Decima Valeria

  • Maximian legte den Arm um Valeria, als sie sich an ihn gekuschelt hatte und sah an ihrem Kopf vorbei hinaus in den nächtlichen Himmel. Ihre Frage beschäftigte ihn auch und ehe er antwortete, dachte er noch eine Weile über die Worte nach. Sein Brustkorb hob und senkte sich ruhig, seine Augen waren halb geschlossen und seine Stimme leise, als er schließlich sprach:


    "Ich hoffe es und werde täglich zu den Göttern beten, damit es wahr werden kann."


    Seine Hand strich immer langsamer über ihren Oberarm und er merkte, dass Valeria sich irgendwann entspannte und ihr Atem geichmäßiger wurde. Mit seinen halb geöffneten Augen sah er verträumt durch das Fenster, sah den Mond, wie er sich hinter Wolken versteckte und wieder vorkämpfte, bis auch Maximans Lider sich irgendwann schlossen.

  • ~~~~~~~ am nächsten Morgen ~~~~~~~


    Das erste, was Valeria hörte, war der friedliche Gesang der Vögel. Sie atmete tief ein und genoss es, noch einen Moment die Augen geschlossen zu haben und im Bett liegen zu bleiben. Ihre Gedanken drehten sich um die vergangene Nacht, während die Sonnenstrahlen durch das Fenster fielen und Valeria glücklich machten, ebeso wie die Anwesenheit Maximians, der...


    ....tastend suchte ihre Hand neben sich den warmen, weichen Körper ihres Geliebten. Doch sie fasste ins Leere. Maximian war nicht da. Valeria drehte schnaufend und noch müde den Kopf und blinzelte verschlafen. Nein, er war wirklich nicht mehr da. Sie seufzte und sah sich kurz im Cubiculum um. Natürlich ebenfalls erfolglos, denn Maximian hatte schon vor einiger Zeit das Bett und auch das Cubiculum verlassen und redete nun mit Livianus, doch das wusste die junge Decima schließlich nicht.


    Sie blieb noch einen Moment liegen und genoss es, den Vögeln zuzuuhören. Dann stand sie auf, um sich ausgiebig zu waschen und herzurichten.


    Als sie gesäubert war und gut duftete, kleidete sie sich in eine frische Tunika und verließ das Cubiculum, um Maximian zu suchen. Ihre Füße trugen sie hinaus vor die Tür, wo sie verweilte. Gedämpfte Stimmen drangen aus dem Peristylium an ihr Ohr. Maximian und Livianus. Valeria schluckte und beinahe augenblicklich bildete sich ein Kloß in ihrem Hals, der auch den leichten Hunger wegwischte, den sie bis eben noch verspürt hatte. Sie seufzte leicht und gesellte sich dann schüchtern zu den beiden Männern um auf das zu warten, was nun geschehen mochte.

  • Auch zu diesem Cubiculum stand die Tür offen. Hraban fragte nach, wem es gehöre, und nickte, als der Name "Domina Decima Valeria" fiel. Ihr Gepäck stellte er auch einfach ab, womit seine Hände leer waren. Aber sicher gab es noch genug zu entladen...

  • Sie schaute nur kurz herein; nichts hatte sich verändert und sogar ihre Sachen standen schon in ihrem Cubiculum. Valeria nickte freudig und verließ den Raum dann, um sich wieder zu den anderen zu begeben und um die Vorbereitung eines Bades zu bitten.

  • Valeria wälzte sich unruhig im Schlaf hin und her. Schweiß stand ihr auf der Stirn. Und als sie schließlich aufwachte, war es nicht die Sonne, die sie ander Nase kitzelte, sondern bittere Galle, die sich unter ihrer Zunge gesammelt hatte. Sie drehte gerade noch rechtzeitig den Kopf und erbrach sich neben ihr Bett.
    Zitternd richtete sie sich auf. Was war denn das? Wurde sie etwa krank?


    Mit schlechtem Geschmack im Mund und sich hundsmiserabel fühlend, stand sie schließlich auf. Sie machte einen Bogen um ihr Erbrochenes und tapste über die kühlen Steinfliesen zu ihrer Truhe, um sich eine frische Tunika anzuziehen und zu waschen. Sie kämmte ihr Haar und wollte dann in die Küche gehen, um sich etwas zu trinken zu holen. Und um jemandem von ihrem Missgeschick zu erzählen.

  • Valeria und Matinia kamen gerade aus der Taverne. Zum Glück war das Erbrochene inzwischen schon beseitigt worden und es duftete nach den frischen Blumen, die auf dem Tisch zwischen den Korbsesseln standen. Valeria machte eine Geste und sagte:
    "Fühl dich ganz wie zu Hause."

  • "Aber gerne!"


    ich setzte mich lächelnd auf einen der Korbsessel - wartete nicht auf eine weitere Aufforderung, da ich mich ja wie zuhause benehmen sollte. Ich blickte sie aufmerksam an.


    "Dann rück raus mit der Sprache. Meinen Schwur habe ich geleistet und solange du noch immer willig bist, mir die Wahrheit zu berichten..."

  • Tief atmete sie durch.


    "Maximian....ich liebe ihn. Wir haben uns vor einigen Monaten hier in Tarraco kennengelernt, weil... Nun gut, ich fange besser von ganz von vorn an..."
    Sie setzte sich.
    "Ich lebte in Rom mit meiner Mutter, bis sie mir sagte, dass Decimus Praetorianus mein Vater sei. Daraufhin bin ich nach Tarraco gereist, um ihm zu berichten, dass Mutter krank ist...war. Alle hier haben mich freundlich aufgenommen. Dann traf ich Maximian, der mein Halbcousin ist. Naja, jedenfalls dachte ich das damals. Ich habe mich in ihn verliebt und...naja, es ist passiert. Wir haben das Lager geteilt und Livianus hat uns erwischt. Meridius war stinksauer, ich habe mich so schlecht gefühlt. Dann musste ich nach Rom reisen, wegen Mutter. Ihr Zustand hatte sich rapide verschlechtert. Außerdem...wollte Livianus es so. Über zwei Monate haben Maximian und ich uns nicht gesehen, nur wenige Briefe geschrieben. Und dann starb meine Mutter. Ich wusste nicht wohin, also...also bin ich in die Casa Mercator geflüchtet, wo sie mich wieder freundlich aufgenommen haben. Weißt du...meine Mutter...bevor sie starb, sagte sie mir, dass sie gelogen hatte. Dass Praetorianus nicht mein Vater sei...."


    Dort hielt Valeria erst einmal inne und sah Matinia an.

  • Ein wenig verwirrt lauschte ich ihren Worten. Es kam mir alles so vertraut vor, beinahe schmerzhaft vertraut. Ich musterte genau ihre Züge, während sie sprach. Maximian war ihr Cousin, so wie es bei mir Metellus war. Ich verwarf diesen Gedanken, um ihr wieder meine ganze Aufmerksamkeit zuwenden zu können.


    "Da kann ich verstehen, warum Meridius wütend war. Wären vermutlich die meisten Patres Familiae."


    meinte ich, einfach nur um ihr zu zeigen, dass ich aufmerksam zuhörte. Doch nun fragte ich mit weitaus mehr Interesse als meine Feststellung war:


    "So? Wer war es denn wirklich?"

  • Valeria holte tief Luft und stieß mit einem Seufzer aus:
    "Ich bin keine Decima."


    Sie sah Matinia an und fuhr fort.
    "Ich traf Meridius auf den Mercati Traiani und sagte ihm, dass nichts mehr zwischen Maximian und mir stünde, da ich nicht Praetorianus' Tochter bin und somit auch nicht Maximians Cousine. Wir haben lange darüber geredet und er hat mir nahegelegt, das nicht öffentlich kundzutun, sondern weiterhin Maximians Cousine zu mimen. Ich hätte sonst ohne alles dagestanden, sagte er. Aber...aber....weißt du..."
    Nun begann Valeria zu weinen, einfach so.


    "Ich....vielleicht bin ich...schwanger", flüsterte sie.
    "Alle denken, ich mache der Familia Schande. Einer Familia, die nicht die meine ist! Wo ich gehe und stehe muss ich darauf achten, dass man mich nicht allzu vertraut mit Maximian sieht und...ich weiß nicht, wo ich hingehöre...."

  • Ich sah sie ein wenig bestürzt an. Das waren Neuigkeiten. Ich stand sofort auf und gng auf sie zu, um ihr sanft meinen Arm um die Schulter zu legen. Ich wusste nicht, ob ich an ihrer Stelle froh wäre oder nicht. Aber sie konnte schlecht Meridius' Rat in den Wind fegen. Denn er war gar nicht unsinnig. Und dann noch die Schwangerschaft... Mein Atem stockte kurz, ehe ich langsam weiter atmete. Auch ich würde in der nächsten Zeit auf meinen Körper achten müssen...


    "Deine Mutter sagte also nur, dass Praetorianus nicht dein Vater sei, aber nicht, wer dein wirklicher Vater ist? Das ist... ungünstig..."


    Ich strich der Jüngeren sanft durchs Haar und versuchte sie zu trösten - doch ich wusste nicht wie ich das tun konnte. Das alles musste wirklich sehr schwer auf ihr lasten. Sie konnte nicht hierhin, aber auch das dorthin war ihr versperrt.

  • "Sie ist gestorben, ehe sie es mir sagen konnte", murmelte Valeria.
    Dankbar registrierte sie, dass Matinia sie zu trösten versuchte. Dann fiel ihr wieder ein, wie sehr Meridius sie dazu gedrängt hatte, nichts zu sagen. Sie biss sich auf die Lippe.
    "Wenn du es jemandem erzählst, weiß ich nicht weiter. Außer dir und mir weiß es nur noch Meridius selbst. Nicht einmal Maximian weiß es."
    Valeria stand auf und öffnete die Tür einen Spalt. Niemand da. War sie schon phobisch? Gut, niemand hatte es gehört.

  • Ich sah ihr hinterher, als sie zur Tür lief. Ich verstand ihre Angst. Ein wenig leiser entgegnete ich:


    "Ich weiß nicht ob ich gern in deiner Lage wäre. Einerseits schon, denn ich habe Familienbande, die ich lieber nicht hätte. Andererseits ist deine Lage gesamtgesehen furchtbar!"


    Ich seufzte tief.


    "Aber du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Jetzt wo ich weiß worum es geht, erzähle ich es erst Recht nicht weiter. Wobei es durch meinen Schwur ausgeschlossen wurde."

  • Valeria seufzte erleichtert.
    "Ich vertraue dir", bestätigte sie Matinia. Dann legte sie den Kopf schief und warf Matinia einen fragenden Blick zu.
    "Was meinst du damit, du hast Familienbande, die du lieber nicht hättest?"

  • "Es gibt nunmal manche Familienmitglieder, mit denen ich lieber nicht verwandt wäre. Seit Vater tot ist hält mich nur noch mein Onkel an der alten Familie!"


    wich ich geschickt aus und seufzte schwer. Selbst wenn ich es wollte und nach einer 'Lösung' suchte, Vater und Mutter waren tot. Niemand von den beiden konnte mir eine 'gute' Botschaft überbringen. Ich merkte kaum, wie mein Blick melancholisch wurde.

  • "Ich werde auch nichts verraten", erinnerte Valeria Matinia.
    "Wenn dich etwas bedrückt, dann raus mit der Sprache. Geteiltes Leid ist halbes Leid."
    Sie setzte sich wieder hin und legte nun ihrerseits einen Arm um die Pontifex.

  • "Mir wäre einfach damit geholfen, wenn ich anderes Blut in mir hätte."


    erwiderte ich trocken und seufzte. Ich konnte es ihr nicht sagen, oder? Mit einem Grinsen sah ich sie an, ehe ich ergänzte:


    "Und haben wir beide unser Leid geteilt ist es wieder verdoppelt!"

  • "Ja, aber man macht sich nicht mehr allzu viele Gedanken um das eigene Leid", sagte Valeria.
    "Nur bei dir bin ich mir nicht sicher, weil du mir nichts verrätst. Also muss ich wohl oder übel auch schwören. Ich schwöre bei Iuppiter, dass ich alles Gesagte bei mir behalten werde."
    Sie sah Matinia auffordernd an.
    "Also, wie siehts aus?"

  • "Wer sagt denn dass ich etwas habe?"


    Doch mein Lachen brach schnell ab und wurde durch einen lauten Seufzer unterbrochen. Mein Leid war nicht geringer, aber doch ein wenig anders aufgebaut.


    "Ich fühl mich grad wie eine uralte Frau die ihre Lebensgeschichte berichten will..."


    murmelte ich trocken.


    "Es beginnt .. bei meiner Geburt in der falschen oder richtigen Familie. Darum beneide ich dich. Na, jedenfalls..."


    Ich brach kurz ab und überlegte, ob ich wirklich alles erzählen musste und kam zum Schluss, dass es ab Maximus Verschwinden reichen würde. Wieder dieser Zwiespalt: Maximus - Metellus. Ich sah sie an.


    "Nun, mein Mann... Publius Tiberius Maximus... ist vor einigen Monaten verschollen. Er hat die Legio IX Hispania anstelle von Meridius nach Germanien geführt. Und ich hab bis heute nichts gehört, die Meisten wähnen ihn tot..."

  • "Wie meinst du das - sie wähnen ihn tot? Hat man ihn nicht....gefunden?" fragte Valeria grübelnd.
    "Und das mit deiner Geburt in der falschen Familie...nunja, nenn mich einfältig, aber ich verstehe es nicht. Das musst du mir schon genauer erklären. Aber nur wenn du willst. Ich möchte dir nichts aus der Nase ziehen."

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