Wanderung durch das 'Herz der Welt'

  • Da lagen sie vor ihm, die sieben Hügel und die Stadt. Die Straße schlängelte sich in drei sanften Kurven den Abhang hinab, dass sanfte Gefälle des Einschnitts nutzend. Rechts erhob sich der Mons Vaticanus, mit seinen Weinbergen und verwilderten Olivenhainen. Links hatten römische Ingenieure und Baukolonnen trotz des dort steileren Hanges ein Aquädukt errichtet. War es immer schon da gewesen? Der Mann, der die Strasse hinab wanderte, konnte sich nicht mehr erinnern.
    Er blieb stehen und überblickte das Panorama der Stadt, das sich vor ihm ausbreitete. Direkt vor ihm war der Trans Tiber Distrikt, der sich langsam aber stetig am Westufer des Tiberis ins Umland fraß. Als er das letzte mal hier gewesen war, da waren einige Straßenzüge noch Schafwiesen oder Obstgärten gewesen. Jetzt sah man dort großflächige Gewerbebetriebe und großzügige Wohngebäude.
    Er ging weiter und erreichte die ersten Häuser. Direkt vor ihm erhob sich der Halbrund des Pompeiustheaters, mit dem krönenden Tempel auf der scaena. Welcher Gottheit war der noch geweiht gewesen? Er wusste es nicht mehr.


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    Das Pompeiustheater


    Er ließ das Theater rechterhand liegen und ging weiter. Langsam kehrten die Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit in sein Gedächtnis zurück. Er hörte die Geräusche seiner Kindheit, er roch die Gerüche seiner Jugend. Ja, das war Rom, dass ‚Herz der Welt’!

  • Die Via Aurelia, auf der er lief, war eine der wenigen breiten Straßen Roms. Dennoch waren kaum Fuhrwerke auf ihr unterwegs, denn ein Dekret verwies fast alle Gespanne tagsüber aus der Stadt. Nur einige Karren mit Baumaterialien polterten an ihm vorbei, denn für sie galt eine Ausnahme. Das ständige Wachstum der Metropole stoppte zu keiner Tages- oder Nachtzeit!
    In seiner etwas schmuddeligen Tunika fiel der Mann in der Masse der geschäftig Umhereilenden oder müßig Dahinbummelnden nicht weiter auf. Es gab viele, die ähnlich gekleidet waren. Vielleicht Sklaven, vielleicht auch Freigelassene oder Plebejer, die nicht zu den begüterten Schichten der Stadt gehörten. Dazwischen sah er aber auch wohlhabende römische Bürger, viele von ihnen mit einer Toga bekleidet, dem Zeichen ihrer Zugehörigkeit zur civis romanus.
    “Die Herren der Welt, das Volk in der Toga.“, reklamierte er einen alten Ausspruch und ein Hauch Bitterkeit klang in diesen Worten mit.


    Er ging weiter, folgte der großen Straße und erreichte das Ufer des Flusses. Links lag die Tiberinsel mit ihren Tempeln und Hospitälern. Vor ihm querte die Pons Aemilius den Tiberis. Der Mann ging hinüber und erreichte das Forum Boarium. Es war seit frühesten Zeiten der Viehmarkt der Stadt gewesen und selbst die Trajansmärkte konnten ihm in dieser Hinsicht nicht den Rang ablaufen. Neben Bauern und Händlern, die Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe, Hühner, Gänse, Enten, Amseln, Sperlinge, Buchfinken und Hunde anboten, gab es auch einige Stände mit Gemüse, Obst, Wein, Öl und Töpferwaren. In einer Ecke drängten sich zudem die bunten, auffälligen Zelte der Kräuterhexen und Seherinnen. Nur die Zelte der billigen Huren entdeckte er nicht, da hatte sich seit den alten Zeiten doch etwas geändert.

  • Es war laut.


    Das Gebrüll der Tiere wurde von den lauten Simmen der anpreisenden Händlern noch übertönt.
    Irgendwo stritten sich zwei oder auch mehrere lautstark.
    Gerüche und Gestank mischte sich zu einer eigenartigen Wolke über dem Forum Boarium.


    Ein neuer Ton in der Luft brachte noch mehr Bewegung in das ganze Gewimmel.
    Waren verschwanden in Taschen, Waagen wurden von flinken Händen ausgewechselt und manche Gestalt versuchte sich unsichtbar zu machen.


    Das harte Geräusch genagelter Stiefel hallte dumpf wieder.


    Ein Patroullie der Cohortes bahnte sich ihren Weg durch das lebendige Chaos.


    Die kräftigen, gerüsteten Miles ließen aufmerksam ihre Blicke über die Bürger und Fremden gleiten.
    Waren wurden beäugt und macheiner genauer ins Auge gefasst.


    Ein Ruf,
    das harte Rennen der Stiefel,
    ein packen
    und ein schmerzvoller Schrei.


    Für eine Sekunde schien völlige Stille zu herrschen, nur um im nächsten Augenblick von der neuanklingenden Woge der Geräusche überrollt zu werden.


    Münzen klangen auf dem Boden.
    Der Mann wurde hochgezogen.
    Zwischen den breiten Schultern zweier Miles verließ die zusammengesunkene Gestalt den Markt.


    Und die genagelten Stiefel nahmen ihren Gang über das Forum Boarium wieder auf.

  • Der Mann in der schmutzigen Tunika beobachte das Geschehen. Ein Dieb war gefasst worden. Ein kläglicher Kerl, dem sein Ungeschick wohl nun ein böses Ende bei seiner finalen Vorstellung im Kolosseum bescheren würde.
    “Die Cohortes Urbanae… mmh“, murmelte der Mann: “es hat sich wirklich einiges getan in dieser Stadt.“ So sehr er auch grübelte, er konnte sich zwar an viele Schlägereien und Gewalttaten erinnern, doch an ein so schnelles und beherztes Durchgreifen der Stadtwachen kaum. Früher waren sie ein lahmer Haufen, schläfriger Nichtsnutze gewesen, doch allem Anschein nach gehörte das der Vergangenheit an.
    Der Mann wischte sich die Hände an seiner Tunika ab und versuchte unbeteiligt und unauffällig zu wirken. Doch erzielte er damit wohl gerade das Gegenteil, denn einer der Miles sah plötzlich unversehens zu ihm herüber und durchbohrte ihn förmlich mit einem forschenden Blick.

  • "Hey, Du da ! Ja genau, Dich meine ich !"


    Ich führte die übliche Patroullie durch die Viehmärkte.
    Die Gerüche und Geräusche - das pralle Leben.
    Zwar eigentlich unüblich für einen Praefectus Castrorum, aber erstens machte ich es gern und genoss die Zeit auf der Strasse, unter Menschen, viel mehr als diese Schreibkrakeleien und zweitens waren wir sowieso chronisch unterbesetzt.
    Warum also nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.


    Der Mann war mir aufgefallen.
    Nicht durch sein Aussehen oder seine Kleidung.
    Er wirkte so wie viele andere.
    Es war sein Verhalten gewesen.
    Der Versuch so betont unaufällig zu sein.


    Das hatte meine Aufmerksamkeit erregt.


    Ich faste ihn nun genauer ins Auge.
    Irgendwas wirkte seltsam an dem Mann.
    Es war nur ein Gefühl.
    Ich hätte nicht sagen können warum oder was es genau war.


    "Nun, Mann, sag wie ist Dein Name und was ist Dein Geschäft ?"

  • Er ahnte, dass es lächerlich wirken musste und das er eine recht armselige Erscheinung abgab: Schlecht gekleidet, unrasiert, ein wenig verwahrlost. Trotzdem bemühte er sich um jene Würde und jene Erhabenheit, die in der ganzen Welt als Ausdruck römischen Selbstbewusstseins, ja, an einigen Orten auch römischer Arroganz bekannt war.
    Eben jenen Ausdruck suchte er in seine Antwort zu legen, als er entgegnete:
    “Ich habe nichts zu verbergen“ Er öffnete die Arme, als wolle er zeigen, dass er unbewaffnet sei. Natürlich trug er keine Waffe! “und um die Ordnung dieser Stadt zu stören, bin ich viel zu kurze Zeit hier und schwöre auch bei den Göttern unserer Väter, für keinerlei Aufruhr in den Straßen Roms verantwortlich zu sein.
    Mein Geschäft?
    Mein Geschäft ist die Wahrheit und die Gerechtigkeit.
    Mein Name…“
    ,
    er senkte die Stimme etwas: “...ist Lucius Aelius Quarto.“

  • Nach seiner Antwort wusste ich was mir seltsam erschienen war.
    Seine Haltung, seine Sprache und Wortwahl passten nicht zu dem verwarlosten Aufzug.
    Der Mann interessiert mich.


    "Nichts zu verbergen ... so,so ... und ein interessantes Geschäft hast Du 'Wahrheit und Gerechtigkeit' ... eine sehr interessante Branche und in keiner anderen gibt es mehr zu verbergen"


    Ich winkte meinen Männern zu ohne mich weiterzumachen.


    "Aber auch ein ziemlich brotloses Geschäft im Moment wie mir scheint", und warf einen deutlichen Blick sein Äusseres.


    Ich deutet auf eine Garküch gleich drüben.


    "Ich zumindest habe eine trockene Kehle und etwas Hunger. Komm interessanter Mann, ich lade dich zu einem kleinen Imbiss ein."


    Angekommen bestellte ich verwässerten Wein und gefüllte Fladen.


    "Bedien Dich"


    "Aelius ... ja, ich habe diesen Namen schon mal gehört .. Aelius, bis gerade eben dachte ich es gäbe keine mehr ... nun, das scheint mir doch eine interessante Geschichte ... gab es da vor knapp 100 Jahren unter Augustus nicht mal einen Consul Namens Aelius Catus ... :D"


    "Ach ja, ich bin Catus und von berufswegen neugierig.
    Wahrheit und Gerechtigkeit ist dein Geschäft ... wie genau muss ich das verstehen ?
    Und ich glaube nicht das das besonders einträglich ist. Wie hälst Du Dich so über Wasser."


    "Wahrheit und Gerechtigkeit .. auch nicht ganz ungefährlich ... aber sehr interessant.
    Was hast Du nun genau vor, Lucius Aelius Quatro ?"

  • “Ich danke Dir für die Einladung.“ Quarto nahm sich ein Brot, tunkte es in eine Schale mit Garum und begann begierig zu essen.
    “Du bist…“, sagte er zwischen zwei Bissen: “Du bist ein aufmerksamer Beobachter und wie ich merke, auch ein Kenner römischer Geschichte. Doch wundert es mich nicht, sehe ich doch an Deinen Schuhen den Halbmond, dass Zeichen eines Patriziers.“
    Er nahm einen kräftigen Schluck vom Wein. Es war zwar nur ein Vaticaner und deshalb etwas sauer, doch dafür kaum verdünnt.
    “Nun gibt es meiner Erfahrung nach zwei Sorten Patrizier: Die degenerierten Nichtsnutze, die sich auf Kosten Roms den Wanst voll schlagen und jeder skandalösen Abartigkeit mit Wonne frönen…“, er nahm noch etwas Brot: “…und solche, die sich der ruhmreichen Tradition ihrer Vorväter bewusst sind und Rom nach Kräften dienen. Die einen trifft man auf Gelagen bei Gesandten orientalischer Potentaten und bei ekstatischen Feiern zu Ehren des Dionysos. Die Anderen auf der Straße, wenn sie ihr Amt ausüben. Du scheinst mir also zur zweiten Sorte zu gehören.“
    Für einen Peregrinus nahm er sich wirklich einiges heraus und anschließend gleich noch ein Lukanerwürstchen, dass er genüsslich verspeiste.


    “Nun… ich bin Plebejer, dass heißt, ich war es. Wer hätte gedacht, dass ich hier einen Mann treffe, dem der Name Aelius noch etwas sagt.
    Es ist wahr, ich entstamme dem alten und ehrwürdigen Geschlecht Aelia und wir waren über Jahrhunderte eine angesehene Familie von plebejischem Adel. Eine Senatorenfamilie über Generationen. Mein Ahnherr Publius Aelus Paetus diente Rom bereits vor über vierhundert Jahren als Konsul. Damals züchteten die Vorfahren manch mächtiger Familien heutiger Zeit noch Ziegen in den sabiner Bergen! Ich zähle nicht weniger als acht Konsule zu meinen Vorvätern. Sextus Aelius Catus war einer von ihnen, da hast Du Recht. Dazu etliche Volkstribune und Feldherrn. Der berühmte Jurist Quintus Aelius Tubero ist auch einer meiner Ahnen und auch Gaius Aelius Gallus, der Statthalter von Ägypten war und sogar einen Feldzug nach Arabia felix unternahm.“


    Der Wein löste nun merklich seine Zunge.
    “Aber all das ist Vergangenheit und zählt heute nichts mehr. Unter Kaiser Domitian – ich verfluche seinen Namen – wurden wir entehrt und verstoßen. Mein Vater, musst Du wissen, war der Bruder von Lucius Aelius Lamia, dem ersten Mann der Domitia Longina. Vielleicht kennst Du die Geschichte: Domitian zwang meinen Onkel zur Scheidung, auf das er selbst die Dame ehelichen konnte.“
    Der Wein schmeckte immer besser.
    “Lamia widersetzte sich nicht, denn Domitian war bekanntlich kein Imperator, der Anstand und Recht zu achten wusste. Niemand der leben wollte, widersetzte sich damals.
    Doch alles wäre gut gewesen, wenn Domitia nicht eine Affäre mit diesem Schauspieler… Wie war sein Name…? PARIS! Wenn sie nicht mit diesem Paris angebändelt hätte.
    Der Possenreißer wurde hingerichtet. Was mag er wohl erwartet haben? Domitia erhielt den Scheidungsbrief und wurde verbannt.
    Doch damit nicht genug: Verlogene Hofschranzen und Berater des Kaisers bezichtigten meinen Onkel, er hätte aus Rachsucht oder falschem Ergeiz diese Affäre in Szene gesetzt. Also wurden auch er und mit ihm seine ganze Familie ins Exil geschickt und sämtlicher Bürgerrechte beraubt.
    Ich vermute, Domitia steckte hinter diesen Anschuldigungen, um von ihrem Vergehen abzulenken. Denn später, als die Wut des Kaisers verflogen war, gewann sie erneut Einfluss auf ihn, bis…“

    Ein großer Schluck Wein unterbrach seinen Redefluss.
    “…na, dass weißt Du sicher; Domitian wurde ermordet und ich sage Dir, auch da hatte diese Hexe ihre Finger mit im Spiel!
    Egal. Mein Vater starb als Exilant, all seiner römischen Rechte beraubt. Unter Traian wurde die Verbannung aus Rom aufgehoben, die Götter mögen ihn segnen, doch in unsere Rechte wurden wir nicht wieder eingesetzt. Es würde mich nicht wundern, wenn da nicht alte, dunkle Mächte im Hintergrund wirken, die dies bewerkstelligt haben.
    Und darum, um auf Deine Frage zurückzukommen, darum bin ich hier. Ich will auf dem Forum von einer gerechten Welt sprechen, bis mir Gerechtigkeit widerfährt. Und ich will wissen, wer meine Familie mit Lügen und falschen Anschuldigungen verriet und ins Exil trieb.
    Das ist gefährlich sagst Du? Doch sieh mich an, was habe ich zu verlieren ohne mein Recht als Römer?
    Es ist nicht einträglich? Fürwahr, auch das sieht man.“

    Bei diesen Worten stellte der ehemalige Exilant missmutig fest, dass der Weinkrug leer war.

  • Ein wirklich interessanter Mann dieser Quarto und eine interessante Geschichte.
    Ich orderte noch einen Krug Wein.


    "Eine wirklich interessante Geschichte, Quarto.
    Teile davon waren mir bekannt, andere nicht.
    Und sicherlich nicht ungefährlich, aber sehr interessant.
    Recht haben und Recht bekommen sind zwei völlig unterschiedliche Dinge und es könnte gut sein das einige derer, die Du suchst noch in Macht und Ehren stehen.
    Auch solltest Du vorsichtig sein, wem Du diese Geschichte erzählst.

    Mein vollständiger Name ist übrigens Gaius Flavius Catus.


    Du sagst Du hast noch kein Bürgerrecht.
    Damit bist Du in doppelter Gefahr.
    Ein Fremder kann in dieser Stadt trotz allem was wir versuchen schnell und geräuschlos verschwinden.
    Wenn Du wirklich gewillt bist dieser Sache nachzugehen, dann solltest Du fürs erste Deine Nachforschungen so lautlos wie möglich machen und versuchen so schnell als möglich das Bürgerrecht erlangen. Du musst versuchen Ansehen und Respekt zu gewinnen, damit nicht jemand dich einfach verschwinden lassen kann. Das ist zwar noch keine sichere Garantie, aber es hilft zumindest ein wenig.


    Hmmm ...


    Du könntest versuchen direkt mit Deiner Geschichte Dich an den Kaiser wenden und ihn bitten dir das Bürgerecht zu verleihen. Er ist ein Mann der dem Recht und der Gerechtigkeit gegenüber sehr aufgeschlossen ist.
    Allerdings trittst Du dann damit aus dem Schatten und bis so eine Pedition bearbeitet wird kann es dauern.
    Wenn es wahr ist was Du sagst, wärst Du dann in höchster Gefahr.
    Ich glaube es wäre besser wenn Du fürs erste mit Deiner Geschichte nicht an die Öffentlichkeit gehst.
    Und zeigst, das Du das Bürgerrecht und das Recht die Gens Aelia wiederaufleben zu lassen nicht von den Taten deiner Vorväter herrürt, sondern das Du es dir selbst verdient hast.


    Der am öftesten dafür genutzt Weg ist der Dienst in eine Auxilari.
    Das Ansich wäre kein Problem. Ich bin sicher sie würden dich mit offenen Armen aufnehmen. Allerdings wärst du dann nicht mehr in Rom. Und du hättest wohl nur sehr wenig Zeit für Nachforschungen irgendeiner Art. Aber wärst du auch ausser Gefahr und würdest als römischer Bürger und Pater Familias zurückkehren.


    Die dritte Möglichkeit wäre Dir hier eine Existenz aufzubauen.
    Du könntest dich als Arbeiter in einem Betrieb verdingen. Oder dir Geld leihen oder besorgen und einen eigenen Betrieb aufmachen. Oder einer anderen bezahlten Tätigkeit nachgegen.


    Bei all dem kann ich versuchen Dir behilflich sein.


    Du fragst Dich nun sicherlich warum ich bereit bin Dir zu helfen.
    Nenn es das Lächeln der Fortuna.
    Du hast im richtigen Augenblick den richtigen Mann getroffen.
    Als ich hier ankam sah ich ähnlich aus wie Du. Und mir wurde geholfen. Sagen wir einfach ich zahle auf diese Weise eine Schuld zurück.


    Ausserdem finde ich Dich und Deine Geschichte sehr interessant.
    Es könnte natürlich sein, das ich mich in Dir täusche und Du mir gerade einen Haufen Lügen aufgetischt hast, oder das ich die Ganze Sache später noch bereuen werde.
    Aber ich habe schon öffters in meinem Leben Dummheiten gemacht und ich bin bereit das Risiko einzugehen."

  • “Ich danke Dir sehr für die angebotene Freundschaft. Gerne will ich sie annehmen und erwidern.“
    Er goss Catus und sich aus der neuen Kanne Wein nach und hob den Becher.
    “Auf dich und Dein Wohl, Gaius Flavius Catus. Möge Rom mehr Männer wie Dich hervorbringen, dann ist mir nicht Bang!“
    Er trank den Becher mit großen Zügen leer.
    “Du hast Recht, nicht alles zu glauben, was Du hörst. In den Vergangenen Jahren, bevor Iulianus die Dinge ordnete, war Lug, Verrat und Betrug allgegenwärtig. Die Zeiten mögen sich geändert haben und das Reich hat zu Ordnung und Ruhe gefunden, doch noch immer mag es unter der schönen Fassade rau zugehen. Ich werde Deine Worte beherzigen und vorsichtig sein.“
    Er schenkte sich erneut nach, der Mann war durstig!
    “Was Deine Freundschaft angeht, so nehme ich sie mit großem Dank. Denn Freunde werde ich in Rom brauchen. Achtzehn Jahre Exil haben alle Verbindungen meiner Familie versiegen lassen, alle Freundschaften getilgt und alle Klienten vertrieben. Ich werde Zeit benötigen, die richtigen Verbindungen aufzubauen und mir der Gunst wichtiger Männer zu versichern, bevor ich es wage vor einen Praetor oder den Imperator selbst zu treten. Doch dann will ich es tun, damit der Name Aelia wieder rein gewaschen wird und ich mich wieder stolz einen ‚Römer’ nennen darf.“


    Für einen Moment versank er still in Gedanken.
    “Was ich bis dahin tun will… Womit mein Brot verdienen…“


    “Ich sehe, dass Du ein praktisch denkender Mann bist und ich danke Dir für Deine Ratschläge. Doch in die Auxilia kann ich nicht gehen. Damit würde ich anerkennen, wie ein Ausländer oder Freigelassener mein Bürgerrecht erdienen zu müssen. Das kann ich nicht!
    Was eine Arbeit angeht, so weißt Du als Patrizier wohl nur zu genau, was man in alten römischen Familien von handwerklichen Tätigkeiten hält. So habe auch ich kein Handwerk erlernt und verstehe mich nicht aufs Handeln. Das schränkt meine Möglichkeiten ein. Zudem verbietet mir mein jetziger Stand ein Amt in der öffentlichen Verwaltung zu bekleiden. Da bleibt nur die Arbeit als privater Scriba. Doch die Magistrate haben ja meist ihren amtlich bestellten Sekretär.“


    Er grübelte weiter.
    “Du weißt vermutlich, woran man einen Exilanten sicher erkennt, oder? Es ist nicht seine Kleidung, nicht sein Benehmen, nein, es ist seine Kenntnis der griechischen Philosophie! Römer, die sich in diesen Dingen auskennen und ständig alte Mythen rezitieren, müssen im Exil gewesen sein.
    So ist es wohl dieses, auf das ich mich am Besten verstehe. Aber wer braucht das? Nicht ohne Grund kennt die Welt uns eher als Krieger, denn als Schönredner.“

    Er lachte mit tiefer Stimme und trank seinen Becher leer.

  • "Griechische Philosophie", ich musste grinsen.
    "Du wirst mir immer sympatischer. Ich selbst bin in Griechenland aufgewachsen. Ja, so ein paar nette Debatten über Sokrates, Platon, Aristoteles ... das wär schon was."


    "Allerdings wird es nicht einfach damit in Rom seinen Unterhalt zu verdienen."


    "Hmmm ... du könntest für die Acta schreiben. Oder als Hauslehrer arbeiten. Meine Kinder sind allerdings noch zu klein um sich für griechische Philosophie zu begeistern. Sie begeistern sich eher fü Rasseln. :D"


    "Oder du könntest gegen Bezahlung Reden schreiben."


    "Aber ich muss weiter. Die Pflicht ruft."


    Ich gab Quatro einen Beutel.


    "Aber vielleicht fällt uns ja noch was ein. Komm einfach in die Villa Flavia. Du bist dort jederzeit als Gast willkommen.
    Ich würde mich über ein paar interessante Gepräche freuen.
    Aber geh vorher zum Barbier, in die Termen kauf dir eine neue Tunika und ein paar gute Sandalen. Du siehst unmöglich aus." :D


    Sim-Off:

    s. Wi-Sim

  • “Ich danke dir sehr, Gaius Flavius Catus“
    Quarto verstaute den Beutel unter seiner Tunika und blieb noch einen Moment um den Rest des Weines auszutrinken, dann machte auch er sich auch auf den weiteren Weg.


    Catus hatte Recht, er sah aus wie ein Straßenräuber aus Sizilien. Dem musste abgeholfen werden. Also wandte er sich nach Norden, denn auf den Trajansmärkten würde er sicher finden, was er suchte.


    Auf der rechten Seite erhob sich der Capitolshügel, links passierte er das Theatrum Marceli und den Porticus Octaviane. Schließlich kam er am Tempel der Bellona vorbei und fand nahe der Basilica Ulpia einen Barbier.


    “Was kostet die Rasur, guter Mann?"
    “Zwei Sesterzen.“, erwiderte der und hielt sein Rasiermesser hoch, um zu zeigen, dass es sauber und blank war.
    “Zwei? Bei diesem Preis musst du ein Meister deines Fachs sein!“
    “Ich werde dich nicht enttäuschen, du wirst aussehen wie ein neuer Mann.“
    “Das wird auch nötig sein. Also los.“
    Quarto setzte sich auf den Schemel des Barbiers und der begann sein Werk. Die Klinge war tatsächlich scharf und der Mann wusste mit ihr umzugehen. Zum Schluss besprengte er Quartos Gesicht mit ein paar Spritzern aromatisierten Wassers und nahm den Lohn.

  • Nachdem er seine Einkäufe in den Trajansmärkten beendete hatte, begab sich Quarto erneut auf seine Wanderung durch die Stadt. In eine neue Tunika gekleidet und sein Bündel mit Proviant gefüllt, schlug er einen südwestlichen Weg ein und tauchte in das Gewirr der Gassen und schmalen Straßen ein. Für einen, der so lange nicht mehr in der Stadt gewesen war, kam dies einem Marsch durch das Labyrinth des Minos gleich, denn Rom war nicht wie Alexandria oder eine kampanische Stadt nach einem festgelegten Plan errichtet, sondern war wild und scheinbar planlos erbaut worden. Außerdem veränderte die Stadt ständig ihr Gesicht und Quarto musste ein ums andere mal nach dem Weg fragen, um sein Ziel nicht zu verfehlen. Schließlich erreichte er den Fuß des Kapitolshügels und es eröffnete sich ihm der Blick auf das Forum Romanum.

  • Er atmete hörbar durch. Hier stand er nun wirklich im Herzen der Welt! Auf dem Forum Romanum liefen alle Bahnen, alle Sehnen und Adern des Imperiums zusammen. Hier war das Ziel aller Gerüchte, hier erfuhr man mehr über die Dinge in der Welt, als sonst an irgendeinem Ort. Hier war der Rhythmus des Reiches spürbar.
    An der Südseite der Basilica Aemilia, ungefähr auf halber Höhe des Platzes, stand der Tempel der Venus Cloacina. Es war, gemessen an den großen, beeindruckenden Bauwerken, die viele Generationen hier errichtet hatten, ein winzig kleines Gebäude. Kreisrund und fast unscheinbar, war dies der Ort, an dem einst die Römer und die Sabiner eine rituelle Reinigungszeremonie vollzogen, nachdem sie den Zwist, der nach dem Raub der Sabinerinnen entbrannt war, beigelegt hatten. Er umrundete den kleinen Tempel und erinnerte sich an eine weitere Begebenheit aus alten Tagen. Denn hier, fiel ihm ein, war auch der Ort, an dem die Jungfrau Virginia von ihrem Vater getötet wurde, um sie nicht an einen unwürdigen Ehemann und damit der Schande ausliefern zu müssen. Wie hatte der Widersacher noch geheißen? Quarto wollte der Name beim besten willen nicht mehr einfallen.
    Nachdem er einmal herum gegangen war, nahm er sein Bündel von den Schultern, setzte sich, den Rücken an die Außenmauer des Tempels gelehnt, und begann in seinen Habseligkeiten zu kramen.

  • Quarto hatte sich einige Reden auf der Rostra angehört, wo momentan der aktuelle Wahlkampf mit heftig geführten Wortgefechten ausgetragen wurde. Vor allem ein Patrizier Namens Lucius Tiberius Vibullius tat sich hervor. Er griff fast jeden Kandidaten heftig und wortreich an, wobei Quarto nicht immer den Sinn hinter den Worten des Vibullius zu erfassen imstande war.
    Still in sich hinein lächelnd kehrte er der ehrwürdigen Rostra wieder den Rücken und ging zum Tempel der Venus Cloacina zurück. Er nahm seinen alten Platz wieder ein und beobachtet das Geschehen aus der Ferne.

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