Beiträge von Petronia Arria

    Dennoch zuckte Arria heftig zusammen. Sie war völlig in Gedanken gewesen und hatte nicht erwartet, dass sie hier jemand aufsuchen sollte. Noch einen Moment starrte sie gerade aus. Fast vermutete sie, dass Detritus dort stand und ihr etwas zu sagen hatte. Nur was, wusste sie natürlich nicht.


    Langam wandte sie den Kopf, als der Mann sprach und damit klar wurde, dass es nicht der Duumvir war. Sie blickte zu einem jungen Mann auf. Wo hatte sie ihn schon gesehen? Sein Gesicht kam ihr so seltsam bekannt vor. Und das Lächeln erst... Irgendwie sanft und freundlich, doch, das hatte sie schon einmal kennen gelernt. War er nicht der Mann, der so schnell aus der Ölpresse verschwunden war?


    Bei seinen Worten erhob sie sich sofort und ihre Wangen wurden deutlich von einem Rotschimmer überzogen. "Verzeih... Ich... Mein Name ist Petronia Arria", meinte sie schnell und lächelte ihn dann schüchtern und beschämt an.

    Ich lächelte den Mann an und nickte schließlich.


    "Es freut mich, dich kennen zu lernen, Aurelianus", antwortete ich und legte ein fertig gelöschtes Wachstäfelchen zur Seite. Jetzt hatte ich auch Zeit, den anderen genauer zu betrachten. Das war also der Magistratus. Noch einmal nickte ich, ehe ich einen Schluck Wein nahm. "Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte ich freundlich.

    Arria hatte noch weiter gearbeitet, bis die Sonne sich senkte. Doch so richtig war das mit der Konzentration nichts mehr. Auch nach Hause wollte sie noch nicht, ihr Vater hätte sicherlich sofort bemerkt, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Das Gespräch mit Detritus ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Einerseits schien er traurig zu sein, als sie sagte, sie sollten sich langsam kennenlernen, andererseits waren da aber immer noch die Worte ihres Vaters in ihrem Kopf. Und ihr Vater wusste sicherlich, was sich Männer dachten, er war ja selbst einer. Doch konnte Detritus nur das eine wollen? Er war immerhin der Duumvir Ostias! Konnte er sich eine Affäre mit einer Scriba überhaupt leisten? Spielte er nicht nur mit ihr, um sie an sich zu binden und ein wenig Vergnügen zu haben?


    Arria war an dem Findling angekommen und setzte sich darauf. Sie starrte auf das Meer hinaus, ohne wirklich etwas zu sehen und ließ den Wind durch ihre Haare fahren. Sollte sie Detritus wirklich besuchen? Würde sie ihm damit nicht eine Einladung zukommen lassen, sie zu erobern und in eine andere Wirklichkeit zu entführen? Und was würde ihr Vater dazu sagen? Hatte er ihr nicht verboten, etwas mit dem Duumvir anzufangen?

    Arria blickte zwischen den beiden Männern hin und her.


    "Ich hoffe, ich habe euch nicht bei einem wichtigen Gespräch gestört?", fragte sie schuldbewusst, während eine leichte Röte ihr Gesicht überzog.

    Nun war es endgültig dahin mit dem Denken, ihr Herz schlug einfach zu laut und schnell gegen die Rippen und machte sich so Hoffnung, dass es erhöhrt wurde. Sie blickte auf ihre Hände, die leicht schwitzig waren und ein unergründliches Lächeln hatte sich längst auf ihrem Gesicht breit gemacht.


    "Ich... Ich mag dich, Detritus... Aber... Vater vertraut dir nicht. Und ich kenne dich kaum... Lass uns uns langsam kennenlernen, ja?", fragte sie hoffnungsvoll und blickte ihn mit einem schüchternen Lächeln an. Sie wollte ihn nicht abweisen. Selbst wenn er ein ganzes Stück älter war, war er doch ein ansehnlicher Mann, der noch dazu einflussreich und vermögend war. Es wäre töricht, ihn einfach so abzuweisen, vor allem, da sie ihn ja mochte und vielleicht sogar ein wenig verliebt in seine offene, warmherzige Art war, die er ihr gegenüber von Anfang an offenbart hatte.

    Arria sog tief den Duft ein. Olivenöl hatte einen ganz speziellen Geruch und dieses hier roch köstlich. Nachdem sie die Augen wieder geöffnet hatte, blickte sie sich um und sah zwei junge Herren, die sich unterhielten. Sicherlich war einer davon der Hausherr.


    Sie ging auf die beiden zu und lächelte vor allem denjenigen, der ihr zugenickt hatte, freundlich an. "Salvete", begrüßte sie die beiden Herren. "Ihr könnt mir doch sicherlich weiterhelfen?", fragte sie mit einem gewissen Extra in der Stimme, das ihr schon öfters bei Männern weitergeholfen hatte.

    Arria blickte ihn lange an. Es schien so, als hätte sie keine Emotionen, sondern er wäre ihr völlig gleichgültig. In ihrem Kopf ratterte es. Ihr Herz pochte schon wieder so laut, dass ihr Verstand es schwer hatte, noch darüber zu ertönen. Doch irgendwie vermischte sich beides und heraus kam ein schüchternes, zaghaftes Lächeln.


    "Warum gibst du dir so viel Mühe um mich? Behandelst du jede deiner Scribae so?", fragte sie ein wenig unsicher. Vielleicht war sie ja wirklich nur eine unter vielen und musste sich nichts über seine Zuneigung - seine scheinbare Zuneigung - denken. Und wenn nicht?, wollte das Stimmchen im Oberstübchen wissen. Dann... Dann konnte sie sich das immer noch überlegen ;)

    Arria war lange über den Markt geschlendert. Sie wollte ihrem Vater etwas aus der Hafenstadt mitbringen, über das er sich sicherlich freuen konnte. Kleidung hatte er genug und Essen über seine Taverne auch. So war sie letztendlich hier in der Ölpresse gelandet.


    Neugierig sah sie sich um und wartete darauf, dass man sie ansprach und ihr weiterhalf.

    "Du bist mein Vorgesetzter, es ist dein gutes Recht, mich zurecht zu weisen, wenn ich nicht gut genug arbeite", antwortete Arria ruhig, doch ihre Hände zitterten leicht. Warum war sie so nervös? Nur, weil er der Duumvir war? Weil er eine Persönlichkeit war, vor der man Respekt zu haben hatte? Oder war da mehr? Sie mochte ihn, keine Frage. Wenn sie an den Spaziergang am Strand dachte, dann konnte sie nicht glauben, dass Detritus auch anders sein konnte. Aber als sie zurückgekommen war, er war so lieb gewesen und plötzlich hatte er sie angekeift. Sie kannte ihn einfach zu wenig, aber um ihn näher kennen zu lernen, fehlte ihr einfach der Mut, müsste sie sich dazu doch ihrem Vater widersetzen.

    Arria blickte ihn scheinbar ausdruckslos an, obwohl ihr Herz schon wieder kleine Sprünge machte und nicht normal schlagen wollte. Detritus hatte sich klammheimlich von der ersten Minute an in ihr Denken geschlichen und ihn jetzt wieder zu verscheuchen war schwerer, als sie gedacht hätte.


    Leicht nickte sie. "Das dachte ich mir. Was willst du mit mir bereden, Duumvir?", fragte sie. Nur kurz hatte sie gezögert, als sie seinen Titel nannte. Sein Name war doch so viel schöner, aber die Worte ihres Vaters waren noch nicht verblasst. Sie musste vorsichtig sein, schon um seinetwillen!

    Arria blickte unsicher zwischen Detritus und dem anderen Besucher hin und her, dann nickte sie. "Ich komme zu dir, sobald ich fertig bin", meinte sie leise, so dass der andere Besucher nicht sehen konnte und lächelte Detritus zaghaft an. Es war wohl nicht sehr schicklich, sich öffentlich von seinem Vorgesetzten Geschenke machen zu lassen.

    Arria sah abermals auf, als nun auch noch Detritus herein kam. Höflich lächelte sie ihren Vorgesetzten an und erhob sich, um den beiden Männern jeweils einen Stuhl anzubieten.


    "Es kommt darauf an, was dieser Herr wünscht, der nur wenig vor dir zu mir kam", antwortete die junge Frau höflich und sachlich, ohne den leistesten Anflug von Zuneigung oder Unsicherheit. Detritus verwirrte sie zugegebener Maßen, aber zeigen wollte sie es ihm nicht. Und was er wohl wollte? Wahrscheinlich ihr ihre Kündigung geben, weil sie nicht gut genug arbeitete... Aber eigentlich sah er nicht danach aus... Sie zuckte die Schultern, sie würde sowieso falsch liegen.

    Arria blickte erstaunt auf. Wer wollte denn jetzt etwas von ihr? Mit Detritus hatte sie schon länger nicht mehr geredet, sie verstand ihn ja sowieso nicht. Wollte er sie etwa kontrollieren? Sie zuckte mit den Schultern.


    "Ja bitte?", rief sie so laut, dass es vor der Tür zu hören sein würde, aber nicht als brüllen erschien. Noch bevor die Tür sich öffnete, senkte sie den Blick wieder aufi ihre Arbeit.

    Arria lief durch die Gänge der Curie und wie es die Schicksalsgöttin so wollte, verlief sie sich natürlich. Ein wenig verlegen fragte sie einen Angestellten nach dem Weg, der sie hilfbereit wie er war auch sofort zum Zimmer der Scriba führte. Sie bedanke sich überschwänglich mit vielen Worten bei ihm, ehe sie sich in den Raum zurückzog und erstmal alles so ordnete, dass sie es fand. Anschließend machte sie sich daran, die Wachstafeln zu löschen...