- Officium XXV

  • Balbus schob Brot und Käse auf die Seite und produzierte als erste Antwort erstmal ein "Öhm."
    Da das eine nur geringfügig rhetorische Artikulation darstellte, ergänzte Balbus das ganze noch um weitere Worte.
    "Ich nehme an, wenn es von Senator Aelius kam, dürfte alles seine Richtigkeit haben und demnach ist es auch in Ordnung."
    Falls nicht, wäre sicherlich schon ein erboster Salinator hier aufgeschlagen. fügte er in Gedanken noch hinzu.


    "Um wen ging es bei den Ernennungen denn?"

  • „Sicherlich. Sicherlich.“, machte Piso als Antwort. Was redetechnisch auch kein Geniestreich war, aber „Öhm“ freilich überbot. „Dann ist ja alles gut.“ Dann war das ja also geklärt. Also wird mich Salinator nicht am Bratspieß grillen, dachte er sich, nicht bewusst, dass seine Gedanken sich fast mit denen des Prudentiers deckten.
    „Wer ernannt worden ist? Das war erst einmal Titus Decimus Verus.“ Ob dies Balbus schmecken würde? Er wusste nicht richtig. „Dann der Duumvir von Ostia. Wie hieß der nochmal? Octavius Fatzke... nein, Matze... Macer, genau. Faustus Octavius Macer. Und dann noch ein Kerl namens... hm, wie hieß der... irgendein Aquarius, dessen Merite ist, dass er Quarto als Patron hat. Iulius Zentner. Nein, Lucius Iulius Centho. Das war es schon.“, schloss er.
    Ganz beiläufig, als würde ihm ganz spontan die Idee kommen, dies zu fragen, ließ er die Bemerkung fallen: „Ach ja, mein Verwandter Lucius Flavius Furianus hat mir gesagt, er wolle dich einmal besuchen gehen. Ihr habt doch einen netten Abend verbracht?“ Uff, war das ein ungelenk formulierter Einstieg. Bitte Götter, macht, dass Balbus darauf anspringt.

  • Balbus quittierte die Namen jeweils mit einem leichten Nicken, auch wenn ihm der Name des Decimers in der Aufzählung ein wenig störte, doch es war ihm mittlerweile fast egal.
    Der plötzliche Sprung zu Furianus brachte Balbus dann zum Schmunzeln und er brauchte einen kurzen Moment ehe er antwortete.
    "Furianus? Ja, der Senator besuchte mich vor kurzem." bestätigte er. "Und wir führten einige interessante Gespräche."

  • Wenn sich Balbus an der Aufzählung des Verus störte, ließ er sich nichts anmerken. Die anderen Namen lösten wohl genau so wenig eine Reaktion aus, wie es das bei ihm getan hatte.
    Der abrupte Themenwechsel schien Balbus ganz leicht zu amüsieren, und Piso häte sich ohrfeigen können, dass er so ungeschickt eingestiegen war. Doch jetzt half nichts mehr, als voll darüber hinwegzubrettern. „Oh ja, Furianus ist ein sehr interessanter Mensch! Ein großer Mann, durchaus... Ich hatte viele durchaus inspirierende Konversationen mit ihm, die mich motivierten, mich dazu animierten, meinen Horizont zu erweitern, und meine Ziele höher zu stecken.“ So, die Weiche war gestellt. Piso würde sicher nciht ewig Primicerius sein wollen, und nun war der Moment, wo der Aff‘ ins Wasser springt. Metaphorisch gesehen.

  • Balbus hatte das Gefühl, dass der junge Flavier auf etwas bestimmtes hinaus wollte. Er lächelte leicht, da er sich relativ sicher war, dass er wusste was es war und nickte ein wenig: "Er erzählte mir, dass er sich vorgenommen hat, sich um dich zu kümmern."

  • Piso nickte. „Das stimmt durchaus, und ich habe das Gefühl, schon viel von ihm gelernt zu haben. Er ermöglichte mir ein gründliches Studium der Rechtswissenschaften, und zudem militärische Studien. Und er hat mir gesagt, ich müsse mir, wenn ich in die Politik möchte, einen guten Namen machen.“
    Er beschloss, nicht mehr wie die Katze um den heißen Brei zu schleichen, sondern selbige aus dem Sack zu lassen. „Und, so sehr ich es mag, unter dir als Primicerius zu arbeiten, es ist doch nichts, was mich bekannter machen wird. Ich würde gerne eine bessere Position erreichen, etwas in der ritterlichen Laufbahn, die ich als Patrizier ja einschlagen kann, um für Rom zu arbeiten und meinen Namen in der römischen Gesellschaft geläufiger zu machen. Denn ich will einmal in die Politik gehen. Vielleicht, dass ich eine niedere Procuratorenstelle erlange, oder vielleicht als Procurator, oder Dioketes, in eine Provinz geschickt werde. Und ich bitte dich hierbei um deine Unterstützung, Balbus.“, gab er nun endlich seine Motive zu. „Vielleicht kannst du ja mit dem Praefectus Urbi darüber reden?“
    Ziemlich sicher war er sich, dass Balbus nun fragen würde, wieso er ihm helfen solle. Fast mit Panik realisierte er, dass er, falls wirklich so eine Frage gestellt werden würde, keine Antwort vorbereitet hatte. Er würde improvisieren müssen.

  • Balbus hörte natürlich aufmerksam und interessiert zu, während der Flavier ihm seine Pläne und Vorstellungen offenbarte. Das er Piso unterstützen würde, stand für Balbus ausser Frage, denn er hatte es Furianus zugesagt und würde sich an sein Wort halten.
    Doch ganz so einfach würde er es dem jungen Mann nicht machen.
    "Und was bringt es mir, wenn ich meinen wertvollsten Mitarbeiter ziehen lasse?" fragte er.

  • Piso hatte mit einer anderen Frage gerechnet, und war von jener ein wenig überrumpelt. Doch anmerken ließ er sich das nicht. Er lächelte zunächst freudnlich. „Dass du mich deinen besten Mitarbeiter nennst, ist sehr schmeichelnd, und überrascht mich.“, meinte er höflich, um Zeit zu gewinnen. Was würde es Balbus bringen, wenn er Piso an einer verantwortungsvolleren Position hätte? Genau, das war es.
    „Wenn du mich an eine höhere Position bringst, dann kannst du darauf zählen, dass du an jener Position jemanden hast, dem du vertrauen kannst.“, sagte er ernst. „Nehmen wir... Ägypten. Imperiosus kann nicht ewig dort bleiben. Doch sollte ich dort Dioketes werden, hättest du jemanden in Ägypten, der die Sache mit den Konflikten zwischen Römern und Griechen weiterhin im Auge behalten kann. Das wäre nur ein Beispiel. Wäre ich Procurator Annonae, hättest du jemanden als Hafenaufseher, den du vertrauen kannst. Würde ich Procurator a memoria werden, wäre das Archiv in sicheren Händen.“
    Er seufzte. „Es sind leider Zeiten, wo man nicht weiß, wer auf welcher Seite steht.“ Welche Seiten, ließ er ungenannt. Es sollte klar sein, dass er auf Vescularius Salinator anspielte. „Ich werde auf deiner stehen. Immer.“, versicherte er ihm ernsthaft.

  • Balbus schaute den Flavier interessiert an.
    "Also wenn ich dich auf einen dieser Posten bringe, habe ich dort jemanden, dem ich vertrauen kann. Interessant.." sagte er. "Du bietest mir also deine Loyalität. Ein wirklich interessantes Angebot. Eines, dass du allerdings eher deinem Patron machen solltest."
    Er wusste nicht, ob Piso überhaupt einen hatte, aber das konnte man dann direkt in Erfahrung bringen.

  • „Ich habe noch keinen Patron, aber ich habe vor, in nächster Zeit mir jemanden zu suchen.“ Er lächelte vage. „Ich hoffte, einen Senator zu finden. Aber ich weiß noch nicht, wen.“ So, jetzt war es raus. Balbus würde nicht Pisos Patron werden können, so sehr es sich Piso auch hie und da wünschte. Solange Balbus nicht in die Politik ging...
    Es musste jedoch nicht immer eine Patronage sein. Und dies wollte Piso Balbus auch klar machen. „Ich biete dir meine Loyalität... als Freund.“, brachte er hervor. Würde Balbus das Freundschaftsangebot annehmen? Als Vorgesetzter hatte er durchaus die Möglichkeit, Piso dafür auszulachen und in Ewigkeit ins Primiceriusstübchen zu verbannen. Nun, er war schon, wie Furianus gesagt hatte, ein Freund der Familie, wieso sollte das also nicht klappen? Nur nicht mit den Beinen zu zittern beginnen, befahl ihm eine innere Stimme.

  • Es war Balbus nicht darum gegangen, Piso zu seinem Klienten zu machen, sondern eher darum, zu sehen wem seine Loyalität noch galt.
    Die Loyalität eines Freundes war ihm durchaus genug, denn diese war zumeist freiwilliger als die eines Klienten. Daher nickte er leicht.


    "Das ist mir genug." sagte er dann. "Ich werde sehen, was ich für dich sehen kann."

  • Augenblicke vergingen, Augenblicke, in denen Piso seine Blase krampfhaft zurückhielt. Er widerstand dem Drang, die Augen zuzukneifen, um seine Augen dem Grauen zu verschließen, welches nun aus Balbus‘ Mund kommen würde.
    Doch als er es tatsächlich hörte, entkrampfte er sich, und atmete tief aus. Es war überstanden. „Danke. Danke, Balbus.“, hörte er sich selber sagen. Und da war noch eine Sache. Er musste sie jetzt herausbringen, denn solch eine Gelegenheit konnte er nicht auslassen. „Und Balbus? Könntest du... eventuell... allfällig... auch sehen, ob du es arrangieren kannst, dass ich in den ordo senatorius komme? Ich will auf jeden Fall in die Politik einsteigen... dafür bräuchte ich es.“, gab er kleinlaut zu, beschämt, noch einen Wunsch äußern zu müssen.

  • „Ich möchte dir danken. Viele Male.“, meinte Piso aufrichtig. Es war schon himmeltraurig, wenn ein Patrizier zu einem Plebejer betteln gehen musste, dachte er sich insgeheim, aber viel anderes blieb Piso nicht übrig. „Ja... gut... das war eigentlich schon alles. Oder hast du noch eine Aufgabe für mich?“, pfefferte er noch eine Frage hintennach, Diensteifrigkeit vorschützend.

  • Balbus schaute über seinen Tisch, wobei sein Blick sein Mittagessen streifte und etwas hungrig wurde. Dann fand wonach er suchte und reichte Piso einen BRIEF.
    "Der ist falsch adressiert worden und geisterte daher eine Weile durch die verschiedenen Officien. Formuliere bitte eine Antwort an den Senator, dass es uns leider nicht möglich ist ihm einen Termin beim Praefectus Urbi zu geben, da diese von dessen Officium vergeben werden. Er soll am besten den Praefectus Urbi selbst um einen Termin bitten." sagte er.

  • Ach ja, Balbus‘ Mittagessen. Hmm, du schaust aber gut aus heute, versuchte er mental an das Mittagessen zu funken, was zu misslingen schien. Das Mittagessen würde nicht automatisch in seinen Mund wandern... er würde halt einfach irgendeinem Notarius befehlen, ihm ein Mittagessen zuzubereiten. In harschem Tonfall. So gehorchten sie einem immer.
    Es wanderten also nicht gedünsteter Schweinsbraten in seine Hände, sondern ein Brief, den Piso als unessbar einstufte, während er Balbus‘ Stimme hörte. „Mhmmm... aha... gut, ich werde einen Brief schreiben an den Senator.“ Möglicherweise war das seine letzte große Aufgabe als Primicerius. Er würde es also gewissenhaft erledigen. „Das werde ich tun. Dann war das schon alles. Na dann... vale.“, meinte er mit einem Kopfnicken und machte sich daran, zu gehen.

  • Er war einige Tage nicht im Palast gewesen, da er sich ausserhalb Roms auf einem kleinen Landgut der Familie aufgehalten hatte, wo er mit einer dort lebenden Tante seines kürzlich verstorbenen Adoptivsohnes gedacht hatte. Balbus' alte Tante hatte den jungen über Jahre großgezogen und war in einem dementsprechend schlechten Zustand gewesen, als sie über den Tod des jungen Mannes informiert worden war.
    Doch nun musste Balbus jegliche Gedanken an seinen Sohn und seine Tante zur Seite schieben, denn in den Tagen seiner Abwesenheit hatte sich einiges angesammelt, das es zu erledigen galt.


    Neben vielen kleineren Dingen, waren auch drei Briefe auf seinem Tisch gelandet, die seine Aufmerksamkeit erweckten. Zwei waren von Stadthaltern östlicher Provinzen und waren nach der Durchsicht durch den ab epistulis nun auch auf seinem Tisch gelandet, da sie an den Kaiser persönlich adressiert waren und diesem - oder besser seinem ungeliebten Vertreter - zur Kenntnis gebracht werden mussten.
    Doch mit diesen Schreiben beschäftigte er sich erstmal nicht weiter, denn ein anderes Schreiben weckte sein Interesse weit mehr. Das unscheinbare Schreiben des Vesculariers enthielt Anweisungen, die einer gewissen Dringlichkeit bedurften. Und so machte er sich daran sie auszuführen.

  • Es war so weit, der letzte Tag im Palast war gekommen. Balbus hatte sich für diesen Tag nicht viel vorgenommen, sondern wollte vor allem dafür sorgen, dass alles in einem mehr oder minder geordneten Zustand war, wenn sein Nachfolger das Officium übernahm. So hatte er heute einen der Palastsklaven dafür eingespannt seine persönlichen Sachen im Officium zusammenzupacken, während er selbst am Tisch saß und die letzten Dinge regelte, die er noch zu regeln hatte, während er wartete, dass sein Nachfolger eintraf.


    In der Zwischenzeit füllte er eine Tabula mit Notizen zu den ausstehenden Aufgaben, die er seinem Nachfolger hinterliess.


  • Mit seinem ein wenig schlacksig anmutenden „Kanzlei-Gang“, den man zwangsläufig in dieser Atmosphäre annahm, war Piso von seinem Officium zu dem des neuen Procurator a libellis, oder Pal, wie man den Posten zumeist nannte, geschritten. Vor er Tür blieb er stehen und klopfte kräftig an. Nun war die Frage – eintreten oder warten, bis man ein Herein hörte? Er entschied sich für Letzteres, bei seinem ersten mal beim neuen Procurator zumindest. Also wartete er brav vor der Türe, irgendwann einmal musste der Annaeer ihn ja herein rufen.

  • ich betrat das neue Officium, legte ein paar Papyri auf den Schreibtisch und nahm erst einmal Platz. Eine Wachstafel lag vor meinen Händen auf dem Schreibtisch, wo anscheinend noch ausstehende Aufgaben von meinem Vorgänger notiert waren.
    Als es klopfte, ließ ich den vor meinem Officium wartenden, wo ich annahm, das dies der Primicerius war mit einem "Herein!" wissen, das er eintreten solle.

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