Eine golden silberne bemalte Kugel rollt über den Marmorboden. Das Geräusch ist zuallererst leise. Eine unbedeutende Irritation in der Kulisse aller Töne. Dem Plätschern von Wasser. Den Schritten der Sklaven in der Fern. Dem Zwitschern von Vögeln. Dem Gurren von Tauben auf dem Dach. Die Kugel erreicht das Atrium und rollte am Wasserbecken vorbei. Stetsfort auf den netten Mann vom Kundendienst zu. Die Kugel prallt gegen sein Schuhwerk. Und bleibt liegen. Ruhig und unschuldig.
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Kinderleichte Schritte nähern sich dem Atrium. Am Gang bleiben sie stehen. Nero blinzelt neben einer Wand ins Atrium hervor. Versteckt sich im Schatten und betrachtet die beiden Besucher mit Argusaugen. Seine Murmel glänzt leuchtend vor den Füßen. Er will sie zurück haben. Das ist ein Geschenk seines Onkels und er liebt die Murmeln über alles. Sie entstammen wohl einem Grab oder einer versunkenen Stadt. Nero weiß es nicht mehr so genau. Der Junge presst die Lippen zusammen. Zu einem schmalen Strich in seinem Gesicht. Versucht die beiden Besucher einzuschätzen. Nein. Sklaven sind sie nicht. Nero rafft seine kleine Gestalt und stolziert in das Atrium hinein. Seine Finger spielen an der blauen Tunika, die er trägt. Ein goldfarbener Gürtel hält sie gerafft. Vor dem Mann vom Kundendienst bleibt Nero stehen. Er legt seinen Kopf in den Nacken. Um den Mann betrachten zu können. Ernst und stumm sieht Nero ihn an. Schließlich und endlich bricht Nero das Schweigen.
"Ihr wohnt nicht in der Villa."
Eine eindeutige und offensichtliche Feststellung. Nero weiß das. Aber er weiß auch. Fragen werden eher beantwortet, wenn man selber Informationen gibt.
"Ich wohne in der Villa."
Nero mit seinen gerade sechs Jahren ist vom Wuchs kleiner als seines Altersgenossen. Zierlicher. Darum meidet er auch den anderen Jungen in der Villa. Fürchtet von ihm verprügelt zu werden.
"Darf ich meine Murmel haben?"
Nero fragt sich. Sind das vielleicht Medici? Der Eine könnte der Medicus sein. Und der Andere sein Gehilfe. Nero hasst alle Medici. Sie piksen ihn. Schröpfen ihn. Geben ihm widerliche Dinge. Und verbieten ihm die leckeren Sachen. Süßes darf er nicht essen. Aber er stiehlt es sich heimlich aus der Küche. Ein Daumen gelangt in seinen Mund. Versunken nuckelt er daran. Selbstvergessen. Denn seine Mutter straft ihn deswegen. Er ist viel zu alt dafür.