Magister Scriniorum - Regio Italia

"Nun, wir könnten beim Pontifex Maximus vorstellig werden und darum bitten, dass wir in das Register der Kultvereine aufgenommen werden. Die Gefahr besteht darin, dass dies auch in einem Verbot resultieren könnte."

Grübelnd sah ich kurz aus meinem Fenster. Ein Kultverein...
"Aber...sind wir denn überhaupt ein Kultverein?"

"Eigentlich nicht. Allerdings gibt es zur Zeit keine Möglichkeiten für 'normale' Vereine offiziell anerkannt zu werden. Und eine solche Anerkennung würde uns sicherlich helfen."

"Und du meinst, das Collegium Pontificium würde einen Verein als Kultverein anerkennen, der gar keiner ist?"
Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben.

"Eigentlich ist es ja eine Auslegungssache. Wenn man die Communitas von einem anderen Blickwinkel betrachtet könnte man sie auch als Kultverein ansehen."

"Naja...so gesehen...", stimmte ich zu.
"Andererseits...glaubst du wirklich, das würde etwas nutzen?"

"Das ist die Frage die zu klären ich hier bin." sagte er lächelnd und trank einen weiteren Schluck.

"Es kann sein, dass uns das hilft, es kann aber auch genauso gut sein, dass es keinen Effekt hat."

"Wenn du mich fragst, ich tippe eher auf letzteres, so traurig es sein mag."
Ich zog eine Grimasse und seufzte.

"Du hast vermutlich Recht." Er seufzte ebenfalls.

"Was sollen wir nur tun?"

"Wenn ich das nur wüsste."
Nachdenklich stützte ich mein Kinn auf meiner rechten Hand ab und trommelte mit der linken auf dem Tisch herum.

"Stehen wir also wieder am Anfang: Weitermachen oder Aufhören?"

"Am besten lässt du mich erstmal eine Weile darüber nachdenken...auch wenn ich dir nicht versprechen kann, dass etwas Produktives dabei herauskommt."

"Vielleicht könnten/sollten wir/du vorher auch nochmal Annius Otho aufsuchen, mit etwas Glück hat er eine Idee."

"Das klingt nach einer guten Idee. Ich werde sehen, dass ich möglichst bald mit ihm spreche." Er versuchte zu lächeln.

"Lass den Kopf nicht hängen.", versuchte ich ihn etwas aufzumuntern. "Wenn Fortuna momentan ihre Aufmerksamkeit woanders hat, müssen wir uns eben damit abfinden."
Ich brachte ein schiefes Lächeln zustande.

"Du hast Recht. Zumal es andere Dinge gibt, die meine Aufmerksamkeit brauchen, da kann ich nicht hier sitzen und Trübsal blasen." Er lächelte und erhob sich.

"Ich sollte dich nicht länger von deiner Arbeit abhalten."

Mein Blick wurde leicht wehmütig, als Commodus sich erhob. Hoffentlich waren die beiden Furien nicht mehr da, sonst würde das Ganze wieder von vorne los gehen.

"Och...", meinte ich grinsend und winkte ab. "Du bist hier jederzeit willkommen."

"Ich danke dir."

Er ging in Richtung Tür. Dort drehte er sich noch einmal um und sagte:

"Bis bald, Magistra Aelia. Und möge die Urkraft mit dir sein."

Dann verliess er das Officium und die Regia.

"Möge sie mit dir sein.", murmelte ich und ließ mich, nachdem ich mich zur Verabschiedung erhoben hatte, wieder auf meinen Stuhl fallen.

Jetzt bitte nur keine deppaten Bittsteller, Bürger oder Verrückte. Zumindest heute nicht mehr. Angesichts des täglichen Schnitts von lediglich einem normalen Menschen - und der wollte ja nichtmal etwas berufliches - hatte ich allerdings wenig Hoffnung.

"Äh...Aelia..."
"Falls es nicht der Kaiser persönlich ist, dessen Leben davon abhängt, dass er jetzt diesen Raum betritt, will ich keinen hier drin sehen, ist das klar?"
"Ähm..."
Es war ihm natürlich nicht klar. Aber es war ohnehin egal, denn die Sirenen kehrten zurück.

"So, jetzt sind wir aber wieder dran!", stellte die erste mit verschränkten Armen fest.
"Genau! Und übrigens, ich bin nicht doof, ich bin süß."
Scheinbar hatten sie draußen ihren Streit fortgesetzt.
"Sei nicht so bescheiden, du bist beides."
Gut, die eine hatte immerhin ein bisschen Humor.
Scheinbar beleidigt wandte sich die "Süße" an mich.
"Übrigens...dieser Scriba da ist der lächerliche Abklatsch eines Mannes."
"Dann seid ihr ja schon zu zweit."

Hachja, langsam begann ich, die zwei zu mögen Naja, in etwa so sehr wie Fußfäule.
Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt noch mit dir spreche... Willst du nicht irgendwas Gemeines sagen?
"Ich trete keine Hunde, die am Boden liegen."
Gut, jetzt waren beide sprachlos, da bestand die geringe Hoffnung auf Aufmerksamkeit.
"Also, was führt euch eigentlich zu mir?"
"Ihr habt hier doch sicher ein paar freie Stellen?"
Oh oh. Wo waren nochmal die Notausgänge?
"Äh..."
"Für dich ist sicher keine groß genug, bei deinem dicken Hintern..."
Und da legten sie wieder los. Stöhnend rieb ich mir die Schläfen.
"Oh, weißt du, was ich wieder aufrichtet, wenn ich niedergeschlagen bin?", begann die eine im hilfreichen Tonfall.
"2 Amphoren Falerner und eine Caecuber?!"

Ich lächelte matt...und nahm mir vor, demnächst beim Legaten den Antrag auf eine Zenturie CUler zu stellen, die bei Bedarf Leute rausschmeissen konnte.

Einmal nicht zuhören, zweimal nicht zuhören, dreimal nicht zuhören...

..neunhundertfünfundachtzig mal nicht zuhören, neunhundertsechsundachtzig mal nicht zuhören.
"He, hörst du uns überhaupt zu?"
Dass die beiden auf einmal eine Antwort erwarteten merkte ich erst daran, dass mich zwei dick zugespachtelte Gesichter erwartungsfroh ansahen.
Ich starrte stumm zurück - dummerweise blieb die erhoffte Reaktion (nämlich die, dass beide sich in Luft auflösten) aus.
Also machte ich ein nachdenkliches Gesicht und brummelte etwas Unverständliches vor mich hin, während ich ein paar gestalpelte Papyri oberflächig durchsah, scheinbar auf der Suche nach etwas. In Wahrheit hatte ich noch keine Ahnung, wie ich mich hier wieder herausmanövrieren sollte.

Ich schielte kurz nach oben, um zu sehen, ob sie mich immer noch fixierten...jap. Sfz.
"Aelia?"
Fusculus! Ich hätte ihn küssen können...wäre da nicht die Pomade, die schmuddelige Tunika...kurz: wäre es nicht Fusculus.
"Ja?", fragte ich hoffnungsvoll.
"Du wolltest noch mit diesem Kerl reden..."
Die Götter sollten die torfnäsigen Dumpfbacke aus Misenum segnen! Den hatte ich ganz vergessen.
"Oh...ja...ähm...", wandte ich mich wieder an die beiden "Damen". "Ihr seht, im Moment passt es nicht ganz so gut...aber vielleicht kommt ihr ein andermal wieder?"
Sie schienen nicht allzu glücklich, nickten aber folgsam.
"Wann würde es denn passen?"
Nie, dachte ich.
"Ich melde mich bei euch.", sagte ich.
Dass ich manchmal die dumme Angewohnheit hatte, zu lügen, behielt ich lieber erstmal für mich
Keine 5 Minuten später waren die zwei draußen und ich hatte wieder meinen Frieden.