"Das ist gut."
Kommentierte er die Vorbereitungen seines Bruders.
Die weiteren Worte ließen ihn jedoch kurz den Atem anhalten. War Catus etwa Hellseher? Er war überrascht, ließ sich jedoch nichts anmerken und trank einen Schluck.
"Ich werde nun ehrlich zu dir sein, Catus. Bevor dein Sohn hier vor uns steht."
Dann legte er den Kelch zur Seite und blickte seinem Bruder in die Augen.
"Reinen Wein werde ich dir nun einschenken, Bruder. Und ich sage Bruder zu dir, weil ich weiß wer du bist. Ohne jegliche Versicherung seitens deines Sohnes weiß ich, dass du Catus bist, mein Bruder.
Du siehst einen Mann vor dir, der stolz ist das zu sein was er ist. Ich bin Patrizier, ich bin Senator und ich bin Proconsul. Die Ehre meiner Familie ist mir mehr wert als mein Leben, Catus. Was ist auch schon mein Leben im Vergleich zu meinen Ahnen? Und ja, ich bin stolz auf jeden Einzelnen eben dieser. Auf jeden Kaiser, ja, auch auf Domitianus, welchen dieses Senatorenpack bis heute verleumdet und nicht würdigt. Es widert mich geradezu an, dass dies passiert ist, denn dies ist für viele eine Schande, welche diesen Namen tragen. Für mich nicht, ich bin stolz Flavier zu sein, eben weil ich die andere Seite kenne, eben weil ich in Britannia aufgewachsen bin.
Ich bin besonders stolz auf unseren Vater. Er ist gebildet, mächtig und auch wenn er sich um mich nicht sonderlich gekümmert hat, ist er mir stets der beste Vater gewesen. Ein wenig enttäuscht bin ich, dass er sich zurückgezogen hat, aber ich gönne es ihm. Dafür lastet nun Vieles auf meinen Schultern. Nun liegt es an mir die Geschicke unserer Familie zu lenken und ich bemühe mich redlichst als Furianus in Erinnerung zu bleiben, ein Mann, welcher der Familie Ruhm und Ehre erbracht hat. Darum bin ich Senator, deshalb bin ich Proconsul. Es ist meine Pflicht und diese ist mir wertvoller als alles andere. Ja, die Pflicht an der Familie. Ich stand den Ulpiern nie nahe. Doch man kann nicht sagen, dass ich den verblichenen Kaiser gehasst habe, nein, nicht ihn, sondern das Amt. Ja, ich bekenne mich zur Republik, denn durch diese könnte unsere Familie die Geschicke Roms besser lenken, als es uns nun möglich ist. Das ist frustrierend.
Ich bin auch verpflichtet einen Erben zu hinterlassen, einen meines Blutes. Ja, ich bin es meinem Vater schuldig. Daher werde ich heiraten und eben diese Pflicht erfüllen. Ich lebe für die Familie, Catus. Und diese ist das, was zählt in meinem Leben. Daher bin ich maßlos enttäuscht. Nicht von dir, sondern von Flavius Lucanus und Flavius Aquilius. Letzterer ist mir nicht gegenüber getreten, wie ich es mir erwünscht hätte. Geradezu abweisend. Und ich kann dies nicht verstehen, daher ärgert es mich und wenn es mich ärgert, vergesse ich meine Bindung zu ihm, das, was uns verbindet, unser Name, hat für mich keine Bedeutung mehr. Er gehört nicht mehr dazu, wenn er sich so verhält, er ist ein Parasit, welcher seine Abstammung, seine Familie, nicht würdigt und daher nicht verdient. Ein Abkömmling aus dem Nebenzweig, einer ohne Ehre und Namen. Er maßt sich zu viel an. Ich hoffe nur dieser Lucanus kommt zur Besinnung.
Ich habe wohl auch innerhalb der Flavier keinen tadellosen Ruf. Aber das will ich auch nicht. Sie mögen mich für inkompetent halten, nicht für würdig genug, aber ich habe es ihnen mehr als einmal bewiesen. Wenn sie nicht zu mir stehen, stehen sie auf der anderen Seite. Die Hauptsache ist nur, dass sich unsere Nachfahren an mich erinnern als der, der ich war - einer, der der Familie Ruhm und Ehre brachte.
Ich will Macht, Catus. Ich bin vielleicht ein Phantast, ein Idealist. Aber ich wünsche mir eine starke Gens Flavia, die Speerspitze der Patrizier soll sie sein. Eine Familie wie einst, vor nicht allzu langer Zeit unter Vespasian. Und ja, eine Familie auf dem Thron. Eigenartig, nicht? Ich wünsche mir eine Republik, würde die Flavier jedoch wieder auf dem Thron sehen wollen. Doch wie gesagt, die Ehre der Familie ist mir mehr wert als meine Überzeugungen. Auch wenn es dieser Aquilius sein sollte, welcher den Thron besteigt, es ist mir gleichgültig, es muss nur ein Flavier sein. Auch wenn er mich dann liquidieren lassen würde. Mein Leben hat keinen Vorrang.
Ich wünsche mir einen Senat ohne Plebejer, denn zu lange habe ich diesen Barbaren in unseren ehrwürdigen Hallen zusehen müssen. Ja, das sind sie. Nicht alle, gewiss, doch die Meisten. Die Patrizier sind es, die dieses Reich zu dem gemacht haben, was es ist. Daher sollten sie entscheiden, lenken, dienen.
Dafür würde ich kämpfen, für die Familie und für mein Rom, meine Idee, meine Ideologie. Du weißt nun, wer ich bin, was ich will.
Wirst du mich daher noch umarmen können? Mit mir stehen? Bedenke, dass die Antwort ohne Folgen sein wird, ich werde dir nicht zürnen, ich akzeptiere andere Ansichten, andere Meinungen, andere Einstellungen. Ich reiche dir nur meine Hand, eine nicht gerade saubere und unbefleckte. Du sollst wissen, worauf du dich einlässt. Doch wisse auch, dass du mein Bruder wirst stets bleiben."