• Fiona schüttelte innerlich nur noch den Kopf!
    Diese Zicke! dachte Fiona nur. Aber um des lieben Friedens willen, spielte sie weiter ihre Rolle als gehorsame Sklavin. Für sie war es eine Genugtuung, daß das Fester jetzt doch mit Hilfe der Leiter erklommen werden sollte.


    Wortlos nahm sie die Leiter, die doch recht schwer war und stemmt sie mit einiger Mühe gegen die Hauswand. Nachdem sie sich kurz verschnaufte und den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, versicherte sie sich erst, ob die Leiter auch wirklich sicher stand.
    Dann begann sie, Stufe für Stufe nach oben zu klettern. Die Höhe machte ihr gar nichts aus und es schien so, als ob wirklich alles gut gehen würde.
    Doch dann passierte das Unfaßbare. Sie hatte fast die Hälfte der Leiter erklommen, als plötzlich eine der Holzstufen nachgab und zerbrach. Fiona die davon ebenso überrascht war, verlor die Kontrolle über ihre Füße und da sie sich so sehr erschrocken hatte, verlor sie auch den Halt und stürtzte hinab in die Tiefe.
    Leblos blieb sie am Boden liegen.


    Sim-Off:

    So Mädels, das mit der schnellen Grillparty wird nix! :D

  • Sim-Off:

    K und k. Kemein und krausam. ;)


    Also doch die Leiter! Aintzane war erstaunt. Sie konnte sich nicht erinnern, dass sie ihre Herrin schon einmal so kaprizioes und flatterhaft erlebt hatte. Der Kutscher mitsamt seiner Kutsche schien keine grosse Rolle mehr zu spielen. Das sollte Aintzane recht sein. Also sah sie aufmerksam zu, wie Fiona die Mauer an die Wand legte.
    Dabei beantwortete sie die Fragen von Deandra. "Danke fuer das Vertrauen! Ich war noch nie in Ostia... aber das sollte kein Problem sein, denke ich. Im Notfall fragt man nach dem Weg nach."
    Die Leiter war gerade lang genug, um das fenster zu erreichen. Aintzane wuenschte sich innerlich, sie haette im Haus nicht einfach so aufgegeben. Irgendwann waere die Tuer doch aufgegangen! Und wenn auch nur mit der Hilfe eines Vorschlaghammers. Es haette ihnen alle viele Scherereien erspart. Und wie es aussah, war noch alles gut gegangen.
    Auf einmal knackste es. Das Echo des berstenden Holzes hallte durch die Haeuserschlucht. In einem Regen von Holzsplittern krachte Fiona von der Leiter hinunter wie ein wuetender Basajaun, wie man die Daemonen des Waldes in ihrer Heimat nannte.
    Doch dieses Spektakel war fast noch furchterregender wie das Erscheinen eines solchen Unwesens.
    Fassungslos und nicht dazu faehig, eine Bewegung zu machen, starrte Aintzane auf den Koerper von Fiona, der am Boden lag. Was sollte sie jetzt tun? Sie wusste es nicht. Hilflos blickte sie zu ihrer Herrin. Wuerde jetzt irgendein Befehl kommen?

  • Mein Interesse galt den Planungen für Speisen und Getränke sowie meine Unterkunft, daher beachtete ich Fionas Kletterversuche nicht mehr, sondern wartete nur noch auf ihre Erfolgsmeldung, während ich mich mit Aintzane befasste. Ich empfand es als Nachteil, dass sie erstmalig in Ostia war, traute ihr aber zu, sich selbstständig durchzufragen, falls sie den Weg verfehlen würde. Regelrecht schwer war der Markt auch nicht zu finden, führte doch annähernd alle Straße zu ihm oder zum Hafen.


    In meine Überlegungen platzten ein Splittern und anschließend ein dumpfer Aufschlag hinein. Mit einem Blick erfasste ich die Situation, auch wenn ich mit den Gedanken ganz wo anders gewesen war. Meine Miene verzog sich, als ich den Sturz nachempfand, es musste ein ekliges Gefühl gewesen sein, aber nun half alles Jammern nicht, handeln war gefragt. Ich schloss für einen Moment die Augen, um den Verstand zu aktivieren und die Gefühle auszublenden, bevor ich mich wieder an Aintzane wandte.
    „Tu mir den Gefallen und öffne irgendwie dieses Haus. Wie, ist mir egal, nur möglichst schnell und möglichst ohne solche Komplikationen.“ Ich wies auf die reglose Fiona. Anschließend sprach ich Minna an.


    „Minna, ich erwarte von dir, dass du ohne Panik oder ähnliche Ausfallerscheinungen zu dem Medicus am Ende der Straße läufst, die Angelegenheit schilderst und ihn hierher bringst. Bei etwas Glück sind wir bis dahin im Haus. Nun geh.“


    Ich hatte bereits im Augenwinkel das Nahen der Kutsche bemerkt, die mir nun wie gerufen kam. Als der Kutscher bereits das Gespann zügeln wollte, winkte ich ab.


    „Gleich weiter und zwar zu den Stallungen. Hier müssen irgendwo Stallburschen sein, denn einen kleinen Zuchtbestand hatte ich immer über die Jahre hier. Herbringen, zack!“, befahl ich in distanziertem Ton, weil ich noch immer verärgert über den Kutscher war.


    Nachdem ich die Versorgung organisiert hatte, trat ich an die reglose Sklavin heran. Zunächst sträubte sich alles in mir, sie anzufassen, aber letztlich überwand ich meine Scheu, bückte mich und legte die Hand ganz sachte auf den Hals, in dem Versuch, die Tätigkeit der Schlagader zu überprüfen. Leider war ich darin weder geübt noch besonders geschickt, ich spürte gar nichts und seufzte einmal vernehmlich auf. Eine tote Sklavin wäre das Letzte, was ich hier gebrauchen konnte.


    Mein Blick schweifte durch die nahe Umgebung, ich suchte eine Flaumfeder, die ich aber leider nicht auf Anhieb fand. Sie hätte mir den Atem anzeigen können, oder eben nicht. Ich überlegte, wie man noch auf einfach Weise feststellen konnte, wie es um ein Unfallopfer stand.

  • Fiona lag immer noch regungslos da. Ihre Bewustlosigkeit hielt einige Minuten an, doch dann schien es, als ob sie wieder zu sich kommen würde. Sie stöhnt zumindest wieder. Langsam öffneten sich ihre Augen. Das erste verschwommene Bild, das sich ihr bot, war das Gesicht einer Frau, die sie noch gesehen hatte.
    "Ahhh..., m´ ben boenau! Mhhhh..., beth damweiniedig?"*
    Sie musterte diese Frau uns stellte anhand iherer Kleidung fest, daß sie eine Römerin sein mußte.
    "Ich bin Fiona, Tochter von Llywelyn ap Glyngwyrdd! Wer bist du und was machst du auf unserem Anwesen?"
    Sie versuchte sich mit ihren Armen etwas aufzurichten, um besser die Situation erfassen zu können. Dabei bemerkte sie, daß sie nicht auf ihrem Anwesen war und sie registrierte auch, daß all ihr Schmuck weg war, daß sie in völlig fremden Kleidern steckte.
    "Oh, das ist gar nicht unser Anwesen! Ble wi? Ähm, wo bin ich? Und wo ist mein Schmuck, wo ist mein Torques? Hast du etwa meinen Torques gestohlen??? Was sind das für Kleider?"
    Das war alles zu viel für sie! Sie ließ sich wieder auf den Boden nieder.
    Irgendwie hatte sie höllische Kopfschmerzen. Auch ihre Arme waren aufgeschürft und bluteten etwas.
    "Dadogi! Dadogi, ble ach?"**
    Mit ihren Händen strich sie sich über ihr Gesicht, damit ihre Schmerzen nachließen.
    "Wo ist mein Vater und wo sind meine Brüder und Schwestern? Was ist hier los!?"
    Irgendetwas stimmte hier überhaupt nicht! Wer war die Fremde und was war nur geschehen? Fiona erhoffte sich schnellstens ein Paar Antworten von dieser fremden Frau.



    *=Mein Kopf schmerzt! Was ist passiert?
    **= Vater! Vater, wo bist du?

  • Als Deandra langsam auch Fiona zuschritt, loeste sich Aintzane aus ihrer Starre und ging ebenso langsam auf Fiona zu. Die Befehle ihrer Herrin vernahm sie als ein angenehmes, weit entferntes Brabbeln, dass so gutmuetig klang wie das Gurgeln eines friedlichen Gebirgsbaches in den Pyrenaeen. Sie ging nicht darauf ein.
    Aintzane hoerte, wie Fiona auf einmal wieder zu sprechen anfing! Sie war erleichtert, doch sie hoerte auf einmal, wie Fiona zu sprechen anfing.
    Doch die Sprache, die sie sprach, war nicht latein.
    Vielmehr war es jene Sprache, die Aintzane hie und da gehoert hatte, als sie noch auf jener Villa in Nordgallien Sklavin war... es war die Sprache der Briten, der Inselbewohner, die regelmaessig aus dem Norden kamen, um verschiede Sachen in Nordgallien zu kaufen - vor allem Zwiebeln.
    Sie marterte ihr Gehirn auf der Suche nach Worten in dieser Sprache, die sie kannte, aber sie musste zugeben, dass jenes Vokabular aeusserst duerftig war. Das erste war irgendetwas mit ihrem Kopf, glaubte sie... das zweite verstand sie nicht.
    Ihre naechsten Worte brachten dann die komplette Einsicht. Aintzane sah fast ihren frueheren Lehrer Oligos vor ihr stehen, der sie ueber die Symptome des Gedaechtnisverlustes lehrte.
    "Fiona.", meinte sie, so sanft sie konnte, "Es ist alles gut. Es wird alles gut. Kannst du aufstehen? Ich bringe dich ins Haus."

  • Dann entdeckte sie noch eine andere Frau, die neben jener auftauchte, die sich über sie gebeugt hatte. Diese zweite Unbekannte sprach sie mit Namen an.
    "Du kennst meinen Namen? Sollten wir uns etwa kennen?"
    Fragend blickte sie beide Frauen an.
    "Kann mir jetzt endlich eine von euch erzählen, was hier los ist!?"
    Sie versuchte aufzustehen, doch das wollte ihr nicht recht gelingen.
    Alles tat ihr so schreckich weh! Besonders ihr rechter Arm schien etwas mehr in Mitleidenschaft gezogen worden sein.
    Auuuu! Mein Arm! Mein rechter Arm!
    Die Schmerzen trieben ihr die Tränen in die Augen, doch vor diesen zwei unbekannten Frauen wollte sie sich nicht die Blöße geben und weinen.

  • In der Zwischenzeit lief Minna besorgt die Straße entlang um den Medicus zu holen. Immer wieder hatte sie dabei das Bild vor ihren Augen, wie Fiona die Leiter herunterstürzte und anschließend regungslos am Boden lag. Sie machte sich schreckliche Sorgen um ihre Freundin. Hoffentlich hatte sie sich keine ernsthaften Verletzungen zugetragen. Wäre sie doch nur an ihrer Stelle hochgeklettert, dachte sie vorwurfsvoll.


    Endlich, Minna ist es wie eine Ewigkeit vorgekommen, traf sie beim Haus des Medicus ein. "Schnell, schnell, ich brauche einen Medicus!" Völlig aufgelöst sprach sie eine junge Frau, scheinbar ebenfalls eine Sklavin, an, die gerade an der Porta vorbei ging. Diese holte augenblicklich den Medicus. Ein älterer Mann mit bereits ergrauten Haaren und einem Bart kam zum nach einiger zum Vorschein. "Salve, was kann ich für dich tun?" Minna schilderte ihm aufgeregt die ganze Situation. Dieser begriff zum Glück den Ernst der Lage und packte schnell seine Sachen zusammen und lief hinter Minna her.


    Als sie bei der Villa ankamen, stellte Minna erleichtert fest, dass Fiona wieder bei Bewusstsein. Freudig lief sie auf sie zu. "Fiona, ein Glück, du bist noch am Leben!!" Tränen liefen ihr vor Freude übers Gesicht. Doch schon als sie sich ihr näherte, merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Fiona stammelte irgendetwas in einer ihr unbekannten Sprache. Es schien die Muttersprache von ihr zu sein. Fragend blickte sie zu Aintzane hinüber. Währenddessen machte sich der Medicus an seine Arbeit. Er kniete sich neben Fiona und begann sie behutsam zu untersuchen.

  • "Ja, ich kenne dich. Ich bin Aintzane. Aintzane, und alles wird gut, ekine Sorge. Alles wird bestens, Fiona. Was hier los ist, ist nicht wichtig. Du bist in Sicherheit.", erklärte sie mit ruhiger Stimme.
    Als sie den rechten Arm anfasste, schrie Fiona auf und Aintzane sah, dass der Silurerin fast die Tränen in den Augen standen. Der Arm. Er hatte eine merkwürdige Krümmung. Konnte es etwa ein gebrochener Knochen sein? Große Mutter der Erde, erspare uns das, dachte sich Aintzane.
    Da sah sie Minna mit dem Medicus zurückkommen. Die war aber schnell, dachte sich Aintzane, war aber auch erleichtert, dass dem so war.
    Der Medicus kniete sich neben Fiona hin. "Ich glaube, sie hat einen Gedächtnisverlust, ziemlich sicher auch eine Gehirnerschütterung und eventuell einen gebrochenen Arm.", meinte Aintzane zum Arzt und zu Minna. Dann blickte sie zu Minna hin. "Ja, Fiona lebt noch, aber ich glaube nicht, dass es ihr gut geht. Es ist ganz wichtig, dass du bei ihr bleibst. Ich muss jetzt weg." Leicht, damit Deandra es nicht bemerkte, nickte sie seitlich zu ihr hin. "Ich muss das Haus irgendwie öffnen. Pass gut auf Fiona auf."
    Dann warf sie nochmals einen Blick auf die am Boden liegende Fiona und ging möglichst schnell zum Haus.
    Sie fand die Tür noch immer verschlossen vor. Was sollte sie bloß tun?

  • "Aintzane? Ich kenne keine Aintzane!
    Kaum hatte sie das gesagt, kam schon die nächste Fremde, die sie mit ihrem Namen ansprach. Sie war in Begleitung eines Römers, der sich später als Arzt herausstellte. Gabes hier irgendwo ein Nest?
    "Ach, und du kennst mich natürlich auch!" Mittlerweile hatte sie es aufgegeben, Fragen zu stellen.


    Sie schaute sich um. wo war sie nur? Wo waren die Wälder ihrer Heimat? Sie hörte das Plätschern des Usk nicht. Dies hier war definitiv nicht Cymru, ihre Heimat. Aber wo war sie dann? Und warum gab es hier so viele Römer. Diese Aintzane sprach etwas von Gedächtnisverlust und gebrochenem Arm. Und tatsächlich, als sie sich ihren Arm betrachtete, sah sie, daß dieser leicht verdreht war. Sie erinnerte sich, als Dylan, ihr kleiner Bruder im letzten Sommer von einem hohen Baumgefallen war und sich dabei seinen Arm gebrochen hatte.
    Leise, fast flüsternd fragte sie die Fremde, die den Arzt mitgebracht hatte:
    "Das hier ist nicht Cymru! Was ist hier los? Wo bin ich? Bitte sag es mir!"

  • Das Bewusstsein des Unfallopfers kehrte langsam zurück, deswegen richtete ich mich auf, ohne jedoch den Blick abzuwenden. Als sie zu sprechen anfing, verstand ich zunächst gar nichts, aber die Frage, wer ich bin und was ICH hier auf IHREM Anwesen machte, ließ mich zurückfahren und sie verständnislos anstarren, ehe ich verstand. Irgendetwas stimmte mit ihrer Erinnerung nicht, jedenfalls war das nix für mich. Kleine Kinder und Irre, dazu brauchte man ein Händchen und die Versorgung einer Sklavin fiel ohnehin nicht in meinen Bereich. Erstmalig dankte ich Aintzane im Stillen, dass sie meiner Anweisung nicht gefolgt, sondern hier geblieben war und sich jetzt um Fiona kümmerte.


    Ich trat ein paar Schritte zurück und überließ Aintzane das Feld, bis Minna in Begleitung des Medicus’ kam. Froh darüber, keine Auskunft geben zu müssen, nickte ich dem Mann nur zu. Die Rechnung würde ja sicherlich bei mir landen, aber in aller Regel war das kein Problem. Schließlich war Fiona zuletzt sogar einsichtig und umgänglich gewesen. Auf den merkwürdig verrenkten Arm warf ich nur einen flüchtigen Blick, durch die Pferdezucht war ich längst andere Sachen gewöhnt. Der schwere Lenkerunfall vor Jahren zum Beispiel, als bei einem Rennen eines der Wagenpferde zusammenbrach. Das Überrollen des Wagens hatte viel Unheil angerichtet, von den nachfolgenden Wagen einmal ganz abgesehen.


    Während Aintzane der Eingangstür zustrebte, schweifte mein Blick abermals die Leiter nach oben. So schwer konnte es doch nicht sein, dort hinaufzusteigen, ohne herunterzufallen, aber eine Demonstration dessen unterließ ich dann doch. Es schickte sich nicht und ich wollte ungern für sonderbare Schlagzeilen in der Acta sorgen.


    „Ich fürchte, Fiona wird den Rückweg nach Rom antreten müssen, denn erstens kommen wir derzeit nicht in das Gebäude hinein und zweitens sind nicht genügend Hände da, um sie hier ausreichend versorgen zu können.“


    Es war mehr oder weniger eine Überlegung, die ich laut geäußert hatte. Ich schaute mich nach dem Kutscher um, der demnächst von den Stallungen zurückkehren musste.

  • Vier Tage nach der Ankunft der Claudia Deandra in der villa Antonius



    Und es begab sich zu einer Zeit, da der Himmel gewitterschwanger und dunkel war. Ein fernes Donnergrollen war bereits zu hören, und es war wohl nur mehr eine Frage der Zeit, bis dicke Tropfen aus den Wolken quollen, welche die dürstende Erde zu benetzen suchten und Menschen wie Tiere erquicken würden. Und just in diesem sich zusammenbrauenden Sauwetter musste ich auf einem Gaul sitzen und Meile um Meile nach Ostia reiten.


    Ich hatte es besser gewusst, schon im Voraus, aber Matho hatte mich schließlich davon überzeugt, dass ich umso schneller wieder zu Hause war, je schneller meine Hinreise verlief. Die Reise in einer Sänfte fiel damit schon aus, eine Kutsche wäre gegangen, doch hatte ich schlicht keine Lust auf die einzuholende Genehmigung, um per Fuhrwerk durch Rom zu fahren. Also musste ein Pferd her, am besten ein sanftes, das unvermögende Reiter gewohnt war und sich dementsprechend lammfromm verhielt, auch wenn man wie ein Berserker an den Zügeln zerrte und wie ein Schluck Wasser im Sattel hing. Brix hatte mir eine weiße Stute aufzäumen lassen, die den Namen Euphrosyne trug. Das war griechisch und bedeutete "Frohsinn", und das wiederum passte ziemlich gut auf die Stute, deren Augen glänzten, deren Gemüt sanft und deren Fell seidig war. Nichtsdestotrotz war und blieb sie gute zwei Meter hoch.


    Nun ja, irgendwie hatte ich es allerdings auf den Gaul geschafft und befand mich auf halbem Wege Richtung Ostia, wo ich persönlich die verwunschene villa nach Deandra absuchen wollte. Wenn es einen Platz gab, an dem ihre Anwesenheit am wahrscheinlichsten war, dann war es dieser Ort. Mich begleiteten die obligatorischen Soldaten der cohortes urbanae, denen ich Pferde gestellt hatte und die mir inzwischen schon wie ein Anhängsel meinerselbst vor kamen. Außerdem ritten Brix und Trautwini mit, und alle waren bewaffnet außer mir selbst, sah man von dem schlanken pugio mit dem Griff aus Elfenbein ab. Am Sattel festhaltend, gelang mir sogar ein langsamer Galopp, den ich mit jeder Meile für angenehmer auszuhalten befand als noch in Rom, wo ich mit weichen Knien den Pferderücken erklommen hatte.


    Zehn Minuten später erreichten wir Ostia, und da man hier ebensowenig wie in Rom durch die Gassen reiten durfte - es sei denn, man war ein schwarz gekleideter Prätorianer - stieg ich ab und reichte Brix die Zügel. Einen Moment zitterten meine Beine von der ungewohnten Belastung, dann führte ich den kleinen Trupp an und wir schlugen uns durch halb verlassene Gassen einen Hügel hinauf und gingen beinahe wieder aus der Stadt hinaus. Das Haus an sich hatte ich durchaus anders in Erinnerung. Nicht so heruntergekommen, übergrünt und verwunschen, sondern klein, aber durchaus herrschaftlich und schmuck. Das schmiedeeiserne Tor, welches das schmale Gartenstück voller Unkraut vorn begrenzte, hing nurmehr halb in seinen Angeln und quietschte schrecklich, als ich, flankiert von zwei Soldaten, den Gartenweg betrat und auf die porta zusteuerte. Die Pferde wurden derweil von den Sklaven und restlichen Soldaten um das Haus herum und zu den angrenzenden kleinen Stallungen geführt. Hochstpersönlich klopfte ich schwerfällig an das dunkle, wurmstichige Holz, während Trautwini bereits einen Schlüsselbund hervorkramte, falls niemand öffnen wollte.


    Als nach einer Weile nichts geschah, bedeutete ich Trautwini mit einem Nicken, dass er die Tür so öffnen sollte, und der Germane schob klappernd den am klobigen Schlüsselring befestigten Schlüssel ins Schloss und drehte ihn allmählich herum...

  • Die Römerin hatte sich mittlerweile etwas von Fiona entfernt, nachdem diese wieder zu sich gekmmen war.
    Was hatte sie da eben gesagt?
    "Moment, moment, was sagst du da? Ich soll wieder zurück nach Rom? Wieso nach Rom?"
    Allmälig begann es Fiona zu dämmern, in welcher Situation sie sich befand.
    "Oh nein, nein, nein! Das kann nicht sein! Das darf nicht sein!!!"
    In diesem Moment der Ablenkung, versuchte der Arzt, Fionas Arm wieder zu richten.
    Ein höllischer Schmerz durchfuhr Fionas Körper.
    Sie schrie vor Schmerz kurz auf und verfiel erneut in Ohnmacht.

  • In der Villa Antoninus waren noch keineswegs die Beschäftigungsfelder an die Sklaven verteilt, daher machte jeder das, was ihm gerade ins Auge fiel. Als es an der Tür klopfte, sah sich Panda berufen, hinzuzueilen, aber trotz flinker Schritte kam sie etwas zu spät – ein Schlüssel wurde soeben in das Schloss eingeführt. Die Sklavin unterbrach ihre Handlung unmittelbar vor der Tür und blickte zunächst verdattert auf die Klinke, weil niemand mit Schlüssel erwartet wurde. Schließlich bewohnte die Herrin Deandra das Anwesen ganz alleine und sie weilte bereits im Haus.
    Demnach, so schlussfolgerte Panda, musste es sich um einen Einbrecher mit Universaltüröffner handeln, der das Schloss zu überlisten versuchte. Mit einem tiefen Durchatmen machte sich die Sklavin Mut, drückte das Kinn auf die Brust und riss die Tür mit einem beherzten Schrei auf. „Huah!“ Allerdings flog das Holz weniger leicht als erwartet, weil auf der Rückseite ein knöcherner Mann samt Schlüssel daran hing.


    „Zum Had…“, wetterte Panda los, sah aber noch rechtzeitig, oder wenigstens vor Beendigung des Fluches, dass der Herr Aurelius hinter dem „Einbrecher“ stand.


    „Oh, … ich bitte viiiielmals, äh, … um Entschuldigung“, stammelte sie, schlug die Hand vor den Mund und entschloss sich daraufhin, die Situation mittels überbrachter Informationen zu retten, denn es bedurfte keiner besonderen Intelligenz, um zu erraten, zu wem der Besucher wollte.


    „Herr, Corvinus, was für eine Überraschung. Die Herrin rechnet ganz sicher nicht damit. Bitte einzutreten, nur wird es etwas dauern, bis …“ Verzweifelt rang die Sklavin nach Worten, denn einen Gast hätte sie einfach ins Atrium geschickt und gebeten zu warten, bis Deandra … fertig war. Aber den Herrn konnte sie unmöglich ohne eine Erklärung warten lassen. Sie wandte sich, rieb sich das Kinn und rückte schließlich mir der Sprache heraus.


    „Die Herrin hat sich für gewisse Zeit an einen bestimmten Ort zurückgezogen, wenn du verstehst?“ Fragende Augen musterten Corvinus, obwohl dies keineswegs schicklich war. „Sie nimmt neuerdings immer die Acta mit, weswegen der Aufenthalt länger als gewöhnlich dauert.“

  • Es war ein sehr grosser und sehr desolater Hammer, den Aintzane am Haus angelehnt fand, im Zugang zum Hinterhof. Vermulich war es irgendein Handwerker oder Arbeiter, der das Geraet dort gelassen hatte, weil das alte Werkzeug einfach etwas zu schwer und zu klobig war, um es wieder nach Hause zu nehmen.
    Kurz entschlossen packte Aintzane den Hammer, der schon uralt sein musste, und zerrte ihn unter Aufwendung all ihrer Kraefte zur Haustuer hin. In der Ferne hoerte sie Fiona. Ihr schien klar zu werden, dass sie sich nicht mehr in ihrer Heimat befand. Nein, das hier war ganz gewiss nicht Cymru. Sie war weit von ihrer Heimat entfernt.
    Irgendeine noch unentdeckte Kraft in Aintzane veranlasste sie, langsam den Hammer zu heben. "Nicht das und auch sonst nichts.", fluesterte sie in sich hinein, als sie den hammer erhob, langsam und bestaendig. Es war ebenso wenig Cymru wie Euskadi, ihre Heimat. Wo waren die Berge, wo waren die Steppen, wo waren die schier endlosen Straende des Biskayischen Meeres? Alles fort. Langsam wuerde Fiona klar werden, dass sie keine Herrscherin ueber ihr Anwesen mehr war, sondern nur noch Sklavin, genauso wenig, wie Aintzane die Herrin ihres Anwesens in den Pyrenaeen und den Taelern und Wiesen von Pasadaia war.Sie bemerkte mit gewissen Erstaunen, dass sie den Hammer auf die Hoehe ihres Kopfes gebracht hatte.
    Sie liess ihn fallen, direkt auf das Schloss der Tuer hinauf.
    Die Klinke brach ab und fiel mit Klirren zu Boden. Der Hammer fuhr in das Holz der Tuer hinein und traf den Bolzen, der mit einem hellen Klingen ins Haus hineinsprang und mit einem dunpfen Knall etwas traf.
    Der Hammer fiel zu Boden. Die Tuer schwang auf.
    Und Aintzane stand da, starrte auf das zerstoerte Schloss, die offene Tuer. Konnte das wahr sein? Hatte sie das getan?
    Sie blickte zu ihrer Herrin hinueber. Wuerde sie sauer auf Aintzane sein, weil sie die Tuer zerstoert hatte, oder wuerde sie sich freuen, weil die Tuer endlich offen war?

  • Der Schlüssel war bereits zur Hälfte gedreht und damit im Schloss verhakt, als sich plötzlich die Tür öffnete und Trautwinis Arm in die Länge gezogen wurde. Ob des Kampfgeschreis erschrocken, ließ er den Schlüsselbund fahren und starrte die dickliche Sklavin an, die ihm in diesem Moment wie der germanische Kriegsgott Tyr in Gestalt eines Weibes erschien. Dennoch trat er mutig einen Schritt zwischen seinen dominus und die Dämonin, doch kaum hatte sie erkannt, wer dort noch vor der Tür stand, wurde ihr Gesicht eine Spur fahler und sie entschuldigte sich.


    Ich schob Trautwini aus dem Weg und nahm mir die Freiheit, ohne Aufforderung in das Haus einzutreten, in dem ich gewisse Rechte besaß, ohne dass sie mir jemand zuerst gewähren musste. Derweil drückte sich die Sklavin, die ich nicht namentlich kannte und auch sonst nur bei wenigen Gelegenheiten im Hause der Claudier gesehen hatte, um eine Erklärung herum. Ich begab mich direkt zur Mitte des atrium, wodurch die Sklavin mir folgen musste. Ihre Informationen nahm ich schweigend zur Kenntnis, dann aber fiel ich ihr ins Wort. "Ich wünsche, dass du sie über meine Anwesenheit benachrichtigst und es ist mir ganz gleich, ob sie ein Bad nimmt, schläft, liest oder sich auf der latrina befindet. Im Übrigen werde ich dafür sorgen, dass du von nun an Küchendienst verrichten wirst, denn als ianitor scheinst du mir gänzlich ungeeignet. Und nun fort, ich warte nicht gern."


    Zugegebenermaßen waren das für meine Verhältnisse recht harsche Worte, doch zum einen hatte das Verhalten der Sklavin nicht gerade zur Besserung meiner Laune beigetragen, zum anderen war ich doch recht überrascht, dass sich Deandra tatsächlich hier befand, auch wenn sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl beschäftigt war. Ich wedelte nochmals ungeduldig mit der Hand, um die Sklavin endlich zu Fortgehen zu bewegen, dann wandte ich mich um und musterte die mir nur leicht vertraute Empfangshalle, aus der Deandra in dieser kurzen Zeit durchaus etwas Sehenswertes gemacht hatte. Trautwini, die beiden milites und ich warteten hier, während sich nach und nach die anderen Sklaven zu uns gesellten, so dass das kleine atrium bald einer Versammlungshalle glich, in der ich mich fühlte wie ein König, der eine Audienz gewährte - wenn auch ein echter König wohl kein violettes rechtes Auge haben würde.

  • Zu Pandas Erklärungsnöten gesellte sich noch Verblüffung über den scharfen Tonfall, weswegen sie vergaß, wenigstens jetzt den Blick von dem Herrn abzuwenden. Es dauerte einige Sekunden bis sie sich fing und der erstarrte Körper in Bewegung kam. „Jaja, natürlich informiere ich sie“, erwiderte sie, während sie sich bereits umdrehte. Unterstützt durch das taktgleiche Schwingen der angewinkelte Arme bahnte sie sich den Weg zur Latrine der Villa.


    „Bei Freyja und Sunucsal, den möchte ich nicht geschenkt haben“, murmelte sie vor sich hin. „Die Ähnlichkeit mit Jari ist nicht zu verkennen.“ Panda schnaufte, weil ihr das Sprechen die benötigte Luft zum Laufen nahm, denn sie konnte es nicht lassen, in lockerer Folge, weitere Gedankenergüsse vor sich hinzubrabbeln. Als die angestrebte Tür schließlich in Reichweite kam, hielt sie zunächst für einige Augenblicke inne, um wieder zu Atem zu kommen. ‚Herrin, Ragnarök ist nahe’, stellte sie insgeheim fest, als sie an den Besucher dachte, weswegen der Arm vor dem Anklopfen kurz verharrte. Anschließend prallten ihre Fingerknöchel zweimal hart auf das Türblatt.


    „Herrin?“ Sie lauschte einen kurzen Moment, sprach jedoch als keine Antwort kam, einfach weiter. „Der Herr Corvinus stattet dir einen Besuch ab. Er ist voller Vorfreude und daher etwas aufgeregt“, log sie spontan, um das nach ihrer Ansicht unmöglich ausbleibende Fiasko etwas nach hinten zu verschieben.



    Als es klopfte, runzelte ich die Stirn. Ich fand es ungeheuerlich, mich ausgerechnet jetzt mit Belanglosigkeiten zu stören, daher antwortete ich auch nicht. Die nachfolgende Mitteilung ließ mich jedoch aufhorchen. Corvinus? Hier? Das würde ja bedeuten, er wollte mich sehen, und das sogar unbedingt, wenn er sich sogar die Mühe gemacht hatte, um meinen Wohnort herauszufinden. Ein Lächeln überzog mein Gesicht. Hatten das etwa die Götter bewirkt? Mischten sie sich fortan in mein Leben ein, um es angenehmer als bisher zu gestalten? Und was sagte noch Panda? Er ist voller Vorfreude? Natürlich freute ich mich jetzt auch, was sonst? Ich beeilte mich, die Angelegenheit zu einem Abschluss zu bringen, da bei allem eingebauten Komfort diese Latrine ein unschöner Ort war und blieb.


    „So? Er freut sich also?“, bestürmte ich Panda sogleich, als ich über die Türschwelle trat.


    „Man könnte es so bezeichnen“, erwiderte die Sklavin ausweichend. „Nun aber, Herrin, müssen wir erst einmal die Hände waschen und vielleicht noch etwas Duftöl auflegen.“ ‚Am besten so viel, dass es dem Mann die Sinne verwirrt und er von seinem „schlechte-Laune-Ausflug“ herunterkommt.’


    Mit den Gedanken ohnehin abwesend, ließ ich das Waschen der Hände über mich ergehen. Als jedoch Panda mit dem Flakon kam, hob ich abwehrend die Hände. „Es ist genügend aufgelegt, ich verabscheue Duftbomben, das weißt du doch.“ Ich warf noch einen flüchtigen Blick an mir herab, befand die Garderobe aber als angemessen und vollkommen intakt. Mit einem Lächeln auf den Lippen machte ich mich sogleich auf den Weg ins Atrium, wo es üblich war, sich zu treffen.


    Mein Lächeln verschwand, als ich neben unzähligen Sklaven auch Soldaten bemerkte. Ich war auf ein privates Treffen vorbereitet gewesen, wollte ihn vertraulich begrüßen, und nun das. Dennoch … wir waren hier nicht in der Öffentlichkeit, also würde ich mir von ein paar anwesenden Soldaten sicher nicht vorschreiben lassen, wie ich mich in meinem Hause zu bewegen hatte. Ich bedachte die Herren mit einem kurzen Blick, der als Gruß genügen sollte, und trat anschließend auf Corvinus zu.
    Bereits im Begriff, ihn mit einem Kuss auf die Wange zu begrüßen, stockte ich abermals, als er sich mir zuwandte. Ich musste erstaunt aussehen, zumindest empfand ich große Verblüffung, als ich das geschwollene und verfärbte Auge sah. Einen Atemzug später hob ich die Hand, um mich durch ein sanftes Entlangstreichen davon zu überzeugen, dass es sich keineswegs um eine geschickt gefertigte Maske handelte.


    „Schön, dich zu sehen …“, murmelte ich, bevor meine Hand über seine Wange bis zur Brust hinab sank. „Du hattest einen Unfall?“, fragte ich, wobei Unfall vermutlich nicht das richtige Wort war, aber das fiel mir im Augenblick noch nicht einmal auf, weil ich noch immer Schwierigkeiten hatte, plausible Erklärungen für den merkwürdigen Auflauf in meinem Atrium zu finden.

  • Fionas Protest wegen meiner Entscheidung ging in einem ohrenbetäubenden Bersten von Holz unter, das mich zusammenschrecken und herumfahren ließ.


    „Bei den Göttern… Was war das?“ Vermutlich trug mich mehr Sorge als Neugier, auf jeden Fall lief ich los. Ich hatte vorhin nur nebenbei registriert, dass Aintzane meinem Auftrag, wenn auch verspätet, nachging und den Versuch anstellte, in das Haus zu gelangen. Einfälle besaß sie immer, das wusste ich bereits, inwieweit sie erfolgreich waren, würde sich zeigen. Und sie zeigten sich auch bald. Einem großen Loch gähnte mir die düstere Eingangshalle entgegen, vor der Aintzane stand, die mich wortlos anstaunte.


    „Ja, prima gemacht“, lobte ich, sah allerdings anschließend zu Boden, erblickte den Hammer und das Schloss. Nun ja, das muss dann wohl ausgewechselt werden, dachte ich bei mir, trat näher und warf einen Blick auf das durchaus in Mitleidenschaft gezogene Türblatt. „Hm, ein Tischler wird wohl kaum innerhalb weniger Stunden eine stabile Porta fertigen können, oder?“, überlegte ich, obwohl mir bewusst war, dass Aintzane darauf vermutlich keine Antwort finden würde. „Dann müsst ihr nachher wohl auf dem Weg zum Markt einen Abstecher zum Tischler machen. Aber nachts? Was machen wir, wenn es dunkel wird? Da kann ja nun alles Pack hereinkommen? Tja, müssen wir wohl nachher sehen… Räume du erst mal die herumliegenden Sachen fort und dann lass uns eintreten, damit wir die Zimmer begutachten und zumindest vorerst eines für die Verletzte herrichten. Also, natürlich richtest du das her, nicht wir.“


    Bei so viel Aufregung und Durcheinander konnte es schon einmal vorkommen, dass man konfus redete, zumindest sagte ich mir das in diesem Moment, während ich mit der Rechten die Porta vorkommen aufschob, den Kopf reckte und schließlich über die Schwelle trat. Der Anblick war wenig erfreulich. Offenbar wurde vor Zeiten die Villa unaufgeräumt verlassen, denn eine Standamphore lag zerschmettert am Boden und ihr Inhalt, was auch immer das war, nahm wenigstens zwei Drittel des Eingangsbereiches ein.


    „Ach, Aintzane, schau doch mal, was hier ausgelaufen ist“, wies ich meine Sklavin an, als sie ebenfalls den Eingangsbereich betreten hatte.

  • So. Deandra war also wahrhaftig zuegegen. Ich stellte mir die Frage, warum in aller Welt es unbedingt Ostia sein musste, unbedingt dieses Landhaus. Waren denn die claudischen Gefilde nicht angemessen? Dürstete es ihr nach Abgeschiedenheit? Aquilius' Worte kamen mir wieder in den Kopf: Sie scheint sprunghaft. Du solltest dich fragen, wie beständig ihre Wünsche sind. Bewies ihr Verhalten nicht, dass es so war, wie Aquilius gesagt hatte? Warum sonst hätte sie die Familie verlassen sollen, in die sie sich auf eigenen Wunsch hatte hineinadoptieren lassen?


    In meine Grübeleien hinein trat schließlich Deandra in die kleine Halle, und das so leise, dass ich sie erst bemerkte, als sie unmittelbar neben mir stand und mich per Küsschen begrüßen wollte. Eigentlich hatte ich einen strengen und missgelaunten Gesichtsausdruck für diesen Moment geplant, aber im ersten Moment war ich doch froh, dass sie wohlbehalten vor mir stand. Ich räusperte mich und versuchte, einen der geplanten Gesinnungen auf meinem Antlitz erscheinen zu lassen, was sich augenblicklich in einer strengen Mimik niederschlug. Als Deandra die Hand hob, um mein blaues Auge zu berühren, hielt ich ihre Hand fest und führte sie zur Seite, dann ließ ich das Handgelenk los. "Nein, eine Schlägerei", erwiderte ich grußlos. "Lasst uns allein", kommandierte ich und wartete, bis sich das atrium geleert hatte. Dann begann ich augenblicklich damit, auf und ab zu gehen, mit auf dem Rücken zusammengefassten Händen, versteht sich.


    "Kennst du schon die Geschichte, von der Frau, die weglief? Ich will sie dir mal grob umreißen, Deandra.
    Es war einmal eine Frau, nennen wir sie Drusilla, die fühlte sich ungerecht behandelt, fühlte sich unverstanden und ungeliebt, und deswegen beschloss sie, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einfach fortzulaufen wie ein kleines Mädchen. Natürlich sagte sie niemandem, wohin sie zu gehen beabsichtigte, und selbstverständlich war sie so selbstbewusst, dass sie ohne auch nur an Schutz zu denken in ihre Kutsche stieg und abfuhr. Während sie also nun abgesondert und zurückgezogen ihr Dasein fristete - ob zufrieden oder nicht, sei dahingestellt - hatte sie natürlich keine Ahnung, dass nicht nur ihr Vater, sondern auch ihre Schwester, ihr Verlobter und dessen Familie krank vor Sorge überall nach ihr suchten. Sie scheuten keine Mühen und nahmen selbst weite Reisen auf sich, um Drusilla zu finden. Es dauerte beinahe eine ganze Woche, bis ihr Verlobter sie fand, wie sie wohlauf, aber unbeteiligt an den ganzen Sorgen und Ängsten, die sie heraufbeschworen und selbst verursacht hatte, in ihrem frisch gemachten Nest saß. Er war weder angetan von ihrer Handlungsweise, noch würde er ein solch dummes Verhalten in einer Ehe tolerieren. Vermutlich war sich Drusilla nicht darüber im Klaren, dass ihr Verlobter eigentlich besseres zu tun gehabt hätte, als tagelang nach ihr zu suchen, er war nämlich decemvir und als solcher hatte der Magistrat Verpflichtungen und konnte sich nicht leisten, so viel Zeit für eine sinnfreie Suche zu verschwenden. Jedoch, als er dann bei ihr ankam und sah, dass es ihr gut ging, erzählte er ihr eine Geschichte, die dieser gar nicht unähnlich ist. Und als er schloss, da stand nurmehr die Frage nach dem Warum im Raum, ehe sich Drusillas Verlobter abwenden und allein wieder nach Hause reiten würde"
    , erzählte ich in möglichst neutralem Tonfall. Dennoch gelang es mir nicht, den unterschwelligen Ärger gänzlich rauszuhalten. Ich blieb stehen, gute vier Meter von Deandra entfernt, wandte mich zu ihr um und verschränkte die Hnde vor der Brust. "Und das, obwohl Drusillas Verlobter Pferde hasste", fügte ich nüchtern hinzu und rührte mich nicht mehr.

  • Als Deandra mit einem gewissen Staunen in ihrer Stimme fragte, was das denn gewesen war, fuhr Aintzane zusammen. Sie hatte sich die ganze Zeit auf die zerstoerte Tuere konzentriert. Was jetzt?
    Ihre Herrin meinte, sie habe das gut gemacht, und Aintzanes Schultern sanken erleichtert hinab. Na also, ging doch. Unwillkuerlich fragte sie sich, was es gegeben haette, wenn Fiona das selbe getan haette... vermutlich ein Donnerwetter. Aber sie hielt sich nicht lange mit solchen Theorien auf, sondern hoerte aufmerksam ihrer Herrin zu. Was die roemische Patrizierin von sich gab, klang ausgesprochen verwirrt. Hatte sie doch Anteil genommen an Fionas Schicksal? Hatte das sie so verwirrt? Oder war es der selbe, nebuloese Grund, der sie veranlasst hatte, Hals ueber Kopf aus Rom zu fliehen? Nun, eines stand fest: Sie konne jetzt wieder arbeiten.
    Immerhin, Zimmer begutachten... das klang nach ein paar Minuten Pause. Doch als sie hinter Deandra das Zimmer betrat, verblueffte sie etwas.
    Der unglaubliche Gestank, der im Haus herrschte und offenbar von einer zerbrochenen Amphore ausging. Ein kurzer Blick bestaetigte den Verdacht, den sie hegte. Der Bolzen hatte, als er ins Haus hineingeschnellt war, genau jene Vase getroffen. Darueber wuerde Aintzane sicher schweigen.
    Die Herrin befahl ihr, wie sie schon erwartet hatte, den Inhalt, der am Boden ausgeschwemmt lag, zu untersuchen. Also dann, los geht's. Im Sud sah sie zunaechst einmal den Bolzen liegen, komplett von der Bruehe verkleistert.
    Ganz, ganz versichtig dippte sie mit ihrem rechten kleinen Finger in die Suppe. Als sie die Hand wieder hob, zog das Geschluder einen Faden hinter sich nach. Das Zeug war klebriger als alles andere, was sie kannte.
    Sie fuhr langsam mit der rechten Hand ins Tageslicht, dass durch die offene Tuer hindurchstroemte.
    Die Fluessigkeit war braeunlich. Was es war, konnte sie beim besten Willen nicht sagen. Innerlich tippte sie auf Kuhfladen. Nur dass jenes nicht so klebrig war wie der Sud, der an ihrer Hand pickte. Die Galle stieg ihr hoch, und angeekelt wandte sie ihr Gesicht von ihrem Finger ab, hin zu Deandra. "Ich weiss nicht, was das ist. Ich weiss nur, dass es wegmuss, und zwar so schnell wie nur moeglich." Ein dumpfer Verdacht stieg in ihr hoch. "Weisst du zufaelligerweise, wie lange Olivenoel braucht, bis es verdirbt? Und wann war das letzte Mal jemand in diesem Haus?", fragte sie ihre Herrin.

  • Währenddessen kümmerte sich Minna gemeinsam mit dem Medicus um Fiona, die erneut in Ohnmacht gefallen war. Arme Fiona! Der Schock gepaart mit den starken Schmerzen musste zuviel für sie gewesen sein. Hoffentlich würde sie bald wieder zu sich kommen. Aber so würde sie wenigstens nicht die Schmerzen der Behandlung ertragen müssen. Der Medicus untersuchte zunächst ihren Kopf und anschließend ihren Arm, der scheinbar gebrochen war. Bis auf den Arm schien zum Glück nichts gebrochen zu sein. Schließlich behandelte er notdürftig eine kleine Platzwunde an ihrer Stirn. Die Wunde war nicht besonders klein, aber ungefährlich. Minna half ihm dabei so gut es ging, indem sie ihm die benötigten Utensilien reichte und Fionas Beine hochlegte. Konzentriert verfolgte sie seine Verfahrensweise, vielleicht konnte sie hier nicht nur helfen, sondern auch etwas lernen. "Wir müssen sie ins Haus bringen und auf ein Bett ruhig legen. Dort kann ich ihren gebrochenen Arm in eine Schiene legen." Minna hörte aufmerksam zu und nickte. Zusammen hievten sie die bewusstlose Fiona hoch und trugen sie behutsam in die Villa. Glücklicherweise war es Aintzane in der Zwischenzeit gelungen, die Porta zu öffnen. Anscheinend hatte diese die Porta kurzerhand aufgebrochen, urteilte Minna dem unüberhörbaren Lärm zufolge.


    Als sie am Eingangsbereich ankamen, blieb Minna abrupt stehen. Ihr Blick fiel prompt auf die Brühe am Boden, die fürchterlich stank. Was war denn hier schon wieder geschehen? Verdutzt schaute sie Deandra und Aintzane an. "Herrin, wo können wir Fiona hinlegen? Ihr Arm muss dringend geschient werden." Außerdem wurde sie langsam schwer und Minna konnte sie nicht mehr lange tragen. Aber so wie es aussah, war noch kein Zimmer eingerichtet, in dem man Fiona unterbringen konnte. Wohin sollten sie sie also bringen?

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