[Tablinum] Gaius Flavius Catus

  • Nein, ich war mir nicht sicher, ob ich alles richtig verstanden hatte.
    Manches kalng doch zu seltsam.
    Aber vielleicht war mein griechisch auch einfach nicht mehr gut genug.


    Das also sollte das wichtigste Werk Platons sein.
    Der Staat - Politeia.
    Nun das gewichtigste war es definitiv .. mit einem Stirnrunzeln betrachtete ich den Berg an Manuskripten auf dem Tisch.


    Ich sollte mir wohl doch einige Notizen machen.




    Platon - Politeia


    Der Grundgedanke hinter allem ist die Idee des Guten. Das letzte Prinzip der platonischen Ideenlehre.
    Die Sinnenwelt, also unsere wahrnehmbare Welt, die 'Realität', besteht nur aus Abbildern.
    Abbildern der geistigen, immateriellen Urformen. Abbilder einer Wirklichkeit, die der Sinnenwelt übergeordnet ist.
    Diese Urformen nennt Platon Ideen.


    Die Idee Mensch, die Idee Hund, die Idee Kürbis.
    Diese Ideen sind absolut und unvergänglich.
    Und die höchste Idee, das letzte Prinzip, ist die Idee des Guten.
    Diese Abbilder können, da ihnen der Makel der vernunftlosen Materie anhaftet, nie so vollkommen sein wie die Ideen selbst.


    Eros ist die treibende Kraft für das Streben nach dem Guten. Der Anblick des Schönen weckt ihn und er strebt vom Sterblichen zum Unsterblichen, vom Sinnlichen zum Geistigen, vom Allgemeinen zum Besonderen.


    Die wahre Wirklichkeit sind die Ideen. Nicht wahrnehmbar durch Sinne, erkennbar nur durch die Vernunft.



    Diese Grundgedanken veranschaulicht Platon im Höhlengleichnis.
    Es stellt den sinnbildlichen Aufstieg von der Realität zu den Ideen dar.


    Die Menschen fristen gefesselt in einer Höhle ihr Dasein. Sie können nur auf eine Wand der Höhle blicken. Und sehen nur die Schatten von Wesen und Dingen, die ein Feuer wirft.
    Diese Schattenbilder ist die Erscheinung der irdischen Dinge. Und für die gefesselten Menschen ist das die Realität.


    Einer der Menschen befreit sich nun.
    Er wendet sich um und erkennt, das die Schatten die für ihn bisher Realität waren, nur unvollkommene Abbilder ihrer wahren Erscheinung sind.
    Wenn er nun aus der Höhle tritt, blendet ihn zunächst die Sonne und er erkennt wiederum nur Schatten und Spiegelungen.


    Aber nach einem Gewöhnungsprozess beginnt er die Dinge selbst zu sehen. Und zuletzt die Sonne und er erkennt sie als tiefere Ursache allen Seins.



    Mir rauchte der Kopf.
    Ein wenig ... abgehoben diese Gedankengänge.
    Ich glaube für heute hatte ich genug.
    Aber eigentlich war ich auch neugierig darauf, was dieser Mann über Staat und Gesellschaft zu sagen hatte.
    Wenn ich mir den Berg ansah, dann vermutete ich mehr als nur ein zwei Worte.


    Aber es bestand glücklicherweise kein Grund zur Eile.

  • Frisch gestärkt mit einem leichten Wein ging ich es an.




    Da der Mensch allein unfähig zu überleben ist, muss sich zwangsläufig ein Staat, eine Gesellschaft bilden.
    Nach Platons Auffassung kann jeder nur eine Sache perfekt ausführen und deshalb sollte er auch nur dieses allein machen.
    So ergibt sich eine stirkte Trennung der Gesellschaftsschichten.


    - Nährstand
    - Wehrstand
    - Lehrstand


    Den Grundstock bildet der Nährstand. Er umfasst die Mehrheit der Bevölkerung. Bauern, Händler. Ihre Aufgabe ist es das Volk materiell zu versorgen.
    Der Wehrstand verteidigt den Staat. Nach innen und aussen. Er besteht nur aus den Besten.
    Und aus dieser Elite wiederum geht der Lehrstand hervor. Er regiert das Volk.
    Die aber wichtigste Anforderung an den Lehrstand ist, das sie Philosophen sind, oder wenigstens philosophieren sollen.
    Denn nur durch die Philosophie kann die Idee des Guten, das letzte Prinzip, erkannt und der Staat regiert werden.
    Und weil die Herrschenden diese Idee des Guten erkannt haben sind sie unfehlbar. Somit ist eine Kontrolle ihrer duch etwas anderes als ihre eigene Vernunft unnötig.




    Hmm ... ich entschloss mich den Teil der sich mit der richtigen Ausbildung für Wehr- und Lehrstand beschäftigte zu überspringen.
    Und nahm einen kräftigen Schluck.

  • Ein paar Manuskripte weiter wurde es wieder Interessant. Eine Analogie Staat Seele.



    Vom Aufbau her entsprechen die drei Stände des Staates den drei Teilen der Seele. Eine Seele ist nur dann glücklich, wenn ihre drei Teile im Gleichgewicht sind. Gleiches gilt für den Staat. Nur wenn alle drei Stände im Gleichgewicht sind kann ein Staat funktionieren.



    Stand............Seele


    Lehrstand......Vernunft
    Wehrstand.....Mut
    Nährstand......Begierde


    Eine Seele befindet sich im Einklang, wenn die Vernunft durch den Mut die Begierde zügelt und nach ihrem Willen formt.
    Für den Staat gilt das gleiche. Der Lehrstand muss allen Menschen vermitteln, das sie alle ein Teil des Ganzen sind. Jeder einzelne muss seine Pflichten im Staat erfüllen. Auch wenn es ihn zunächst unglücklich zu machen scheint.
    Doch weil er es für die Allgemeinheit macht und dadurch diese glücklich wird, wird auch jeder einzelne dadurch glücklich.
    Da diese Einsicht einigen Menschen des Nährstandes verschlossen ist, gleich wie die Begierde manchmal über die Vernunft siegt, muss es für diese Uneinsichtigen Bestrafungen geben.
    Nur so kann gewährt werden das das notwendige Gleichgewicht der Stände im Staat erhalten bleibt.




    Nun ... zumindest interessant ... aber ein bisschen .. für meinen Geschmack ... mal sehen ...

  • Interessant .. im nächsten Teil führt Platon diese Analogie weiter und weitet sie auf die Staatsformen aus.




    Stand..........Seele.........Staatsform


    Lehrstand.....Vernunft....Aristrokratie
    Wehrstand....Mut..........Timokratie
    Nährstand.....Begierde....Oligarchie, Demokratie, Tyrannis



    Der Idealstaat ist nach Platon die Aristokratie. In dieser Staasform überwiegt die Vernunft.
    Weitere schlechtere Staatsformen sind die Timokartie, in der der Mut überwiegt, die Oligarchie, Demokratie und Tyrannis, bei denen die Begierde im Vordergrund steht.


    Die Staatsformen folgen immer in dieser Reihenfolge und werden schlechter. Dies ist unausweichlich, selbst der beste Staat ist nicht vor dem Verfall geschützt.


    Aus der Idealform, der Aristokratie, in der die Herrschenden die Idee des Guten erkannt haben, verfällt ein Staat zur Timokratie.
    Hier sind einige aus Wehr- und Lehrstand an der Macht, die allen Besitz unter sich aufteilen und das Volk knechten. Sie sind anmaßend und ungebildet, doch haben noch gute Anlagen, so daß der mittlere Teil der Seele herrscht.


    Bei der Oligarchie, dem nächsten Schritt des Verfalls, werden die Reichen, die an der Macht sind begünstigt. Der Staat spaltet sich in zwei Hälften, arm und reich. Die Bildung wird als gering erachtet und nur der Reichtum gemehrt. Die Begierde herrscht. Reiche werden reicher und Arme werden ärmer.


    Der nächste Verfallsschritt ist die Demokratie. Sie wird aus den Aufständen der Armen geboren. Für einen Augenbkick scheint sie als göttliche Form, Freiheit, Wohlerzogenheit, Großartigkeit uns Männlickeit. Doch schnell zeigt sich, das die Begierde regiert, die Lüste
    werden ungehemt ausgelebt. Willkür, Übermut, Verschwendung und Schamlosigkeit sind der wahre Charakter der Demokratie.


    Schliesslich kommt die Tyrannis. Die Herrschaft eines Einzelnen, der die Idee des Guten nicht erkennt, dem es an Ausbildung mangelt.
    Der tyrannische Mensch hasst das Volk, ist ein triebgesteuerter Trinker und wird so zwangsläufig zum Verbrecher. Jetzt ist nur noch der dritte Teil der Seele präsent : die Begierde.
    Und so ist der Staat nur noch unglücklich. Und der unglücklichste ist der Tyrann selbst, da er in Unruhe, Qual und Angst leben muss. Denn das Volk hasst ihn und will ihn wegen seiner Willkür und Brutalität töten.




    Hmmm .. eine interessante Sicht der Dinge .. aber mir schien sie etwas zu gradlienig, zu theorethisch ... irgendwie meinte ich die Realität stelle sich anders dar ... hmmm ... ich würde wohl ein wenig darüber nachdenken müssen.

  • Ich führte Sulla in mein Tablinum. Dort musste ich erst kurz einige meine Manuskripte und Abschriften des grossen Aristoteles zur Seite räumen. Meines nächsten Projektes.


    "Nimm Platz Sulla. Über was wolltest du mir mir reden"

  • "Ich danke Dir sehr für dieses Gespräch"


    sagte ich als wir uns setzten


    "Messalina hält in jeder Hinsicht sehr grosse Stücke auf Dich und ich.."


    Ich wand die Worte, fand nichts gedrechseltes und fuhr fort


    "..ich bräuchte einen Rat."

  • "All die großen, schönen, eloquenten Worte sind wohl über Bord gegangen, so muss ich einfach offen sein. Ich liebe eine Frau und diese liebt mich nicht. Ich komme mit der Situation nicht klar und möchte sie vergessen. Was aber nicht im geringsten funktioniert. Wo ich gehe sehe ich Aelia, was ich auch tue denke ich an sie. Es macht mich fertig, ich dachte schon einen dunklen Moment lang..."

  • Ich erzählte Catus also von meinem Bruder Spurius und das ich eigentlich Sextus war, erzählte von seiner Liebe zu Aelia, seiner Intrige gegen Victor, seinem Anschlag auf Laeca, dem abgschnittenen Ohr und dem Geständnis an Aelia. Meiner Ankunft aus Tylus, seiner Abreise nach Asia, meiner Liebe zu Aelia, Spurius Schiffbruch, halt von allem. Ich nahm nicht an das er mir folgen konnte. Wie auch. Auf jeden Fall war Spurius weg, ich jetzt Spurius und Aelia die tollste Frau der Welt. Ich war fertig, die Sonne untergangen. Zu erzählen brachte ein bisschen Erleichterung und ich sah Catus auch ein wenig erleichtert an.

  • Das Reden tat ihm gut .. ich nickte zwischendurch immer wieder, aber um ehrlich zu sein ich verstand nicht mal die Hälfte der Geschichte, was sag ich, nicht einmal ein Viertel .. aber für das Problem war es auch egal .. den Kern hatte ich verstanden.


    Als Sulla geendet hatte lehnte ich mich zurück und schwieg eine kurze Weile.


    "Einen Rat willst Du von mir ... ich könnte jetzt mit Platon kommen ... der Idee der Liebe, des Guten ... der Unvollkommenheit der Realität ... aber um ehrlich zu sein, Platon bewegt sich in Spären die jenseits des Praktisch anwendbaren liegen ... und wenn ich seine Schriften und den Wandel des Frauenbildes darin über die Jahre verfolge, liegt die Vermutung nahe, das er an dem Problem der Liebe wohl selbst gescheitert ist."


    "Aristoteles ist da wesentlich praktischer veranlagt ... und in seinen Schriften findet sich auch eine mögliche Lösung ... wenn man die Typisierung der Menschen als ersten Schritt seiner Induktion zum Staat hin betrachtet ... allerdings ist es wohl eine etwas archaische Lösung ... Aristoteles würde Dir raten : geh zu ihrem Pater Familia, verhandle mit ihm und mach alles klar ... aber Aristoteles sah in den Frauen nur Gebärmaschienen .. zumindest in seinen Schriften ... ich habe mich manchmal schon gefragt, ob ... aber dieser Rat mag vor ein paar Generationen gut gewesen sein .. heute .. nein, ich würde ihn Dir nicht geben.
    Liebe, Zuneigung, Partnerschaft kann man nicht erkaufen. Aber ich wollte ihn Dir nicht vorenthalten."


    "Noch viele andere kluge Schriften findest Du in diesem Raum, über das Wesen der Menschen, die Vernunft, über ihr Verhalten, ihr Drängen ... aber um ehrlich zu sein, theoretisch wurde in diesen Manuskripten jedes Problem gelöst ... praktisch wirst du hier nirgends eine Antwort finden."


    "Der Mensch ist des Menschen Wolf. Dies gilt nicht nur für das Verhalten der Menschen auf dem Schlachtfeld, dies gilt auch und besonders in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Hier werden die härtesten und verletzenden Kämpfe ausgetragen. Deswegen bedenke wohl was es für Folgen haben könnte um deine Liebe zu kämpfen. Welche Wunden Du, und andere davontragen können. Bedenke dies bevor Du deinen weiteren Weg wähltst."


    "Doch Manches haben die Götter gefügt und es wird zum glücklichen werden. Vor den Erfolg haben sie den Schweiß gesetzt. Machmal genügen Worte um sein Ziel zu erreichen, oft aber muss man Taten über eine lange Zeit sprechen lassen. Ein Weg mit vielen Hügeln und Steinen und ein Erfolg ist nicht gesichert."


    "Aber wenn er erlangt wird ist er das höchste Gut, die Krohne allen Strebens. Zumindest für eine gewisse Zeit, vielleicht für immer."


    "Du hast mich um einen Rat gefragt ... und ich habe jetzt viel geredet, das meiste wirr klingend ... ich könnte dir jetzt sagen, merke Dir die Worte gut und irgendwann wirst Du ihre Weisheit erkennen."


    "Aber ich habe nur soviel geredet um meine Unwissenheit zu kaschieren. Mein Unvermögen zu verbergen, Dir einen Rat zu geben."


    "Mein Freund, ich weiß nur, das ich es nicht weiß. Das ich nicht in der lage bin Dir einen Weg aufzuzeigen, Dir zu raten."


    "Aber ich kenn jemanden der Dir einen Rat geben kann."


    Ich beugte mich nach vorne und deutete auf seine Brust.


    "Höhre genau auf dein Herz. Was es Dir sagt und wie. Höhre ob Begierde oder Liebe spricht, höhre ob es das kurze Flackern einer Stichflamme ist oder das Kniestern eines gutgenärten Feuers. Lass Dich von ihm leiten ... und lass Dir Zeit es zu verstehen .. dann wirst Du wissen was zu tun ist."

  • "Dann werde ich mich also in die Arbeit oder in den Tiber stürzen..." sagte ich gedankenverloren. "Ich kann ihr einfach nicht weiter weh tun..." und trank meinen Becher mit einem Zug leer

  • Nachdem Sulla gegangen war suchte ich die Abschriften von Aristoteles zusammen.


    Ich hoffte das ich Sulla helfen hatte können, hegte aber meine Zweifel. Ich glaubte irgendwie nicht, das ich dazu geeignet war, irgendwelche guten und weisen Ratschläge zu geben.


    Als ich alle gefunden hatte, setzte ich mich, füllte meinen Becher und begann damit die Abschriften zu studieren.

  • Nachdem ich wohl offensichtlich gegangen war fühlte ich mich ein wenig besser.

  • Bald darauf nahm die Lautstärke auf den Straasen zu. Für einen Moment wusste ich nicht was los war. Dann viel es mir ein ... die Spiele.


    Nach einen kurzen zögern legte ich die Manuskripte zur Seite und stand auf.
    Warum nicht ?


    Eine alte Sehnsucht aus vergangen Tagen packte mich .. ich suchte meinen Dolch, eine alte Tunika ... ja, ich würde es tun.


    Packte noch einen Weinschlauch und ein paar Fladen ein und verschwand.

  • *poch poch*



    Wir standen vor der Tür und warteten.


    "Ich bin so nervös."

    Einmal editiert, zuletzt von Flavia Calpurnia ()

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