Die Porta (alt)

  • Ich verteilte gerade die Einladungen meiner Herrin und war auf dem Weg zur Villa der Tiberier, als plötzlich die Pferde scheuten. Eines stieg und brachte damit fast das ganze Gespann in Gefahr.
    Der Wagen kippte gefährlich und drohte auf die Seite zu fallen. In letzter Sekunde warf ich mich dagegen und krachend landete der Wagen wieder auf beiden Rädern.


    Erschrocken sprang ich ab, um nach der Ursache zu sehen und bekam einen Schreck. Vor den Hufen der beiden Pferde lag ein junges Mädchen in gekrümmter Haltung. Hart nahm ich die Pferde am Halfter und drängte sie ein Stück zurück.


    Dann beugte ich mich über die leblose Gestalt.

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    Was war da draußen los? Ein Krachen und Ares spielte plötzlich verrückt. Diebe? Ich rannte in mein Zimmer und schnappte mir dort mein Gladium. Die Treppen herabstürzend- immer 3-4 Stufen auf einmal nehmend stürzte ich aus der Villa und sah Ares sich wie toll gebärend an der Porta. Im Sturmschritt heranrennend und die Eingangstür aufreißend sah ich ein Gespann und meine Sklavin am Boden liegend. Darüber beugte sich ein mir fremder Sklave, der mich wohl nicht so erwartet hat. Da ich das schlimmste annahm und es so aussah, als wenn er sie entführen wollte, hieb ich ihm mit der flachen Klinge eins über den Kopf und schrie: Bastard elender!!! Ein kräfriger Tritt ließ ihn vollends rückwärts auf die Straße fallen. Ares, der etwas später mitbekam, daß die Pforte nun offen war, kam zähnefletschend auch heran, bereit, sich in den Fremden zu verbeißen...

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich hörte die Annäherung eines wütenden Hundes in meinem Rücken, kümmerte mich jedoch nicht darum. Die Sorge um das junge Mädchen war größer. Vorsichtig untersuchte ich sie, doch fand ich zum Glück nur Prellungen und Hautabschürfungen. Nichts desto trotz war sie ohne Bewusstsein.


    In dem Moment als ich sie auf meine Arme nehmen wollte, spürte ich einen harten Schlag. Ich stürzte, kam aber schnell wieder hoch. Ich nahm den schmalen Körper des jungen Mädchens auf die Arme und erhob mich.


    Den wütenden Hund und seinen Herrn ignorierte ich so gut es ging. Ich wusste, nie sollte man den direkten Blickkontakt wagen. Das bedeutet in der Sprache Wütender ‚Angriff’ und derzeit hatte ich anderes im Kopf, als mich mit einem Hund zu prügeln. Den Patrizierer, der er wohl war, wollte ich ebenfalls nicht reizen.
    Also einfach vorbei. Hunde spüren die Angst anderer und wer Furcht empfindet und diese gar zeigt, hatte bereits verloren.


    „Wo darf ich das Mädchen hinbringen?“, fragte ich so ruhig es mir möglich war.

  • Ares war schon im Sprung auf den sich wieder aufrichtenden Fremdling. Gerade noch in der Luft konnte ich ihn am Halsband fassen, wodurch der sein Ziel verfehlte. Das war haarscharf und wohl auch dem Umstand zu verdanken, daß der Fremde den Hund jetzt den Rücken zudrehte, sodaß er sich von seiner vorherigen Position bewegte.
    Nur mit Mühe hielt ich Ares schließlich, während der Fremde mit erstaunlicher Gelassenheit sich Parisaa annahm und fragte wohin sie gebracht werden sollte.
    Da mir Parisaa vorging preßte ich nur kurzes In die Villa! hervor, bereit jederzeit ihn an Ares und mein Gladium zu verfüttern.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Mit dem jungen Mädchen auf den Armen eilte ich möglichst schnell - und doch so vorsichtig wie es ging - die Stufen hinauf. Noch immer war sie ohne Bewusstsein, aber ich glaubte, erste Regungen zu spüren.


    Über die Sorge vergaß ich gänzlich das Gespann, welches noch immer auf der Strasse stand. Ich hatte nur den einen Wunsch – das junge Mädchen möge bald erwachen.


    Der letzte Absatz war erreicht und ich erblickte die Villa.

  • Ich war mir nicht sicher, was ich von diesem Mann denken sollte. Zumindest gehorchte er und schnell strebte er der Villa zu. Als er den letzten Absatz hinter sich gebracht hatte, verlangsamte er seinen Schritt. Da ich immer noch mit beiden Händen Ares hielt befahl ich laut: Nun mach schon! In die Villa hinein!

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich überhörte geflissentlich den arroganten Tonfall des Mannes, denn ich sorgte mich ausschließlich um das Wohl des Mädchens. Es regte sich langsam wieder. Ich hatte mich vorhin nicht getäuscht.


    Ohne nach rechts oder links zu sehen, eilte ich in die Villa. Von weitem erblickte ich ein Triclinium, eine römische Liege im Speisesaal und diese war jetzt mein Ziel. Dort angelangt, legte ich das Mädchen behutsam ab.


    Besorgt strich ich ihr über das geschundene Gesicht.


    „Ein Glas Wasser, aber schnell“, herrschte ich den nächst besten Sklaven an.

  • Ares ließ ich draußen, als ich die Tür hinter uns verschloß, was ihm gar nicht gefiel, so belte er noch wütend eine ganze Weile. Ich war mir sicher, daß ich ihn jetzt nicht brauchen konnte, hatte ich doch noch das Gladium.
    Ich sah, wie der Fremde Parisaa über die Wangen strich und hörte, wie er Commodus Lieblingssklaven anherrschte, der gar nicht verstand, was passierte und das bedeuten sollte. Das alles irritierte mich schon und so holte ich selber einen Becher Wasser, den ich dann Parisaa an die Lippen hielt, nachdem ich ihren Kopf mit meiner linken Hand stützte.


    Meine Kleine. Das wird schon wieder. flüsterte ich ihr zu.

  • „Ist alles in Ordnung? Sind die Schmerzen groß?“, fragte ich besorgt, als ich merkte die Kleine fand ihre Sprache wieder.


    Ich machte mir große Vorwürfe, dass ich das Mädchen nicht rechtzeitig gesehen hatte. Mit einem Mal war sie auf der Strasse und jede Reaktion von mir kam zu spät.
    Über all dem Trubel vergaß ich fast den Grund meines Kommens. Doch fand ich derzeit die Übergabe der Einladung meiner Herrin als unangebracht. Es würde sich später sicher eine Gelegenheit dafür ergeben.


    „Ich versichere, es tut mir leid was geschah“, sagte ich und es war aufrichtig gemeint.

  • Einen Moment hatte ich total vergessen, daß da noch jemand hinter mir stand. Welche Nachlässigkeit! Zumal der Fremde Arges im Schilde führen könnte.
    Ich drehte mich um uns fragte mit steinernem Gesicht:
    Wer bist Du, daß Du mir meine Sklavin zuschanden fährst?

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Für Augenblicke hielt ich wortlos dem Blick des Fremden stand. Noch immer hatte ich größte Schwierigkeiten, meine machtlose Stellung als Sklave zu akzeptieren. Dort wo ich herkam, schlug man keine Untergebenen und schon gar nicht Fremde, die man traf.
    In meiner Heimat hätte ich ihn herausgefordert, hier musste ich mich beherrschen.


    Mit angespannten Gesichtsmuskeln unterdrückte ich meinen Groll und setzte eine ausdruckslose Maske auf.


    „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“ Ganz konnte ich meine Auflehnung doch nicht unterdrücken. „Der Unfall geschah ohne Absicht.“


    Sklavin? Die Kleine war eine Sklavin? Noch ein Kind und schon versklavt? Das Mitgefühl in mir nahm gigantische Ausmaße an.


    „Ich kam, um eine Einladung der ehrenwerten Aurelia Deandra zu überbringen. Die Villa der Tiberier war mein Ziel.“


    Die Frage nach meiner Herkunft überging ich trotzig. Für Augenblicke maß sich der Mann in mir mit dem anderen und nicht der Sklave gegen den Patrizier.

  • Wortlos holte ich das Pergament aus meiner Toga und reichte es dem Patrizier.



    Salve werte Tiberier!
    Anlässlich meines Umzugs von der Villa Aurelia auf den Landsitz der Familie in Ostia möchte ich eine kleine Einweihungsfeier geben. Dazu lade ich recht herzlich ein.


    Die Feier beginnt am Abend des 10. Januar in der Villa Pellacia in Ostia.
    Vale Aurelia Deandra


  • Ich nahm das Pergament, was mir gereicht wurde und las es mir durch.


    Unglücklich verlief Deine Aufgabe. Wollen wir hoffen, daß die Feier uns bei den Aureliern mehr Glück beschert.Geh jetzt bitte!bat ich inständig.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Verwundert blickte ich den Patrizier an. Gerade war er noch wie eine Furie mit mir umgesprungen und jetzt hatte sein Ton fast etwas Flehendes an sich. Ich verstand heute die Welt nicht mehr.


    Unschlüssig blickte ich zu dem verunglückten Mädchen. Gern wäre ich noch etwas geblieben, um mich von der vollständigen Gesundheit der Kleinen zu überzeugen. Andererseits zog es mich auch fort.


    Ich nickte dem Patrizier zu und wand mich zum gehen. Kurz vor der Tür drehte ich mich nochmals um.


    „Wen darf ich Aurelia Deandra benennen, wenn sie fragt, wer die Einladung entgegen nahm?“

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