Das Arbeitszimmer des Pater Familias

  • Mit versteinerter Miene ging ich in meinem Arbeitszimmer auf und ab. Die Gedanken bei meinem toten Bruder.


    Kaum nahm ich das Klopfen wahr, rief leise "Herein..."

  • Mit grimmigem Gesichtsausdruck kam ich herein, vom Tod von Festus hatte ich noch nichts gehört, dementsprechend war ich ziemlich sauer auf meinen verbliebenen Bruder.
    "Was soll dieser Unsinn mit dem Vermächtnis?", setzte ich also sofort an.

  • "Ja, ich habe vergessen dir davon zu erzählen. Weil bisher noch keine Notwendigkeit dafür bestand.“ entgegnete ich meiner Schwester.


    "Doch mit welchem Recht machst du mir Vorwürfe, Aelia? Hast du selbst nicht ebenfalls etwas Wichtiges versäumt? Hast du mich darüber unterrichtet, dass zwischen dir und diesem Corvus etwas ist? Hast du mich auf seinen Besuch vorbereitet?“ fragte ich, ziemlich ungehalten.


    "Nein. Da kommt dieser…“ Ich suchte nach Worten. ´Aufgeblasener Wichtel´ war in meinen Augen die angemessene Bezeichnung, wenn ich an den unziemlichen Auftritt von Corvus zurückdachte. Jedoch wollte ich nicht noch Öl ins Feuer gießen und setzte meinen Satz stattdessen fort mit "…dieser Prätorianer daher. Erst stellt er mir Fragen unter dem Deckmantel dienstlicher Ermittlungen und fast im selben Atemzuge fängt er an plötzlich irgendetwas von Liebe und Hochzeit zu erzählen. Meine Überraschung darüber kannst du dir vielleicht ausmalen. Du hast mich vor ihm wie den letzten Trottel dastehen lassen, der nicht weiß was in seiner Familia vor sich geht.“


    Der Gedanke daran machte mich immer noch wütend.


    "Bisher war es bei uns so üblich, dass meine Schwestern und auch die anderen Mitglieder der Familia den Pater Familias über derartige Dinge vorher unterrichten. Bevor irgendwelche Verehrer ins Haus gestürmt kommen, deren Benehmen dann auch noch zu wünschen übrig lässt.“


    Erklären konnte ich mir immer noch nicht, warum meine Schwester nicht vorher mit mir darüber gesprochen hatte.


    "Alle Familienmitglieder haben sich bisher an diesen Brauch gehalten. Auch du, Aelia. Bei Victor war es jedenfalls so. Habe ich jemals dein Vertrauen missbraucht, dass du unsere Familie so bloßstellen mußtest? Ich kann mich nicht entsinnen…“


    Meine größte Wut nach Aelias Vorwürfen war vorbei, nun spürte ich wieder die tiefe Trauer in meinem Herzen und fügte in milderem Tonfall hinzu. "Setz dich, Aelia. Ich muß dir etwas sehr Schlimmes sagen…“

  • "Ach, die Reaktion wäre natürlich gaaanz anders ausgefallen, wenn ich dir von ihm erzählt hätte, sicher...", blaffte ich zurück. Nun war ich also Schuld, prima, genau so hatte ich mir das vorgestellt. "Was, wenn ich mich nun in den popligsten, unwichtigsten Gemüsehändler vom Forum verliebt hätte? Der nie auch nur den Hauch einer Chance hätte, Senator zu werden? Aber warte, ich habe ja ganz vergessen, ich bin sowieso nur die Ausnahme, weil dieses Vermächtnis scheinbar speziell für mich gemacht wurde. Aemilia und Junilla haben jedenfalls meines Wissens nie Senatoren geheiratet, nicht wahr?"


    Ich redete mich immer mehr in Rage, die Worte meines Bruders taten das ihrige dazu.
    "Sagen wir, ich habe vergessen dir von ihm zu erzählen, weil bisher noch keine Notwendigkeit dafür bestand.", fügte ich mit sarkastischem Lächeln und zusammengekniffenen Augen hinzu.


    Wieder mit ernster Miene fuhr ich fort.
    "Damals bei Victor war einiges ganz anders, Falco. Wir haben uns damals noch öfter gesehen, du warst nicht so beschäftigt. Willst du mir nun zum Vorwurf machen, dass ich respektiert habe, dass du wohl wichtigeres zu tun hast? Oh, ich vergaß, das hast du ja schon!"


    "Und ob du jemals mein Vertrauen missbraucht hast?"
    Meine Mundwinkel zuckten kurz nach oben.
    "JA! Du hast es getan. In dem Augenblick, in dem du mir NICHT von diesem für mich nun wirklich nicht unwichtigen Vermächtnis erzählt hast! Hälst du mich vielleicht immernoch für deine dumme kleine Schwester, die nicht weiß, was in der Welt vor sich geht? Und jetzt soll ich auch noch die Schuldige sein, weil ich dir nicht von jeder Regung meines Herzens erzählt habe? Merkst du eigentlich nicht, wie lächerlich sich das anhört?
    Du hast mich all die Jahre betrogen um die Wahrheit! Ich bin wirklich verdammt enttäuscht von dir, Falco..."
    Ich wusste langsam nicht mehr, ob ich lachen oder weinen sollte. Das ganze war doch absurd.


    Falcos milder Tonfall bei seinem letzten Satz machte mich misstrauisch. Was war nun wieder?
    "Etwas Schlimmes?", fragte ich, mitnichten besänftigt. "Was könnte noch schlimmer sein, als diese Enttäuschung?"

  • Die meisten Gemüsehändler vom Forum wären mir als Schwager wahrscheinlich symphatischer als dieser überhebliche Prätorianer, schoß es mir bei Aelias Worten durch den Kopf. Natürlich ging das nicht, ein Gemüsehändler als Aelias Mann. Genausowenig wie gegenwärtig dieser Corvus ging. Da sprachen sowohl mein Stand als Senator und vor allem das Versprechen gegenüber meinem Vater dagegen.


    "Oh...“ antwortete ich, nicht minder sarkastisch als meine Schwester. "Wie schön, dass du mir Vertrauensmißbrauch vorwirfst. Wenn mich nicht alles täuscht, wußtest du von diesem vermaledeiten Vermächtnis noch nichts, als du es vorzogst mich bezüglich der Regungen deines Herzens und vor allem hinsichtlich des bevorstehenden Besuchs deines Galans im Dunkeln zu lassen...“


    Hinsichtlich eines Vertrauensbruches waren wir also quitt, konstatierte ich. Wobei ich schlicht und einfach nur vergessen hatte, ihr von diesem Versprechen unserem Vater gegenüber zu erzählen. Warum auch? Bei Victor stand die Frage nicht, der war damals längst auf dem Sprung zum Senator. Wie konnte ich daran denken, daß Aelia so kurz nach diesem Reinfall sich in den Nächsten verliebte? Naja, dachte ich. Das war schon ein Fehler von mir. Bei Frauen sollte man immer auf alles gefaßt sein. Keinesfalls aber glaubte ich meiner Schwester, daß sie es ´vergessen´ hatte mir zu sagen, was sich da anbahnte. Dazu kannte ich sie zu gut.


    "Das ich in letzter Zeit viel zu tun hatte, dass stimmt. Dies werde ich auch ändern, mir wieder mehr Zeit für die Familia nehmen...“ Und viel mehr darauf achten, was die Didia-Mädels so anstellen, nahm ich mir fest vor.


    "Aber so gut kennst du mich nun wahrlich, Aelia, um zu wissen das ich für dich wie für alle anderen Familienmitglieder stets ein offenes Ohr habe. Da mag ich noch so beschäftigt sein. Hast du in letzter Zeit jemals das Gespräch mit mir in dieser Angelegenheit gesucht?“


    Die Antwort konnte ich mir selbst geben, soviel war sicher.


    "Nein. Du hattest andere Gründe, mit mir nicht über Corvus zu reden. Da ich diese nicht kenne und deshalb schlußfolgere, daß du dir der Ernsthaftigkeit deiner Gefühle selbst nicht sicher bist, dass kannst du mir genausowenig verübeln, wie ich dir dein Gefühlschaos nach dem Schlamassel mit Victor verübele."


    Langsam ruhiger werdend fuhr ich fort. "Aemilia und Iunilla, ja, sie heirateten wirklich keine Senatoren. Mit den Männern, welche sie heirateten wurden sie jedoch nicht glücklich, wie du selbst weißt. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, daß dir unser Vater eangesichts der Erfahrungen mit den Ehemännern deiner Schwestern ein solch trauriges Schicksal wie diesen ersparen wollte? Er machte sich große Vorwürfe deshalb und nahm mir das Versprechen ab, dass ich bei der Auswahl eines Ehemannes für dich ein wachsames Auge haben soll, damit du glücklich wirst und keine böse Überraschung erlebst, und das ich dich nur einem Senator zur Frau geben soll. Man mag davon halten was man will, aber er nahm mir dieses Gelübde ab und ich bin daran gebunden.“


    Meine Wut verrauchte und sofort kamen die Gedanken an meinen ermordeten Bruder zurück.


    "Im übrigen ist jetzt ganz gewiß nicht der Zeitpunkt für einen Familienstreit. Über den Wunsch unseres Vaters und wie wir damit umgehen werden sprechen wir später.“


    Nochmals bat ich meine Schwester, diesmal etwas nachdrücklicher. "Setz dich, Aelia.“


    Mit gepreßter Stimme, mühevoll nach Worten suchend. "Festus, unser Bruder...“


    Ich wandte mich zur Seite, um meine feucht glänzenden Augen nicht zu zeigen.


    "Seine Rückkehr nach Rom...“


    Furchtbar schwer es auszusprechen.


    „Seine Heimkehr brachte ihm kein Glück...“

  • Innerlich leise vor mich hin kochend bemühte ich mich, über die Worte meines Bruders nicht zu verärgert auszusehen. Was allerdings nur mit mäßigem Erfolg gelang.


    "Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mit einem Senator, nur weil er Senator ist glücklicher werden könnte? Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein!"


    Je mehr ich davon hörte, desto unsinniger kam es mir vor.
    "Und aus der Tatsache, dass ich dir Corvus verschwiegen habe den Schluss zu ziehen, dass ich mir meiner Gefühle nicht sicher bin ist schlichtweg Blödsinn. Willst du den Grund wissen? Weil ich wusste, dass du dagegen wärst. Nicht, weil Corvus kein Senator ist, nein, weil er Praetorianer ist und weil er ein Germanicus ist, darum."


    Ich blieb auf seine Bitte hin, mich zu setzen auch weiterhin stehen. Wohl einfach, um nicht das zu tun, was er von mir wollte.


    Zitat


    „Seine Heimkehr brachte ihm kein Glück...“


    "Ahja? Dann sind wir wohl schon zu zweit.", erwiderte ich schließlich mit schiefem Lächeln.

  • "Natürlich ist ein Sitz im Senat noch lange keine Gewähr für einen guten Charakter und deshalb hat unser Vater mir ja ans Herz gelegt dass ich bei der Auswahl eines Ehemannes für dich große Sorgfalt an den Tag legen soll." antwortete ich auf Aelias diesbezüglichen Einwurf.


    "Wir sollten beide davon davon ausgehen, daß sich unser Dad etwas gedacht hat bei dieser Verfügung und seine Wünsche respektieren. Im übrigen, gerade wenn du gedacht hast das Corvus keine Chance bei mir hat, hättest du mit mir darüber reden sollen. Wie kommst du eigentlich auf diesen Quatsch?“


    Gerade als Aelia auf diese Frage antworten wollte, winkte ich mit der Hand ab.


    "Schluß jetzt mit der Debattiererei. Es ist in diesem Augenblick nicht wichtig. Ein andermal werden wir das Thema ausführlich zu besprechen.“


    Da sie sich nicht setzen wollte schob ich meiner Schwester einen Stuhl hin, falls sie ihn vielleicht doch gleich benötigen würde.


    "Ich kann nicht sagen, ob dir deine Heimkehr kein Glück brachte. Aber unserem Bruder brachte seine Heimkehr den Tod...“

  • Da mir nun der Mund verboten wurde presste ich die Kiefer zusammen und wartete, was denn nun so Schlimmes passiert war.
    Nicht wichtig...pfft....


    "Den Tod?", wiederholte ich ungläubig. "Festus ist...?"
    Falcos Gesichtsausdruck allein bestätigte es schon.
    Ich sah kurz zum Stuhl, entschied mich aber dagegen, mich zu setzen. Nein, hier drinnen würde ich es keine Sekunde länger aushalten. Das war nun endgültig zu viel.
    Kopfschüttelnd drehte ich mich um und eilte aus dem Raum.

  • Angesichts der Nachricht vom Tode unseres Bruders fand ich Aelias Verhalten ziemlich merkwürdig. Nicht einmal zu fragen, wie Festus zu Tode gekommen ist...


    Seit der Trennung von Victor hatte sie sich stark verändert, dachte ich.

  • Schon vernahm ich die leichtfüßigen Schritte der wiederkehrenden Pandora und den schwereren Gang eines Mannes...



    Zitat

    Original von Iustinus Apologeta

    Sim-Off:

    Bin übers WE offline. Danach hier weiter, ja?


    Sim-Off:

    Ja. :)

  • Die leichtfüßige Sklavin hatte mich in ein Arbeitszimmer gebracht, in dem einer der mächtigsten Männer Roms saß. Der ehrenwerte Consul Marcus Didius Falco, Pater Factionis der factio Praesina, die für ihre Weltoffenheit und Toleranz bekannt ist.


    Ich schwankte wie ich ihn anreden sollte, welche Ehrerbietungen ich ihm zeigen sollte, da sein Wort in dieser Sache großes Gewicht haben würde. Ich entschied mich für eine "mittlere Lösung", indem ich sagte:


    Ehrenwerter Consul und Pater der Grünen! Ich bin Iustinus und man nennt mich den Apologeten. Ich bin ein Christ, kann zwar nicht für die ganze ecclesia Christi sprechen - das tut Euer Verwandter Angelus -, möchte mich aber dennoch heute an Euch wenden - und tue dies nun auch schon - mit einer für Euch kleinen, für mich und meine Brüder aber wesentlichen und großen Sache.


    Ihr werdet schon davon gehört haben, dass einer meiner Brüder, ein Christ wie ich, am heutigen Tage durch den Tod am Kreuz verherrlicht worden ist. Ich möchte Euch nun um nichts anderes bitten, als dass wir seinen Leichnam haben können, dass wir seiner sterblichen Hülle - nach unseren Sitten - eine Wohnstatt bereiten können.

  • Gabriel klopfte an, und da er etwas aufgeregt war, trat er einfach ein, ohne zu warten, ob er überhaupt durfte. Und gerade wollte er etwas sagen, als er sah, das Falco Besuch hatte und er chluckte. Na, das fing ja gut mit ihm an, dachte er.
    »Oh ... eh ... Verzeihung, ich störe!« Und dann wollte er sofort auf dem Absatz kehrt machen.

  • Zitat

    Original von Iustinus Apologeta
    Ehrenwerter Consul und Pater der Grünen! Ich bin Iustinus und man nennt mich den Apologeten. Ich bin ein Christ, kann zwar nicht für die ganze ecclesia Christi sprechen - das tut Euer Verwandter Angelus -, möchte mich aber dennoch heute an Euch wenden - und tue dies nun auch schon - mit einer für Euch kleinen, für mich und meine Brüder aber wesentlichen und großen Sache.


    Ihr werdet schon davon gehört haben, dass einer meiner Brüder, ein Christ wie ich, am heutigen Tage durch den Tod am Kreuz verherrlicht worden ist. Ich möchte Euch nun um nichts anderes bitten, als dass wir seinen Leichnam haben können, dass wir seiner sterblichen Hülle - nach unseren Sitten - eine Wohnstatt bereiten können.


    "Salve Iustinus. Die Nachricht vom Tode eines deiner Glaubensbrüder habe ich mit Entsetzen vernommen. Es ist eine Schande für Rom das dies geschehen konnte und ich werde meinen Einfluß geltend machen, dass derlei sich nicht wiederholen kann."


    Dann dachte ich nach.


    "Der Leichnam... Bist du verwandt mit dem Toten? Weißt du wer der Tote ist? fragte ich.


    "Den Leichnam an dich herausgeben zu lassen, dass übersteigt leider auch den Einfluß eines Consuls. Du müßtest dich diesbezüglich an die Cohortes Urbanae wenden. Die ermitteln in dem Fall und der Leichnam ist ja in dem Sinne ein Beweismittel."l


    Sim-Off:

    Dieses Gespräch findet zeitnah nach dem Leichenfund statt.
    Leichenkühlhäuser gab es damals ja noch nicht.



    Zitat

    Original von Gabriel
    Gabriel klopfte an, und da er etwas aufgeregt war, trat er einfach ein,
    »Oh ... eh ... Verzeihung, ich störe!« Und dann wollte er sofort auf dem Absatz kehrt machen.


    "Einen Moment bitte." sagte ich zu Iustinus.


    Dann wandte ich mich meinem Sklaven zu.


    "Ah, Gabriel. Dir geht es wieder besser. Ich freue mich. Gibt es etwas Wichtiges?"

  • Zitat

    Original von Falco
    "Ah, Gabriel. Dir geht es wieder besser. Ich freue mich. Gibt es etwas Wichtiges?"


    Gabriel schluckte. Er war hier reingeplatzt und störte sicherlich, daß spürte er. Doch auch wenn er sich nicht gerade wohl fühlte, lächelte er entschuldigend und sagte, während er Falco mit leicht schiefen Kopf von unten herauf ansah, aber dennoch nicht demütig wirkte:
    »Verzeih die Störung. Ich wollte mich nur zur Arbeit zurück melden ... und... dir gratulieren zur Geburt des Konsuls ...eh ... ich meine deines Sohnes und deines Amtes ...«
    Na, das hatte ja noch gefehlt, nun hatte er total versagt, dabei hatte er sich doch alles so schön zurecht gelegt ... er hätte vielleicht doch noch einen Tag im Bett liegen bleiben sollen.
    Sein kopf schmückte übrigends noch ein Verband.
    Wieder schluckte er und erwartete ein Donnerwetter.

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