[Mercatus] SKLAVENMARKT

  • "Vierhundertzwanzig, also abgemacht!" sagte der Händler schnell und wandte sich schon wieder in die Richtung seines Standes, wohl wissend, dass die beiden Römer ihm folgen würden. Er winkte eifrig einem der Marktaufseher zu, anzeigend, dass er ein Geschäft gemacht hatte und wohl einen der Sklaven des Marktes brauchen würde, um es zu vollenden.
    "Eretha ist ihr Name, Eretha die furchtlose Amazone!" Jetzt, da er sie sicher verkauft hatte, konnte er sich auch wieder die Mühe machen, sie ein bisschen farbiger zu präsentieren. "Aus dem tiefsten Südosten, aufgewachsen beim Reitervolk der Amazonen, und sie kämpft vor allem mit dem Schwert und dem Bogen ... in der Arena wird sie euch sicher Ehre machen," beeilte er sich zu versichern, dann trat einer der Sklaven der Marktaufsicht an seinen Stand und blieb abwartend stehen.


    "Für ihren Transport sollte gesorgt sein, dieser Bursche hier sieht mir kräftig genug aus, um sie in Ketten im Zaum zu halten," damit deutete der Händler auf den Sklaven der Marktaufsicht, der tatsächlich die angepriesene Statur hatte. Nun konnte für den Händler der Höhepunkt des Aufeinandertreffens kommen - die Übergabe der Ware gegen die geforderten Sesterzen. Fast taten ihm diese verrückten Römer leid, die sich in Zukunft mit der Amazone würden herumschlagen müssen ...

  • Callidus wusste nicht, ob er über den gedrückten Preis triumphieren, oder wegen der nutzlosen Ware weinen sollte. Er ließ Helena nun die Sache regeln. Er würde wohl noch genügend damit zu tun haben und es gefiehl ihm nicht, was Helena vorhin andeutete.


    "Ich werde dir bei ihrer Züchtigung helfen! Aber nur, wenn du dich der Welt mehr öffnest und in allen Situationen mit meiner Art und Weise wie ich denke und handel einverstanden bist!"


    Callidus spielte ganz bewusst auf den Unterricht bei ihr an.

  • Als sie Callidus Worte hörte, zeigte sie keine Regung. Als hätte sie jemals ein Problem damit gehabt, dass er grundsätzlich so handelte. Nur knapp erwiderte sie: "Das kannst du, wenn du daran nichts ändern möchtest, dann mit einem anderen Lehrer ausmachen." Sie wandte den Blick dann aber wieder zu ihm und fügte an: "Soll jetzt nicht heißen, dass sich zwischen uns etwas ändert, aber als Pontifex erwarte ich Respekt von meinen Schülern und wenn die Schüler das bei mir nicht respektieren, habe ich keinerlei Probleme damit, sie anderen Lehrern zu unterweisen. Ich kann es so jedenfalls nicht." Damit wandte sie sich wieder dem Händler zu.


    "Sehr schön." erwiderte Helena kühl und überreichte dem Händler das gewünschte Geld, was allerdings exakt dem Wert entsprach und keinen weiteren Denar enthielt. "Zumal ich nicht im Geringsten die Absicht habe, sie in die Arena zu schicken." ergänzte sie und nickte dem Sklaven zu, er solle sich bereit machen.

  • "Ah, Du versüsst mir den Tag ausgesprochen sehr," schwelgte der Händler, als er den Beutel mit den Sesterzen in den Händen hielt, bevor er ihn in einer blitzartigen Geschwindigkeit unter seiner Tunika verstaute, als hätte er nie existiert, im Austausch dafür erhielt Rediviva Helena die Besitztafel der Sklavin. Zufrieden grinsend stapfte er auf das Podium, auf dem die Sklaven angebunden waren, und machte mit Hilfe des Marktsklaven die dicken Ketten der Amazone los. Er war sie los! Der Fluch der Götter wendete sich endlich auf andere, die sich das auch noch freiwillig ins Haus holten - ab jetzt konnte es nur noch besser werden. Dass die Römerin die Amazone nicht in die Arena schicken wollte, kam ihm zwar komisch vor - seiner Ansicht nach taugte das widerborstige Biest für nichts anderes mehr - aber das war ab jetzt ein PAL. Ein Problem Anderer Leute.


    Überhaupt nicht wiederborstig ließ sich Eretha in den schweren Ketten zu ihrer neuen Besitzerin führen und blickte ihr direkt und offen entgegen, jedoch auch jetzt kam kein Wort über die Lippen der Amazone, als hätte sie zu ihrem Verkauf genau so wenig zu sagen wie zuvor zu den Anpreisungen des schleimigen Händlers.

  • Zugegebenermaßen wurde Helena etwas nervös, als man ihr die stämmige Frau 'vorführte'. Ihr war das ganze nicht geheuer, denn wenn sich ihr Vertrauen als falsch erwies, wäre sie Eretha auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Doch wie jemand, der hinterhältige Angriffe startete, sah sie nicht aus, befand Helena als sie den ehrlichen Blick der Frau betrachtete. Helena überlegte einen Augenblick, ehe sie eretha fragte: "Kann ich dir vertrauen?" Es steckte eine wichtige Absicht hinter ihren Worten. Würde Eretha eine ehrliche Bestätigung vernehmen lassen, würde Helena die Ketten lösen lassen. Dann müsste sie sich ohnehin eher vor Callidus Zorn als vor jenem der Sklavin erretten müssen.


    Wie Helena der Frau entgegen sah und ihre Züge beobachtete, wurde sie ihr zunehmend sympathischer. Sie mochte die Sklavin auf den ersten Schlag und hoffte mehr denn je, dass sie keine Probleme machen würde. Sie könnte es nicht ertragen, ihr wehzutun oder wehtun zu lassen.

  • Die Amazone blickte ernst in das Gesicht ihrer neuen Herrin, die dunklen Augen spiegelten eine Vorsicht wieder, die man wahrscheinlich häufig bei Sklaven finden mochte - noch dürfte es schwer sein einzuschätzen, an wen sie geraten war, auch wenn diese Römerin freundlich wirkte. Doch auch Freundlichkeit war kein Dauerzustand, das hatte Eretha schmerzlich genug lernen müssen. Nicht alle ihrer Narben waren aus der Zeit vor ihrer Versklavung, und ihr gesundes Misstrauen eines Kriegers war dem Misstrauen gegen die ganze Welt gewichen.


    "Du solltest Dich lieber fragen, ob Du mir vertrauen willst," erwiederte die Amazone auf griechisch, das sie mit sehr weichem, melodischem Klang sprach, einem Schmeicheln gleich, fast wie ein Streicheln - und deutlich wärmer klang als das kratzige Latein des Händlers. Ihre Stimme mochte einen an weite Landschaften unter brennender Sonne erinnern, an eine Freiheit, die man fühlen, greifen konnte. "Denn letztendlich kann man keinem Menschen vertrauen. Wenn Du wissen willst, ob ich fliehen werde, wenn Deine Aufsicht nachlässig wird, dann sage ich Dir, dass sich dies danach richten wird, wie Du mich behandelst. Du wirst von mir nur die Wahrheit hören, ob sie angenehm ist oder nicht." Es war nicht schwer zu erraten, warum diese Sklavin als widerborstig galt - die meisten Römer hätten sie für diese Rede wohl auspeitschen lassen.

  • Helena mochte die Augen dieser Frau und sie spürte schon jetzt, dass sie aufpassen musste, dass sie nicht selber unterlag. Eretha's Blick vermochte Helena in seinen Bann zu ziehen und sie sanfte Stimme tat ihr übriges. Sie verstand ihre Worte beinahe problemlos, wenn ihr griechisch auch ein wenig eingerostet war und sie etwas länger brauchte, um den Inhalt zu erschließen. "Du hast Recht. Und deine Ehrlichkeit ehrt dich, Eretha." erwiderte Helena in unsicherem, aber gutem Griechisch. Sie wollte sich auch um sie bemühen, doch das umschriebene Biest konnte sie nicht mehr sehen. Vermutlich war es allein das dumme Geschwafel des Händlers, dass Eretha hatte wütend werden lassen.


    "Du wirst möglicherweise öfter die Möglichkeit haben, zu fliehen. Doch wenn es soweit kommen sollte, wüsste ich nicht, was ich tun würde. Fliehen ist in römischen Gefilden nahezu unmöglich. Du wirst keine schlechte Behandlung erhalten, wenn du dich ebenso einigermaßen bemühst, mit uns zurechtzukommen." sagte Helena etwas unbeholfen und hoffend, dass sie die richtigen Worte gewählt hatte. Eigentlich hatte Eretha sich ja auf Latein zu unterhalten, aber Helena war lang genug in Achaia gewesen um ein wenig Übung in dieser Sprache zu erhalten. "Und dass ich vornehmlich die Wahrheit höre, beruhigt mich eher alsdass es mich betrübt. Denn jene ist immer noch am Besten." nickte sie. Sie blickte den Sklaven an und meinte mit befehlender Stimme: "Befrei sie von ihren Ketten." Kurz darauf richtete sie ihren Blick wieder in Erethas Gesicht um ihre Reaktion zu erkennen.

  • Der Marktsklave zögerte kurz und blickte vergewissernd zu Helena, bevor er ihrem Befehl folgte - auch er hatte die Gerüchte über die Amazone gehört, und es reichte ihm zu sehen, dass sie kräftige Arme hatte, dass ihr Körper mehr der eines Kriegers war denn der einer Frau, wie man sie sich allgemein vorstellte. "Die Lüge erwächst nur dort, wo man sie braucht, um Ehrgeiz zu befriedigen, herangescharrten Besitz zu verteidigen oder den eigenen Gelüsten nachzugehen. Mein Volk kennt keinen Besitz," sagte sie schlicht, noch immer auf Griechisch, das ernste Gesicht hätte in diesem Augenblick auch einer Priesterin gehören können, so würdevoll formulierte sie die Worte. "Du hast mich gekauft, also diene ich Dir." Damit neigte sie den Kopf tief vor der Römerin, nicht aber vor deren Bruder, diesen hatte sie kaum mit einem Blick bedacht, als richte sich all ihr Sinnen und Streben im Augenblick auf die Frau vor ihr.


    Der Marktsklave hatte die Ketten gelöst, etwas offenbarend, was sie bisher verdeckt hatten - wund geriebene Hand- und Fußgelenke, die durch die dicken Spangen verschwunden waren, aber wirkten, als hätte sie diese nicht den ersten Tag getragen. "Ich danke Dir." Diesmal hatte sie das Lateinische benutzt, das sich seltsam rauh und kratzig anhörte gegen den weichen, wohlmodulierten Klang des Griechischen aus ihrem Mund - ein Unterschied wie Tag und Nacht.

  • Helena sah Eretha nahezu fasziniert an. Da zeigte sich wieder einmal, wie der erste Eindruck sich zu einem falschen Eindruck entwickeln konnte. Nun begann Helena zu verstehen, warum ihr Blick auf sie gefallen war und warum ihr Geiste nicht mehr von ihr ablassen wollte. Nun da sie mit Eretha gesprochen hatte, wäre ihr ein Preis von mehreren tausend Sesterzen auch recht gewesen. Sie war viel zu schade um eingesperrt auf einem Stand wie Nahrung dargeboten zu werden. Mit einem aufrichtigen Lächeln sagte sie: "Ein Glück, dass ich dich dort weggeholt habe." Damit ging ihr Blick zu den geschundenen Handgelenken. Sanft griff Helena nach der Sklavin Hände und fuhr federleicht über die wunden Stellen. "Daheim werden wir uns augenblicklich um die Versogung dieser Wunden kümmern." sagte sie bestimmt und noch immer bemüht, das griechische beizubehalten.


    Helena hob den Blick wieder um Eretha anzublicken. Mit einem freundlichen Lächeln sagte sie: "Mit mir kannst du auf griechisch sprechen, ich verstehe was du sagst und das ist das Wichtigste." Damit wandte sie sich an Callidus und nickte ihm zu. Ihre Augen zeigten Glück über diesen "Erwerb" der für sie weniger ein Kauf von Ware, als ein Gewinn guter Bekanntschaften bedeutete. Helena malte sich aus, was für herrliche Gespräche sie mit Eretha würde führen können. Und wie wundervoll sich ihr griechisch anhörte. Es wäre zu schade, es verstummen zu lassen.

  • Sie zuckte nicht, als die Römerin ihre Verletzungen berührte, aber in ihrer Wange spielte ein Muskel, der verriet, dass es schmerzhaft sein musste, dort berührt zu werden - aber sie wehrte sich nicht, wich nicht einmal aus, sondern blickte Helena nur stumm entgegen, ihre Worte annehmend. Ihre neue Herrin wirkte freundlich, schien sich Gedanken um sie zu machen, aber wer wusste schon, wie lange diese Sorge anhalten würde? Es gab auch Römer, die Sklaven aus verschiedenen Herkunftsorten sammelten, um sich an ihrem Anblick zu erfreuen - solche Geschichten hatte sie sehr wohl ebenfalls vernommen. Menschen zu sammeln, wie Gefäße, es erschien ihr seltsam widersinnig, aber auch das gehörte zu ihrem Eindruck, dass sie die Römer wohl nie verstehen würde.


    "Ich danke Dir," erwiederte sie auf griechisch und streckte sich etwas, die Muskeln an Beinen und Armen entspannend, endlich wieder. Es tat wohl, den Körper langsam aber sicher reagieren zu fühlen, nicht mehr eingesperrt zu sein. Ihr letzter Herr hatte sie zum Latein gezwungen, und sie hatte damals begonnen, diese Sprache zu hassen, wie so vieles, was man ihr aufgezwungen hatte, um sie 'römischer' zu machen, einschließlich den Leib ihres Herrn. "Was wird meine Aufgabe in Deinem Haus sein?" fragte sie schließlich, die Erinnerungen fortwischend. Was zählte, war das Jetzt und Hier.

  • Helenas Blick aber hatte sich zu sehr auf Erethas Verletzung gehaftet, als dass sie diese leichte Bekenntnis des Schmerzes hätte bemerken können. Sie fragte sich, woher die Sklavin diese Verletzung hatte - ob sie sich zu stark ihrer Fesseln gewehrt hatte? Würde Eretha sich anständig benehmen, würde sie bis zu ihrem Lebensabend keine Ketten mehr tragen müssen. Die schlimmste Strafe, die Helena auszusprechen vermochte, war einen ungehorsamen Sklaven in einen Keller zu sperren, doch dehnte sich diese Strafe nicht darauf aus, dass eben jener Sklave auch keine Nahrungsmittel mehr erhielt. Dann hob Helena den Blick wieder in Erethas Gesicht, um auf deren Frage einzugehen.


    "In erster Linie fiel meine Entscheidung auf dich, weil ich Geleitschutz brauche. Du scheinst mir kräftig genug um mich begleiten zu können - und mich zu schützen." meinte Helena und sprach ehrlich aus, was sie dachte. Feige hätte sie beinahe nach Alternativen gesucht, die weniger bindend geklungen hätten, aber Eretha wirkte so, als würde sie die Wahrheit besser verkraften, und Lügen durchschauen. Ehrlich fuhr sie fort: "Ich wurde in den letzten Tagen überfallen und habe zwei Gladiatoren mein Leben zu verdanken. Und nun haben Familie wie Verlobter darauf gedrängt, ich solle mir einen Leibwächter suchen. Als ich dich sah, eine Frau, gab es für mich keine weiteren Fragen mehr." Sie lächelte. In ihren Reden versuchte sie stets den eigentlich alltäglichen Begriff "Sklave" zu bannen.


    "Und wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich bitten, dass du meinen Kindern ein wenig die griechische Sprache näherbringst. Meine Tochter wird zwar nicht mehr lange in Tarraco verweilen, aber gewiss kannst du ihr in der verbliebenen Zeit noch einiges beibringen." meinte Helena.

  • Aufrecht stand sie vor der Römerin, den Blick nach wie vor auf sie gerichtet, und lauschte ihren Worten nachdenklich. Dass diese Frau Feinde haben sollte, schien ihr fast nicht zu glauben, aber sie klang aufrichtig - und der dünne rote Streifen an ihrer Kleidung sprach dafür, dass sie eine wichtige Stellung in der römischen Gesellschaft einnahm, das hatte sie von einem ihrer vorherigen Herren gelernt. Dennoch wirkte die blonde Römerin auf sie nicht wie jemand, der so schlecht mit anderen Menschen umging, um erbitterte Feindschaft oder den Tod von der Hand anderer zu verdienen - so nickte Eretha nur sehr langsam und erklärte: "Wenn ich bei Dir bin, wird Dich kein Mann berühren, wenn Du es nicht ausdrücklich wünscht." Dass das Wort 'Mann' dabei einen ausgesprochen abfälligen Beiklang erhielt, war kaum zu überhören. Die Amazone klang ausgesprochen selbstsicher, trotz der entbehrungsreichen Zeit im Verkaufsbestand des Händlers, eine Sicherheit, die entweder aus dem sicheren Wissen um ihr Können oder aber reiner Selbstüberschätzung geboren sein musste.


    "Wenn Deine Kinder lernen wollen, kann ich sie auch lehren. Ich habe selbst eine Tochter," sagte sie schlicht und für einen Moment wirkten ihre Züge weicher, weiblicher - wie die einer Mutter, die an ihr Kind nach wie vor mit viel Wärme und Liebe denkt.

  • Helena begann schon, Bewunderung für diese Frau zu empfinden. Sie wirkte so stark doch ob sie es auch war, konnte man nicht erkennen. War sie es nicht, ließ sie dies sehr gut versteckt. "Ich danke dir." sagte Helena schlicht auf Erethas Worte hin und nickte. Sie war sich sicher, dass sie sich in Zukunft nicht mehr fürchten musste. Eretha würde sie gegen jede Art Übergriff schützen und einen solchen von ihrer Seite her musste Helena schon gar nicht befürchten.


    Und dann blickte Helena die Amazone mitleidig an. Sie besaß eine eigene Tochter? Sie versuchte das aufkeimende schlechte Gewissen mühsam herunterzuschlucken, aber würde sie diesen Umstand überhaupt mit sich vereinbaren können? Erst Recht wenn sie nun die Züge der Sklavin betrachtete? Etwas verklemmt fragte Helena: "Eine Tochter? Wie heißt sie?" Doch auch wenn Helena diese Fragen wirklich interessierten, fürchtete sie um ihr Herz, je mehr sie von besagter Tochter vernehmen würde.

  • "Sie heisst Lantara," sagte die Amazone und ihr Lächeln blieb für einige Momente lang bestehen, in der Erinnerung verhaftet, in der so vieles einfacher und klarer gewesen war. Die Erinnerung an die Weiten, die sie auf ihren Pferden durchquert hatten, das freie Wandern ohne Grenzen, den Respekt, denen ihnen ihre Waffen und ihr Waffenhandwerk verschafft hatten - es war vorüber, ein beendeter Teil ihres Lebens. Früher hatte sie zu fliehen versucht, und es war ihr auch für eine Weile gelungen. Bis sie erkannt hatte, was wirklich geschehen war, wieviel das römische Reich sie gekostet hatte - es war riesig, und ein entlaufener Sklave war stets ein Feind.


    "Sie führt den Stamm nun an, weil ich es nicht mehr kann. Ihre Kinder werden stark und klug sein, weil sie den richtigen Weg gehen," fügte sie noch an und die Weichheit verlor sich langsam auf ihren Zügen. Denn wenn der richtige Weg der in Freiheit war, dann lebte sie gerade den falschen. Den falschen Weg für eine Amazone. Vielleicht den richtigen für eine Sklavin. "Wenn ich Dich beschützen soll, werde ich trainieren müssen. Nicht alleine, gegen einen Gegner, der zu kämpfen versteht." Die Gedanken waren gesprungen, hangelten sich gleich zum nächstwichtigen Thema, das für den Augenblick bedeutend war.

  • Auch Helena musste lächeln, als sie jenes der Amazone erblickte. Es berührte ihr Herz, doch dies auch in einem wenig positiven Gefühlsstrom, denn sie empfand Mitleid. "Ich bin mir sicher, dass sie ihre Fähigkeiten gut einzusetzen weiß." meinte Helena, wobei auch gleich weitere Fragen in ihr aufkamen. Doch alles zu seiner Zeit. Eretha würde ihr sicherlich schöne Erinnerungen vor Augen führen können. Und gewiss noch etwas anderes, was sie aber nicht weiter führte.


    "Weiteres werden wir in Ruhe besprechen, wenn wir daheim sind." meinte Helena etwas schweigsam. Ihr wollte der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf gehen, dass sie Eretha einsperren würde. Es wäre grausam einem Vogel die Schwingen zu stutzen und ähnlich war es auch bei ihr. Gewöhnlicherweise kaufte Helena nur Sklaven, die in die Sklaverei geboren wurden, denn jene litten nicht allzusehr. Sie wandte ihren Blick von der Kriegerin ab und heftete in die Richtung, in der sie ihr Weg führte, voran in Richtung Casa Rediviva. Sie wollte nicht, dass Eretha von ihren Gefühlen erfuhr. Helena hakte sich auf diesem Wege wieder bei ihrem Bruder ein und gemeinsam schritten sie also nach daheim.

  • Sie nickte leicht, bevor sie sich ihrer neuen Herrin und deren Bruder anschloss, um ihr zu folgen, weg von dem schmierigen Händler, weg vom Forum, auf dem sie nur eine Ware war - und hinein in einen neuen Abschnitt ihres Lebens in der Gefangenschaft.

  • Es war ein regnerischer Tag. Die Märkte waren leerer als sonst. Gracchus hatte den Tag gut gewählt. Heute würde er niedrigere Preise für gute Sklaven bezahlen müssen. Nicht viele Römer waren heute auf der Suche nach einem Sklaven. Die Träger brachten seine Sänfte zu einem Händler, den Gracchus gut kannte. Es war Titus, ein gerissener Ägypter, der fast nur mit östlicher Ware handelte. Starke Germanen gab es hier kaum. Hier wurden eher sanfte Geschöpfe des weiblichen Geschlechts angeboten. Zum Leid der Träger, erlaubte Gracchus es nicht, dass man die Sänfte absetzte.
    Sein Leibsklave zog den Vorhang der Sänfte ein wenig zur Seite. Geradeso, dass Gracchus das Angebot des Händlers betrachten konnte. Viele gute Sklaven.


    "Was meinst du, Timon? Welche davon sieht gut aus?"


    Es stand schon fest, dass er sich heute etwas weibliches kaufen würde. Die Männer aus dem Osten konnte er nicht brauchen.

  • Kethi saß mit einem Fuß angekettet auf dem Boden und betrachtete die wenigen Römer die sich heute her begeben hatten. Inständig hoffte sie, dass niemand sie kaufen wollte - schon zweimal nicht so ein Lüstling, wie es sie überall gab. Aus diesem Grund setzte sie eine extra finstere Miene auf und blickte jeden böse an, der sie auch nur anschaute.


    Titus hatte Gracchus schon kommen sehen und ging nun freundlich grüßen auf ihn zu. "Ave, Gracchus. Was suchst du? Einen starken Sklaven?" er deutete auf einen jungen Mann, vielleicht anfang 20, der mit stolzem Gesicht seine Muskeln präsentierte. "Für dich ist er auch gar nicht so teuer!" Nachdem dieser anscheinend nicht zusagen würde, versuchte Titus es mit einer Frau. "Wie wäre es denn mit dieser jungen Sklavin? Sie stammt aus Britannien. Das wäre doch etwas für dich, nicht?" meinte er mit einem Grinsen.


    Die junge Sklavin beobachtete das Geschehen aus den Augenwinkeln, mit einem möglichst finsteren und desinteressierten Blick. Es schüttelte sie bei dem Gedanken wie Ware verkauft zu werden - da blieb sie lieber hier sitzen. Niemals würde sie sich so untertänig anpreisen. Nein!

  • Gracchus fasste sich wie so oft ans Kinn und betrachtete einen Sklaven nach dem anderen genau.


    "Nein, Titus. Heute begehrt es mich nach etwas weiblichem."


    Sein Blick wanderte über verschiedene Sklavinnen und blieb an einigen hängen. Schöne Teile. Hier ging es ihm hauptsächlich um Schönheit. Normale Haussklaven, die kochten und putzten, hatte er genug. Wobei nie genug geschrubbt werden konnte. Er mochte es, wenn seine Villa glänzte.


    "Keine Briten, Titus! Was hast du östliches dabei?"


    Aus dem Osten kamen die wirklich schönen Sklaven. Ägypter oder Syrer. Schön angekleidet und die Sklavinnen konnten glatt als Ehefrau durchgehen.

  • Timon fielen sofort die hübschen Dinger ins Auge. Ein schelmisches Lächeln bildete sich und er rieb sich die Hände. Er hatte ein gutes Händchen für gute Sklaven.


    "Herr, ich dir die da empfehlen."


    Dabei zeigte er auf eine junge Ägypterin. Sie saß auf dem Boden herum. Bestimmt war sie ein kleines ungehorsames Ding, mit dem Timon seinen Spaß haben konnte.

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