• Noch ganz versunken in eine andächtige Stimmung nach einem Opfer im Tempel der Ceres verließ ich meine Sänfte, als diese vor der villa Aurelia in Roma Halt machte. Fast hätte ich die andere Sänfte übersehen, die in einiger Entfernung von der porta der villa Aurelia abgestellt worden war, doch so nahe, dass kein Zweifel daran aufkommen konnte, dass diese Sänfte zu jemandem gehört, der zu uns wollte. Ich stutzte einen Augenblick: Erwarteten wir Besuch? Hatte ich etwa einen Termin vergessen?


    Bei meinen Besuchen in den Tempeln der Stadt Roma verzichtete ich stets auf Maron, dessen indifferente Haltung zur religio ich kannte. Deshalb hatte ich ihn nun nicht bei mir, um ihn zu fragen. Doch auch so war ich mir sicher: Nein, ich erwartete niemanden. Schnellen Schrittes marschierte ich nun in Begleitung eines anderen Sklaven auf die porta zu in der Erwartung, dort nach dem Klopfen des Sklaven von Maron geöffnet zu bekommen. Ich war gespannt, welchen Besucher er mir vorstellen würde. Ob es sich etwa um Cicero handelte oder um Sophus?

  • Es war noch gar nicht lange her, seit Leone die Vorbereitungen für das Bad des schmutzigen Neuankömmlings getroffen und sich auf Marons Anweisung hin wieder zur porta begeben hatte, als er dort auch schon ein Klopfen vernahm. Als er öffnete, stand Aurelius Cotta mit einem Sklaven vor ihm.


    "Salve, domine! Wie Du vielleicht schon gesehen hast, haben wir einen Besucher hier. Dein Sklave Maron hat ihn hereingelassen und ihn zum Bade geführt."


    Die letzten beiden Bemerkungen erschienen Leone besonders bedeutsam. Er hatte Marons Verhalten nicht begreifen können, aber was hätte er schon dagegen sagen sollen? Nun wollte er wenigstens klarstellen, wer für das alles die Verantwortung trug. Sollte eben Maron dafür auch geradestehen.


    Aber natürlich war da noch etwas, über das er den Herrn Cotta in Kenntnis setzen musste.


    "Der Besucher hat nämlich behauptet, sein Name sei Lucius Aurelius Lupus - er sah allerdings nicht danach aus."

  • Anstelle Marons öffnete mir Leone - nun, das war natürlich völlig in der Ordnung. Was er mir dann aber er-öffnete, ließ mich für einen Augenblick erstarren: Der unbekannte Besucher hatte sich ausgegeben als - Lucius Aurelius Lupus, mein Bruder! Dass er "nicht so aussehe", wie Leone sich ausgedrückt hatte, passte dazu nur genau ins Bild, denn seine Spur hatte sich ja verloren, als er sich der Lebensform der Kyniker angeschlossen hatte.


    Er lebte also! Und war jetzt hier in Roma! - Ohne auf Leone oder sonst noch irgendetwas zu achten, hastete ich auf direktem Wege ins balneum.

  • Die baldige Ankunft der Prätorianer konnte man schon früh erahnen. Denn das Stampfen der im Gleichschritt marschierenden Soldaten war schon von weitem zu hören. Doch erst als sie in den Vorhof der Villa Aurelia einbogen, konnte man mit Gewissheit sagen, welches der vornehmen Häuser sie als uneingeladene Gäste "beehren" würden.
    Als auch der letzte Soldat im Vorhof stand ließ Crassus Anhalten. Mit einem abschließenden Klappern kam Kolonne zum Stehen. Ein Soldat trat aus den Reihen vor und klopfte an die Türe. Das Klopfen unterstrich er mit folgenden beiden Worten: Prätorianer, Aufmachen!

  • Leone war heute ein bisschen träge. Aber auch an trägen Tagen musste man die Türen öffnen, also öffnete sich die Tür bereits, als noch geklopft wurde, denn man hatte ein Klappern vernommen. Neugierig steckte der Sklave seinen Kopf hinaus und bekam daher das volle Willkommens"gesuch" des Prätorianerpräfekten ab. Erschrocken zuckte der Nubier zusammen und ließ die porta fahren.
    "Äh..äh...s-salve dominus, was...hm, kann ich für dich tun?" fragte er perplex. Das letzte, womit man hier gerechnet hatte, waren diese ganzen Männer und die Anwesenheit des Präfekten in persona. Von uneingeladen konnte keine Rede sein, denn hier wusste niemand, warum die Soldaten plötzlich anrückten. Leone hoffte, dass es nichts Schlimmes war, und er hoffte ebenso, dass man höflich und freundlich sein würde, auch wenn die Ankündigung bereits in barschem Tonfall gekommen war. Ob die Herrschaften etwas zu verstecken hatten?

  • Alle, die sich derzeit im Haus befinden, in das Atrium rufen und mich selbst dahin führen. Mit diesen Worten trat Crassus aus den Reihen der Männer hervor und ging auf den Sklaven zu. Mit irgendeinem Widerstand rechnete er nach dem ersten Eindruck eher nicht.

  • Leone schürzte missbilligend die Lippen, da er weder ein Bitte noch einen freundlichen Ton vernahm. Dennoch trat er zur Seite und führte den Prätorianer mit seinen Kumpanen hinein.

  • Leone in seiner leicht tumben Art öffnete die porta und linste hinaus. Er hatte ein Déjà-Vu. Wieder standen dort eine ganze Menge Soldaten herum, nur diesmal nicht in schwarz. Nur ob das eine nennenswerte Verbesserung war? Immerhin blieben es Soldaten. Dem Kerl, der die Tür einzuschlagen drohte, hätte er am liebsten den Klopfarm ausgekugelt. "Salve, was wünscht ihr?" fragte er für seine Verhältnisse schon ziemlich unfreundlich.

  • Raeticus konsultierte die Liste und sprach den Mann dann an. "Wir suchen den Marcus Aurelius Corvinus, Vigintivir. Ist er hier?" Die Männer hinter Raeticus waren natürlich schon bereit die Türschwelle zu überqueren. "Es geht um den angeordneten Personenschutz der Cohortes Praetoriae und Urbanae."

  • Leone fiel ein sichtlicher Stein vom Herzen. Seine weißen Zähne stachen bei einem breiten Grinsen deutlich ins Auge des Gegenübers, als er die porta weiter öffnete und während einer angedeuteten Verbeugung ins Innere des atrium deutete. "Die Herrschaften haben Glück, der dominus ist vor wenigen Minuten nach Hause gekommen. Wenn ich euch - einen Teil von euch - hereinbitten darf? Möchtet ihr eine kleine Erfrischung?" erkundigte er sich und hoffte, es würden nicht gleich dreißig Mann die villa stürmen. Was das wieder an zeitaufwand bedeuten würde, die sie zum Putzen bräuchten...

  • "Sehr gut." Der Centurio drehte sich um und wählte fünf Männer aus, die anderen hatten vor der porta aurelia auf die Rückkehr des centurios zu warten. "Blasio, Carbo, Flaccinator, Papus und Simplex mit mir, die anderen warten draußen." Raeticus trat bei Seite und die fünf Männer maschierten ins atrium des Hauses. "Die milites haben bestimmt Durst ich nicht." sagte der Offizier dem ianitor.

  • Ursus staunte nicht schlecht, als er die Villa seiner Familie endlich erreichte und einen ganzen Trupp Soldaten davor herumlungern sah. Wenigstens schauten sie gelangweilt und nicht diensteifrig streng. Es war also hoffentlich nicht anzunehmen, daß irgendetwas schlimmes passiert war.


    Ohne die Männer weiter zu beachten, stieg Ursus von seinem Pferd, während sein Sklave bereits an die Porta klopfte, um für einen angemessenen Empfang zu sorgen. Immerhin kehrte Ursus nach mehreren Jahren endlich nach Hause zurück und da war es schon wünschenswert, wenn dies auch gebührend gewürdigt wurde.


    Zu hoffen war nur, daß sein Brief vor ihm hier angekommen war und die Familie mit seiner Ankunft rechnete. Und wenn nicht, nun, das sollte in diesem Haus ja wohl auch kein Problem sein.

  • In Begleitung seines Vetters und vierer Leibwächter erreichte Balbus die Villa Aurelia. Hier wohnte der Magistrat, der für die Vollstreckung des Testamentes seines Vaters zuständig war. So hatte man ihm das zumindest gesagt. Er hoffte, dass alles glatt laufen würde und sich keine grossen Hindernisse in den Weg stellen würden.
    So liess er also durch einen der Leibwächter anklopfen.

  • Er hatte den Soldaten eben etwas zu trinken bringen lassen, da klopfte es erneut an der porta. Leona kam heute aber auch gar nicht zur Ruhe. Er vermutete, dass es einer der Soldaten war, der zu viel Wasser getrunken hatte und nun die dafür vorgesehenen Örtlichkeiten aufsuchen wollte. So öffnete er die Tür und sah den Besucher zunächst wohlwollend an, doch als jener keine Uniform trug, änderte sich seine Mimik und er nahm Haltung an. Das war der Sohn des Bruders des Herrn Corvinus, der dort hinter dem Sklaven die Stufen erklomm! Leone neigte das Haupt. "Sei willkommen zu Hause, Herr!" begrüßte er Ursus und strahlte ihn danach an. Vergeblich hielt er Ausschau nach Gepäck.

  • Den Klopfenden wurde augenblicklich geöffnet. Seit der salutatio am Morgen waren dies die ersten Gäste, die klopften, und dementsprechende Freude empfand Leona dabei, mal wieder etwas zu tun zu haben. Die schweren Scharniere qietschten leicht, und ein einziger Blick des großen Nubiers genügte, um einen schmalen Sklaven mit einer Karaffe Olivenöl vorspringen zu lassen, welcher sich augenblicklich um die Angeln kümmerte, noch während Leone die Besucher empfing. "Salvete. Was kann ich für euch tun?"

  • Der Leibwächter, der an die Tür angeklopft hatte, schaute den Nubier im ersten Moment leicht verwirrt an. Doch dann antwortete er mit fester Stimme: Mein Herr, Prudentius Balbus, der letzte Sohn des verstorbenen Consuls, und sein Verwandter Prudentius Antoninus, wünschen zu dem Vigintivir Aurelius Corvinus zu sprechen. Es geht um das Testament des Consuls.

  • Leone wusste natürlich, was dem consul zugestoßen war. Das wussten die meisten Sklaven politisch interessierter Haushalte. Er nickte dem Leibwächter zu und zog die Tür zur Gänze auf. "Er möge eintreten", sagte er und deutete in die villa hinein. Es stand ihm nicht zu, sein Beileid auszudrücken, und da er weder den consul noch dessen Sohn persönlich kannte oder gekannt hatte, verzichtete er vorerst auf weitere Worte und geleitete die Herrschaften nur hinein.

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