Domus Aeliana - Atrium

  • Tzäss. Da hatte man auch schon den Beweis, dass es wohl doch besser gewesen wäre, wenn Katander sich Caius über die Schulter geworfen und ihn ihns Bett gesteckt hätte. Dem Sklaven fiel der Fauxpas auf, bevor Quarto die Stirn runzeln konnte. Innerlich verdrehte er die Augen, äußerlich kniff er sie kurz zusammen und seufzte dann leise.


    Bei Caius hingegen dauerte es länger, bis der Sesterz fiel. Zuerst dachte er, Quarto wollte sich einen Scherz erlauben, dann warf er seine Denkmaschine an uns spulte zurück. Seltsam, er konnte sich nur an ein IUS erinnern. Sonst war da nichts. Aber jetzt kleinlaut zuzugeben, dass er den Namen seines kleinen Großcousinneffen vierundsechzigsten Grades (oder was auch immer Quartos Sohn für ihn war) vergessen hatte? Nein, das kam überhaupt nicht in die Tüte!


    »Ähm. Jah. Ich meinte eigentlich deinen Sohn«, gab er dann doch kleinlaut zu, weil ihm einfach nicht einfallen wollte, dass du Erstsilbe GA lautete und der Kleine somit Gaius hieß. Nicht Lucius. Quarto hatte das sicher absichtlich schwer gemacht und den Jungen nicht nach sich selbst benannt, jawohl!
    »Entschuldige bitte, ich bin noch etwas durcheinander...«

  • Quartos Sohn hörte nicht nicht auf den Namen seines Vaters, weil er auf den seines Onkels hörte, des Kaisers.


    “Achsooo, Gaius, meinen Sohn meinst du.“, rief Quarto erleichtert aus. Gaius hieß er, wie gesagt, nach dem kaiserlichen Onkel.


    “Dem geht es gut. Er macht sich prächtig. Ein gesunder und aufgeweckter Junge ist aus ihm geworden. Leider ist er nicht hier. Er ist mit Adria in Misenum, auf unserem Landgut.“

  • Gaius hieß er! Hah! Caius schämte sich ja schon etwas. Klang fast wie sein eigener Name und trotzdem hatte er sich das nicht merken können!
    »Das freut mich zu hören. Also, dass es ihnen gut geht, nicht dass sie so weit weg sind«, errettete er sich selbst aus einem potentiellen Fettnapf. Wann wohl die Brühe kam? Ob der Ägypter erst noch das Huhn köpfen musste?


    »Aber erzähl doch mal, was geht denn in Rom so vor sich? So weit im Süden bekommt man fast gar nichts mit. Und was ist das mit Flaviern, was du geschrieben hattest?« Die Aussicht darauf, nichts zu sagen und nur zuhören zu können, war sehr verlockend...

  • “Ich hatte kürzlich mit Aulus Flavius Piso zu tun, dem Primiverius a libellis. Wir kamen ins Gespräch und dabei deutete sich die Möglichkeit einer Verständigung mit den Flaviern an. Vielleicht kann die alte Feindschaft zwischen ihnen und uns beigelegt werden. Ich weiß allerdings nicht, wie viel Gewicht sein Wort hat. Es wird aber wohl am Ende vor allem auf die flavischen Senatoren ankommen, auf Lucius Flavius Furianus und Manius Flavius Gracchus.
    Es soll beizeiten ein weiteres Gespräch stattfinden. Darum bin ich froh, dass du jetzt wieder hier bist. Es wäre mir nämlich sehr lieb, wenn du dann dabei sein könntest. Ich weiß schließlich, dass du die alte Feindschaft seit jeher bedauert hast und vielleicht betrachtest du die Dinge auch nicht so voreingenommen wie ich alter Mann.“

  • Caius hörte aufmerksam zu. Katander hob im weiteren Verlauf der Worte Quartos überrascht die Augenbrauen an. Und Caius hätte am liebsten eine Fanfare ausgepackt und Konfetti geworfen. Früher, als er seine Sommer in Baiae verbracht hatte (wo er auch Piso kennengerlernt hatte), war das der größte Wunsch der beiden gewesen: Sich keine Ausreden mehr einfallen lassen zu müssen, wenn man sich mit "dem Flavier" oder "dem Aelier" treffen wollte. Und jetzt schien es so, als hätte der alte Haudegen Piso die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und sich an Quarto rangemacht. Was sein Wort galt? Im Vergleich mit den flavischen Senatoren war es vermutlich weniger wert als der Dreck unter Katanders Fußnägeln, aber mit Caius Wort war das angesichts der illustren Runde (3 Senatoren, 1 Ritter, 1 musisch katastrophal veranlagter Patrizier) wohl ähnlich. Umso mehr verblüffte ihn Quartos Bitte, dabei zu sein. Caius war erstmal sprachlos und hatte für den Moment sogar vergessen, dass ihm eigentlich übel war.


    »Ganz ehrlich? Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Als Piso das in seinem Brief angedeutet hat, habe ich mir noch nicht viel dabei gedacht, aber dann hast du etwas Ähnliches geschrieben... Ich finde allein die Möglichkeit einer Einigung schon bemerkenswert, aber noch bemerkenswerter ist, dass du mich dabei haben möchtest«, sagte Caius geradeheraus, wie er nun einmal war. Vermutlich würde auch aus diesem Grund kein guter Politiker werden, deswegen war es wohl gut, dass er diese Schiene ganz sein ließ.


    »Ich komme natürlich gern mit, auch wenn ich mir noch nicht vorstellen kann, wie ich bei einer Einigung unter Senatoren hilfreich sein kann. Oder kommen die Flavier hierher?« Vielleicht, überlegte er sich, wollte man sich ja auch an einem neutralen Ort treffen. Aber dann war die Wahrscheinlichkeit, dass am Nebentisch jemand lauschte, wohl viel zu groß.

  • “Flavius Piso wollte dafür sorgen, dass sie eine Einladung zum Essen aussprechen und ich begebe mich nur ungern alleine in die Höhle der Löwen.“
    Er lächelte sardonisch.
    “Außerdem weiß ich doch von deiner Freundschaft zu ihm. Ihr beide, ihr Jungen, ihr seid vielleicht diejenigen, die uns Alten die Brücke bauen müssen.“

  • In diesem Moment kehrte Nakhti zurück. Er trug ein Tablett und darauf stand eine Schüssel mit heiß dampfender Brühe. Ein hölzerner Löffel lag daneben.
    Der Sklave stellte das Tablett mit der Schüssel und dem Löffel auf einen niedrigen Tisch, links neben Archias' Liege.
    Er verneigte sich.
    “Leider kein Hu'n da ist, 'err. Nur Kapaun. Die fette Köchin um Entschuldigung bittet, viele male, sie sagt. Die Brü'e vom Kapaun ich dir gebracht 'abe.“


    Das die fette gallische Köchin im Entschuldigung bat, dass wäre in etwa so erstaunlich gewesen, als wenn sich der Tempel des Jupiter Optimus Maximus Capitolinus in die Lüfte erhoben hätte. Nein, sie hatte natürlich geschimpft und gezetert und den jungen Herrn verwünscht, der aus dem Nichts auftauchte und nach Suppe verlangte. Aber nach lautstark verkündeten Weigerungen hatte sie sich schließlich doch erweichen lassen und die Brühe gekocht. Dabei allerdings weiter über die Verschwendung des schönen Kapauns geklagt.

  • “Bestimmt hast du viel Gepäck aus Aegyptus mitgebracht.“, sagte Quarto unvermittelt.
    “Ich habe einen Raum für dich herrichten lassen. Dein Sklave kann es dorthin bringen und mit dem Auspacken anfangen. Nakhti, hilf ihm und führe ihn hin.“


    Der Senator wollte mit seinem Vetter 2. Grades alleine weiter sprechen und die beiden Zuhörer los werden.

  • Eine Brücke bauen. Das klang natürlich viel einfacher, als es sein würde, das wusste selbst Caius. Er wollte eben noch einmal deutlich machen, dass er gern dabei wäre, als Nakhti kam und Suppe brachte. Katander grinste bei der Erinnerung an die dicke Köchin, die hier das Regiment eisern führte. Ganz sicher hatte die sich nicht entschuldigt, was im Umkehrschluss bedeutete, dass der ägyptische Glatzkopf doch so etwas wie Diplomatie gelernt hatte.


    »Ist schon in Ordnung so«, kommentierte Caius also die Anlieferung der Suppe. Ein wenig Hunger verspürte er bei dem köstlichen Geruch schon, und Masthahn war eine akzeptable Alternative zur Hühnerbrühe. Zögerlich nahm er den Löffel, doch ehe er zu essen begann, sah er Quarto an.
    »Stört es dich, wenn ich versuche, etwas davon in meinen Bauch zu bekommen?« fragte er.


    Kurz darauf schickte Quarto dann die beiden Sklaven indirekt weg. Katander runzelte die Stirn, aber Caius war ausnahmsweise einmal nicht auf den Kopf gefallen. Katander wollte eben etwas erwidern, da schnitt Caius ihm das Wort ab.
    »Äh, ja. Katander, wärst du so freundlich?« wies er seinen Sklaven an und nickte bedeutungsvoll in Richtung Nakhti. Eigentlich war es unnötig, ihn wegzuschicken, da sie sich seit Kindertagen kannten und Caius Katander bedingungslos vertraute, aber da er nicht wusste, was Quarto geheimes zu sagen hatte, war es besser, Katander ging mit dem Ägypter weg. Was er nach skeptisch-mürrischem (angesichts der Situation und angesichts des enormen Gepäcks) Blick auch tat. Caius sah Quarto fragend an.
    »Das heißt, wir warten im Grunde nur noch auf eine Einladung von den Flaviern.«

  • “Ja.“, antwortete Quarto, den Sklaven nachblickend.
    “Ja, wir warten auf eine Einladung.“


    Die Sklaven waren fort.


    “Du kannst dir vielleicht denken, dass dieser Schritt für mich nicht ganz einfach ist. Den Flaviern die Hand zu reichen wäre mir früher nie in den Sinn gekommen. Sie nennen sich Patrizier und führen sich uns gegenüber so auf, als wären ihr Vorväter die leibhaftigen Gründer Roms gewesen. Dabei waren sie noch vor wenigen Generationen ein unbedeutendes Rittergeschlecht aus der Provinz. Der Vater von Flavius Vespasianus war ein kleiner Beamter in Aventicum, hast du das gewusst? Aventicum... ich könnte nicht einmal sagen wo genau das liegt.“


    Quarto hatte die Fäuste geballt, während seine alte Abneigung wieder nach oben kochte.
    Aber dann besann er sich.


    “Oje, ich schimpfe schon wieder auf den alten Feind und rufe ebenso alte Geister herbei. Du siehst, es wird nicht einfach.
    Aber die Umstände bringen mich dazu, eine Aussöhnung mit ihnen zu versuchen. Denn die Lage ist ernst!
    Die Flavier und wir haben einen gemeinsamen Gegner. Jemand, der die Früchte langer Arbeit und treuer Dienste im Regime der Ulpier zunichte machen könnte. Jemand, der in dem Augenblick, wo wir durch meinen Bruder in nächster Nähe der Kaiserwürde angelangt sind, uns von diesem Platz zu verdrängen versucht. Jemand der weder würdigt noch berechtigt ist, dies zu tun. Ein geborener Verräter ist er, und wenn er noch keinen Verrat verübt hat, so wird dieser Tag unweigerlich kommen. Und er hasst die Patrizier.
    Deshalb brauchen wir starke Verbündete und die Flavier ebenfalls. Im Lager der Patrizier haben sie nach wie vor sehr viel Gewicht und eine Stimme die gehört wird.“


    Hatte er nicht etwas vergessen?


    “Du willst wissen, wen ich einen zukünftigen Verräter nenne?“


    Genau. Das hatte er noch gar nicht offenbart.


    “Es ist Potitus Vescularius Salinator, der Praefectus Urbi. Mein Bruder, der Kaiser, vertraut ihm. Nur die Götter wissen wiso.
    Er sammelt Männer um sich. Er hortet Geld und Macht. Er regiert schon jetzt wie der Kaiser selbst und das mit Gaius' untätiger Billigung. Er ist eine Bedrohung!“

  • Caius löffelte weiter die Suppe, die Katander ihm sozusagen eingebrockt hatte. Aufmerksam beobachtete er dabei Quarto, der sich gerade in Rage redete. Es war nicht das erste Mal, dass Caius das erlebte, denn Quarto war nicht der einzige Aelier, der das so sah. Er hatte nie so recht gewusst, was er darauf erwidern sollte. Langsam ließ er jetzt aber de Löffel sinken, als Quarto sich plötzlich wieder fing. Caius schwieg und hörte einfach weiter zu, obwohl er sich schon passende Worte zurechtgelegt hatte. Dann aber vergaß er die schnell wieder, weil eine viel wichtigere Neuigkeit den Weg in sein Gehör fand. Verdutzt hob er die Augenbrauen. Er konnte gar nicht so recht glauben, was Quarto da erzählte. Hatte er ihm nicht geschrieben, dass es seinem Bruder soweit ganz gut ginge? Caius runzelte die Stirn und rutschte auf seiner Liege ein wenig herum, Quarto noch verdutzter ansehend, als der ihm als Erwiderung auf sein perplexes Nicken hin einen Namen nannte, den er bisher nur aus der Acta kannte.


    Als Quarto vestummt war, schwieg auch Caius, der angestrengt nachdachte. Das waren ernste Anschuldigungen, und er kannte Quarto als besonnenen und wohlüberlegten Mann (sah man von der Flaviersache einmal ab). Das waren viele Informationen, die Caius erst einmal verdauuen musste, und das mit grummelndem Magen.


    »Also... Valerian hat diesen Vescularius eingesetzt und vertraut ihm, sagst du. Weiß er denn, was sein Stellvertreter so tut? Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass er ruhig bleibt, wenn man ihm den geplanten Verrat präsentiert. Du hast sicher schon mit ihm geredet?« Caius selbst hatte mit Valerian bisher noch nie allzu viel zu tun gehabt, ihn nur ein paarmal gesehen, als er noch kein Kaiser gewesen war. Aber in seiner Vorstellung würde doch kein Aelier (und erst recht kein Kaiser!) so eine Verschwörung dulden, wenn er davon wusste, oder nicht? Auf Caius' Stirn hatten sich tiefe Furchen gebildet.
    »Ich kenne den Stadtpräfekten noch nicht, aber ich glaube dir natürlich. Was unternimmt der Senat gegen ihn? Wie viel von dem, was er tut, ist offensichtlich?«

  • “Nichts ist offensichtlich. Und darum kann ich nicht einfach zum Kaiser gehen und seinen Freund anklagen, seinen alten Waffengefährten aus gemeinsamer Zeit an der Danubius-Grenze. Er könnte mir nicht glauben und ich würde riskieren, dass er mir auch in Zukunft nicht mehr glaubt, Bruder hin oder her.
    Offensichtlich ist nur, dass er mehr und mehr wie der Kaiser selbst regiert.
    Viele Senatoren hat er bereits gegen sich aufgebracht, auch weil er den Senat mit offener Verachtung straft, wenn er sich denn überhaupt einmal in der Curia Iulia blicken lässt.
    Etliche sind zu mir gekommen. Ich hatte in den vergangenen Wochen zahlreiche Besucher, hochrangige Besucher. Sie beklagen sich alle. Ich hätte mich zurück lehnen können. Ich hätte beschwichtigen können und sagen, man müsse die Dinge abwarten. Ich hätte mich bedeckt halten können und ich hätte das auch gerne getan. Aber ich musste der Gefahr ins Auge sehen, dass sie sich dann nicht nur gegen Salinator, sondern auch gegen Valerianus auflehnen, der ihn schließlich zum Praefectus Urbi gemacht und dabei gegenüber vielen Männern mit größeren Verdiensten und besser Herkunft vorgezogen hat. Nein, ich habe mich stattdessen an ihre Spitze gestellt. Ich sammle die Unzufriedenen um mich, diejenigen, die gegen Salinator, aber treu zu Rom und im Herzen für Valerianus sind.
    Das alles natürlich unter größter Verschwiegenheit. Denn auch wenn dies kein Verrat ist, sondern reinster Patriotismus, bleibt es doch höchst gefährlich.
    Auch du musst über alles schweigen, was ich dir hier erzähle.“

  • Das war ernster, als Caius eben noch angenommen hatte. Mit tief gefurchter Stirn lag er neben seiner inzwischen erkalteten Restsuppe und dachte nach.
    »Das ist schlecht. Sehr schlecht«, wiederholte er gedankenverloren und sehr viel ernster, als er sonst war.
    »ich verstehe deinen Zwiespalt. Es siehst so aus, als hätte Vescularius Valerian geblendet, so dass er dessen wahre Intention nicht sieht«, sagte er dann und sah Quarto ratlos an.


    »Ich werde natürlich nichts sagen.« Immerhin hatte er keine Lust, plötzlich tot im Tiber zu treiben.
    »Aber du musst da sehr vorsichtig sein, Lucius. Wenn der Präfekt dahinter kommt, kann das böse enden. Nicht, dass sie auch dich noch im Senat erstechen.« Das war ja schon ein paarmal vorgekommen. Caius war nun sehr besorgt.
    »Angesichts der Schwere dieser Situation ist es wirklich wichtig, dass diejenigen sich insgeheim verbünden, die genauso denken. Das ist gar kein schlechter Schachzug mit den Flaviern. Aber wenn wir das als Hauptgrund anführen, eskaliert die Situation vielleicht später wieder, wenn Vescularius keine Bedrohung mehr für Rom und den Kaiser darstellt...« überlegte Caius nun laut, ehe er Quarto wieder ansah.
    »Du glaubst doch nicht, dass es zu einem Volksaufstand kommen könnte?«


    Jetzt, da er so vieles in Erfahrung gebracht hatte, sah er einige Dinge in anderem Licht. Plötzlich gab die Erleichterung in Quartos Brief darüber, dass er nach Rom kommen wollte, einen anderen Sinn. Was ihn zu seiner nächsten Frage brachte. Entschlossen (aber immer noch ziemlich blass) sah er Quarto an.
    »Wie kann ich helfen? Ich weiß nicht, ob ich dir am Hof viel nutzen kann, sofern... Ohje, ernennt nich Vescularius die Mitarbeiter am Hof?«

  • “Genau, ich will dich am Hof haben, in der Kaiserlichen Kanzlei. Wir umgehen ihn einfach. Das heißt, wir gehen nach Misenum.
    Ich muss ohnehin mit Valerianus reden und du wirst mich begleiten. Dann lernt er dich auch endlich mal kennen.
    Bei der Gelegenheit werde ich ihm vorschlagen, dass er dich zum Procurator a memoria ernennt. Die Stelle ist frei.
    Wir brechen auf, sobald du wieder ganz hergestellt bist und reisen kannst und ich meine dringendsten Geschäfte hier in Rom erledigt habe.“

  • Das war eine weitere Information, die Caius zugegeben ein klein wenig verunsicherte. Genaugenommen war der Kaiser sein Verwandter. Aber das war immerhin der Kaiser! Für Caius war Quartos Beschluss daher nicht so auf die leichte Schulter genommen. Das war schon was Großes! Seine Gedanken eilten voraus nach Misenum zur kaiserlichen Landvilla. Bei Iuppiters Gemächt, wie sollte er ihn nur ansprechen? Valerian? Mein Kaiser? Das würde er Quarto noch fragen müssen, doch später.


    »Gut. Ich hoffe, dass das Schwanken bald aufhört«, sagte er und meinte damit das wippende Gefühl, das ihn noch ergriffen hatte. Irgendwie war ihm das alles ein wenig viel für den ersten Tag in Rom. Eine Verschwörung, ein hochrangiger Posten am Hof (Bona Dea, hatte Quarto wirklich procurator a memoria gesagt?!), ein Besuch beim Kaiser, die potentielle Lebensgefahr, in der er nun quasi als Mitwisser steckte...


    »Also warten wir sozusagen darauf, dass Vescularius einen Fehler begeht«, resümierte Caius nüchtern.

  • “Nicht nur. Denn das wäre zu wenig.“


    Er machte eine kurze Pause.
    Die nachfolgenden Worte fielen ihm schwer.


    "Valerianus ist krank. Und leider schlimmer als befürchtet und ich in meinem Brief an dich zu schreiben wagte. Bis heute hat er aber noch keinen Nachfolger benannt, für den Fall, dass er stirbt. Ich bete täglich zu den Göttern, dass er gesunden möge und das der Tag noch fern ist, da sie ihn von dieser Welt berufen. Aber Vorsorge muss dennoch getroffen werden.
    Natürlich regelt auch alles das Gesetz.
    Aber trotzdem: Ein von ihm ernannter Nachfolger täte sich sehr viel leichter, die Begehrlichkeiten allzu ehrgeiziger Männer abzuwehren, Männer wie Potitus Vescularius Salinator.
    Ich reise auch deshalb nach Misenum. Ich werde ihm vorschlagen, seinen Sohn Publius zum Caesar zu erheben, ungeachtet seiner Jugend.“

  • Caius machte ein betroffenes Gesicht, als er das erfuhr. Er dachte an das, was er in Alexandrien auf der agora aufgeschnappt hatte, und was Quarto in seinem Brief so wunderbar überzeugend abgetan hatte.
    »Das betrübt mich zu hören«, sagte er einen Moment später wahrheitsgemäß.
    »Ich hoffe, er weiß deinen Einsatz und deinen guten Rat zu schätzen und wird ihm nachkommen. Wie alt ist sein Sohn denn jetzt?« Caius glaubte sich zu erinnern, dass der Knabe jetzt etwa zwölf sein musste, doch sicher war er sich da nicht. Es konnte ebenso gut sein, dass er wieder etwas durcheinander brachte.
    »Wenn ich dir in irgendeiner Weise helfen kann, dann lass es mich bitte wissen, Lucius. Ich hatte angenommen, es stehe nicht so schlimm, sonst wäre mein Angebot schon eher gekommen.« Gut, ein wenig schämte er sich schon, dass er erst jetzt seine bescheidene Hilfe anbot. Aber was konnte er schon groß ausrichten?

  • “Er ist noch ein Knabe und noch kein Mann. Aber besser ein Junge als designierten Nachfolger haben, auch wenn ihm noch nicht einmal der Flaum des ersten Bartes wächst, als diesen Emporkömmling, der uns alle in den Untergang führen würde.“, meinte Quarto grimmig.


    “Der junge Maioranus soll nicht auf den Kopf gefallen sein und mit den richtigen Beratern an seiner Seite... nun ja.“


    Er hob beschwichtigend die Hand.


    “Du bist genau zur richtigen Zeit zurückgekehrt. Mach dir keine Vorwürfe.“

  • Und Quarto würde dem Jungen sicherlich ein guter Berater sein, sollte es hart auf hart kommen, dachte sich Caius. Nach außen hin nickte er nur. Er würde ja bei ihrem Besuch in Misenum sehen, wie schlecht es dem Kaiser wirklich ging. Er hoffte nur, dass es doch nicht so schlimm war, wie Quarto sagte.


    Auf Quartos Beschwichtigung hin machte Caius ein zerknirschtes Gesicht, schwieg aber. Er würde einfach schauen, dass er viel von dem mitbekam, was um Quarto herum so vor sich ging, und dann seine Hilfe zu gegebenem Zeitpunkt einfach noch einmal anbieten, überlegte er sich. Und vielleicht konnte er im Kaiserpalast ja auch etwas Interessantes herausfinden. Was ihn zu seiner nächsten Frage brachte.


    »Du sagst mir bescheid, wenn wir nach Misenum reisen«, stellte er zunächst fest.
    »ich nehme an, die Ernennung wird bis dahin dauern? Ich wollte nämlich in den nächsten Tagen bei Germanicus Avarus vorbeischauen und mich sozusagen auch offiziell abmelden aus dem Dienst des cursus publicus«, erklärte er. Wenn er dann ein Weilchen nichts zu tun hatte, konnte er das Leben genießen und sich mit seinen alten Freunden treffen. Wenn nicht - gut! Dann verdiente er eben knackig Kohle!

  • “In der kommenden Woche sollten wir reisen, wenn es dir recht ist. Zu lange will ich nicht warten, auch weil ich einem Freund versprochen habe bei Valerianus für seine Berufung zum Curator Rei Publicae zu werben.
    Aber Senator Germanicus Avarus musst du natürlich vorher noch besuchen, sehr richtig. Es sollte dich bereits von deinen bisherigen Pflichten entbunden haben, bevor du nach neuen Aufgaben strebst.“

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