Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Unter einem sandfarbenen Sonnensegel, welches ihn vor der Sonne ein wenig zumindest abschirmte, saß Gracchus auf einer Bank und betrachtete die rot-rosafarbenen Nuancen im Blütenmeer der flavischen Rosensträucher. Seit sein Vetter Felix Rom den Rücken hatte gekehrt kümmerte sich zwar kein Flavier mehr darum, sondern ein Gärtner, dies hielt Gracchus jedoch nicht davon ab, sich daran zu erfreuen. Ohnehin mochte er den hortus sehr, und seit er ein gewisses Alter hatte überschritten kümmerte ihn auch die Sonne, respektive ihre Auswirkung auf seinen Hautfarbenton nurmehr wenig. Im Anblick der sommerlichen Blütenpracht mochte ihm selbst die Politik nicht die Laune verderben, welcher man in Rom - zumindest in seiner Position - ohnehin nicht konnte entkommen.
    "Salve, Iulius"
    , grüßte er ebendiesen als er den Rosen sich näherte.
    "Was führt dich zu mir?"
    Gleichwohl Sciurus das angekündigte Anliegen ihm hatte mitgeteilt, so mochte er doch dem jungen lulier die Gelegenheit geben, dies selbst zu eröffnen und sogleich auszuführen.

    @Florus: Nun ja, bei mir geht es ja nie schnell voran, von daher wäre noch etwas Zeit. Wann wird es besser bei dir, Ende des Monats?


    @Norius: Im Grunde spricht für Peregrine auch nichts gegen eine direkte Teilnahme.

    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    Für die ID Macer ist das wohl eher nichts, aber mit einem NSC (ein Klient Macers oder so) kann ich mir das durchaus vorstellen.


    Auch erfahrene Senatoren dürfen durchaus noch ihre Talente beweisen. :D


    Ein NSC ist aber selbstredend auch gut.
    Dies ist im übrigen auch eine perfekte Lösung für SpielerInnen, die in Rom nur eine weibliche ID und/oder einen Peregrinen oder Sklaven spielen. SimOn können diese immerhin Mäzene oder der Geist hinter der Stimme sein.


    Drei Kandidaten (plus meiner außer Konkurrenz) reichen mir indes schon aus, so dass ich den Wettbewerb alsbald in die Wege leiten werde.

    Der ältere Flavier nickte wohlgefällig ob der Pläne seines Neffen.
    "Viele Männer unserer Familie waren Teil der Salii Palatini, wie etwa dein Großvater und auch ich, bis dass ich meinen Sitz an Minor weiter gab. Dies wäre zweifelsohne auch eine passende Aufgabe für dich."
    Gracchus kam nicht umhin, sich Maecenas in der traditionellen Gewandung der salischen Tänzer vorzustellen.
    "Wenn du mö'htest werde ich dem Magister ein Empfehlungsschreiben senden, ich meine mich zu entsinnen, dass erst kürzlich der ehrenwerte Volumnius Volusus ausgeschieden und ob dessen ein Sitz vakant ist. Seine Gicht plagt ihn dermaßen, dass er kaum noch die Füße heben mag, geschweige denn zu Ehren des Mars tanzen kann."
    Zwar waren die Tänze mehr ein rhythmisches Schreiten, doch die Füße heben musste man dennoch. Auch auf die Frage des Tirocinum Fori musste Gracchus nicht allzu lange überlegen.
    "Der Haruspex Aurelius Lupus ist ein guter Freund. In diesem Jahr ist er Praetor, du könntest also zweifel..sohne als Tiro viel von ihm lernen. Eine andere Möglichkeit wäre Claudius Menecrates. Seine politische Vorgehensweise ist bisweilen ein wenig eigenwillig, doch er ist unbestreitbar ein Mann großer Erfahrung, der stets dem Wohle Roms dient. Er ist Praefectus Urbi, damit zwar eher im militärischen Bereich tätig, doch selbstredend auch in der Politik aktiv."
    Einen Augenblick erwägte er auch seinen Freund Cornelius Scapula anzuführen, indes hielt der Pontifex mehr und mehr sich aus aller Politik - insbesondere der alltäglichen - heraus.
    "Senator Purgitius Macers Bekanntschaft ist zwar nicht unabdingbar, doch er hat großen Einfluss auf den plebeischen Block. Sobald du bereit bist zu kandidieren solltest du zumindest bei ihm vor..stellig werden."
    Gracchus versuchte sich dessen zu entsinnen, wie er in Maecenas' Alter hatte ausgesehen und wie er sich selbst zur Gegenwart hatte imaginert. Im Laufe seines Lebens hatte es durchaus Zeiten gegeben, da er sich nicht hatte im Spiegel sehen mögen oder aber nicht erst erkannt. Indes musste er sich eingestehen, dass seit einiger Zeit - recht langer Zeit gar - ihn eine gewisse Zufriedenheit hatte erfasst, nicht zu vergessen das Glück, welches mit seinem nächsten Sohn herannahte.
    "Darüberhinaus ist es durchaus klug, vorauszuplanen. Den Zufall jedoch wirst du nicht überlisten können, so dass es stets weise ist, sich ein wenig von ihm treiben zu lassen, statt versu'hen zu wollen gegen seinen Strom zu schwimmen."
    Schmunzelnd hob er sein Glas und ließ einen Schluck daraus neben die Kline auf den Boden schwappen.
    "Dir gegeben mit Freude, o Fortuna!"
    geleitete er das kleine Trankopfer an die Göttin des Zufalls.

    Salvete,


    mir schwebt derzeit eine Neuauflage des "Wettstreits der Rhetoren" vor, mit anderem Inhalt, aber ähnlichem Konzept: d.h. Redner treten gegeneinander an, ihre rhetorischen Künste zu beweisen.


    Das Thema diesmalig wäre keine juristische Verteidigung, sondern eine Lobrede. Dies würde die Aufgabe für alle Nicht-Juristen vereinfachen und Raum für (angehende) Politiker über jedwede wortgewandte Profession bis hin zu Poeten lassen.


    Sofern Interesse zur Teilnahme besteht, würde ich mich SimOn wie SimOff um die Ausrichtung kümmern.
    Daher meine Frage: gibt es Spieler, die mit ihrer ID in Rom an solcherlei als Kanditaten teilnehmen würden (im Zweifelsfall auch repräsentiert durch einen NSC)?

    Gracchus lächelte ein wenig freudlos bei der Erwähnung Titus' Befinden, einerseits selbstredend froh, dass der Junge sich wohl befand, doch wie stets enttäuscht, dass die Götter seinen Sohn an die Seeluft banden und von seiner Bestimmung in Rom fern hielten. Noch mehr indes gefror sein Lächeln in Gedanken an Agrippina, welche trotz ihres Alters kein bisschen von ihrem Schrecken verlor, nicht einmal im fernen Baiae. Weitaus fesselnder indes war Maecenas' Reisebericht, denn gleichwohl der ältere Flavier dem Reisen keine Freude konnte abgewinnen und jenseits von zuhause sich stets unwohl und fehl am Platze fühlte, desto mehr konnte er sich für Lektüre oder Berichte anderer über das Fremde begeistern, welche er begierig in seinen Wissens-Schatz inkludierte. Die olympischen Spiele konnten ihr zwar nur wenig locken, Ägyptus dafür um so mehr, war es ihm doch ein Traum gewesen, dies einmal zu vistieren, und seitdem als Senator ihm dies war verwehrt glaubte er stets etwas verpasst zu haben - und sei es nur die Verwirklichung eines weiteren Traumes, wie so viele andere auch. Selbst Maecenas' Beteuerung, dass einzig Rom das Wahre sei, konnten sein Bedauern darüber nicht gänzlich vertreiben, wiewohl er dem selbstredend zur Gänze zustimmte.
    "In der Tat, kein Ort ist komparabel mit Rom. Ab und an habe ich in meinem Leben eine Zeit auswärts genossen, in Achaia etwa"
    , zu was einerseits die Freiheit der Jugend hatte beigetragen, andererseits nicht unwesentlich auch Gracchus' Vetter und erste große Liebe Caius Aquilius,
    "oder auch auf dem ein oder anderen Landsitz unserer Familie, doch Roma, mit all ihren Vor- wie Na'hteilen ist die einzig wahre Königin aller Städte, und nicht zuletzt immerhin das Zentrum der Welt."
    Zumindest der Welt, welche von Relevanz war, ob dessen der Flavier überzeugt war, dass er gegenteilig zu seinen Vettern selbst seinen Lebensabend hier und nur hier würde verbringen können.
    "Hast du dir bereits Gedanken gemacht wie dieser angesehene Mann Roms letzlich aussehen soll?"
    , setzte Gracchus seinem Neffen sogleich das sprichwörtliche Gladius auf die Brust, war er doch nicht nur ein Freund zielgerichteter Konversation, sondern ebenso Ambition.
    "Immerhin gibt es abgesehen von den Stufen des Cursus Honorum"
    , welche für einen jungen Flavier außer Zweifel standen,
    "zuvor, dazwischen und hernach diverse Wege, welche ein viabler junger Mann be..schreiten kann."
    Mit einem sublimen Lächeln setzte Gracchus dem Enthusiasmus seines Neffen einen erwartungsvollen Blick entgegen und nippte gelassen an seinem Wein, durchaus ein wenig erleichtert, dass sein Weg zum größten Teile bereits hinter ihm lag, dabei ebenso ein wenig wehmütig ob der Pfade, welche er selbst bisweilen hatte genommen und welche ihn von seinen einst so hehren jugendlichen Zielen hatten abgebracht.

    Es erfreute den Flavier überaus, dass Caesoninus nicht nur seine Worte in sich aufnahm, sondern sie durchdachte, seine eigenen Schlüsse zog und Fragen daraus formulierte. Das Gespräch glich so beinahe einer philosophischen Konversation, welcher Gracchus große Freude konnte abgewinnen.
    "Nun, das Wesen der Götter, wiewohl ihre Motive sind wohl die größten Rätsel unserer Welt, und es ist zweifelsohne deplorableI, dass selbst unsere kultischen Schriften uns keine eindeutigen Antworten bieten. Wir können uns dem an..nähern, indem wir den Gedanken der philosophischen Schulen folgen und sie weiter denken. Zweifelsohne bist du kein Epikuräer, doch bist du vertraut mit den Lehren Epikurs?"
    Sofern nicht würde der lulier die Gedanken allfällig nicht in das entsprechende Weltbild einordnen können, was indes nicht zwingend vonnöten war.
    "Nach diesen leben die Götter in den Intermundien, dem Raum zwischen vielen Welten. Ihre Unsterbli'hkeit gründet sich darauf, dass sie ebenso viele Atome aufnehmen wie sie abgeben, während alles übrige - belebt wie unbelebt - nach einer Phase des Wachstums in Zerfall übergeht. Indes interessieren die Götter sich nicht für diese Welt, auch nicht für die Menschen. Nach dieser Lehre wäre unser gesamtes kultisches Wirken also hinfällig."
    Gracchus deutete zum dem großen kapitolinischen Tempel hin.
    "Als flamen dialis dem unsterblichen Iupiter mit meinem Sein und Leben zu Diensten zu sein, als Mittler zwischen Göttern und Menschen, dies war einst mein größter Traum. Demnach also bin auch ich kein Epikuräer, und glei'hwohl sich meine Sicht auf die Welt und die Götter im Laufe meines Lebens gleich meiner Träume gewandelt haben mag, so hat allein meine Er..fahrung mir zur genüge bewiesen, dass die Gunst der Götter denjenigen gehört, welche eine Kompensation in die Waagschale legen. Aus dieser Erfahrung heraus wage ich zu behaupten, dass Epikur zumindest in seinen Überlegungen zu den Göttern falsch lag."
    Nicht allein diese Betrachtung der Götter ließ die Lehren Epikurs in Gracchus' Augen gänzlich fehlgeleitet erscheinen, war doch sein ganzes Leben ihnen entgegen gerichtet.
    "Etwas vielschichtiger, meines Erachtens nach, ist dagegen die Lehre der Stoa, in welcher die Welt dur'hdrungen ist von einer Weltenseele, einer dem Weltenganzen innewohnenden Gesetzmäßigkeit, alles ist durchdrungen von Göttlichkeit, auch die menschliche Seele. Somit also gibt es eine Verbindung zwischen den Göttern und uns. Letztlich gibt es in der Stoa diverse Auslegungen, doch die Götter durchdringen und be..einflussen die Welt. Selbst im Falle, dass sie unserer nicht bedürfen ist es durchaus möglich, dass ihr Interesse uns gilt - was deinen Überlegungen ähnlich ist."
    Ein pikareskes Lächeln kräuselte die Lippen des Flaviers.
    "Sofern du dies vertiefen möchtest, soIlten wir uns zu einem philosophischen Abend einfinden, oder allfällig zu mehreren, ist das Gebiet der Philosophie doch beinahe unendlich weit. Im alltägli'hen Kult, selbst in jenem der Spezialisten wie den Collegiumspriestern, spielen solche Überlegungen indes kaum eine Rolle."

    Gracchus nickte mit einem sublimen Lächeln auf den Lippen.
    "Ein Ziel klar vor Augen ist stets die beste Voraussetzung, um irgendwo anzugelangen"
    , bekräftigte er Maecenas' Worte, welche er nicht nur auf den Weg der Reise bezog, gleichwohl eingedenk, dass auch ein klares Ziel nicht konnte verhindern, dass man auf dem Wege dorthin über Widrigkeiten oder gar seine eigenen Füße stolperte, welche einen abkommen ließen, manches mal gar ohne die Möglichkeit je wieder an das ursprüngliche Ziel zu gelangen. Dies indes waren keine Worte für einen jungen Mann, welcher zwar gerade an einem Ziel war angekommen, indes erst am Anfang seines Weges stand.
    "Vor drei Tagen ist dein Brief bereits einge..troffen und ließ uns seitdem freudig ausharren."
    Er wies auf die Kline, von welcher der junge Flavier eben erst aufgestanden war, und setzte sich selbst auf jene daneben. Unaufgefordert reichte der Sklavenjunge ihm ein Glas verdünnten Wein.
    "Ah, die Familie"
    , lächelte Gracchus im Gedanken an jene.
    "Ich hoffe sehr, alle befinden sich wohl?"
    Selbstredend trieben den Vater Gedanken nach seinem Sohn um, doch etwas in seinem Inneren hinderte ihn daran, explizit nach Titus' Befinden sich zu erkundigen - gleichwohl mochte er diesem 'etwas' nicht auf den Grund gehen, fürchtete er doch sich davor, dass es mehr Verdruss, Enttäuschung oder gar ein Funke von Ärger war denn väterliche Besorgnis oder Fürsorge.
    "Nun, deine Ankunft ist eine wunderbare Überraschung und du bist mehr als willkommen! Sofern du mich fragst hat die Provinz ohnehin zu viele Männer unserer Familie in ihren Händen, dabei ist es doch die schöne Roma, der unsere Hingabe sollte ange..deihen."
    Respektive die flavische Pflichterfüllung, welche er seit zu langer Zeit zu oft alleine aufrecht erhielt.
    "Ihr haben wir schlussendlich zu verdanken, was wir sind."
    Er nahm einen Schluck Wein.
    "Doch beri'hte mir, was waren deine Stationen vor diesem Ziel?"

    Die Augen geschlossen, den Kopf in die Linke gestützt und ein sublimes Lächeln auf den Lippen saß der flavische Hausherr entspannt hinter dem hölzernen Schreibtisch seines Arbeitszimmer und betrachtete vergnügt vor seinen inneren Augen die Aufführung des Orestes zu vergangenen Ludi Romani. Gerade war der Augenblick des Apollon gekommen als ein Klopfen an der Türe ihn jäh aus seiner Kurzweil riss.
    "Was?"
    fragte er barsch zur Türe hin mit der inherenten Frage in der Couleur seiner Stimme wie jemand es nur konnte wagen, die Inszenierung zu unterbrechen, woraufhin die Türe sich sachte öffnete - ein untrügliches Zeichen, dass es nicht Sciurus war, welcher ihn störte, wartete jener doch nie auf ein Zeichen seines Herrn. Ein schmaler Bursche mit roten Haaren schob sich in das Zimmer und hielt seine Augen gesenkt.
    "Der junge Herr aus Baiae, Sextus Flavius Maecenas, ist eingetroffen, Herr. Er befindet sich im Atrium."
    Der Zorn verschwand ebenso schnell aus Gracchus' Miene wie er darin war erschienen und wich einem Entzücken, das noch eben dem theatrum hatte gegolten, sich jedoch augenblicklich auf die neue Situation ausweitete.
    "Maecenas!"
    In Gedanken pausierte der Flavier die Aufführung, schob sie beiseite und erhob sich, um dem Zentrum des Hauses entgegen zu streben. Seit dem Eintreffen des Briefes seines Verwandten waren nur wenige Tage vergangen, doch hatte dies ausgereicht, seine Freude bereits zutage zu fördern. Seit Minor und seine Gemahlin sich auf das Land hatten zurückgezogen und Prisca ob ihrer fortschreitenden Gravität ein wenig kürzer trat - und des öfteren zur allabendlichen Cena unpässlich oder ein wenig gereizt war - herrschte oftmals ein Anschein von Leere in der Villa. Gracchus war kein Freund von Trubel und Lebhaftigkeit um sich her, doch zu lange hielt er es auch nur mit sich selbst nicht aus, gleichwohl sehnte er sich nach tiefsinnigen Gesprächen über den Alltag, die römische Politik, das Geschehen in der Stadt oder Neuigkeiten aus der Welt.
    "Sextus Flavius Maecenas"
    strebte er noch immer, nun jedoch dem Besucher auf den Klinen entgegen und kostete dessen vollen Namen aus, beinahe als müsse er sich vergewissern, dass dies auch der rechte, respektive der junge Mann eben jener war. Bei allen Göttern - ein junger Mann war es wahrhaftig, der auf ihn wartete, unverkennbar Maecenas, doch weitaus reifer als Gracchus dies hätte erwartet. War er nicht eben noch ein zarter Knabe gewesen, seinem Vater Serenus in dessen Kindheit wie aus dem Gesichte geschnitten? Wann hatte er ihn zuletzt gesehen? War es zu Minors Eheschließung gewesen oder allfällig doch schon zu seiner eigenen? Aus dem Knaben indes war ein überaus ansehnlicher, gar attraktiver junger Mann geworden und einen winzigen Augenblick besah Gracchus ihn mit anderen Augen als den eines Verwandten... aber nein, sogleich verwarf er diesen Anschein eines lockenden Gedanken und verbot sich jede weitere, noch so geringe Überlegung in diese Richtung.
    "Willkommen in Rom! Welch eine Freude, dich zu sehen! Wie war deine Reise?"
    Zwar war der Weg aus Baiae her nicht allzu umständlich - kein Gebirge oder Meer musste überquert werden - da Gracchus jedoch das Reisen an sich nicht mochte litt er stets mit jedermann, der mehr als einen halben Tag einer Reise auf sich nahm.

    Ein sublimes Lächeln kräuselte die Lippen des Flaviers, zeigte die Frage Caesonius' doch dass Gracchus' Worte nicht nur durch seinen Geist strömten, sondern dort kritisch betrachtet wurden.
    "Nun, dies ist in zweierlei Hinsicht zu bedenken. Zum einen existierten die göttlichen Prinzipien schon lange vor den Menschen auf dieser Welt, sie überdauerten Kulturen und Weltrei'he, und werden noch vorherrschen wenn wir längst vergangen sind. Unser eigenes Leben ist nur ein Wimpernschlag in Anbetracht der göttlichen Existenz und das Wirken eines Einzelnen im Grunde genommen beinahe ohne Bedeutung. Die Götter existieren auch ohne uns, Iulius, füllen ihre Existenz auch ohne uns aus mit allem, was eine Existenz ausmacht."
    Der Pontifex umfasste die gesamte Welt mit einer kreisenden Handbewegung.
    "Do ut des - ich gebe, damit du gibst. Der Mensch gibt, um die Gunst der Götter zu erhalten. Nicht umgekehrt. Wir mögen die Existenz der Götter be..reichern, doch sie bedürfen unserer letzlich nicht. Daher ist der cultus deorum zwar ein Dienst an den Göttern, im Grunde jedoch ein Dienst zum Wohle der Menschen. Wir tragen dafür Sorge, die Götter auf uns aufmerksam zu machen, die göttliche Pläsier zu mehren, auf dass ihre Gunst Rom und seinen Bewohnern zugute kommt."
    Dies war, worauf ganz Rom sich verließ. Der weitere Aspekt des Kultes indes war nicht ganz so offensichtlich.
    "Zum anderen jedoch ist der cultus deorum durchaus auch eine Handhabe, das Beste für Rom zu erwirken. Der Wille der Götter wiegt schwer, er kann darüber entscheiden ob wir in den Krieg ziehen oder nicht, ob wir einem Amtsträger unser Vertrauen schenken oder nicht, ob wir in diese Ri'htung gehen oder in jene. Wir setzen eine großes Opferung an, um das Befürworten der Götter zu eruieren. Wir suchen ein geeignetes Tier aus, schlachten es und begutachten die Leber, um daraus den Willen der Götter abzulesen."
    Er legte eine kurze, bedeutungsvolle Pause ein.
    "Es gibt dabei viele Faktoren, welche nicht nur durch göttliche Fügung, sondern ebenso durch menschli'he Hand beeinflusst werden können."

    Der Flavier nickte auf Valerius' Worte hin, hatte er doch nichts anderes erwartet, und nahm ebenfalls noch einen Schluck Wein, nicht um seine Hände zu beschäftigen, sondern schlichtweg da es ihn dürstete.
    "Ich werde das Anliegen in der Sitzung in vier Tagen vorbringen, bis dahin wirst du dich gedulden müssen"
    , schob er sodann hernach. Selbstredend würde Gracchus zuvor bereits mit einigen Pontifices sprechen, um seine Position zu stärken.

    Von der Porta her geleitete der junge Sklave Hyacinthos - ein Knabe wohlgeformter Gestalt, bronzefarbener Haut und haselnussbrauner Augen - den nur wesentlich älteren Maecenas in das Atrium der flavischen Villa. Stumm wies er auf eine Gruppe Klinen, welche neben dem Impluvium aufgestellt waren, um sich dann einem auf einer Säule ruhenden Tablett mit Kannen und Gläsern zuzuwenden, um dem Neuangekommenen verdünnten Wein zu kredenzen während jener auf den Hausherrn wartete.

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    Mit der Nennung des Namens weiteten sich Acanthus' Augen unmerklich und sogleich wurde die Türe weit geöffnet, der lanitor ein wenig krumm in seiner Verbeugung und der fremde Sklave gänzlich ignoriert.
    "Willkommen in Rom, Herr!" flötete Acanthus erfreut - und er war tatsächlich erfreut, mochte er doch jedes Mitglied der Familie auf Anhieb und in tiefster Verbundenheit.


    "Dieser Junge hier wird der den Weg weisen", wies er auf Hyacinthos und schob ihn ein wenig nach vorn. "Möchtest du dich erst ein wenig erfrischen oder dem Hausherrn sogleich deine Aufwartung machen?"




    IANITOR - VILLA FLAVIA

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    "... und dann holte er aus und..."
    Es klopfte an der Porta. Acanthus blickte überaus unfreundlich zur geschlossenen Pforte hin. Gerade war Hyacinthos mit seinem Reisebericht an einer Stelle angelangt, an welcher die Spannung kaum auszuhalten war. Doch Acanthus war zu pflichtbewusst, sich von seiner Aufgabe abhalten zu lassen. Mürrisch erhob er sich und öffnete die Porta einen Spalt.


    "Ja?" knurrte er unfreundlich und ließ seinen Blick - entgegen seiner Gewohnheit - noch ein zweites Mal über den Herrn hinter dem Klopfenden wandern, da er ihm merkwürdig vertraut vorkam.



    IANITOR - VILLA FLAVIA

    Der Flavier nickte voller Verständnis.
    "Es gibt ohnehin nur wenige gute Gründe für einen Römer, die schöne Roma zu verlassen."
    Er selbst hatte eine Erziehung in Achaia genossen, doch hätte er als Kind bereits lieber in Rom bleiben wollen und auch rückblickend hätten die Lehrer ebenso gut in das Zentrum der Welt reisen können - indes hatten damals auch andere Faktoren eine Rolle gespielt. Seine unrühmliche Zeit auf Creta hinwieder suchte er schlichtweg zu verdrängen.
    "Allein das Reisen ist eine Mühsal, welche von einem Nutzen selten aufge..wogen wird, darüber hinaus gibt es exquisite Literatur, welche auch in Rom genossen genügend Einblick in das Fremde bietet."
    Gracchus stockte, da ihm auffiel, dass er vom eigentlichen Thema abkam.
    "Wie dem auch sei, der Kult ist in allen Ecken des Reiches präsent und bildet ein festes Fundament für unsere Kultur und unser Wohlergehen. Bereits unser Wortschatz deutet darauf hin - cultura, die Kultur, aber auch Verehrung, und cultus, die Verehrung, wie auch Lebensweise und Weltanschauung. Der cultus deorum bildet dabei stets eine erste Brücke zur Kultur eroberter Völker, da die Götter überall vorherrschen und in ihrem Wesen oder Aspekten schlichtweg nur andere Namen tragen. Und auch in re'htlichen Belangen bildeten die kultischen Gesetzte eine der ersten Grundlagen der römischen Gemeinschaft und die Kultmänner ihre Richter."
    Zwar war die Gesetzgebung, wie auch Überwachung und Auslegung im Alltag zumeist von einem weitaus komplexeren Rechtssystem ersetzt worden, doch ein gewisser Einfluss kam ihnen noch immer zu.
    "Als Aedituus bist du zwar Teil des cultus publicus, doch im Wesentlichen liegen deine Aufgaben im Bereich der religio, der Verehrung und Pflichterfüllung gegenüber den Göttern. Das Wissen um kultische Belange, nach welchem du strebst, mag dieses Handeln durchaus auch auf eine tiefere Ebene tragen, doch letztlich geht es im Kern des cultus deorum darum"
    , wies er auf die ihnen zu Füße liegende Stadt.
    "Es geht um Rom, um seine Menschen und um seine Zukunft. Und manches Mal geht es mehr um Roms Wohlergehen, das seiner Menschen und ihrer Zukunft, als um das Wohlergehen der Götter."
    Er suchte Caesonius' Blick und ließ diesen nicht abschweifen.
    "Wenn du nach tieferem Wissen in diesen Bereichen oder gar einem höheren kultischen Amt strebst, so geht dies einher mit einer hohen Verantwortung, einer sehr hohen Ver..antwortung, und einer Pflicht gegenüber Rom. Bei allem, was du von mir an kultischem Wissen lernen wirst, solltest du dies bedenken."
    Ein wenig klang dies nach den Worten, welche ein flavischer Vater seinem Sohn eintrichterte, doch Gracchus fühlte sich zu eben dem verpflichtet, da er nicht wusste wie die Erziehung des luliers hatte ausgesehen und zu welcher Verpflichtung gegenüber Rom sein Vater ihn hatte gemahnt.

    Gracchus schmunzelte ein wenig, entschied sich jedoch, offen zu sein. Für Lupus war dies alles ohnehin kein Geheimnis und für die Damen entweder ohne Belang, von Nutzen für ihre spätere Ehe mit einem Patrizier in ähnlicher Position, oder - in Priscas Falle - ebenso Teil ihres Alltages, da ihr Ehegatte den seinen zuweilen mit ihr teilte und gar ihren diesbezüglichen Rat schätzte. Für Valerius mochte dies alles womöglich nicht derart offensichtlich sein, doch so er eine Zukunft in jenen Bereichen anstrebte, würden ihm die Verflechtungen und Zusammenhänge ohnehin nicht verborgen bleiben.
    "Deine Ansicht ehrt dich, Valerius, und weist dich als veritablen Römer aus. Willst du jedoch ein Teil des Collegium Pontificum werden, und sei dies nur als Pontifex Minor, so wirst du recht bald erkennen müssen, dass diese Stadt - und das Reich darum herum - mit wenigen Männern steht und fällt, und den Göttern dabei nicht immer eine entscheidende Rolle zukommt, sondern allenfalls eine begünstigende. Dies ist die Ver..antwortung, welche wir tragen - im Zweifelsfalle für ganz Rom."
    Allfällig mochte dies ein wenig insolent klingen, doch sprachen die kultischen Führer den Unmut der Götter aus - begründet oder unbegründet - so konnte dies sehr schnell in einem Unmut des Volkes resultieren. Gracchus - selbst überaus tief verwurzelt in den Pflichten, welche Amt und Verantwortung mit sich brachten - war daher kein Befürworter von gekauften oder Gefälligkeitsämtern, sondern davon, Roms Gedeihen und Zukunft in die Hände viabler Männer zu legen.
    "Wir säßen nicht gemeinsam an diesem Tische, um deine Zukunft in diese Ri'htung zu eruieren, wäre Lupus nicht überzeugt, dass du diese Verantwortung ebenfalls tragen kannst - wenn auch nicht aktiv, so doch durch dein Wissen darum."
    Er blickte kurz zu dem Aurelier, von welchem Gracchus nicht einzig ihrer gemeinsamen Historie wegen eine hohe Meinung hatte, war er in seinen Augen doch ein Mann, welcher ebenso sich seiner Pflichten und Verantwortung bewusst war und sein eigenes Leben dem unterordnete.
    "Und ich vertraue Lupus' Urteil. So du also gewillt bist im Zweifelsfalle die Verantwortung für ganz Rom zu tragen, bin ich gewillt meinen Einfluss geltend zu machen, dich als Pontifex minor in das Collegium aufzunehmen."
    Zweifelsohne wären die tatsächlichen Anforderungen an Flaccus nicht derart hoch, doch diejenigen des Flaviers waren es stets.

    Der Flavier nickte.
    "In der Tat, durch dein kultisches Amt bist du selbstredend selbst Teil das Kultes, doch auch ohne einen Aedituus oder auch jede andere physische Präsenz des Kultes ist er stets um uns und Teil des Lebens, ohne dass wir uns stets dessen bewusst sind. Gleichwohl eint uns dies im Alltag, in welchem rituelles Handeln zumeist in oder durch Gruppen wird ausgeführt. Denke etwa an deinen eigenen Haushalt, deine Gens, örtliche Gemeinschaften wie Stadtteile, Ver..einigungen von Professionen oder Interessengemeinschaften wie etwa die Factiones. Darüberhinaus selbstredend auch in größerem Kontext, in unseren Vorstellungen, welche das gesamte Imperium zusammenhalten. In jedem Winkel unseres Reiches gelten die gleichen kultischen Regeln, wiewohl sie durchaus andere Interpretation finden mögen, sowohl im privaten, wie auch im öffentlichen Kult. Warst du schon einmal in einer der Provinzen?"
    Viele Römer hatten Rom, respektive Italia nie in ihrem Leben verlassen, so dass dies kein Blöße war.