn du ein Auge auf die Hafenstraße hättest...man kann ja nie wissen..."


    Gähnend trottete der Legionär unter Deck und fiel wenige Augenblicke später in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

  • Der Centurio nahm am nächsten Morgen die Meldungen der Wache entgegen und quittierte die Schilderung des kleinen Zwischenfalls mit einem zufriedenen Nicken. "Gut gemacht, genau richtig reagiert. Mit neugierigen Jungs muss man immer rechnen, die mögen das Militär."


    Anschließend schulterten die Soldaten ihr Marschgepäck und die Trossknechte überredten die Maultiere, trotz des leichten Morgennebels loszulaufen. Die Hufe der Tiere und die Nägel der Caligae klackten im Takt über die Pflastersteine und die Bronzetöpfe und sonstigen Metallgefäße in den Gepäckbündeln klimperten, als sich die Kolonne auf der Via Postumia nach Norden aus der Stadt heraus bewegte - Richtung Manuta.


    Die Offiziere hatten kein allzu hartes Marschtempo angeschlagen. Angesicht der besonders schweren Beladung von Soldaten und Tross war im leicht ansteigenden Gelände an eine normale Tagesleistung nicht zu denken.
    Erste größeres Etappenziel war Dertona am Fuß der nördlichen Ausläufer des Appennin, welches die Truppe nach drei Tagesmärschen erreichte. Von hier knickte die Straße nach Osten ab und würde fast genau gerade auf Mantua zu führen.


    Auf einer großen freien Wiese vor der Stadt schlug die Einheit ihr Lager auf. Auf eine Verschanzung mit Wall und Graben wurde verzichtet, die Schanzpfähle reichten als Zaun gegen die neugierige Zivilbevölkerung völlig aus. Der Aufbau der Zelte ging schnell von der Hand und schon bald sah man in der hereinbrechenden Dunkelheit vor jedem Zelt ein kleines Lagerfeuer, auf dem sich die Soldaten ihr Essen zubereiteten.

  • Als das kleine Zeltlager aufgebaut und "befestigt" war, legten die Soldaten das ungewöhnlich schwere Marschgepäck beiseite und versammelten sich eifrig um die aufgestellten Kochtöpfe.


    http://www.hallstattzeit.de/Zelte.jpg


    Aufgrund des schweren Marsches wurde den Legionären die doppelte Portion Eintopf zugestanden, welche von allen gierig verschlungen wurde.


    Lange hielt sich niemand mehr außerhalb der Zelte auf.
    Lediglich einige Wachposten trotzten Wind und Nachtkälte - die restlichen Legionäre waren längst in den provisorischen Behausungen verschwunden, um für den neuen Tag Kraft zu tanken.

  • Waren an Bord der Tempestas die Gedanken an Rom nicht so präsent gewesen, so kehrten sie in jener Nacht umso stärker zurück.
    Sophus durchschritt in seinen Träumen das Forum, hörte den Reden der Politiker zu, nahm ein Bad in den Thermen und besoff sich in der Taverne...


    ...bis plötzlich ohrenbetäubender Lärm den unruhigen Schlaf des Legionärs jäh beendete.


    "Morgenappell! Aufstehen, ihr Faulpelze! Bei den Göttern: Was ist denn das? He! He! Steh auf!"


    Untermalt vom scheppernden Gedröhne der Fanfaren stürmten einige Optiones in die Zelte und scheuchten die Soldaten aus ihren Ruhestätten.


    "Los, los! Bewegt euch gefälligst! Das ist ein Appell, kein Jagdausflug. ANGETRETEN! AAAANGETRETEN!"


    Hundemüde legten die Legionäre die Uniformen an und machten ihr Gepäck bereit. Viele stöhnten über Muskelkater. Auch Sophus wusste kein Körperteil, das nicht geschmerzt hätte.


    Nichtsdestotrotz nickten die Offiziere zufrieden, als die Legionäre in drei sauberen Reihen verhältnismäßig rasch angetreten waren, um neuen Befehle zu empfangen.

  • Die Soldaten schienen sich langsam an das Leben im Feldlager zu gewöhnen. Nach dem Wecken vergingen nur wenige Minuten, bis sie antraten und den Befehl zum Abbau des Lagers entgegen nahmen.


    Während die Gepäckbündel gepackt und die Zelte zusammengelegt wurden, machte der Capsarius (=Sanitäter) der Truppe noch schnell eine Runde und prüfte, ob irgendjemand aufgrund von großflächigen Blutblasen oder ähnlichen Unannehmlichkeiten Marscherleichterung erhalten solle. "Sophus, bei Dir alles fit? Muskelkater von gestern abend wieder weg? Heute soll's etwas wärmer werden, da sollte es besser gehen."
    Schnell kratzten die Soldaten noch die letzten Rest Getreidebrei von gestern aus den Töpfen oder holten einige Nüsse oder getrocknete Früchte aus ihrem Gepäck. Einige hatten während der Nacht mit der Restwärme der Asche kleine Portionen Getreidebrei zu trockenen Brotbrocken verbacken, die sie nun als Proviant für unterwegs in ihre Beutel packten.


    Wenig später setzte sich die Kolonne wieder in Bewegung, diesmal in östliche Richtung, der Morgensonne entgegen. Die nächste größere Stadt Placentia würde sie bei gutem Vorwärtskommen in drei Tagen erreichen.

  • "Danke, Capsarius, aber man sagt über die Wegstrecke nach Placentia, dass sie weitaus besser ausgebaut ist, als jene über die Ausläufer des Appenin."


    In der Tat kamen die beiden Kohorten rasch voran. Einerseits lag dies am idealen Marschwetter, andererseits an den für diese eher landwirtschaftlich geprägte Region gut ausgebauten Straßen.


    Nur selten liefen die Wagen Gefahr, einen Achsenbruch zu erleiden, auch die Soldaten hatten trotz des schweren Gepäcks gute Laune.
    Gegen Mittag rastete der Tross unweit eines kleinen Wiesenbaches.
    Das Wasser war rein; so beschloss man, die Trinkvorräte der Legionäre etwas aufzustocken.
    Auch die Maulesel, welche den Großteil der Gegenstände trugen, wurden eines Teiles ihrer Lasten entbunden und am Bach getränkt.


    Einige Legionäre, die ganz im Süden Italias geboren worden waren, fanden sich tatsächlich ob des Waldes überrascht. Nie zuvor hatte einer von ihnen jene dunklen Nadelwälder gesehen, wie es sie auch nördlich der Alpen gab.
    Sophus lehnte dabei nur amüsiert an einem der Karren.
    Was er jedoch erkannte, war die gute Qualität des Holzes in jener Gegend...schöne Möbel würde man daraus machen können...


    Vorbei an großen Feldern reicher Grundbesitzer führte der Weg - lange, ohne einen Einheimischen zu Gesicht zu bekommen. Nur dann und wann konnte ein weit entfernter Gutshof und einige arbeitende Sklaven erkannt werden.
    Die Offiziere schienen es wissen zu wollen.
    Gegen Nachmittag zogen sie das Tempo für den Trupp nochmals an, welches anfangs ohne Probleme eingehalten werden konnte, was dazu führte, dass die beiden Kohorten hervorragend im Zeitplan lagen, als die Dämmerung hereinbrach.

  • Erneut bauten die Soldaten ein Nachtlager auf, welches ebenso auf größere Befestigungen verzichtete.


    Alles ging reibungslos voran - unter den Legionären hatte sich merklich Routine eingeschlichen.


    Kurze Zeit später tauchte die Abendsonne den Horizont blutrot. Nein, nicht ganz: Ein kleiner schwarzer Punkt in der Ferne war auszumachen.
    Sophus registrierte ihn zunächst nicht; zu intensiv wurde in der Runde der Legionäre geredet.


    Erst, als der Reiter vor dem kleinen Lager vom Pferd stieg, musterte Sophus den Mann genauer.
    Er musste die besten Jahre seines Lebens bereits hinter sich haben, tiefe Falten durchzogen sein Gesicht, hager von Gestalt war er.
    Die Wache diskutierte eine Weile intensiv mit dem Mann, besah sich einige Papiere, redete wieder auf den Mann ein und dann...blickte er Sophus an.


    Der alte Mann nickte der Wache zu und ging auf die kleine Gruppe der Legionäre zu.
    Mit finsterer Miene sprach er:


    "Aurelius! Eine Nachricht für Legionär Aurelius!"


    Sophus schluckte schwer.
    Ernstes musste vorgefallen sein.


    "Hier.", sagte er leise und nahm dem Boten eine Papyrusrolle ab.


    Einige, die ihn in jenem Moment sahen, würden später sagen, er sei wie der leibhaftige Tod kreidebleich geworden. Kein noch so geringer Laut kam über seine Lippen. Lediglich die Schüssel ergoss ihren Inhalt über die fast zynisch grünen Halme der Herbstwiese, nachdem sie seinen verkrampften Händen entglitten war.

  • Besorgt blickten die Soldaten aus Sophus' Contubernium (=Zeltgemeinschaft) ihren Kameraden an. "Hey, Sophus, was ist los?", riefen sie, als Sophus sprachlos auf das Schriftstück starrte und sein Abendessen fallen lies.

  • Stumm blieb der Legionär sitzen.


    "Crassus...tot...", murmelte er immer wieder vor sich her.


    "Mein Herr, mein Herr!"
    Der Bote kam gerade noch rechtzeitig, um Sophus vor einem Sturz auf die Wiese vor dem Zelt zu bewahren.
    "Ist dem Herrn nicht wohl?"


    Was redete dieser alte Mann ständig von Herr? Sophus konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Erst, als er auf der Tunika des Boten eine kleine Stickerei in Form eines Löwen erkannte, setzte sich das Mosaik in seinen Gedanken allmählich zusammen.
    Es bestand kein Zweifel: Der Bote war ein Sklave der Aurelier, Eigentum des Crassus und nun im Besitz des Sophus.


    "Herr, es ist noch nicht alles. Euch wurde das Erbe des Crassus anvertraut, die Familie zu führen. Ihr seid der neue pater familias!"


    Das war eindeutig zu viel.
    Sophus wurde weiß wie Schnee und keuchte schwer.


    "Ich...ich brauche dein Pferd...halte es bereit! Hier..."


    Sophus gab dem Sklaven zitternd einige Goldmünzen.


    "Folge dem Zug der Legion und kaufe dir ein Transportmittel. Kehre so schnell als möglich nach Rom zurück!"


    Sophus versuchte, sich aufzurichten und spähte nach einem der Offiziere.


    Crassus...tot...

  • Die allgemeine Verwirrung klärte sich ein wenig und langsam begannen die Soldaten zu verstehen, dass der Pater der Gens Aurelia verstorben war und Sophus sein Erbe sein sollte. Immerhin eine nachvollziehbare Begründung, um einen Legionär der LEGIO I dermaßen aus der Fassung zu bringen.


    Der Centurio von Sophus Einheit hatte den Tumult bemerkt und sich bereits von der Wache über den Boten unterrichten lassen. Er kam nun auf Sophus zu. "Sophus, mir scheint, Du wirst in einer wichtigen familiären Angelegenheit in Rom benötigt. Für die Dauer der Trauerfeierlichkeiten und bis zur Klärung des Erbes bist Du vom Dienst in der Legion freigestellt. Sobald alles geregelt ist, kehrst Du in das alte Lager bei Rom zurück und kommst mit dem nächsten Transport wieder nach hier."
    Er rief dem Optio zu sich, murmelte ihm ein paar Worte zu, der Optio nickte und rief seinerseits den Tesserarius zu sich, der schnell einige Dokumente schrieb, während Sophus bereits begann, seine Sachen für die Reise zu packen.

  • Ohne großartig zu überlegen, stopfte Sophus alle Habseligkeiten in den Reisebeutel.


    Zum Sklaven gewandt sagte er: "Handle so, wie ich dir befohlen habe.", verabschiedete sich knapp von den etwas verdutzten Kameraden und verließ das Zelt.
    Draußen stand noch der Centurio, welcher noch einige Schiftstücke abzeichnete.


    "Danke vielmals, Centurio! Ich diene der Legio I mit Leib und Seele, doch ich habe keine andere Wahl. Roma victor!"


    Sophus salutierte, bestieg das bereitstehende Ross, welches kurz darauf wie vom Blitz getroffen aus dem kleinen Lager hastete - Rom entgegen. Der Dunkelheit entgegen.

  • Es gehört zum Wesen der Armee, private Schicksale einzelner Soldaten innerhalb der Zeltgemeinschaft oder bestenfalls innerhalb der Centurie zu behandeln, aber den allgemeinen Tagesablauf deswegen kein Stück zu ändern. Sophus' Kameraden übernahmen seine Posten bei der Wache und kümmerten sich um seine zurückgelassenen Gepäckteile. Für den Centurio war die Sache mit einem Aktenvermerk erledigt; ein zweiter Vermerk würde bei der Rückkehr erfolgen und alles wäre wieder in Ordnung...


    Am nächsten Morgen wurde das Lager wieder abgebaut und die Legionäre marschierten weiter Richtung Osten. Noch drei oder vier Tage lagen vor ihnen, dann würden sie Mantua erreichen.


    Sie steuerten unterwegs auch auf Cremona zu und der Tribun liess es sich nicht nehmen, ein wenig über die historische Bedeutung dieses Ortes zu dozieren: "Hier in der Nähe von Cremona fanden zwei Schlachten in der Zeit des Bürgerkriegs nach dem Tod des letzten claudischen Imperators statt.
    Nachdem erst Galba und dann Otho zum neuen Kaiser ausgerufen worden waren, ernannten die Truppen der Rheinarmee Vitellius zum neuen Imperator. Er marschierte gegen Rom und traf bei Bedriacum hier in der Nähe von Cremona auf die Truppen des Otho und besiegte sie.
    Wenig später wurde aber im Osten des Reiches Vespasianus von den dortigen Legionen als Kaiser ausgerufen. Ihm schlossen sich die Donaulegionen an und zogen nun ihrerseits gegen Rom. Wieder kam es hier bei Cremona zum Aufeinadertreffen der beiden Seiten und in einer beachtenswerten Nachtschlacht setzten sich erneut die Angreifer durch und sicherten Vespasianus so den Kaiserthron."

  • Nach zwei weiteren relativ kurzen Tagesetappen erreichten die Soldaten endlich den Zielort ihres Marsches - Mantua. Um die kleine Stadt herum lagen große Wiesen und auf einer dieser Wiesen sollte bald das neue Lager der LEGIO I entstehen.


    Am Rand der Straße liess der Tribun das Baulager errichten. Als Verschanzung dienten wieder nur die Schanzpfähle mit dazwischen gespannten Seilen, um den etwas freieren Transport von Baumaterial in das Lager hinein und aus dem Lager hinaus zu erlauben. Die Fläche war größer, als bei den bisherigen Marschlagern, da zum einen später weitere Einheiten hier zelten sollten und zum anderen natürlich Fläche als Arbeitsbereich gebraucht wurde.


    Nachdem das Lager stand und mit der hereinberecheneden Dunkelheit nur noch ein paar neugierige Jugendliche aus den Nachbardörfern um das Lager tobten, bereiteten sich die Soldaten auf die Nacht vor. Die erste Nacht an dem Ort, an dem sie möglicherweise den Rest ihres Lebens verbringen würden...


    Am nächsten Morgen begannen sie damit, auch den Bauplatz einzuzäunen. Zwei Centurien richteten im nahen Wald eine Holzfällerstelle ein, um Material für Absperrungen und Markierungen und später natürlich als Baumaterial zu gewinnen, eine weitere Centurie richtete im nahen Fluss eine Abbaustelle für Lehm ein.
    Einige Pioniere begannen mit der sorgfältigen Vermessung des Platzes, die vom Praefectus Castrorum und vom Tribun peinlich genau überwacht wurde.
    Drei weitere Centurien planierten erste Transportwege rund um den Bauplatz, um den reibungslosen Transport von Baumaterial zu ermöglichen.


    Zwei Centurien durften das Baulager aber auch gleich nach einer Nacht wieder verlassen - sie zogen ein Stück weiter nach Norden, um dort einen Steinbruch einzurichten, aus dem das meiste Steinmaterial für den Bau gewonnen werden sollte. Auch dort mussten zuerst noch einige Wege angelegt werden.

  • Nach einigen Tagen hatten sich die Soldaten auf dem Bauplatz eingerichtet und die eigentlichen Arbeiten begannen. Eine Centurie war für die Wache eingeteilt, eine weitere kümmerte sich um den Transport von Material zwischen den Abbaustellen und dem Bauplatz.


    Auf der Wiese hatten die Vermesser mit Pfählen markiert, wo der Graben zu ziehen ist, wo der Wall aufzuäufen ist und wo die Tore hinkommen. Nun schufteten vier Centurien mit Schaufeln, Hacken und Körben auf der Wiese, um die Erde an die vorgesehene Stelle zu transportieren. Mit Messtangen wurde immer wieder kontrolliert, ob die erforderliche Grabentiefe und die geplante Wallhöhe eingehalten wurden.
    Zwei Centurien waren im Wald damit beschäftigt, Bäume zu fällen und grob zu bearbeiten, so dass sie auf Wagen zum Baulager gebracht werden konnten, wo einige als Schreiner ausgebildete Legionäre aus verschiedenen Centurien sie in Empfang nahmen und zu Balken und Pfählen für die Mauer- und Torfundamente verarbeiteten.


    Zwei weitere Centurien hatten inzwischen weiter nördlich einen Steinbruch angelegt und begannen mit dem mühevollen Abbau der ersten Felsblöcke, die ebenfalls für die Fundamente gebraucht wurden. Mit Hilfe der Zugtiere wurden sie auf flachen Schlitten langsam zum Bauplatz bewegt. Die Centurionen gaben kein allzu höhes Arbeitstempo vor, die Arbeit sollte nicht schnell, sondern gründlich und präzise ausgeführt werden.

  • Langsam, aber beständig wuchs der Wall auf der Wiese. Geschäftig liefen die Soldaten hin und her und statt der üblichen Kommandos, die man in einem Militärlager hörte, waren es hier Bauanweisungen und Hinweise, die über die Fläche schallten. Nach den weitgehend geräuschlosen Erdarbeiten der ersten Tage kam aber jetzt immer häufiger der Klang von Holzhämmern und Meißeln dazu und in der provisorischen Feldschmiede im Baulager hörte man das unaufhörliche Hämmern von Metall auf Metall, da die Schmiede einen Nagel nach dem anderen produzierten.


    Auf der Südseite des zukünftigen Lagers hatten die Soldaten inzwischen große Baumstämme als Fundamentstützen für die Mauer auf gesetzt und begannen nun, über Hebevorrichtungen die ersten Steinblöcke an die vorgesehenen Plätze zu bewegen und zu vermörteln. Dabei bauten sie auch Balken mit in die Mauer ein, die für zusätzliche Stabilität sorgten und zudem während der Arbeiten Gerüstbretter halten konnten.


    Am Nachmittag inspizierte der Praefectus Castrorum die einzelnen Bauabschnitte besonders gründlich, um seinen ersten Zwischenbericht zu schreiben, der regelmäßig im alten Lager nahe Rom erwartet wurde. Davon hing auch ab, wann weitere Soldaten und weiteres Material nach Mantua geschickt werden würde.

  • Dichte Nebelschwaden zogen über den Bauplatz, als ein weiterer kleiner Versorgungstrupp eintraf.
    Viele Tage waren die Legionäre in schnellstmöglichem Tempo marschiert, um Mantua zu erreichen - nun lag ihnen die neue Heimat zu Füßen.


    Sophus war froh, weg von Rom zu sein, wo er doch nur lethargisch finsteren Gedanken nachgehangen war.
    Arbeit konnte diese verdrängen, an Aufarbeitung war der Legionär nicht interessiert und so meldete er sich freiwillig zum Holzbearbeitungsdienst, wo er sogleich einige alte Kameraden begrüßte.


    Das Lager nahm allmählich erste Konturen an, doch noch immer war der Bedarf an Balken, Brettern und Pfosten kaum zu stillen.
    Nachdem ihn ein Optio eingewiesen hatte, machte sich Sophus eifrig ans Werk, wobei ihm seine Kenntnisse als Schreiner zugute kamen.
    Aurelius konnte kaum glauben, mit welch laienhaften Bearbeitung des Holzes die Unteroffiziere bereits zufrieden waren.


    Dennoch war er beeindruckt von der regen Betriebsamkeit an der zukünftigen Lagerstätte: Schier unablässig rollten Transporte mit schweren Steinblöcken, langen Tannenhölzern und Massen von Eisen heran, die in der Schmiede weiterverarbeitet wurden.


    Die Arbeit in der Holzverarbeitungseinheit war für einen Schreiner kaum anspruchsvoll: Es genügte, Rinde und Äste weitgehend abzutrennen und die Stämme auf gewünschte Breite und Länge zu stutzen.


    Während einer Pause machte er sich an die Reparatur einiger Werkzeuge, die mit denen seiner Schreinerei in keiner Weise vergleichbar waren.
    Dennoch setzte er sich nach getaner Arbeit zufrieden auf einen Baumstamm und sah dem Bautrupp dabei zu, wie sie ein Straßenfundament befestigten.

  • Der Versorgungstrupp aus einer Kohorte hatte vor allem zusätzliche Werkzeuge und Kleinmaterialien mitgebracht, die der Praefectus Castrorum angefordert hatte. Dazu gehörten vor allem die Geräte, die nun für die Steinbearbeitung benötigt wurden. Zwei der Centurien wurden daher auch gleich weiter zum Steinbruch geschickt, um dort die Kräfte zu verdoppeln. Zwei weitere Centurien richteten auf dem Weg zwischen Steinbruch und baustelle ihre kleinen lager ein, um den Transport auf der Strecke deutlich zu beschleunigen.


    In dem Versorgungszug waren auch viele handwerkliche Spezialisten aus der Legion mitgekommen. Für die ersten groben Steinblöcke und Baumstämme der Fundamente hatte das handwerkliche Geschick eines normalen legionärs gereicht und nur wenige ausgebildete Techniker kümmerten sich um den fachgerechten Einbau. Jetzt, wo die ersten Teile des aufgehenden Mauerwerks der Lagermauer errichtet werden sollten und große stabile Baugerüste u.ä. gebraucht wurden, war der Bedarf an Spezialisten höher.


    Gemeinsam mit den Centurionen teilte der Praefectus Castrorum die Legionäre in viele kleine Gruppen auf, die sich um bestimmte Bauabschnitte, Werkplätze oder Tätigkeiten kümmern sollten. Die Aushubarbeiten für die Fundamente sowie die Feldschmiede waren ja bereits derartig organisiert, jetzt kamen Gerüstbautrupps, Zementmischer, Straßenbauer und einiges andere hinzu. Eine Gruppe begann sogar damit, einen Brunnenschacht auszuheben.


    Über jeder neu hinzugekommene Soldat wurde mit seiner Aufgabe in den Arbeitsplan eingetragen. So bemerkte ein Centurio natürlich auch, dass Sophus wieder zurück war. "ich hoffe, Du konntest deine familiären Angelegenheiten alle klären. Hier wird Dir wenig Zeit dafür bleiben." Er blickte kurz auf seine Wachstafel. "Wie ich hörte, hast Du viel Erfahrung als Schreiner. Holzarbeiten werden jetzt immer mehr, da brauchen wir erfahrene Leute, die die Arbeiten fachlich beaufsichtigen können. Du bist ab sofort für die Holzarbeiten an den Mauertürmen zuständig. Sprich dich mit den anderen Technikern ab, wo was zu machen ist."


    Abends, als die Legionäre vor ihren Zelten saßen, ließ der Centurio die Soldaten kurz antreten, rief Sophus zu sich und verkündete offiziell seinen neuen Dienstgrad:


    IM NAMEN DES IMPERIUM ROMANUM
    UND
    DES KAISERS VON ROM


    ERNENNE ICH DEN:


    LEGIONARIUS
    Flavius Aurelius Sophus


    BEI: LEGIO I TRAIANA


    MIT WIRKUNG VOM


    ANTE DIEM III NON DEC DCCCLIV A.U.C. (3.12.2004/101 n.Chr.)


    ZUM


    OPTIO


    BEI: LEGIO I TRAIANA




    MANTUA, ANTE DIEM III NON DEC DCCCLIV A.U.C.

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