Es tat gut, von ihm im Arm gehalten zu werden und ihn gleichermaßen zu halten - diese stille Form der Übereinstimmung und Gemeinsamkeit war mehr als alle anderen Zeichen noch dazu angetan, sie zu beruhigen und ihr ein Gefühl der Zufriedenheit einzuflößen. Sicher, in der Zukunft würde so manches warten, das sie beide nicht beeinflussen konnten, das ihnen vielleicht entgleiten würde und sie war sich nicht sicher, wie weit alles gut werden würde. Dennoch konnte man es hoffen, mit aller Kraft, die ihr geblieben war, sowohl für ihn, als auch für sich selbst und auch die Verwandtschaft, die so fern von beiden nun war, Livilla einmal ausgenommen.
So wenig des realen Lebens hatte mit den Geschichten zu tun, die sie beide als Kinder geliebt hatten, und damals hatten sie genauso vor der Mutter gesessen, gespannt lauschend, in der Hoffnung, sie würde bis weit in die Nacht hinein von Helden und schönen Frauen, Göttinnen und Göttern erzählen. Mit diesen Vorstellungen war sie auch in ihre Ehe gegangen, nur um festzustellen, dass das tägliche Leben zwischen Mann und Frau seltsamerweise nie in solchen Götter- und Heldensagen geschildert wurde. Weder ein verkaterter Held, der sich morgens übellaunig zum Dienst im castellum quälte, noch die morgendliche Übelkeit während der Schwangerschaft wurden thematisiert, und so vieles mehr.
Und nun sassen sie in einem kleinen Park, auf einer ganz und gar unwichtigen Bank und sie musste wieder einmal feststellen, wieviel Zeit seit damals doch verstrichen war, und wieviele Jungmädchenflausen seit damals einfach verstrichen waren.
"Ich denke, es geht uns nichts an, warum er von seiner Frau getrennt lebt, vielleicht wollen sie beide einfach die Kinder nicht ihrer gewohnten Umgebung entreißen, wer weiss das schon? Rom ist ein Pflaster, das viel Geld verschlingt und Menschen verderben kann, ich kann es nachempfinden, wenn er seine Kinder lieber unter der Sonne Hispanias aufwachsen weiss. Vater hat uns schließlich auch viel Zeit in Tarraco verbringen lassen."
Zart drückte sie seine Hand bei diesen Worten, um dann leicht zu lächeln. "Ich weiss, Caius, genauso wie ich alles tun würde, um Dir beizustehen, wenn Du auf dem Weg zu Deinem Glück bist. Vielleicht muss man ab und an einfach akzeptieren, dass es nicht anders geht, als die bestehenden Verhältnisse anzuerkennen. Ich möchte einer Familie nicht den Vater nehmen, auch wenn mein Körper etwas ganz anderes verlangt ... es darf nicht sein."
Sie hatte das Kinn etwas erhoben, entschlossen, diesem Problem zu begegnen wie allem, was sich ihr auf ihrem bisherigen Weg als Hindernis erwiesen hatte. Auch wenn eine leise, nicht überhörbare Stimme in ihrem Inneren davon flüsterte, dass sie sich selbst damit belog, dass sie Victor begehrte wie sehr lange keinen anderen Mann, dass sie sich wünschte, sie könnte ihn vergessen machen, dass er verheiratet war ... sie blinzelte einige Male energisch und vertrieb diese Gedanken aus dem Kopf. Es darf nicht sein, flüsterte sie innerlich und hob den Blick zu ihrem Bruder an.
"Diese Art der Bosheit werde ich nur zu gern ertragen und solltest Du sie mir gegenüber nicht offenbaren, dann kannst Du Dich warm anziehen, miles Iulius Constantius," sagte sie leise lachend, aber auch im besten Kommandoton, den beide noch von ihrer Mutter kannten, den Zeigefinger belehrend erhoben. "Ach, es tut gut, wieder in Rom zu sein. Ich habe das Gefühl, dass sich hier vieles wandelt, dass wir noch vieles sehen werden, das uns verändert und von uns verändert wird. Auch wenn wir das vielleicht jetzt noch nicht sehen können."