Domus Aeliana - Tablinum

  • “Aelia Paulina?“


    Ein unangenehmes Kribbeln breitete sich auf Quartos nicht mehr vollständig mit Haaren bedeckter Kopfhaut aus.
    Aelia Paulina, die Schwester des unseligen Aelius Hadrianus und Tochter seines unfähigen Onkels Publius Aelius Hadrianus Afer. Schon als ihm mitgeteilt worden war, dass sie nach Rom kommen würde, hatte es gekribbelt. Denn dieser Zweig der Familie war schon immer für Ärger und Unannehmlichkeiten gut gewesen.


    “Ähm… ja… ääh… sie möge herein kommen.“

  • Von dem Sklaven hereingeführt betrat sie das Zimmer.


    Da saß er also, ihr Cousin. Viele Jahre waren vergangen, seit sie ihn zum letzten mal gesehen hatte. Damals war sie noch nicht erblüht gewesen, hatte aber schon gewusst, wie sie die Männer um den Finger wickeln konnte. Vor allem ihren eigenen Vater, der ein guter Mensch gewesen war. Doch bei ihrem Cousin hatte das nie funktioniert. Er war deutlich älter als sie und hatte sie immer wie ein unreifes Mädchen behandelt, das er für zu dreist und unbescheiden hielt. Er war schon damals ein übervorsichtiger und verknöcherter Spießer gewesen!


    “Salve Lucius.“


    Sie rang sich ein Lächeln ab.

  • “Salve Paulina.“, begrüßte Quarto seine Base. Aus dem unmöglichen, allzu kecken Kind war eine Frau geworden und das wohl- und nicht zu knapp proportioniert, wie er feststellen konnte.


    “Ich… äh… freue mich… Bitte, nimm doch Platz. Darf ich… möchtest du etwas trinken? Einen leichten Falerner vielleicht?“

  • Was war an der Stunde denn falsch? Quarto verstand nicht, überlegte aber nicht lange und nickte einem der Sklaven zu. Kurz darauf servierten dieser den Wein, allerdings mit unüblich viel Wasser gemischt.
    ...unüblich für die Verhältnisse des Hausherrn, versteht sich.


    Derweil bemühte Quarto sich um ein Gespräch mit seiner Base, die er schon lange nicht mehr gesehen hatte.
    “Ich habe bereits ein Zimmer für dich herrichten lassen. Nakhti wird es dir später zeigen.


    Ich hoffe, die Reise war nicht zu anstrengend? Im Winter sind selbst die Straßen Italias nicht immer so wie man es sich wünschen würde.“

  • “Du kannst dir vielleicht vorstellen, dass mir leider viel zu wenige Bedienste zur Verfügung stehen, als das eine solche Reise angenehm sein könnte. Es ist nicht leicht als mittellose Waise und der Tod meines Vaters war ein schwerer Schlag. Darum bin ich auch für deine Gastfreundschaft so dankbar. Ich hoffe doch, ich werde dir nicht zur Last fallen.“


    Es war unerträglich heiß und stickig in diesem Zimmer und der Falerner war viel zu stark gewässert. Aber sie wollte sich schließlich nicht beklagen.

  • Quarto runzelte die Stirn. Ihr Vater, sein Onkel, war bereits vor geraumer Zeit verstorben und er hatte seine Tochter beileibe nicht mittellos hinterlassen. Sie hatte sich scheinbar nicht sehr geändert, entschied er.


    “Nun… ähm… ja, ich nehme dich natürlich gerne bei mir auf. Du kannst bleiben, so lange du willst.“
    Das sagte er bemüht unbefangen, auch wenn er fürchtete, Paulina könnte sich für längere Zeit bei ihm häuslich einrichten.


    “Mit welchen Plänen bist du denn nach Rom gekommen, wenn ich fragen darf?“

  • “Pläne? Was soll ich schon für Pläne haben? Mein Vater ist tot. Der eine Bruder auch und der andere ist nicht gerade eine große Hilfe. Mein 16. Geburtstag liegt auch schon mehrere Jahre zurück. Was glaubst du denn, Lucius? Ich brauche einen Mann! Du bist hier doch irgendwie ein wichtiger Mann, du kannst für mich doch bestimmt eine gute Partie arrangieren.“

  • Quarto verschluckte sich fast an seinem Wein: “… *hustprust*… ähjm… ich sehe, du benennst noch immer sehr offen und direkt deine Wünsche.
    Du bist also nach Rom gekommen, um einen geeigneten Ehemann zu finden? Nun… *hust* …ja, natürlich…“

    Er kratzte sich ein wenig hilflos am Hinterkopf.

  • Neugierig wie Adria nunmal war, wenn es Besuch im Haus gab, kam sie kurz nachdem sie vom Besuch gehört hatte, auch hierhergekommen. Nicht zu vergessen, dass es natürlich in ihren Augen die Pflicht der Frau des Hauses war, Gäste zu begrüßen, was sie nun also tun wollte.


    Als sie ins Tablinum eintrat, sah sie ihren Gatten gerade sich am Hinterkopf kratzen. Ihr schien, als würde er dies in letzter Zeit vermehrt tun und sie nahm sich vor, ihn später darauf anzusprechen. Es konnte auf Dauer einfach nicht gesund sein.


    Mit einem freundlichen Lächeln trat sie also der Frau entgegen.
    "Salve!
    Ich bin Adria."
    Das (Verwandtschafts-)verhältnis zum Hausherrn erwähnte sie dabei nicht, da das hoffentlich bekannt war.

  • Scheinbar schien es Quarto aber doch für angebracht zu halten, die beiden Damen einander offiziell bekannt zu machen:


    “Ah, meine Liebe. Bitte, leiste uns doch Gesellschaft.


    Darf ich dir vorstellen: Das ist Aelia Paulina, die Tochter meines Onkels Publius Aelius Hadrianus Afer.


    Aelia Paulina; dass ist Aelia Adria, meine Ehefrau, die Mutter meines Sohnes und die Sonne die mein Herz erleuchtet.“


    Ach ja, er konnte in schwachen Momenten soooo poetisch sein… wenn er dabei nur nicht jedes Mal diesen leicht dümmlichen Hundeblick aufgesetzt hätte, mit dem er nun auch wieder seine Gattin betrachtete.

  • Adria vermied es, ihren Lucius anzusehen, denn sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie sein Blick war; wie immer wenn seine Ausdrucksweise über sie vom schmeichelhaft süßen zum übertrieben schmalzigen überging. Schon so musste sie übertrieben lächeln, aber auch das verging wieder schnell.


    Sie nahm Platz, da ihr Mann es ihr angeboten hatte und beobachtete die Frau. Irgendwie hatte diese Frau etwas Einschüchterndes, fast Furchteinflößendes an sich, aber äußerst interessant. Adria meinte zwar, Ähnlichkeiten zwischen ihr und ihrem Gatten erkennen zu können, doch ansonsten wäre ihr eine Verwandtschaft der beiden nicht gerade glaubhaft erschienen.


    "Ich nehme doch an, du wirst uns in unserem Haus einige Zeit beehren. Du wirst sicher schon bald Bekanntschaft mit ihm machen können. Wohl hörst du zumindest von ihm, sobald er ausgeschlafen ist. "

  • “Dein Mann war so lieb es mir anzubieten und ich nehme dieses Angebot sehr gerne an.“


    Sie lächelte ihrem Cousin kurz zu, bevor ihr Blick wieder zu dessen Frau wanderte. Adria war eine aristokratische, elegante und zarte Erscheinung. Sie wirkte wie das Musterbeispiel einer Römerin von Stand und sie fragte sich, welche Energien hinter ihrer zur Schau gestellten Zurückhaltung verborgen lagen.


    “So eine Schwangerschaft ist sicher sehr anstrengend und die Veränderungen des Körpers nicht nur angenehm. Bestimmt ist es nicht immer leicht sich in dieser Zeit passend zu kleiden.“

  • "Es sind keine Anstrengungen, die nicht durch die Freude auf den Nachwuchs bei weitem aufgewogen würden. Ich wünsche es einer jeden Frau, in den Genuss dieser Erfahrungen zu kommen."
    Das war fast ein Standardsatz einer jeden Frau. Auch wenn sie ihren Bauch und die schmerzenden Beine sehr wohl öfters innerlich verfluchte, sollte man darüber, besonders fremden Frauen gegenüber, die noch nicht gebärten, nicht sprechen.
    "Und selbst das Problem der Kleidung gab es nur in den letzten Wochen, in denen ich das öffentliche Leben ohnehin weitestgehend mied. Ich finde die römische Mode diesbezüglich recht vorteilhaft."
    Sie schaute zuerst auf auf ihren Bauch hinab und schwenkte dann ihren Blick zu Paulina. Selbst wenn sich bei dieser schon ein kleines Bäuchlein versteckt hätte, wäre das nicht aufgefallen.

  • “Ja, natürlich, als werdende Mutter muss man Verzicht üben, vor allem bei zarter Konstitution. Bestimmt wird man dafür überreich belohnt, dass will ich gerne glauben.“


    Sie musterte die andere Frau, die erkennbar schlanker als sie selbst war. Was die Männer nur immer an diesem dünnen, zerbrechlichen Typus fanden....


    “Ist es eigentlich so, dass man nach der Geburt an weiblicher Form verliert und das die sich dann erst nach einer Weile wieder einstellt?“

  • "Ich muss gestehen, der einzige Verzicht, den ich mir herausnahm, war der auf ein reges gesellschaftliches Leben", antwortete sie und begann zu schmunzeln. Die zarte Konstitution war doch eine Übertreibung, zumindest sah sich Adria nicht gerade zart, besonders seit den letzten Monaten.


    "Sollte es mit der weiblichen Form tatsächlich so sein?", fragte sie Paulina, wobei sie nicht umhin konnte, deren Rundungen zu betrachten.
    "Ich meine noch immer genug Weiblichkeit an mir zu haben, die vor der Schwangerschaft nicht in dieser Form vorhanden war."


    Sie hätte jetzt ihren größeren Busen erwähnen können, warf dann jedoch einen Blick auf Quarto und unterließ es. Ob der Arme überhaupt noch diesem Gespräch zuhörte?

  • In ihre Schranken verwiesen lächelte sie nur still und mit zusammengepressten Lippen. Dann sah sie wieder zu ihrem Cousin hinüber.


    “Also Lucius, darf ich dann hoffen das du dich für mich verwendest?“

  • Adria und Paulina schienen sich sehr gut zu verstehen, fand Quarto, dem die weiblichen Eifersüchteleien zwischen den beiden natürlich vollkommen entgangen waren.


    Als er nun wieder angesprochen wurde, hatte er sich bereits eine Antwort zurrecht gelegt:
    “Ja, natürlich, ich werde mich ein wenig umhören. Diskret, versteht sich.“


    Er war politisch und gesellschaftlich beschlagen genug, um in Paulinas Ansinnen auch eine Möglichkeit zu sehen, die Verbindungen der Familie zu stärken und daraus Kapital zu schlagen. Das war schließlich auch der Hauptgrund zu heiraten. Zumindest sah er das bei allen anderen so, nur nicht bei sich selbst.

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