Furianus stand auf und zeigte mit der Hand auf das einzig Schwarze in diesen Hallen.
"O nein, Senator Avarus, ich zwinge dir keine Meinung auf, ich versuche hier nur Vernunft sprechen zu lassen und nicht als Mann, dessen Geist durch den Wein vernebelt zu sein schien und scheint, nicht als Mann, dessen Gier nach noch mehr Besitz- und Reichtümern sein einziges Handeln bestimmt.
Und unterstehe dich ein weiteres Mal, von ach so vielen, mich auf mein Alter zu reduzieren! Muss ich es dir denn noch hunderte von Malen erklären, dass ich hier als Senator spreche und nicht stumm sitzen werde und diesen...Ideen hier nicht Einhalt gebiete nur weil ich jünger bin als du? Muss ich dich daran erinnern, dass ich hier unter den gewesenen Praetoren sitze, wie du?
Natürlich kann ich dir nicht vorhersagen, wie das Volk reagieren wird, ich bin nicht Sybille, Senator Avarus, doch du ebenfalls nicht. Und was gibt dir das Recht für das Volk zu sprechen, du hast dich doch schon lange von jenem distanziert, ich glaube mich sogar zu erinnern, dass das Volk einst deinen Kopf gefordert hat. Und du sprichst für das Volk oder nimmst dir das Recht?
Unter diesen Umständen kann ich für das Volk sprechen und dir meine Ansicht und meine Erfahrungen, die du selbst, als man dich verfolgte, nachvollziehen kannst, dazulegen und eindringlichst davor zu warnen."
Nun kam wieder die alte Geschichte zum Vorschein. Der, der nach Geld lechzte, sogar seine Art im Namen trug...Avarus (lat. habsüchtig, gierig, geizig), jener nahm sich nun das Recht den guten Senator zu spielen, den, der das Volk und den Staat liebt, nur deswegen hier sitzt.
"Wenn du nur ein wenig um die Geschichte Roms bemüht wärest, Senator Avarus, wüsstest du, dass mein Goldsäckchen, wie du es nennst, nicht gefüllt werden muss. Ich sitze hier nicht wegen des Geldes, wie manch anderer, zu denen ich auch dich zähle, das sage ich frei und offen, sondern wegen der Würde, der Ehre und meiner Verpflichtung hier zu sitzen und Rom zu dienen, so, wie es schon meinen Ahnen taten, so, wie mein Stand es seit der Gründung Roms tat und noch weitere Äolen tun wird.
Und ich spreche wie ein Eques? Eques wollen nur Geld?
Senator Avarus, du warst doch Eques, oder irre ich mich da?"
Natürlich fühlte sich Avarus angegriffen, das lag in seiner Natur, doch auch hierrauf wollte Furianus ein paar Worte verschwenden.
"Ist die Wahrheit eine Beleidigung für dich, Avarus? Dann verträgst du sie nicht, darum bist du nicht zu beneiden.
Und warum maßt du dir nun an für den gesamten Senat zu sprechen? Sind alle anderen etwa deine Klienten oder spricht ein Avarus neuerdings alleine für den Senat? Ich, Avarus, bin auch der Senat, wie du und mir stößt nur diese Debatte gegen den Kopf.
Und ich maße mir an nur eine Wahrheit zu kennen? Gibt es denn mehr als eine Wahrheit? Ich nahm bisher an, dass sich zwei Wahrheiten widersprechen müssen, erkläre mir doch bitte, dass ich falsch liege.
Ich bezweifle nicht, dass Plebejer ihre Standesgenossen besser einschätzen können, doch du bist keiner mehr, du bist ein Senator, der vergebens darum bemüht war in die Reihen der Nobilitas hinauf zu steigen, sich von den Plebejern zu distanzieren.
Und wenn ein Mann, der seine Wahlergebnisse nicht einzuschätzen weiß und immer wieder entweder nicht oder nur knapp gewählt wird, behauptet er könne ein ganzes Volk einschätzen, dann zweifle ich dies zu Recht an, Senator Avarus. Das ist gesunder Menschenverstand, deine Polemik kannst du dir sparen."
Und nun kam auch noch der Dritte ins Spiel, worauf hin sich Furianus dem Octavier zuwandte.
"Die Steuerfreiheit ist ein Verlust für den Staat? Vergisst du da nicht den Gewinn, Senator Octavius? Du als ehemaliger Händler, obwohl ich mich korrigieren muss, noch heutiger Händler, solltest dich doch besser damit auskennen als meine Wenigkeit?
Und wenn die Steuerfreiheit meines Standes doch solch ein herber Verlust für den Staat ost, durch den Siedlungen zur Pracht verholfen werden kann, Bauprojekte finanziert werden könnten, mehr Alimenta für junge italische Paare ausgezahlt werden könnten und ja, die Wirtschaft sogar belebt werden kann, was glaubst du, wie groß ein Verlust der Steuerfreiheit aller Senatoren den Staat treffen würde?! Darunter fallen Legaten, Statthalter, Procuratoren, eine Menge, würde ich als Laie mal behaupten. Mit diesen Geldern kann man wohl noch einiges mehr als mit den der Patrizier "verschönern", meinst du nicht? Und gefordert wird diese Steuerfreiheit dennoch, hier und jetzt."
Die weiteren Ausführungen des Octaviers, dem er doch mehr zugetraut hatte als so etwas, nahm er mit einem Nicken hin und breitete die Arme zur Seite aus.
"Die Patrizier ERLANGEN eine Position, die ihnen nicht zusteht. Der Satz ist gut, Octavius."
Furianus schüttelte lächelnd den Kopf.
"Das klingt ja geradezu danach, als hätten alle Patrizier diese Steuerfreiheit durch böse Machtkämpfe an sich gerissen. Als wäre dies ein politischer Erfolg.
Denkst du nicht, dass die Mühen um Volk und Vaterland seit der Gründung Roms nicht einen entsprechenden Gegenwert besitzen? Wo stündest du, ohne diese bösen Patrizier, meine Ahnen, die sich ihre Position nur erschlichen haben? Stündest du hier, in der Mitte des größten Imperiums der Geschichte, welches sich mit dem Reich Alexanders mit Leichtigkeit messen kann, es sogar überragt? Oder stündest du in einem Dorf mit sieben Hügeln? Denke darüber nach.
Ein weiterer Satz, man kann Patrizier nicht mit Consularen und Kaisern gleichsetzen. Wirklich toll, Octavius, das verdient Applaus.
Was glaubst du, heißt es, Patrizier zu sein? Dieser Stand ist eine außerordentliche Anerkennung der Leistungen einer Familie oder eines Mannes dieser Familie. Was sind diese Leistungen? Hat er ein Brot gebacken, hat er eine neue Methode gefunden Fleisch haltbarer zu machen? Nein! Diese Anerkennung wurde nur den Männern zuteil, die sich in besonderem Maße um Staat und Vaterland verdient gemacht haben und diese Männer, Octavius, waren Consulare, waren Censoren, glorreiche Feldherren und letztendlich waren dies auch allesamt Kaiser Roms!
Allesamt Männer, die das römische Reich zu dem gemacht haben, was es ist!
Und es ist der Verdienst dieser Männer, Octavius Detritus, dass du hier stehst, das du nicht in einem Dorf haust, ja, es ist ihr Verdienst, dass du überhaupt im Senat stehen darfst, denn dieser war nicht immer Plebejern zugänglich, wie du wissen solltest!
Also frage dich, wo stündest du, wenn es diese Männer nicht gegeben hätte. Wo stünde Matinius Agrippa? Wäre er ein Bauer in Hispania, einer carthagischen Provinz? Wo stünde Germanicus Avarus? Stünde er hier oderr auf der anderen, der barbarischen Seite des Limes, gegen deren Unkultiviertheit wir uns noch heute wehren?"
Als der Octavier noch mit dem Codex Universalis auf ihn zukam, musste er lächeln und winkte schnell ab.
"O nein, Octavius Detritus, behalte den Codex Universalis und lies lieber darüber nach, was ein Decretum des Kaisers bedeutet und ob du hier nicht die falschen Worte gegen dies Dekret des Kaisers wählst, welches nicht einmal der Senat im Stande ist zu revidieren oder gar abzuschaffen. Das forderst du doch, lies nach."
Er ließ die Hände sinken und machte eine kurze Redepause, um darauf hin durch die Reihen der Anwesenden zu schauen.
"Ich frage euch, Patres Conscripti, warum gerade diese Männer hier stehen und Steuerfreiheit fordern.
Schauen wir uns diese Personen doch genauer an.
Fangen wir mit dem ersten Redner an. Senator Matinius Agrippa, ein ehrwürdiger Mann, ein großer Politiker, ein reicher Großgrundbesitzer.
Der zweite Mann, Senator Germanicus Avarus, ein sich vergebens immer wieder um das Consulat bemühter Mann, ein Mann, welcher wohl zu Recht den Namen Avarus führt, heißt dies nicht habgierig und geizig? Germanicus Avarus, der wohl Reichste hier im Senat.
Die dritte Person, Octavius Detritus, ein strebsamer Mann, sehr tüchtig, doch war er nicht als Eques ein eifriger Händler? Er ist es immer noch, schließlich gehört jener noch immer dieser berühmten Händlervereinigung an.
Allesamt Männer, die von dieser Steuerfreiheit direkt und immens profitieren können, Männer mit scheinheiligen Argumenten, gar lächerlich, sie wollten die armen Senatoren schützen, die hier am Existenzminimum sitzen! Ich erhebe meine Stimme dagegen, ich stehe hier alleine und werde es auch tun, weil ich Senator bin."
Er fragte sich nur, warum er alleine stand. Hatten die ehrbaren Senatoren gar Knieprobleme und wollten sich nicht erheben, hatten sie Probleme mit ihren Sprechorganen? Er hoffte es nicht.