Beiträge von Titus Petronius Varus

    Varus blickte auf, als sein Bruder eintrat - natürlich, ohne zu klopfen. Aber er ließ sich davon nicht beirren und stand auf, leicht schwankend vielleicht, aber noch immer Herr seiner Sinne, und schenkte sich einen Becher Wasser ein. Seinen Bruder fragte er gar nicht erst, ob er auch etwas trinken wollte, sondern füllte gleich in einen zweiten Becher unverdünnten Wein ein, den er dann vor Cinna auf seinem Schreibtisch absetzte. Varus deutete Cinna, sich zu setzen, während er selbst es vorzog, stehen zu bleiben, ganz egal wie sein Bruder sich auch entscheiden mochte. Er musterte Cinna einen Moment lang ausdruckslos, dann setzte er an, etwas zu sagen, und untermalte dabei seine Worte mit kleinen Bewegungen des Armes, der den Wasserbecher in der Hand hielt.


    "So. Es stehen dir zwei Möglichkeiten offen, Cinna. Die eine mag einfach sein und du wirst sicher gewillt sein, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Die andere erfordert Respekt, der dir vielleicht nicht in dem Maße gegeben sein mag, wie er von Nöten ist, und Toleranz.
    Ich weiß, dass du es mir nachträgst, dass Vater stets mich bevorzugt hat. In gewisser Weise kann ich sogar verstehen, dass dir das heute noch gegen den Strich geht. Nur bin ich nicht Sonor; und du weißt das."


    Varus sah Cinna einen Moment lang an, ehe er den Blick abwandte und sich nun doch setzte. Er stellte den Becher ab und lehnte sich im Sessel zurück.


    "Nun gut, hier also deine Möglichkeiten. Du hast die Wahl, frei zu entscheiden. ich zwinge dir nichts auf, ich stelle lediglich die Bedingungen. Zum einen kannst du deine Sachen packen, Marcia nehmen und diese casa verlassen, die ich im Übrigen nicht als mein Eigentum bezeichne, sondern als das der Familia, zu der ich dich auch zähle. Tust du das, so möchte ich nie wieder auch nur ein Wort von dir hören oder dich sehen."


    Varus sprach wie mit einem Geschäftsmann, klar und ruhig - trotz des vielen Weins.


    "Die andere Möglichkeit ist folgende: Du bleibst. Solltest du diese Möglichkeit wählen, möchte ich, dass so etwas wie heute abend sich nicht mehr wiederholt. Wir sind vom gleichen Blut, auch wenn du das nicht wahrhaben willst. Bleibst du, so wirst du die anderen Familienmitglieder ebenso respektieren wie sie dich - mich eingeschlossen. Du wirst eine Stelle annehmen, damit du deine Frau und deine Kinder versorgen kannst. Ich erwarte von dir nicht, dass du aus Dankbarkeit auf die Knie fällst oder mich fortan als deinen Bruder betrachtest - so wie früher. Aber wir sollten einen Mittelweg finden, damit an unserer Fehde nicht die Familie zerbricht."


    Gespannt sah Varus nun seinen Bruder an....

    Der Sklave zögerte einen Moment, ehe er anklopfte. Doch schließlich tat er es. Und da Varus ihm aufgetragen hatte, Cinna sollte schnellstmöglich in sein Officium kommen, trat der Sklave ein, ohne eine entsprechende Aufforderung abzuwarten.


    "Salve Herr, der Herr Varus wünscht dich zu sprechen. Er sagte, es ging um die Auslegung der Familienehre und um eure Abreise."


    Varus hatte die Worte mit Absicht so gewählt, dass Cinna nicht umhin konnte, der Aufforderung zu folgen. Der Sklave stand nun da und sah Cinna an, um dessen Zusage abzuwarten.

    Varus betrat das Arbeitszimmer und knallte die Tür so heftig zu, dass auf der anderen Seite der Tür zwei kleine Steinchen aus einem Wandmosaik fielen. Er warf sich in seinen Sessel und schenkte sich auch hier wieder Wein ein. Wein war eine gute Sache, besonders der hispanische. Der Wein war es auch gewesen, der Varus damals über den Tod seiner Frau hinweg geholfen hatte. Nun half er ihm, seinen Bruder zu ertragen. Wenn auch nur geringfügig.


    *********


    Anderthalb unverdünnte Weinkannen später beschloss Varus, dass Cinna doch kein so schlechter Typ war. Er brauchte eben nur einen Tritt in den Hintern, damit er hier in Tarraco Fuß fasste. Schließlich konnte nicht jeder so eine tolle Stelle bekommen wie er. :D :]
    Also ließ er Iason kommen und trug diesem auf, seinen Bruder zu holen. Leicht brummend und gelegentlich hicksend (obwohl er nun Wasser trank, um den kater am nächsten Morgen nicht zu provozieren - wohl vergebens) wartete er also darauf, dass Cinna erschien.

    Was für ein Abend!
    Marcia und Arria zerstritten, Crispus schon halb auf dem Weg nach Germania, Cinna... Varus schnaubte. Und das nur, weil sein Bruder ihm das neidete, was er besaß und hatte. Varus stand auf, Hunger hatte er nun auch keinen mehr. Doch er goss sich noch einen Becher Wein ein - pur - den er dann im Stehen herunterkippte, als wäre er Wasser. Er trug Turia auf, aufzuräumen, und begab sich dann in sein Arbeitszimmer. Sich bei Arria oder sonst jemandem zu entschuldigen, war nicht nötig. Er hatte richtig gehandelt. Fand er.

    Varus war viel zu verblüfft, um seiner Tochter den Mund zu verbieten. So konnte sie ungehindert ausreden, obwohl er das sonst niemals zugelassen hätte. Doch sein Gesicht verfinsterte sich mit jedem weiteren ihrer Worte. Gerade wollte er sie beherrscht bitten, sich auf ihr Cubiculum zu begeben und dort zu warten, bis er sie besuchen käme, als Cinna den Mund öffnete. Varus brodelte vor Zorn. Cinna weidete sich an seiner Wut, das konnte man deutlich sehen. Doch so sehr Varus sich auch beherrschte, es gelang ihm weder, diesen unbegründeten Hass Cinnas auf seinen Halbbrude zu verstehen, noch ruhig mit ihm umzugehen. So war es vermutlich für alle das Beste, wenn er ging - auch wenn er das erst tat, nachdem er sein Tuch genau auf die Platte mit dem Huhn gepfeffert hatte. Varus' Hände ballten sich zu Fäusten. Nicht einmal drei Stunden war sein Bruder in der Casa und schon hätte er ihn am liebsten an seiner hochfeinen Toga gepackt und nach draußen geschleift. Die Kiefer so fest aufeinander pressend, dass man die Knochen hervortreten sah, folgte Varus seinem Bruder mit einem feurigen Blick, als dieser das Triclinum verließ. Kein Wort sagte er, bis auf die sechs erstbesten, die ihm einfielen. Wenn Cinna schon darauf bestand, dass es Varus' Schuld war, nun, warum sollte er dann nicht das Messer weiter herumdrehen, indem er folgendes sagte?


    "Wenigstens bin ich ein echter Petronier."


    Grimmig, aber ruhig kamen die Worte aus seinem Mund. Er griff nach seinem Becher und kippte den ganzen verbliebenen Inhalt auf einmal herunter.

    "Auf bald, Junge! Mögen die Götter mit dir sein", hatte Varus seinem Neffen hinterher gerufen, als dieser sich doch recht plötzlich verabschiedet hatte. Nun hatte er sein Hühnerbein fertig verzehrt und wischte sich die Hände, um sich dann an einigen saftigen, hispanischen Trauben gütlich zu tun. Gerade hatte er nach seinem halbvollen Weinbecher gegriffen, als Cinna seinen Mund öffnete und Worte sprach, die Varus in der Seele berührten und in ihm etwas zu unheilvollem Schwingen veranlasste. Er hielt den Weinbecher nun mit beiden Händen, die sehr verkrampft wirkten. Dieser Bastard hatte es wieder getan! Varus schloss krampfhaft die Augen und versuchte, sich zu beruhigen. Doch dieser beiläufige Ton und das gefragte 'Hm' am Schluss von Cinnas Worte machten ihn sehr wütend. Er atmete ein, zweimal tief ein und aus, doch die Ruhe wollte nicht einkehren. Als er die Augen wieder öffnete, ruhten seine Augen einen Moment auf Arria, wie um sie zu fragen, wie sein Halbbruder ihnen beiden soetwas so frech ins Gesicht sagen konnte, doch dann knallte er den Becher auf den Tisch zwischen den Clinen, sodass der Wein überschwappte und in alle Richtungen spritzte.


    "Hast du keinen Anstand? Du kommst hierher, nach Jahren der Abwesenheit! Du verlangst, dass ich dich mit offenen Armen empfange! Du beleidigst mich und die, die mir nahe stehen - und nun spielst du auf Sabina an?!"


    Varus brüllte. Er war wütend. Und zwar auf seine Art, die nur sein Bruder mit seinen wohlbedachten Worten provozieren konnte. Arria hatte er noch niemals so angeschrieen und auch die Sklavin Turia sah eher verwirrt drein. Varus starrte Cinna zornentbrannt an.


    "Was willst du, Cinna? Geld? Ansehen? Rang und Namen? Was muss ich tun, damit du deine Zunge zügelst und mich nicht dafür verantwortlich machst, was unser Vater vor Jahrzehnten falsch gemacht hat?"

    Varus' Augenbrauen zogen sich wie von selbst zusammen bei den hochtrabenden Worten seines Bruders. Er konnte sich nicht verkneifen, einen spitzen Kommentar loszulassen.


    "Ja, Crispus. Ich bin stolz darauf, dass du und Arria ihr bestes tun, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen, das andere noch kräftig anfachen mit ihrer Auffassung von einer angemessenen Beschäftigung."


    Nun war es an Varus, ins Fleisch zu beißen und seinem Bruder kurz spöttisch anzuschauen...

    Varus presste kurz die Kiefer zusammen. Was dachten hier eigentlich alle, was er tat? Stumm auf seinem Hintern sitzen und Däumchen drehen? Von allein hatte sich diese Casa nicht bezahlt, also was wollten plötzlich alle mit Ansehen und Ehre von ihm? Sie taten ja gerade so, als sei er der faule Nichtsnutz... Dabei war das ja wohl Cinna, nicht er... :D Er runzelte die Stirn und warf Crispus einen mürrischen Blick zu. Mit Cinna als Gesprächspartner hatte er damit die beste Vorlage gegeben. Hoffentlich ging sein Halbbruder nicht darauf ein!

    Varus schmunzelte und drehte seinen Becher in der Hand. Grinsend nahm auch er sich nun vom Huhn und ließ sich neuen Wein einschenken.
    "Wann genau fährt den Schiff nach Germania, Crispus? Nimm dir auf jeden Fall einen Sklaven für dein Gepäck mit zum Hafen."
    Er biss in das Hühnerfleisch und kaute, dabei kurz Cinna musternd und dann den Blick auf Marcia lenkend.
    "Gefällt euch das Cubiculum?" fragte er beiläufig.

    Varus schmunzelte.
    "Nunja, der beste hispanische Wein scheint eben nicht für jeden etwas zu sein", sagte er.
    "Aber schön, dass ihr doch noch her gefunden habt."


    Er bemerkte sehr wohl, dass sich Marcias Wange auf einer Seite gerötet hatte. Cinna hatte sie doch nicht etwa geschlagen? Wusste denn sein kleiner Halbbruder nicht besser mit seiner rohen Kraft umzugehen, als das arme Mädchen zu schlagen? Varus nahm seinen Becher und trank einen Zug.

    Varus schmunzelte und genehmigte sich vorerst nur einen Becher Wein. Auch, wenn er seinen Bruder nicht unbedingt mochte, so war es dennoch höflich, auf die beiden zu warten. Die kleinen Sticheleien zwischen Crispus und Arria verfolgte er mit belustigtem Funkeln in den Augen. Beide wussten sich sehr gut zu wehren, also dachte er nicht daran, dazwischen zu gehen. Stattdessen nahm er einen Schluck und wartete.

    "Das wird sie sicher freuen... Natürlich schreiben wir dir dein Ergebnis. Ich bin allerdings recht zuversichtlich, dass du nicht furchgefallen bist. Ah, da kommt noch jemand. Arria, such dir eine Kline aus. Hoffentlich kommen die anderen auch bald. Weißt du etwas von deinem Vater, Crispus?"


    Iulius Seneca
    Casa Iulia
    Tarraco, Hispania



    Salve Seneca,


    danke für deine rasche Antwort.
    Ich würde vorschlagen, dass wir das Gespräch dann vertagen, da ich selbst beruflich so eingespannt bin, dass ich ein Treffen vor genanntem Termin nicht einrichten kann. Teile mir demnach einfach mit, wann du wieder in Tarraco weilen wirst.


    Vale,
    Titus Petronius Varus


    Sim-Off:

    Sim-off ist es morgen den ganzen Tag über schlecht, weil ich kaum zu Hause bin, tut mir leid!