Beiträge von Lucius Flavius Furianus

    Plötzlich riss er seine Augen auf und stieß sich ruckartig vom Beckenrand ab. Ihr in die Augen schauend bewegte er sich auf sie zu, bis er ihren Atem spüren konnte und weniger als ein digitus zwischen ihren Gesichtern lag.


    "Nichts."


    Antwortete er flüsternd und lächelte leicht.


    "Ich versuche nur zu verstehen, warum es solche Anomalien unter euch gibt. Und wer könnte es mir besser beantworten, als eine frische Sklavin?"

    Furianus war nun vollends verwirrt. Er war selbst kein Mann der präzisen Worte, das durfte er auch nicht sein, denn sonst hätte man manch seine Aussagen im Senat recht schnell attackieren können, er bevorzugte da schon eine ausgiebige Rede. Doch das war nun ebenfalls unklar. Wollte der Mann ein Patronat oder kam er hierher, um sein Angebot auszuschlagen und sich dennoch dafür auszusprechen?
    Er trank einen Schluck und lächelte.


    "Es ehrt mich, dass dein Antrieb hierher zu kommen nicht das Amt war, welches ich dir anbot, sondern meine Wenigkeit. Ich hoffe dich jedoch nicht missverstanden zu haben. Du sagst, du wärest für eine bestimmte Zeit an Ostia gebunden und hättest danach durchaus das Interesse und die Möglichkeit meinem Angebot nachzukommen?"


    Und nun war plötzlich von Partnerschaft die Rede. Auch dies konnte er nicht nachvollziehen, denn entweder stellte sich der Aelier anmaßend auf die gleiche Stufe mit einem Senator und Proconsul, wenn er von Partnerschaft sprach oder er meinte eine ungleiche Partnerschaft, die Furianus ehr als Verbindung gekennzeichnet hätte denn als Partnerschaft. Partnerschaft klang doch eher nach Gleichberechtigung, was es zwischen ihnen beiden nicht gab und nicht geben durfte, das war die Ordnung Roms.


    "Dein Angebot nehme ich dankend entgegen."


    Sagte er mit einem leichten Lächeln und nickte kurz, auch wenn er bezweifelte Asyl im Domus des Aeliers jemals in Anspruch zu nehmen.


    "Wir könnten unsere, nunja, Partnerschaft, mit einem Bündnis bekräftigen, Aelius Pulcher. Durch ein Patronat, welches für uns beide von großem Nutzen und Fruchtbarkeit sein dürfte."

    Furianus seufzte.


    "Natürlich strebt jeder Mensch nach einem besseren Leben, was ich jedoch nicht verstehe, warum man nicht nach einem besseren Leben strebt, indem man besser dient. Ein Herr, egal ob gütig oder grausam, wird das Streben nach einem besseren Leben, wenn es den Dienst an ihm verbessert, sicherlich zu entlohnen wissen. Der Sklave erhält mehr Rechte, mehr Vertrauen, mehr Kompetenzen. Ist das nicht eine Steigerung seines Lebens? Warum geht man gleich ins Extreme und wünscht sich Freiheit oder Tod? Es wird meist sowieso auf das Letztere hinaus laufen. Aber nur die Wenigsten von euch denken daran, dass sie vielleicht Freiheit erlangen, wenn sie noch besser dienen. Das ist auch eine Option.
    Jaja, einfacher. Nicht alles im Leben ist einfach. Wenn ich mir das so anhöre, dieses ständige Herumtreten auf dem eigenen Dominus, mal ist er zu streng, mal behandelt er einen nicht gerecht. Bei den Göttern, wann war das Leben denn gerecht? Denkt ihr Sklaven eigentlich mal ein wenig nach, habt ihr schon gemerkt, dass wir auch nicht gerecht behandelt werden, wir uns aber nicht beklagen? Das ist der feine Unterschied zwischen Sklaven und Römern, wir versuchen aus unserer Lage das Beste zu machen, ihr meckert nur rum und gebt auf, wollt zu viel. Ist es Dummheit oder euch angeboren so zu handeln? Sprich, Sklavin."


    Sprach er ruhig und dennoch mit ein wenig Zynismus. Er konnte es nicht verstehen, was ihm auch negativ auffiel war, dass diese Sklavin doch hier wirklich und allen Ernstes annahm Sklaven seien Menschen. Da konnte er nur den Kopf schütteln, aber darum sollte sie Aquilius belehren, nicht er. Sklaven waren Gegenstände und nicht mehr.

    Furianus´Stirn legte sich in Falten. Avarus musste sich dringends weiterbilden.


    "Der Vigintivir aere argento auro flando ferundo, Senator Avarus, hat genau so viel mit dem Curator Rei Publicae zu tun, wie ein Bäcker mit einem Färber, nämlich gar nichts.
    Der Münzmeister ist, wie du sicherlich weißt, für die Prägung der Münzen zuständig und arbeitet demnach sehr eng mit dem Kaiser und der Finanzabteilung im Kaiserpalast zusammen. Er verteilt keine Gelder, Avarus."


    Damit setzte er sich und konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneiffen.

    "Die Münze hat stets zwei Seiten, nicht wahr, Ioshua ben David?"


    Diesen Namen konnte er nicht so ganz korrekt aussprechen, geradezu ein Zungenbrecher. Konnte man sich nicht umbenennen, wenn die Kundschaft vornehmlich römisch war? Doch er ließ es offen, irgendwie auf das Angebot zu reagieren.
    Mal sehen, ob der Tylusier konkreter wurde.

    Anfangs saß Furianus schon ganz siegessicher mit einem Lächeln dar und ließ sich mit Komplimenten überhäufen. Nickte ab und zu freundlich und erwiderte Komplimente, jedoch dezent.
    Doch dann wich das Lächeln, als ihm der Aelier offenbarte hierher gekommen zu sein, obwohl er gar kein Interesse an dem Amt hatte. Was wollte er dann hier noch als die Zeit stehlen? Furianus war verwundert.


    "Ich verstehe, es ehrt dich meinem Angebot aufgrund deiner Verpflichtungen Ostia gegenüber nicht zu folgen."


    Sprach er und meinte es doch gar nicht so. Doch er musste dies sagen, ansonsten wäre diese Begegnung ziemlich unglücklich geworden.
    Vielleicht wollte der Aelier jedoch auch etwas anderes, vielleicht das Patronat von Furianus. Er ließ sich überraschen und bot mit einem Lächeln und der entsprechenden Handbewegung seinem Gast einen Becher Wein an, den ein Sklave schon bereit hielt.

    "Ahja, doch du scheinst schon, bis auf ein paar Kleinigkeiten, gut geschliffen zu sein."


    Kommentierte er und seufzte ein weiteres Mal.


    "So viel Glück habe ich selten mit Sklaven, die meisten wären für den Circus geeigneter, als in einem patrizischen Haushalt. Ich verstehe auch nicht, dass ihr euch eurem Schicksal nicht stellen wollt. Ihr sträubt euch geradezu dagegen. Warum kann man nicht einfach akzeptieren, dass man nun das ist, was man ist und seine Arbeiten und Pflichten verrichten muss. Nein, statt dessen versucht man zu fliehen. Schwachsinnig, ich töte jeden Sklaven, der flieht und die meisten wissen auch, dass sie nicht entfliehen können. Sie verschwenden sich einfach, für nichts und wieder nichts."

    "O doch, Gracchus, es gibt falsche Fragen, genau so wie es unpassende Situationen gibt richtige Fragen zu stellen. Schlimmer kann es werden? So grausam können die Götter nicht sein, Gracchus."


    Furianus konnte es sich nicht vorstellen, das sprengte einfach seinen Glauben an die Götter. Auch wenn sich schon Epikur seiner Zeit die Frage stellte, warum die Götter Ungleichheit zuließen, in jeder Hinsicht, konnte Furianus nicht glauben, dass sie nicht eingriffen, wenn es zu weit ging. Nein, die Götter waren weise und gerecht, sie wollten wohl nur prüfen. Doch wozu? Er war sichtlich verwirrt und senkte seine Lider.
    Kurz darauf blickte er empor zu Gracchus, der scheinbar wie verwandelt war. So kannte er seinen Vetter, der Onkel war, noch gar nicht. Wenn er es sich recht überlegte, kannte er ihn überhaupt nicht.


    "Du hast Recht, Gracchus, es liegt an uns die Last zu tragen. Wenn wir es nicht können, haben wir es nicht verdient weiterhin zu bestehen, diese Familie, wir alle. Und wir wären nicht die ersten, die endgültig im Schatten verschwinden würden, wenn wir uns dem nicht stellen.
    Du, ich, Gracchus, wir können uns diese Last nur teilen. Es liegt an uns sie zu stemmen, nicht an meinem Vater, dieser hat seine Schultern schon zur Genüge belastet, nicht an unseren Brüdern, diese sind nicht in der Position einen Teil davon zu übernehmen - noch nicht. Es sind nur wir, Gracchus."


    Und er fürchtete schon, falls sein ewig fauler Bruder nicht langsam mal sein politisches Interesse entdecken würde, diese Bürde seinen Kindern auferlegen zu müssen, so, wie sein Vater es einst tat.


    "Nein, es ist nicht die Provinz. Ich habe mir dort schon genug wieder erlangen können, was Agrippa hergegeben hat, ich habe die Provinz in meiner Hand und meine Leute scheinen sehr fähig diese paar Wochen auch ohne mich die Provinz zu leiten. Es sind, außer diesem tragischen Vorfall, Verpflichtungen Rom gegenüber zu den Wahlen zu erscheinen. Zudem gab es die Möglichkeit, dass ein andrer mein Amt übernehmen könnte und ich zugegen sein muss, um dies zu verhindern.
    Und meine Verlobte will ich auch sehen, Gracchus. Ich will sie nicht, wie Claudia, verlieren, denn die Zeit schreitet voran und ich brauche einen Erben. Ich kann es mir nicht leisten zu warten."

    "Wenn ich mich recht entsinne, und das ist nicht allzu lange her, hat doch dein Sohn, Octavius Detritus, darauf gepocht dem Volke näher sein zu dürfen - als Reinigungsbeamter.
    Ich denke, wir sollten diesem Wunsch entsprechend handeln und ihm diesen Wunsch gewähren."


    Sprach er und stand auf.


    "Dass dein Sohn rechnen kann, Senator Octavius, bezweifel ich nicht. Doch scheint mir ein ehemaliger Duumvir, der nicht nur die Verantwortung einer ganzen Stadt tragen musste, sondern auch die Verantwortung über die Stadtkasse, für geeigneter besonders für den Ressort des Münzwesens, der von besonders großer Wichtigkeit ist.
    Daher stimme ich Senator Tiberius Durus zu."


    Damit setzte er sich.

    Eine andere Antwort hatte er nicht erwartet und lachte doch auf, als sie es zugab.


    "Ich kann ihn verstehen."


    Ein schelmisches Grinsen legte sich ein erneutes Mal auf seine Züge, verflog aber sogleich, als sie auf seine Frage antwortete, doch die zweite scheinbar außer Acht ließ. Vermutlich war sie nicht besonders intelligent oder spielte ihm nur etwas vor, um ihren Reiz zu mindern. Sicherlich erging es ihr bei Aquilius besser, als es ihr bei ihm ergehen würde, Furianus war kein Mann, der seine Sklaven verwöhnte, besonders nicht nach diesem einen Zwischenfall mit Nadia.


    "Bridhe, man hat dich also nicht umbenannt. Wie lange bist du schon Teil des Haushaltes?"

    "Ich entschuldige mich sogleich, Ioshua ben David."


    Was er selbstverständlich nicht ernst meinte, doch die Gepflogenheiten vor Vertretern anderer Reiche mussten doch, wenn auch minimalst, gepflegt werden.


    "Selbstverständlich war ich nicht besonders erfreut nach einer eindeutigen Zusage keine Rückmeldung mehr erhalten zu haben. Besonders von einem tylusischen Edelmann hätte ich ein anderes Vorgehen erwartet.
    Ich bin zutiefst enttäuscht, was das Vertrauen in dich und deine Waren nicht in größtem Maße fördert, wie du dir sicherlich vorstellen kannst."

    "Es kommt auf die Sichtweise an."


    Sprach er zu Senator Matinius und stand darauf hin auf, um das Wort an den Consular zu richten. Er war noch immer recht verwundert über dessen Wortneuschöpfung. Adlige Plebejer? Was sollte das denn? Bald würde es noch adlige Eques, Decurionen oder sonstwas geben. Jede Gruppe nahm sich etwas heraus, so weit war es schon gekommen.


    "Haben Consulare, hast du die Steuerfreiheit nötig? Du verhungerst nicht, Senator Agrippa.
    Ich wiederhole, es kommt auf die Sichtweise an. Nicht nur du sagst, die Patrizier haben eine Stellung, der sie nicht gerecht werden, wir wären nicht Rom, nicht der Motor Roms. Unsere Ahnen, unsere Verdienste, sind auf einmal nichts mehr wert.
    Du sagst Consulare seien der Motor Roms? Nehmen wir an, du bekommst deine Forderung. Werden dann nicht, wenn du schon grau und alt bist, dennoch den Senatssitzungen folgst, die jungen Senatoren das Gegenteil behaupten? Werden sie nicht sagen, du würdest deiner Position nicht gerecht werden. Sie würden, so wie du und Octavius es gerade tun, deine Verdienste, außer Acht lassen und behaupten sie wären der Motor, nicht du, deine Position und deine Ansprüche ungerechtfertigt. Und dann stehst du hier, Agrippa, und wählst meine Worte.
    Sie werden behaupten, Agrippa, die Nobilität stünde im Zenit der Macht und statt dieser Männer müssten sie, die junge und tatkräftige Generation, geschützt und privilegiert werden."


    Furianus setzte sich.


    "Und dann wirst du, Senator, vielleicht meinen Worten zustimmen können, dass Patrizier nicht ohne Grund Patrizier sind und keine adligen Plebejer, wie du es hier gerade nennst."

    Furianus Blick sank unweigerlich gen Boden und er seufzte hörbar auf.


    "O Gracchus, mir kommt es vor, als stellst du die falsche Frage. Kann der Schatten über unserer Familie noch dunkler werden?"


    Natürlich, das wussten sie beide, war das keine hinreichende und befriedigende Antwort gewesen, denn das Reich stand über allem, auch über der Familie. Diesem Reich hatte sich die Familie über Generationen verpflichtet, dies war selten, doch umso prägsamer. Die Tante wurde für den Staat geopfert, sie alle gaben ihre Jahre dem großen Rom und mährten die Macht dieser Stadt, wenn nicht als Kaiser, so doch in Politik, Militär und Religion.


    "Unsere Familie ist mit dem Staat verwoben, Gracchus, unser Schatten legt sich unweigerlich auch über den Staat. Wir können nur, mit einem trostlosen und leeren Lächeln froh sein, dass der Staat weit mehr Schwärze tragen kann als unsere Familie, unser Schatten wird durch das Licht anderer aufgehoben. Ich sorge mich um die Familie, Gracchus."


    Die Todesfälle durchzogen alle Linien des flavischen Hauses, seine wie auch die seiner Vettern und Onkel.

    Doch sie sollte sich täuschen. Furianus wusste nun, was er wissen musste und hielt inne und nahm seine Hand vorsichtig von ihrer Schulter. Sie war dennoch, auch wenn er ihm gegenüber nicht sonderlich angetan war, die Sklavin des Aquilius und er würde sich die Frechheit nicht erlauben sie zu nehmen. Vielleicht ließ sich jedoch, sofern das Gespräch in diese Richtung gelenkt werden sollte, ein Preis bestimmen und sie wäre bald sein.
    Jetzt jedoch hielt er inne und genoss diesen Anblick mit einem stillen Lächeln. Einige Herzschläge später bewegte er sich von ihr weg und lehnte sich wieder mit dem Rücken gegen den Beckenrand.


    "Du kannst fortfahren, kleine Kreise, langsam."


    Wiederholte er die Anweisung nochmals.


    "Du bist wohl deines Herrn Gespielen. Das musst du sein, deine Haut ist zart, deine Hände flink und ein gewisses Talent für meine Stirn besitzt du auch, dein Körper scheint genau so makellos wie deine Alabasterhaut. Welch Freude würde es mir bereiten dich ihm zu nehmen. Das Geld und die Macht hätte ich dazu."


    Dabei grinste er, während seine Augen nach wie vor verschlossen waren. Er stellte sich das Gesicht seines Verwandten vor. Dieser Augenblick wäre ihm auch die läppischen Zwanzigtausend wert. Zudem hätte er endlich seine Stimulierung, würde das Gefühl, wann immer er auch wollte, spüren können. Er konnte die Zeit nachholen. Albina würde es sicherlich nicht stören, man hatte immer Arrangements, auch in einer Ehe.
    Doch er durfte nicht zu hastig sein, vielleicht bot der Sklavenmarkt auch etwas vergleichbares, doch das war wiederum selten. Doch den Kopf zerbrechen wollte er sich nicht an dieser Frage, es würde alles noch kommen, wie das Schicksal es wollte, vielleicht war Albina auch dermaßend anziehend, dass er gar kein eigenes Schmuckstück bräuchte.


    "Wie ist dein Name? Den meinigen kennst du?"

    Furianus stieß sich vom Beckenrand los und näherte sich ihr von hinten. Kurz betrachtete er ihren Nacken und musste feststellen, dass auch dieser nicht die Anziehung bot, die er so sehr sehnte, so sehr wünschte. Nicht einmal eine kleine Regung.
    Langsam nahm er ihre nassen langen Haare in seine Hände und strich sie über die linke Schulter nach vorne, um ihren Nacken vollends zu sehen.


    "Ja, ich komme aus Britannia und verbrachte dort meine Jugend."


    Flüsterte er ihr ins Ohr, da er durchaus darauf bedacht war, dass er seine Stimme, so nahe an ihr, dämpfen musste.


    "Und ich kenne Hibernia. Raue Küsten, hohe Wellen. Die grüne Insel habe ich sie immer genannt wenn ich, dies kam zwar selten vor, hinüber fahren durfte."


    Sie schien nun doch gelassener zu sein, zumindest abgelenkter. So strich er ihr, mit Zeige- und Mittelfinger, angefangen am Haaransatz den Nacken vorsichtig und sinnlich hinunter. Sie besaß diese zarte und alabasterfarbene Haut, die sie die Frauen in seiner Jugend immer besessen hatten. Dies war nicht zu vergleichen mit den hiesigen Frauen, die sich zwar rege bemühten durch Schminken einen helleren Teint zu erhalten, doch niemals solch ein Resultat erlangen konnten. Dies war einfach eine dieser Frauen, die man für Statuen aus reinstem Marmor halten konnte. Und ihm gefiel dies. Ja, das war es.
    Langsam fuhr er ihre rechte Schulter entlang und genoss dies unheimlich.

    "Erzähl mir davon, wie ist Hibernia? Meine Pflichten haben es noch nie erlaubt mich von Rom oder meinen Verpflichtungen großartig zu entfernen, der Blick auf die Welt war mir stets vergönnt."


    Eigentlich interessierte ihn Hibernia nicht, ihn interessierte einzig und allein dieser Makel, wie er es schon wohl nennen konnte. Warum war sie denn nicht anziehend genug? War er etwa einer der Männer, die etwas besonderes, gar eine Kleinigkeit, anziehender und erregender fanden als die Frau selbst?
    Er musste es herausfinden, wenn nicht jetzt, so später. Dafür gab es genug Sklaven.


    Weiterhin beobachtete er, wie sich ihre Brust bewegte, ja geradezu vor Angst bebte. Er musste lächeln.


    "Ich beisse nicht."


    Sagte er nebenbei und schloss wieder die Augen. Das war also nicht stimulierend.

    Wenigstens war sie nicht aufmümpfig, das war schonmal hoch anzurechnen. Leider kannte er es auch anders.


    Sie hatte ein gewisses Talent seine Stirn zu massieren, das musste er ihr zugestehen. So versank er selbst in wohlige Ruhe und Zufriedenheit, es tat einfach gut nach all den Anstrengungen. Morgen würde er endlich seine Verlobte sehen.
    Seine Verlobte, die Ruhe wurde gestört. Wie sollte er ihr gegenüber treten? Gut, er würde ihr schmeicheln, doch was würde er empfinden? Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt irgend etwas für sie empfand, sie gefiel ihm einfach nur, war hübsch und nicht auf den Kopf gefallen. Was sollte es da mehr geben? Er war sicher, dass eine gewisse Begierde sexueller Art bei jedem Mann aufkommen musste, doch bei ihm? Nein, so etwas kannte er nicht.
    Und wieder fing der Kreislauf der Sorgen an. Was hatte er bloß, warum fand er keine der ihm begegneten Frauen in besonderer Weise attraktiv? Sie waren für ihn schön, doch nicht mehr, er konnte dieses ganze Gehabe von schmutzigen Träumen und Gelüsten in der Jugend ganz und gar nicht nachvollziehen. Natürlich schloss er sich immer an, lachte, erzählte von seinen Fantasien, die doch gar nicht seine waren. Er empfand so etwas nicht, er war diesbezüglich stets Mitläufer gewesen.
    Kurz machte er die Augen auf und blickte geradezu in die zwei vollen Brüste der Sklavin. War das attraktiv? Er wusste es nicht, er starrte nur darauf und wartete auf diese berühmte Begierde, das Verlangen, wenigstens einen Funken davon. Doch nichts.
    Ein Blick in ihr Gesicht verriert ihm, dass es nicht an ihr liegen musste, sie war durchaus ansehnlich. War er etwa...gestört? Sein Blick wanderte wieder ihren Körper entlang.


    "Du hast schöne Kurven. Deine Haut ist rein und hell, woher kommst du?"


    Vielleicht stellte sich so etwas ein, wenn er mit ihr gesprochen hatte, sie ein wenig kannte. Wenigstens die Umrisse von ihr.

    Interessant, Aquilius war also doch nur Priester. Oder hatte diese Sklavin die Anweisung gerade Furianus nichts über die Kandidatur ihres Herren zu verraten? Das konnte er nun schlecht herausfinden, doch er wusste mehr als sie ihm zutraute. Naja, sie war eine Sklavin, sie konnte solche Gedankengänge sicherlich nicht weiter spinnen. :P
    Doch was war das? Sie hörte doch wirklich auf zu massieren. War das ein Scherz? Er hoffte es nicht, denn dann dürfte sie auf keine Zukunft mehr hoffen, nicht unter den Lebenden. Doch vermutlich war sie wirklich ungeübt.
    Aquilius wusste scheinbar nicht wie er seine Sklaven zu schleifen hatte, nicht einmal das Massieren hatte er ihnen beigebracht oder sie wenigstens gezwungen etwas mehr Eifer an den Tag zu legen. Nun, das wollte und konnte Furianus nicht für ihn übernehmen, es gab Wichtigeres. Missmutig verzog er die rechte Augenbraue nach oben.


    "Du hörst auf ohne Grund. Zu schwach, serva? Dann darfst du dich nun ausruhen, indem du mir die Stirn massierst. Aber in kleinen und langsamen Kreisbewegungen."


    Befahl er und schloss wieder die Augen, um nur einige Minuten später fortzufahren.


    "Lasse deinen Herrn wissen, dass ich weiß, wie er zu mir steht, dass ich nicht blind und ohne Klientel bin. Lass ihn wissen, dass ich daraus schon längst Rückschlüsse gezogen habe, wie ich mich ihm gegenüber verhalten werde."


    Das musste genügen, um Aquilius ein wenig ins Nachdenken zu stürzen. Eine Hoffnung, die Furianus gerne lebte, vielleicht änderte er sein Verhalten auch, aber dieser Mann war ihm ferner als der entfernteste Klient, einschätzen konnte er ihn nicht.

    Der FÜLLIGE :P Mann schien etwas konkretes zu wollen, das war aufgrund diesem Wall von Schmeicheleien ja kaum zu übersehen. Furianus nahm jede kleine Schmeicheloffensive mit einem freundlichen Lächeln und Nicken auf, wusste sich jedoch nichts darauf einzubilden. Die Fremden waren bekannt dafür, dass sie gerne Honig verschmierten, wenn sie etwas wollten.


    "Ich danke dir, werde aber das Gefühl nicht los, das wir etwas falsch machen. Ich bin ein direkter Mann und Frage nach dem Grund deines Besuches, du jedoch zelebrierst deine Begrüßungsformel nach einem schier einstudierten Muster. Wir beide erreichen damit nicht das, was wir wollen, ich keine Information und du nicht den Effekt, den deine Worte auf mich ausüben sollten."