Domus Aeliana - Oecus

  • Acuma war es nicht gerade angenehm, darüber zu sprechen. Aber er merkte selber, dass er sich kaum mehr zusammenreissen konnte, schwoll doch der Schmerz ins Unermessliche an und auch er war nur ein Mensch.
    »Eh, eine Verletzung ... es werden schon ...«
    Er wollte nur schnell weg hier. Und seine Ruhe haben, doch langsam machten ihn die Schmerzen wirklich Sorgen.
    Doch auf der anderen Seite hatte er auch keinen Grund, sich zu verstellen.


    Und als er aufstand, knickte er leicht in sich zusammen, rappaelte sich aber auch wieder schnell hoch und überspielte seinen Schmerz.


    »Ich ... es tun mir leid ... aber ... « Er wurde immer bleiher und er hasste es. Er hoffte nur, dass er aufrecht diesen Raum verlassen konnte. Was war denn nur mit seiner Wunde? Hatte sie sich entzündet? Denn auf einmal würde ihm heiss und kalt zu gleich.


    Er musste sich an der Lehne der Kliene festhalten.


    Und dann nutzte all der Stolz nichts mehr ... irgendwas stimmte nicht. Sein Kreislauf sackte ab und ihm wurde immer schummriger. Und so überwandt er seinen Stolz und fragte, mit glasigen Blick und bleicher Haut: »Ich werden mich begeben in Zimmer ... aber ich glauben ... «
    Er musste Luft hohlen.


    »Ich ... muss bitten um Heiler ...«


    Warum musste das ausgrechnet jetzt passieren? Warum schwanden ihm auf einmal die Sinne. Vorher war doch nur ein latenter Schmerz zu fühlen.

  • Der Zustand des Prinzen beunruhigte den Gastgeber nun aber doch.


    “Ja, natürlich.“, stieß er hervor, von dem plötzlich kreideweißen Gesicht seines Gastes merklich beeindruckt.
    “Ich lasse dich in dein Zimmer bringen und werde sofort einen Medicus herzitieren.“


    Inzwischen war er aufgesprungen und herrschte die noch unschlüssig herumstehenden Sklaven an:
    “Nutzloses Pack, seht ihr nicht, dass es dem Prinzen Acuma schlecht geht? Helft ihm. Er muss sich in seinem Zimmer hinlegen. Schnell, schnell!


    Nakhti! NAKHTI!!! Lauf los, rasch, hole einen Medicus hierher. Ohne zögern, hörst du! Lass dich ja nicht abwimmeln, es ist dringend. Es ist… im Staatsinteresse!“

  • Er wollte es nicht, nein, er wollte es einfach nicht. Jetzt bloss keine Schwäche zeigen ... Er war doch der Thronprinz ... seines Volkes, wenn auch als Geisel ... hier ... in ... wo war er noch gerade?


    Acuma wurde immer seltsamer, je mehr er sich dagegen wehrte. Es war wie verflucht. Er konnte wahrlich eine Menge aushalten, besonders körperlichen Schmerzen. Aber irgendwie wurde sein Bein mehr und mehr taub und er konnte sich kaum mehr aufrecht halten, so gut er es doch versuchte.
    Er versuchte noch zu lächeln und seinen Zustand herunter zu spielen, als er Quatros laute Anweisungen an die oder den Sklaven in der Entfernung vernahm.
    Doch je mehr er sich gegen diesen verdammten Zustand wehrte, je schlechter schien es ihm zu gehen. Er spürte sein Bein nicht mehr, er hatte keine Kontrolle. Bloss jetzt nicht umknicken ... Sein Stolz hielt ihn noch eine Weile. Aber da war auch dieses schmerzhafte Pochen in seinem Bein, dass er eigentlich nicht mehr spürte. Was passierte hier und wo waren seine klaren Gedanken? Alles vernebelte langsam, er sah nur noch alles durch einen nebligen Schleicher um sich. War es wirklich nur seine Verwundung am Bein? oder war er vergiftet worden? Er konnte kaum mehr einen klaren Gedanken fassen. Verdammt, wie er es hasste.
    Und auf einmal traute er niemanden mehr, es war so seltsam. Der pochende Schmerz, sein vernebelter Zustand. Das durfte doch nicht wahr sein ...


    Und dann versuchte er einen Schritt zu gehen, doch nichts passierte. Er hielt weiter die Lehne der Kliene fest und dann rann ihm der Schweiss über die Stirn. Panik überkam ihm. Er war hier fremd, er vermisste seine Leute um ihn, Vertraute, die ... wie aus einer endlosen Entfernung hörte er nun die leicht verunsicherte oder verzweifelte Stimme seines Gastgebers und dann sah er, Acuma kaum mehr was, ausser, dass er dem Fussboden zu schnell näher kam und dann war da noch ein heftiger Schmerz des Aufpralls seines Kopfes und dann seines Körpers, als er schliesslich auf dem Boden landete. Ihm war unendlich schlecht, er konnte kaum mehr einen Gedanken fassen und der Schmerz schien sich rasend schnell zu seinem Herzen einen weg zu bahnen.

  • Der Prinz war umgefallen und hart aufgeschlagen. Ziemlich fassungslos sahen es die herbeigeeilten Sklaven, von denen jedoch keiner so geistesgegenwärtig war, ihn rechtzeitig aufzufangen.
    Doch wo der hohe Gast nun schon am Boden lag und ihr Herr sie in höchster Erregung anfuhr, wurden sie endlich tätig. Zwei kräftige Burschen packten Acuma. Einer fasste ihn von hinten unter den Armen, der andere an den Beinen, und gemeinsam trugen sie ihn aus dem Oecus und so schnell es ging in sein Cubiculum.


    Nakhti war inzwischen hinaus geeilt, einen Arzt zu suchen.

  • Callidus hatte sich in das Triclinium gelegt. Neben ihm standen kleine Schalen und eine Karaffe aus Glas, die ein zum Glasbecher passendes Dekor aufwies. Die Schalen waren gefüllt mit Trauben und Oliven, die sich Callidus hin und wieder nahm.
    In den kalten Tagen war es hier besonders gemütlich und die Heizung schien in diesem Raum ihre größte Wirkung zu erzielen. Er war trocken und stets von angenehmer Temperatur.
    Neben dem Aelier stand das kleine Kindsbett, in dem Gaius lag und mit großen Augen das Treiben um sich herum beobachtete.
    Da sich früh üben musste, was ein Meister werden wollte, nutzte Callidus die Zeit dem kleinen Aelier Teile der Metamorphosen vorzulesen, hierzu hatte er die lykischen Bauern aus den Metamorphosen gewählt, was ihm für kleine Kinder am geeignetsten erschien.


    > ...sed nunc quoque turpes
    litibus exercent linguas pulsoque pudore,

    quamvis sint sub aqua, sub aqua maledicere temptant. <


    ...formte Callidus das lautmalerische Spiel des Dichters.
    Das Gebrabbel des kleinen Spross des Quarto ließ allerdings viele Interpretationsansätze zu, so dass Callidus nach dem Genuss einer Olive weiterlas.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Sie betrat den Speisesaal. Aber statt eines gedeckten Tisches erblickte sie den kleinen Quälgeist ihres Cousins und einen Mann den sie nicht kannte.


    “Salve! Ich wusste gar nicht, dass mein Cousin bereits einen Hauslehrer angestellt hat. Ist das nicht ein bisschen früh?“

  • Durch eine weibliche Stimme aus dem Versmaß des Hexameter gebracht drehte Callidus seinen Kopf zur Tür, von wo er die Stimme vernahm.
    Das also war die Frau, von deren baldiger Ankunft Quarto ihm damals erzählt hatte, bevor er durch sein Amt veranlasst nach Velitrae hatte aufbrechen müssen.
    Er stand von der Kline auf und versuchte zu lächeln.


    > Salve! Nein, du irrst. Mein Name ist Marcus Aelius Callidus, Sohn des Aelius Rufus und Enkel des Aelius Tubero Nerva, deines Großonkels.
    Eine ernsthafte klassische Bildung wäre für Paetus wohl wahrlich zu früh, doch beschäftige ich mich gerade mit den Schriften und so schadet es ja nicht, wenn er etwas Gesellschaft hat. <


    Desweiteren war auch Callidus so in stummer Gesellschaft, die ihm nicht widersprach und sich auch nicht gegen seine Monologe zur Wehr setzte.


    > Du musst Aelia Paulina sein, die Base Quartos. Ich freue mich, dich in Rom begrüßen zu können. <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Der Rhythmus der Sprüche des netten Onkels hatten dem kleinen Gaius ganz gut gefallen und er wollte auch gleich dabei mitmachen. Dem Onkel war es vielleicht nur als Gebrabbel vorgekommen, aber der kleine Gaius war davon überzeugt, einen ordentlichen Hexameter zusammengebracht zu haben.
    Doch dann unterbrach eine Frau das nette Zusammenspiel.
    Ganz anders als die meisten anderen Leute um ihn herum, schenkte sie ihm aber nicht wirklich Beachtung. Eigentlich wäre das ein guter Grund für ihn gewesen, ein wenig herumzuquengeln um es doch zu kriegen. Doch irgendwie kam er gar nicht dazu, denn die Frau begann schon gleich mit dem netten Onkel zu reden. Ihre Stimme zog Gaius fast in einen Bann. Fasziniert von ihr, schaute er sie nur mit großen Augen an und jede Poesie von vorhin war vergessen.

  • “Oh! Das war dann wohl sehr unverschämt von mir. Ich muss mich entschuldigen.“


    Sie lächelte ein wenig gekünstelt und setzte sich dazu.


    “Du erlaubst? Es stimmt, ich bin Paulina, die Tochter von Publius Aelius Hadrianus Afer. Dann bist du also auch ein weitläufiger Verwandter. Wie erstaunlich das wir uns früher niemals begegnet sind. Aber ich glaube, dein Zweig der Familie war nicht in Griechenland, so wie wir anderen.“

  • > Dich zu entschuldigen ist nicht nötig, denn da ich auch von Zeit zu Zeit für die schola in Rom arbeite, hast du mit der Nennung eines Hauslehrers gar nicht so unrecht. <


    Weitläufig? Bisher empfand Callidus die Besucherin als weitläufiger, zumal sie dem Zweig der Familie entsprang, dessen Spross von Quarto vor die Tür gesetzt worden war.


    > Nein, ganz recht, wir haben Italia nicht verlassen. Mein Vater zog sich in das Privatleben zurück und ich wuchs auf einem Landsitz ganz in der Nähe Ostias auf. Erst nach dem Tod meines Vaters suchte ich Quarto auf, um mir dessen Ratschlg zu holen.
    Nun, was bringt dich nach so langer Zeit nach Rom? <


    Er ging zum kleinen Beistelltisch an den Klinen.


    > Möchtest du etwas Wasser? Oder vermischt mit Wein? <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • “Wein wäre mir durchaus lieb.“


    Ihr Blick folgte ihm.


    “Rom ist das Zentrum des Imperiums, nicht wahr. Ich war der Provinz überdrüssig. Aber was tust du hier, wenn du nicht gerade dem jüngsten unserer Familie Gedichte vorträgst? Du arbeitest in der Schola, bist du also doch ein Lehrer?“

  • Nach dem Einschenken reichte Callidus Paulina den Becher.


    > In der Tat, keine Stadt vermag es der Größe Roms etwas entgegenzusetzen. <


    Callidus konnte sich noch an das Gespräch mit Iulia Helena erinnern, mit der er ebenfalls über Städte und Provinzen gesprochen hatte. Durch sein Amt bedingt hatte er in der Zwischenzeit zwar einige Städte Italias gesehen, doch nie eine der Provinzen.


    > Ich muss jedoch gestehen, dass ich gern, so es irgendeinmal die Zeit erlauben wird, die östlichen Provinzen besuchen würde. Insbesondere Athenae und Alexandria erscheinen mir reizvoll.
    Jetzt jedoch ist dies nicht möglich. Du hast zwar Recht, dass ich durchaus Lehrer bin, doch halte ich nur zeitweise Vorlesungen in der schola. Meine Zeit wird größtenteils durch die Bekleidung des Amtes des Comes Italias in Anspruch genommen. <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • “Oh, du bist Comes. Das ist wohl ein wichtiges und bedeutendes Amt?“


    Sie nippte an dem Wein und es war schwer zu deuten, ob sie wirklich keine Ahnung hatte was ein Comes war, oder ob sie nur so tat.

  • > Das ist es in der Tat. <


    Sicher war es bedeutend, denn es war angesehen und brachte ein gewisses Vermögen mit sich. Ob das Amt allzu wichtig war, konnte Callidus vielleicht bezweifeln, denn bis auf die Aufsicht über die Wahlen, die Gehaltslisten, und bis auf einige Besuche italischer Städte, um die Administration Roms zu repräsentieren, war das Amt mit wenig Einfluss verbunden, wie er empfand. Die Zeiten als Duumvir waren für ihn weit geschäftiger.


    > Doch werde ich bald schon abtreten, um mich neuen, anderen Aufgaben zu stellen. Welche Aufgaben mich erwarten, wird sich wohl in Bälde zeigen.
    Bist du in der Provinz einer Tätigkeit nachgegangen? Oder hast du es in Rom vor? <


    Dem rein äußerlichen Schein der Aelierin nach wäre Callidus eigene Antwort auf die von ihm gestellte Frage wohl ein knappes "nein" gewesen.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Mit dem Becher an den Lippen und ohne Regung wartete Callidus noch auf die Fortsetzung, doch schien Paulina ihre Absichten für die Zukunft mit einem Wörtchen deutlich zu machen.
    Unglaublich, es schien, als würde sie sich nicht einmal eine Beschäftigung für ihre Muße suchen wollen.


    Sim-Off:

    :P


    > Nun...ähm...natürlich, du musst dich zunächst ja auch in Rom einleben. <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • “Ja, dass muss ich wohl. In Rom ist alles so viel größer und herrlicher als in der Provinz. Es ist fantastisch! Zum Glück bin ich eine Frau und muss mir keine Gedanken darüber machen, womit oder wie ich dem Imperium großartig dienen soll. Ihr Männer müsst nach Ruhm und Ämtern streben. Bei uns ist es sowieso vorherbestimmt, nicht wahr?“


    Sie lächelte herausfordernd.

  • Man konnte Aelia Paulina keineswegs vorwerfen, dass sie nicht althergebrachten Traditionen anhängen würde.


    > Das heißt, es gibt einen Mann, den du in Rom zu ehelichen gedenkst? <


    Dies würde Callidus in hohem Maße unterstützen. War es zur Sicherung der Macht und der Interessen doch bei Patriziern schon immer so, wäre es für die Familie ein großer Gewinn, wenn man diese Frau mit einem angesehenen Geschlecht verheiraten könnte.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • “Das will ich doch hoffen! Wenn es irgendwo im Imperium standesgemäße Ehemänner zu finden gibt, dann doch wohl hier!


    Ich habe mir allerdings noch keinen näher angesehen. Lucius versprach mir etwas zu arrangieren und ich hoffe, dass er keine Aspiranten in seinem Alter auswählt.“

  • Da war die Sache also doch etwas anders, als Callidus sie sich vorgestellt hatte. Der Mann war noch längst nicht gefunden und die Arbeit offensichtlich an Quarto hängengeblieben.


    > Nun, ich denke, dass dein Cousin sicher dafür Sorge trägt, dass ein geeigneter Gatte dir zur Seite stehen wird. Immerhin bist du aus dem Haus der Aelier und daher nicht nur aufgrund deiner liebreizenden Züge, sondern auch deiner Verbindungen für jeden Mann äußerst attraktiv. <


    Irgendwie fiel ihm das ein oder andere Wort schwer. Als er Paulina eine kurze Weile betrachtete, kam ihm Detritus in den Sinn, der doch auch keine Frau hatte. Sicher ergäben sie ein wundervolles Paar.


    > Du wirst also in Rom bleiben!? <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

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