Lucius Decimus Maximian

  • Valeria war schon fast zur Tür hinaus, als Maximian ihr die Hände auf die Schultern legte. Sie fuhr herum und sah ihn ziemlich angesäuert, enttäuscht und aufgewühlt an. Und zornig. So zornig war sie! Mit einer wütenden Geste fegte sie noch im Herumdrehen seine Hände von sich fort.


    "Lass mich einfach in Ruhe! Ich will nicht deine Frau werden, hörst du? Ich will nicht!"
    Sie brach nun vollends in Tränen aus.
    "Geh zu deinem Vater und werde glücklich, Maximian. Ich werde euch verlassen. Ich bin keine Decima. Das war ich nie und ich werde es nie sein. Wozu spielen? Ich werde mir meinen Unterhalt erarbeiten und selbst für mein Kind sorgen. Ich schaffe das schon. Dazu brauche ich dich nicht. Leb wohl."


    Ihre Stimme zitterte gehörig, als sie das tat, was Maximian im Peristyl getan hatte: Sie log. Und zwar, dass sich die Balken bogen. Sie zweifelte nicht daran, dass sie schaffen konnte, was sie sagte. Woran sie zweifelte war, dass Maximian sie gehen lassen würde.
    Valeria wandte sich erneut um.

  • Fassungslos stand Maximian als einziger Zeuge im Raum, als Valeria sich von ihm trennte. Der junge Mann war noch ein wenig bleicher als zuvor geworden, als wäre alles Blut aus seinem Körper gewichen. Seine Hände waren sowas von kalt und das Herz in seiner Brust pochte so leise, als wäre es nicht mehr da.
    War es das? Hatte er sie vertrieben? Hatte er ihre Liebe erstickt und mit ihr die seine zum Tode verurteilt? Entsetzt starrte er die junge Frau, die einst nicht mehr von seiner Seite zu denken war, an. Und was tat sie? Sie wandte ihm noch den Rücken zu, um zu gehen. Möglich, dass das das Resultat seiner Lügen der vergangenen Tage gewesen war. Wahrscheinlich, dass er das alles gar nicht wirklich begriff. Er hatte ja noch nicht einmal den Anfang begriffen.
    Wenn ein Leben ein Spiegel wäre, dann zersprang Maximians Leben in diesem Moment in Tausende von Scherben.
    "Tu das nicht, Valeria. Ich bitte dich", hörte er sich selbst flüstern.

  • Valeria hielt inne. Diese Tonlade kannte sie noch nicht. Sie wandte sich halb um, sah in sein Gesicht. Und ihre Wut verrauchte trotzdem nicht.


    "Was soll ich nicht tun? Mich weiterhin mit dem Vater meines zukünftigen Kindes einlassen? Oder gehen? Warum sollte ich bleiben, Maximian. Du selbst sagtest, dass du mich nicht liebst. Was soll ich tun? Bei einem Mann bleiben, der mich nicht liebt? Sag selbst, das wäre nicht sehr klug, nicht wahr?"


    Valeria redete einfach. Sie klang bitter und das Reden half ihr, ihre Wut verrauchen zu lassen. Nun stand sie da, sah zu dem bedröppelt dastehenden Maximian und hatte die Lippen gepeinigt zu einem blutleeren Strich zusammengepresst. Wegen Maximian hatte sie immer und immer wieder Dummes getan, geweint oder Mut beweisen müssen. Nun war er an der Reihe. Sie hatte einfach keine Kraft mehr.

  • Durch ihre altklugen, verärchtlich gesprochenen Worte wurde er wachgerüttelt. Er löste sich aus seiner Starre, suchte seine Stimme und atmete tief ein. Dann tat er vielleicht etwas, das Valeria nicht erwartet hätte.
    "Du hast Recht, es wäre dumm. So dumm wie es ist, sich für etwas einzusetzen, dass am Ende vielleicht nicht einmal wahr wird."
    Maximian nickte. Der Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören gewesen. Wollte Valeria es nicht einsehen? Hier war nichts sofort zu regeln, aber auch rein gar nichts. Wenn sie das nicht verstand, dann konnte er ohnehin nichts mehr tun. Verständnislos schüttelte er den Kopf.
    "Du hast die Wahl, Valeria. In jedem Fall wirst du viel Zeit in Einsamkeit verbringen. Aber in einem wirst du geliebt werden, das weißt du."
    Er sah sie noch einen Moment irgendwie müde an, dann wandte er sich herum und ging von Valeria weg. Wenn sie nicht erkannte, was es zu bedeuten hatte, was er ihr erzählte, dann.... was dann? Er wusste es nicht. Mit seiner ganzen Konzentration lauschte er auf das, was hinter sich geschah.

  • Valerias Gesicht war eine Maske aus Stein. Ihre Entscheidung. Da machte er es sich aber wieder einfach. Sie verzog das Gesicht und sah seinen Rücken an. Sie hatte die Wahl, ja... Sollte sie zu ihm hingehen oder... Ja, oder was? Oder gehen? Aber wohin? Sie kannte hier nur Helena. Valeria würde nachdenken müssen. Das ging so nicht weiter.


    "Weiß ich das?" flüsterte sie in die angespannte Stille hinein.
    Einen Moment später: "Leb wohl, Maximian."


    Dann wandte sie sich um und verließ das Cubiculum, tränenblind und enttäuscht wie noch nie zuvor in ihrem Leben.

  • Sie ging. Maximian sah starr an die Wand vor ihm. Er hatte keinen Gedanken, rührte sich auch nicht.


    So verstrichen einige Minuten. Dann erst wandte Maximian sich ganz steif herum, griff sich eine warme Toga und verließ die Casa.

  • ...kam Valeria mit dem kranken Maximian im Schlepptau in seinem Cubiculum an. Auf dem Weg dorthin hatte sie schon nach Gallus gerufen.
    "Galluuuuus? Gallus, wir brauchen dich!" rief sie laut.
    Ihre Stimme hallte an den Wänden wider.
    Nun wies sie auf Maximians Bett.
    "Leg dich erstmal. Ich sorge für noch mehr Decken, bis das Bad gerichtet ist."

  • Ich hatte gerade in einem Nebenzimmer aufgeräumt und trat in den Gang.


    "Ist ja gut, ich komme..."


    Mit schnellen Schritten trat ich hinzu.


    "Was ist passiert?"


    Der junge Herr sah gar nicht gut aus.

  • "Ich glaube, Maximian hat sich mehr als eine schlimme Erkältung eingefangen. Bereite ihm ein heißes Bad und lass in der Zwischenzeit noch zwei Decken bringen", sagte Valeria, während sie Maximian regelrecht ins Bett drückte. Er hatte gerade noch einmal Zeit, seine Schuhe auszuziehen. :D

  • "Wenn er eisig und blau ist, steck ihn in eine Decke. Wir werden ihn so warm einpacken wie es geht. Ein heißes Bad jedoch, er würde sich noch stärker erkälten, wenn er wieder herauskommt..."


    Hatte sie das noch nicht gelernt? Kranke sollten nicht baden.

  • Valeria kräuselte die Lippen und legte die Stirn in Falten. Ihre Mutter hatte sie immer in ein warmes Bad mit stark duftenden Ölen gesteckt und danach sofort ins Bett, wenn sie erkältet gewesen war. Und zwei Tage später war sie dann wieder gesund und munter gewesen.


    "Gut, dann sollen die Decken eben reichen fürs erste, auch wenn ich bezweifle, dass sie einen kalten Körper besser wärmen können als heißes Wasser. Wir haben hier allerdings nur eine Decke bisher", entgegnete sie unwirsch.

  • Hm. Da sollte also eine Sklavin ihn abrubbeln. Valeria sagte nichts dazu, sondern bedankte sich nur. Sie sah griesgrämig drein.
    "Danke. Und wir brauchen etwas heißes zu trinken."
    Und dann wandte sie sich wieder Maximian zu. Sie setzte sich auf den Bettrand und nahm seine Hand.
    "Was hast du nur gemacht? Wo bist du gewesen?" flüsterte sie.

  • In die Decke gehüllt lag Maximian den perfekten Kranken darstellend und verfolgte die Unterhaltung der beiden. Ihm fiel das Bad bei Domna wieder ein und bekam ein ungutes Gefühl. Hoffentlich kratzte er jetzt nicht deswegen ab. Wobei... noch funktionierte ja alles mehr oder weniger wunderbar.
    Der Kranke hustete, bettete sich ein wenig bequemer und bibberte in die Decke hinein.
    "Ich war nur ausgeritten", sagte Maximian unschuldig. Valeria war so... so fürsorglich. Er wusste gar nicht, was er jetzt davon halten sollte. War die Situation nicht ziemlich eindeutig ausgegangen, letztens? Und selbstverfreilich genügte ihr die kurze Erklärung nicht.
    "Muss ein wenig kühl geworden sein."
    Dann hustete er wieder und zitterte kräftig weiter.

  • Valeria beruhigte sich langsam wieder, wenngleich da auch noch viele Fragen waren, die ihr im Kopf herumgingen. Sie lächelte ihn zaghaft an und hob dann die freie Hand, um ihm über sein Stoppelkinn zu fahren. Schließlich blieben die Finger an der Wange hängen und strichen sanft darüber.


    "Du warst drei Tage fort, Maximian. Zwei Nächte! Warst du bei Aurelius und Mummia? Ich habe mich schrecklich um dich gesorgt. Es tut mir alles so leid."

  • Mit ein paar Decken kam ich wieder und sah Calliope vor der Türe stehen.


    "Immer rein, ehe der junge Herr stirbt..."


    Ich öffnete und gemeinsam betraten wir das Zimmer.


    "Ich habe hier zusätzliche Decken.
    Etwas zu tinken kommt gleich."

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