Beiträge von Iulia Helena

    Wie sehr sich doch das Gesicht eines Menschen veränderte, wenn er nach und nach die Mauern durchquerte, die sonst Sorgen und allzu neugierige Blicke anderer von ihm fernhalten mochten. Doch im Moment wirkte das Gesicht des Tiberius Vitamalacus einfach nur offen, zufrieden und auf eine sehr schöne, berührende Weise zuversichtlich. Innerhalb ihrer Unterhaltung hatte er einen Weg beschritten, der ihn aus seiner Trauer heraus geführt haben mochte, und Iulia Helena war sich sicher, dass dies der Mann sein musste, den jene Nova so sehr geliebt hatte, dass sie für ihn in den Tod gegangen war. Am liebsten hätte sie ihn umarmt, diesen stillen Bund des Einverständnisses zweier Menschen mit schmerzhafter Vergangenheit besiegelt, von nun an wieder dem Leben zu gehören, nicht der Vergangenheit, aber sie wagte es nicht, es schien ihr zu vertraulich und sie wollte ihn auch nicht überfahren. So legte sie nur leicht ihre Hand auf seinen Unterarm, wie sie es auch bei ihrem Bruder oft tat, wenn sie gemeinsam ausgingen, und wandte sich lächelnd wieder der Straße zu.


    "Rom wird von so vielen als ein furchtbarer Ort beschrieben, voller Gewalt, Intrigen, Angst und Armut," sagte sie leise, während sich beide wieder in Bewegung setzten. "Aber es ist wie mit Ianus. Alles hat zwei Seiten, glaube ich, manchmal hat man auch einfach das Glück, den richtigen Menschen im richtigen Moment zu treffen." Wieder schwieg sie, einfach zufrieden damit, was geschehen war - wer hätte gedacht, dass der ehrenhafte, aufrechte candidatus von der Rostra, dem sie eine Frage zugerufen hatte, nun an ihrer Seite durch Roms Straßen wanderte, und sie ohne Scheu ihre Gedanken miteinander geteilt hatten? Wenn ein solches Aufeinandertreffen überhaupt irgendwo wirklich möglich war, dann war das Rom, und sie war glücklich darüber. Vielleicht war dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?

    Ruhig erhob sie sich und trat den Weg zum Stand des Händlers erneut an, um sich den Becher - wieder gegen einen erbitterten Streit um die Anzahl der Sesterzen - auffüllen zu lassen, den sie ihm alsbald wieder reichte. Auf den Schreck mochte der Wein hoffentlich gute Dienste leisten, zumindest glaubte sie, dass es ihm ein wenig Entspannung verschaffen würde, wenn nicht gerade die Milderung an einer bestimmten Stelle - aber wie man diesem Schmerz entkommen konnte, wusste sie beim besten Willen nicht, woher auch.


    "Gabriel ... das klingt, als würdest Du aus dem Osten stammen," sagte Iulia Helena, noch immer etwas zerknirscht lächelnd. Hätte sie auf ihr Geld ein bisschen besser geachtet, wäre das Schlamassel nicht entstanden. Wahrscheinlich war er ein Sklave oder ein Libertus, dieses energische Eingreifen sprach eigentlich eher dafür, dass er zu den Freigelassenen gehörte, als Sklave lavierte man sich allzu schnell in unpassende Situationen, wenn man die Initiative ergriff. Hatte er sich gerade nicht an seinen Namen erinnern können oder ihr mit Vorsatz den falschen genannt? Aber er hatte so überrascht ausgesehen. Ihr Retter war schon reichlich seltsam, überlegte sie und betrachtete ihn nachdenklich.


    "Ich bin Iulia Helena, und Du hast mir einen großen Dienst mit Deiner Hilfe erwiesen. Kann ich mich Dir gegenüber erkenntlich zeigen?" fragte sie höflich und hielt ihn in ihrem Blick. War er den Umgang mit Römern geübt, würde er auf ihren Namen sicher anders reagieren als jemand, der Rom nicht kannte.


    "Na dann wollen wir doch einmal," quiekte der dicke Barbier vergnügt und walzte zu einem Beistelltisch, wo er den Schleifstein und sein gebogenes Barbiermesser hochnahm und begann, dieses am Stein zu wetzen, um die optimale Schärfe zu erreichen - bei jedem Kunden bekam es einen kurzen Schliff, um auch ja jedes Härchen abzusäbeln, das er finden konnte. Dann rührte er die schäumende, duftende Essenz an, die eine Grundlage für sein Handwerk darstellte und trat schließlich an Severus' Seite, um damit zu beginnen, ihm diese auf Wangen, Ober- und Unterlippe zu streichen.


    "Auf dem Forum? Ach, da geht es derzeit wieder ruhiger zu, seit die Wahlen beendet sind, hat das Streiten wieder aufgehört. Hast Du das Wahlergebnis für den Aedilis Curulis mitbekommen? Die Tiberierin liegt genau eine Stimme vor dem Aurelier, das ist doch mal witzig - geschlagen um eine Stimme von einer Frau, das muss ziemlich nagen," plapperte der Meister gemütlich vor sich hin, während er Severus' Gesicht in weißen Schaum tunkte. Dann zückte er sein Messer und begann, den Kopf seines Kunden behutsam mit den Fingerspitzen dirigierend, in energischen, geübten Strichen den Bartwuchs auf Severus' Wangen zu dezimieren - die Befürchtungen des Prätorianers, an einen Folterer geraten zu sein, mochten sich in diesem Moment wohl langsam aber sicher auflösen.


    Zitat

    Original von Jakobus
    Jakobus wollte gerade verneinen, da kam auch scho die Gehilfin des Meisters herein.
    "Moment, ich brauche gar nichts! Eigentlich suche ich nur einen Barbier für meinen Herrn - der alte ist leider gestorben.
    Wäre es möglich, dass du oder dein Personal jeden Morgen in der Villa Tiberia vorbeischaut und meinem Herrn ein gepflegtes Aussehen verschafft? Natürlich mit reichlicher Bezahlung!"

    Er überlegte, ob er anmerken sollte, dass der Meister besser persönlich kommen sollte...aber das wäre nun wirklich etwas sehr unhöflich!


    "Nun," zwitscherte die umfangreiche Gehilfin und lächelte den potentiellen Kunden-Beibringer erfreut an. "Der Meister kommt gern auch in Haus, wenn Dein Herr einen Barbier braucht, ich muss nur wissen, wohin und wann - vor der salutatio wahrscheinlich?" Was bedeutete, dass man sehr früh erscheinen musste, denn die Salutatio fand normalerweise im Morgengrauen oder kurz danach statt. "Wie heisst denn Dein Herr?" Schließlich gab es mehrere Tiberier in Rom, man wollte ja nicht zum falschen gelangen und sich damit eventuell Ärger verschaffen, bei Patriziern konnte man nie vorsichtig genug sein.

    Hmm, vielleicht würde es schon helfen, wenn man konsequent beginnen würde, zumindest die NPCs eines Betriebes, den man besitzt und benutzt, auszuspielen - also beispielsweise die Bauern, die ihr Getreide auf dem Markt anbieten oder den Händler, der Tongefäße vertickt oder was auch immer. Ich habe mir lange überlegt, ob ich das tun soll, und irgendwie macht's Spaß, mal keinen würdigen, standesbewussten Römer zu geben, sondern einfach etwas ganz anderes ... und den Spaß, den man dabei hat, etwas aussergewöhnlichere Personen darzustellen, überträgt man dann meist auch auf die Mitspieler. ;)

    Voller Mitgefühl im Blick blieb sie neben ihm sitzen und beobachtete ihn besorgt. Ob er wohl einen Medicus brauchte? Wenn ja, wo bekam sie mitten auf dem Markt nun einen Medicus her? Ach, dieser vermaledeite Einfall, nie wieder würde sie ohne einen begleitenden Sklaven hier her kommen, soviel war sicher.
    "Nu-un," meinte sie gedehnt und wagte sich an ein zaghaftes, aufmunterndes Lächeln in seine Richtung. "Dieser ... Mann, den Du ergriffen hast, wollte mich wohl bestehlen, und als Du ihn geschnappt hast, hat er Dir äh .. einen Tritt .. nun nach ..." Sie deutete dezent in die Richtung seiner Leibesmitte.


    "... nach unten gegeben und ist abgehauen. Leider hat ihn niemand sonst aufgehalten und ich war viel zu erschrocken, um zu reagieren, er ist wohl entkommen. Geht es wieder? So halbwegs wenigstens?" Mit einem zweifelnden Blick auf sein schmerzverzerrtes Gesicht blieb sie neben ihm sitzen und nahm den leeren Becher wieder entgegen. "Möchtest Du vielleicht noch einen Wein, auf den Schreck und äh ... Schmerz?" Es musste übel schmerzen, wenngleich sie es sich nicht ausmalen konnte, wie sehr, so zusammengekrümmt, wie er noch immer auf der Bank saß, war der Schmerz eindrucksvoll genug definiert.

    Hätte sie in diesem Augenblick beschreiben müssen, jene Gesamtheit aus dem Mondschein, dem leisen, still gewordenen, aber von tausend Lichtflecken durchzogenen Rom, dem Sternenfunkeln am Firmament und dem Frieden in ihrem Inneren, hätte sie wohl nur leise zu flüstern gewagt, dass dies einem perfekten Augenblick sehr nahe kam. Es schien, als würden alle Sorgen des Alltags für diese Stunden des Gesprächs zurück gedrängt worden zu sein, als gäbe es im Augenblick gar keine Sorgen, so friedlich breitet sich alles vor und hinter ihr aus. Wohl wissend, ein im Grunde bisher zufriedenes Leben geführt zu haben, mit einer letztendlich doch gut verlaufenen Ehe, durfte sie mit Zuversicht in ihre Zukunft blicken, mit ihrem jüngeren Bruder an ihrer Seite, einem vielleicht neu gefundenen Freund nun unmittelbar neben ihr, sodass sie auf der Haut ihres Armes noch die Wärme seiner Arme fühlen konnte.


    Als er sich zu ihr wandte, blickte auch Iulia Helena zu ihm auf, sanft lächelnd, das Gesicht entspannt und frei von jenem oft nachdenklichen Ausdruck, der sie in den letzten Tagen beschlichen hatte, die blauen Augen leuchtend von innerer Zufriedenheit und Ruhe. "Ich danke Dir ebenso," erwiederte sie leise, und das Lächeln ihrer Lippen erreichte ihre Augen gleichermaßen. Sie meinte es so, wie es gesagt worden war, ohne ihn hätte es diesen Moment, diese Erkenntnis nicht gegeben, und auch nicht die Zuversicht im Blick auf die Zukunft nicht. Wie hatte sie es vor einigen Tagen zu ihrem Bruder gesagt? Alles wird gut. Jetzt konnte sie es endlich auch selbst glauben, und so wiederholte sie es flüsternd, leise, einem Windhauch gleich. "Alles wird gut, Tiberius Vitamalacus." Vielleicht ein lächerlich geringer Ausspruch, wenn man so viel Krieg und Leid gesehen hatte wie der tribunus, aber sie konnte es nicht anders empfinden, musste ihre Zuversicht, ihre Ruhe und Freude daran, zu leben, und noch vieles erleben zu können, einfach teilen.

    Sie schüttelte leicht den Kopf, um anzuzeigen, dass sie keine Fragen zu Sergius Glabrios Worten hatte, aber noch verharrte sie, um eventuelle Fragen ihrer Amtskollegen aus Mantua an den Vertreter Misenums abzuwarten - der Bericht würde schließlich nicht deswegen schlechter ausfallen, weil sie ein klein wenig Geduld haben musste. Kurz blickte sie zu Decima Livia hinüber und sandte ihr ein kleines Lächeln. Ob sie sich bei den bisher eher trockenen Themen wohl langweilte?

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    Original von Flavus Valerius Severus
    Auf dem Weg von A nach B kommt Sev in ziviler Kleidung auf dem Trajansmarkt vorbei. Sein Blick fällt zufällig auf den Laden eines Barbiers. Er bleibt stehen und streicht sich nachdenklich über die Bartstoppeln. Er hat gleich einen Termin mit einem Scriba aus der Verwaltung, bis dahin allerdings noch etwas Zeit. Eine Rasur hat er allerdings dringend nötig und auch die Haare könnten mal wieder geschnitten werden. Er überlegt nicht lange und tritt auf den Barbier zu.


    "Salve! Hast du Zeit für eine Rasur und nen einfachen Haarschnitt?"


    Als er den neuen Kunden erspäht, wieselt der dicke Barbier (für seinen nicht gerade geringen Leibesumfang erstaunlich schnell) aus dem hinteren Teil des Ladens hervor und verbeugt sich einmal vor seinem Kunden, bevor er freudestrahlend und mit Fistelstimme verkündet: "Natürlich, natürlich, nur herein, mögen Isis und Osiris Dir an diesem strahlenden Tag gewogen sein - und natürlich auch alle anderen Götter, die ihre Aufmerksamkeit momentan eventuell auf uns richten. Nimm hier Platz," damit deutet er auf den Frisierstuhl, auf dem man sich den Rücken bequem anlehnen und auch den Kopf zurücklehnen kann.


    "...und entspann Dich. Eine einfache Rasur? Und ein Haarschnitt? Wie kurz soll es denn sein? Für's Militär geeignet oder eher zivil?"
    Die kräftige Statur seines ersten Kunden an diesem Tag lässt den Ägypter diese Frage stellen, sicher ist sicher, immerhin will er es sich ja nicht mit einem miles verderben, diese Art Kunden hatten den großen Nachteil, dass sie eventuell bei Nichtgefallen mit einigen Kumpels wiederkamen und sich an der Einrichtung schadlos hielten.


    Zitat

    Original von Jakobus
    Jakobus betrat den Laden des dicklichen Ägypters und sah sich verwirrt um. Es hatte eindeutig etwas...exotisches! Aber sein Herr brauchte einen neuen Barbier und der hier war neu und man hörte nur Gutes.
    Also ging er zu dem Ladenbesitzer und wartete, bis der Herr davor bedient wurde.
    Stattdessen betrachtete er die Räucherschale, aus der ein dünner Rauchfaden hervortrat...


    Dann winkte er auch dem zweiten Kunden zu - denn dafür hielt er Jakobus - und deutete auf einige Sitzplätze an der Wand des Barbierladens. "Nimm ruhig schon einmal Platz und genieße die Ruhe, für Dich habe ich sicher auch gleich Zeit. Willst Du einen Becher Wasser?" Ohne auf Antwort zu warten, brüllt er schon nach hinten, wo ein bunter Vorhang mit einem exotischen Muster den Laden vom Vorratsraum abtrennt. "Itsenmut, meine liebliche Blume, ein Kunde will etwas trinken!" Die 'liebliche Blume' teilt denn auch gleich den Vorhang und hinterlässt den Eindruck, dass nicht einmal ein Elefant, der sich auf sie setzen würde, eine wesentliche Verformung ihres Äusseren schaffen würde, sollte man geblaubt haben, es sei nicht möglich, dass jemand noch dicker sein würde als der Barbier selbst, nun wird er eines Besseren belehrt: mit der natürlichen Grazie eines Alpengipfels schwebt die gerufene Frau mit dicker ägyptischer Schminke im Gesicht herein und blickt Jakobus breit lächelnd und erwartungsvoll an.

    Die Falco-Romane waren doch göttlich ;) ich hab die als Kind verschlungen ^^


    Aber zurück zur Frage: Ich denke, ein 'Schnüffler' Büro ist durchaus historisch, wenngleich es imho keine direkten Anleihen gibt, die das begründen könnten. Wenn man allerdings bedenkt, in welcher Art Gesellschaft unsere lieben Römer so gelebt haben, liegt es recht klar auf der Hand: Informationsvorsprung, um einen unliebsamen Konkurrenten auszuschalten, war erwünscht und absolut notwendig. Das heisst, es gab sicher auch professionelle Informationsbeschaffer, die sich an den entsprechenden Stellen gut auskannten bzw. die entsprechenden Kontakte aufzuweisen hatten.


    Ob die nun dem modernen Privatdetektiv gleichzusetzen sind, ist eine andere Frage, aber zumindest vom Prinzip her dürfte es so etwas in jedem Fall gegeben haben.

    ~* Nepheteps Barbierladen 'Zur klappernden Schere' *~


    Einer der vielen Läden des Trajans-Marktes lockt schon durch die exotischen Düfte seine Kunden an - jeden Tag wählt der ägyptische Sklave Nepheteb eine neue Essenz aus, die in der Räucherschale neben dem Eingang des kleinen Ladens erhitzt und verduftet wird und damit auch einen guten Teil der Fremdartigkeit dieses Geschäfts mit bestimmt. Wer hier herein kommt, wird noch vom Meister selbst bedient, ob nun Mann oder Frau, wenngleich die Frisuren der Frauen natürlich deutlich aufwendiger sind und von dem etwas dicklichen Ägypter verlangen, in einer recht schnellen Weise rund um den Frisierstuhl zu eilen, um an jeder Seite des Kopfes tätig zu werden. Wieviel leichter tut er sich da doch mit einem knappen, züchtig-römischen Haarschnitt, und die Klagen der Kunden, dass man sie ins Ohr gepiekt hat oder an den Haaren zupfte, sind auch denkbar gering, immerhin weiss Nepheteb nur zu gut, wie er das Ohr seiner Kundschaft mit Worten für sich einnehmen kann.


    Hier erfährt man nicht nur den neuesten Klatsch vom Forum Romanum, nein, so mancher Kunde wird auch einige interessante Einzelheiten los, die er unlängst gehört hat, und so haben es sich manche Händler zur Gewohnheit gemacht, auf ein Schwätzchen (und einen Haarschnitt) bei Nepheteb hereinzuschauen, um die neuesten Nachrichten zu hören- nichts funktioniert als Übermittlung von Wissen besser als die schwatzhafte, niemals stillstehende Zunge eines geneigten Barbiers mit einer gewissen Kunstfertigkeit der Hände.
    Dass Nepheteb unter der Ladentheke auch die ein oder andere Essenz verkauft, wenn man ihn danach fragt, dürften die Aedile natürlich nicht wissen, aber bisher ist es ihm gelungen, diese Verkäufe recht geschickt durch Werbemaßnahmen für sein Geschäft zu tarnen und wusste auch immer einen Ausweg zu finden, sollte man ihm zu deutlich auf den Zahn gefühlt zu haben - immerhin ist er kein dummer Mann und einer, der das Gold liebt, noch dazu. Und so wird Nephetebs Barbierladen Tag für Tag für willige Kunden geöffnet, jener Laden, in dem de Zungen, aber auch die Schere niemals wirklich still stehen ...


    Sim-Off:

    Wer sich in der WiSim einen Haarschnitt gekauft hat und einen Barbierbesuch spielen möchte, ist hier herzlich dazu eingeladen - Antworten kommen bestimmt. :)

    Es war nicht dieses brennende, ungestüme Verlangen, das sie stets in der Nähe von Vibius Valerius Victor überkam, das sie in diesem Augenblick fühlte, aber sein Blick, kurz bevor sie die Fingerspitzen von seinem Arm weggehoben hatte, ließ doch kurz ein gewisses Kribbeln in der Bauchgegend aufkommen. Das Gespräch tat ihr einfach gut, sich in keinen der üblichen gesellschaftlichen Schranken zu bewegen noch mehr, es mochte zwar als anstößig gesehen werden, dass sie als Witwe abends den Weg zum Ianusbogen angetreten hatte, aber wirklich vertrackt wäre es nur gewesen, wäre sie gänzlich allein gegangen und so leichtsinnig war sie nicht. Dass dieser Weg ihr einen intelligenten, vielseitigen und auch humorvollen Gesprächspartner beschert hatte, war den Fußweg auf jeden Fall wert gewesen, und innerlich hoffte sie nur still, dass es ihm ebenso gehen würde.


    So schritten sie einige Zeit lang still nebeneinander her, denn sie verlangte es nicht danach, dauernd zu sprechen. Ab und an berührte ihr Arm den seinen, wenn der Weg zu eng wurde, und sie konnte mit neu erwachter Aufmerksamkeit dem Zauber des nächtlichen Roms, so stinkend er an manchen Häuserecken auch sein mochte, folgen. Still beleuchtete der Mond die beiden Spaziergänger und ihre Eskorte, es schien eine fast sternklare Nacht zu sein, die ihre ganz eigene Stimmung zu verbreiten wusste. Je höher sie die Straße entlang hinauf gingen, desto besser wurde die Luft, wehte doch nun eine sanfte Brise um die sieben Hügel Roms. Ihr Atem ging nun etwas schneller, der Anstieg in Richtung des Forums bedeutete auch, dass man nun einmal eine ganze Weile bergauf gehen musste, was sie eindeutig nicht mehr gewöhnt war, aber sie gingen glücklicherweise nicht schnell genug, dass es offen zutage treten würde.
    "Ist es nicht wundervoll?" fragte sie schließlich leise, als sie einen Punkt erreicht hatten, von dem aus man einen guten Teil der beleuchteten Stadt sehen konnte. "Ich glaube, keine Stadt der Welt wird sich mit Rom jemals messen können, so dreckig und staubig es auch sein mag."

    "Mir geht es gut, danke - dank Deines Eingreifens ist mir auch nichts geschehen, dafür kann ich Dir gar nicht genug danken. Es tut mir unendlich leid, dass Du verletzt wurdest ..." rang die Magistrata aus Ostia nach Worten und verfluchte ihre Dummheit, heute ausnahmsweise ohne eine Begleitung auf den Markt gegangen zu sein, so etwas rächte sich sofort. Innerlich seufzend blickte sie sich um und erspähte in unmittelbarer Nähe einen Stand mit Getränken im Angebot - perfekt! Schmerz vergaß man am besten mit einem zweiten Reiz. "Nicht weglaufen, ich bin gleich wieder da," sagte sie eilig, vergewisserte sich, dass er nicht gleich im Sitzen umkippen würde und schritt in die Richtung des Getränkestands davon, wo sie wortreich und unter Zuhilfenahme einiger ihrer wiedergewonnenen Sesterzen mit dem Händler um einen Becher Wein zu feilschen begann. Sie fühlte sich irgendwie verantwortlich für den Fremden, der ihretwegen nun Schmerzen leiden musste, und hatte ein nicht gerade geringes schlechtes Gewissen.


    Ein angestrengtes Verkaufsgespräch später - denn auch jetzt war die Iulierin nicht bereit, einem der gierigen Markthändler mehr Sesterzen in den Rachen zu werfen, als die Ware wert war - trug sie triumphierend den Tonbecher samt säuerlichem Rotwein darin zu Gabriel zurück und setzte sich mit etwas Abstand zu ihm auf die Bank, ihm den Becher anbietend.
    "Hier, das wird Dir sicher guttun," sagte sie freundlich in seine Richtung und hielt den Becher so lange fest, bis er ihn ihr abgenommen hatte. "Vielleicht lässt es Dir den Moment ein klein wenig angenehmer erscheinen, als er ist?" Es klang einigermaßen hoffnungsvoll, wenngleich sie sich sicher war, dass der Wein daran nicht viel ändern würde.

    Der Dieb ließ sich die günstige Gelegenheit nicht zweimal geben und nahm die Beine in die Hand - die meisten der umstehenden Passanten richteten ihre Blicke eher auf den schmerzstöhnenden Gabriel denn auf den hinfort eilenden, schmächtigen Kerl, sensationslüstern wie alle Römer nun einmal waren, sodass er recht schnell damit Erfolg hatte, in der einkaufswilligen Menge unterzutauchen. Iulia Helena indes, die dem Dieb nicht allzu viel Beachtung mehr schenkte, als ihr unverhoffter Retter fast in die Knie ging, stammelte einige unzusammenhängende Worte, die einerseits ihren Dank für die Hilfe, andererseits auch ihr Bedauern für seinen Zustand ausdrücken sollten - wenngleich es ihr nicht wirklich gelang, diesen Worten auch eine gewisse Lautstärke zu verleihen, die sie wie ein Fisch auf dem Trockenen wirken ließen. Ihr Mund öffnete sich zwar, und schloß sich auch wieder, aber die Worte wollten sich nicht wirklich formen.


    "So lasst ihm doch Luft zum atmen!" herrschte sie schließlich einige der allzu neugierig herandrängenden Leute an und blickte sie so zornig an, dass sie zurückwichen. Schließlich wandte sie sich Gabriel wieder zu, die Miene deutlich zerknirscht. Um die Sesterzen hätte es ihr nicht so wirklich leid getan, aber dass wegen ihr ein Fremder nun Schmerzen leiden musste, offensichtlich ziemlich gemeine Schmerzen, das tat ihr durchaus leid. "Geht es wieder?" fragte sie, etwas leiser nun und deutete in Richtung einer Sitzbank am Rand der Galerie, auf der sie standen. "Vielleicht willst Du Dich einen Augenblick hinsetzen und äh ..ausruhen?" Was machte man mit einem Mann, der an diese heikle Stelle einen Tritt gesetzt bekommen hatte? Sie hatte zwar so manche von Titus' Wunden verbunden, aber so etwas war auch der Iulierin noch nie unterkommen. Vorsichtig berührte sie ihn am Arm, um festzustellen, ob er überhaupt ansprechbar war.

    Der Dieb - denn er war zweifelsohne ein solcher - zuckte heftig zusammen und es schien ihm, als sei sämtliches Blut von seinem Kopf urplötzlich in seine Beine geschossen, denn er erbleichte binnen Sekunden von leicht gebräunt in Richtung Kalkweiss. Verdammt! Wo war der verdammte Kerl hergekommen? Er hatte sich doch sorgfältig umgesehen, um genau das zu vermeiden! Da half nur eines, ab durch die Mitte, und von diesem Verrückten wegkommen, der ihm sein fast sicheres 'Geschäft' vermiest hatte.


    Er stellte sich fügsam und ließ den Beutel klirrend zu Boden fallen, während die Frau, die er hatte berauben wollen, mit großen Augen und offensichtlich erschrocken die Szenerie beobachtete, ohne sich groß zu rühren - was für eine dumme Henne, dachte der Dieb und machte sich kleiner, als er war. Von dem verdammten Dolch würde er nun auch Abschied nehmen müssen, um von seinem Häscher fortzukommen, aber besser das als ein gefangener Dieb.


    So tat er sein Bestes, zu wirken, als würde er aufgeben - um im richtigen Moment mit seinem Hacken nach hinten auszuschlagen, um seinem Häscher einen gezielten Tritt in die Weichteile zu versetzen - zumindest zielte er darauf und hoffte, dass er auch nach hinten treffen würde.

    Das Städtekonzil hatte einen sehr großen Vorteil - sie konnte während der Dauer der Beratungen in Rom bleiben und das Pendeln nach Ostia blieb ihr erspart. Damit fand sie auch wieder die Zeit, sich etwas auf dem Markt umzusehen, zum einen nach neuer Kleidung für ihren Bruder, zum anderen vielleicht auch nach etwas Schickem für sich selbst, die Geschäfte waren in letzter Zeit gut gelaufen und sie hatte einige Sesterzen auf die Seite legen können. Irgendwann musste man sich schließlich auch etwas gönnen können, wofür arbeitete man schließlich?


    Iulia Helena blieb an einem Stand mit sehr hübsch gewebten Bändern und Borten stehen, einige der komplizierteren Muster in Augenschein nehmend. Für solche Handwerkskunst würde ihr immer die Geduld fehlen, dessen war sie sich sicher, auch wenn ihre Mutter sich redlich Mühe gegeben hatte, ihr das Weben genauso beizubringen wie das nähen und all die anderen, unerfreulichen Hausfrauentätigkeiten, die sie nun nur zu gerne den Sklavinnen mit Talent für derlei überließ. Mit einem leichten Schmunzeln auf den geschwungenen Lippen ging sie den Stand entlang, ließ den Blick etwas auf den einzelnen Borten liegen und bemerkte nicht, dass ihr ein schmächtiger Kerl wie ein Schatten folgte, der ihre Geldbörse, die sie am Gürtel hängend trug, längst ins Auge gefasst hatte. Als sie sich vorneigte, um eine der Borten genauer zu betrachten, schien der ideale Moment für ihren Schatten gekommen ...

    "Ich glaube, dass es bei uns niemals möglich wäre, dass beispielsweise die Anhänger des Mars so sehr miteinander streiten, dass sich eine Unterglaubensgemeinschaft abspalten könnte - sicher, es gibt wohl immer Meinungsverschiedenheiten, aber dass man sich gegenseitig im Namen des Glaubens so sehr mit Schmutz bewirft, ist schon ausgesprochen seltsam. Das hat doch nichts mehr mit Hingabe und Respekt zu tun, wenn die Auslegung der Glaubens wichtiger wird als der Glauben selbst." Sie klang nachdenklich, strich sich dann eine vorwitzige Haarsträhne aus der Stirn und fügte noch an: "Stell Dir vor, in einem unserer Tempel gäbe es ein Streitgespräch wie un Judäa auf dem Markt, ich glaube, ich würde mich wahrscheinlich totlachen, sollte ich das jemals mitbekommen. Es ist so unwahrscheinlich."


    Sie hob die Füße etwas mehr an, um nicht mit den Sandalen in irgendeinen Schmutzhaufen hinein zu treten, vermied auch die immer wieder aus den Zwischenräumen der Häuser auf das Pflaster rinnenden kleinen Bäche, doch als sie ein deutlich breiteres erreichten, wusste sie, dass es ohne einen beherzten Sprung wohl nicht weiter gehen würde.


    "Rom schläft nie, das sagte mein Vater einmal, und ich habe auch keine Stadt erlebt, in der es vergleichbar zugegangen wäre. Vielleicht ist es das, was die Menschen so sehr an Rom bindet, dieser immer schlagende Puls, das immer erkennbare Leben. Man kommt nie zum Stillstand, immer geht es weiter, immer geht es voran." Dass er sich breitbeinig über das Rinnsal undefinierbarer Flüssigkeiten stellte, um ihr über dieses zu helfen, ließ sie deutlicher lächeln, nun wirklich erfreut, denn diese Aufmerksamkeit besaßen nicht alle Männer. Sachte legte sie ihre Hand in die seine und hob ihre Stola etwa kniehoch an, um bequem über den kleinen Bach an Unaussprechlichkeiten zu gelangen, vergnügt dabei schmunzelnd. "Ich danke Dir, tribunus ... ich bin mir sicher, jede Frau in Rom würde sich einen so aufmerksamen Begleiter wünschen wie Dich." Ein flatternder Liedschlag begleitet diese Worte, dann erhäielt er seine Belohnung, als ihre Finger federweich über seinen nackten Unterarm strichen und sie auf der anderen Seite einen sicheren Stand erreichte, die Stola wieder sinken lassend, das Ganze von einem warmen, offenen Lächeln garniert.

    Beifällig nickte die Magistrata Ostias zu den Worten des Sergius Glabrio, denn der Bericht erschien ihr in ihren Augen als schlüssig, durchdacht und gut gegliedert - die angesprochenen Brandschutzmaßnahmen erinnerten sie daran, dass sie diesen Punkt auch noch würde ansprechen müssen, wenn es um ihren Bericht ging, ebenso wie die jüngsten Probleme mit den Seeleuten. Eine Villa in Misenum, das hatte schon etwas - aber davon konnte sie derzeitig wirklich nur träumen, solch ein Projekt überstieg die Finanzmittel der Gens Iulia bei weitem. Seufzend verabschiedete sie sich von dem Gedanken an ein Häuschen am Meer und begann, einige Dinge auf ihrer mitgebrachten Wachstafel zu notieren.

    Vielleicht wegen der Nähe zu Rom? Ich meine, man reist ja immerhin keine halbe Ewigkeit nach Rom, zu den Festen und so weiter, da würd ich auch die CU oder die I. vorziehen :)
    Vielleicht fehlt auch das in Hispania bisserl, ein gesellschaftliches Leben, in Rom ist ja doch alles sehr bunt gemischt, viele Möglichkeiten und so.

    Auch jetzt zuckte der Tribun nicht vor ihren offenen Worten zurück, was die Iulierin mit einer gewissen Zufriedenheit bemerkte - es schien, als müsse sie sich in seiner Gegenwart keiner Grenze ihre Worte auferlegen, als könnte sie einfach nur ihre Gedanken teilen, wohl wissend, dass sie akzeptiert und aufgenommen wurden, ohne sie zu bewerten oder ihr den Stempel einer zu interessierten Frau aufzudrücken. Das Gespräch tat ihr gut, sehr gut sogar, und der Wunsch, es an anderer Stelle fortzuführen, hatte sich nun zu einer Sicherheit manifestiert.


    "Seinen Glauben auf eine unbestimmte Hoffnung, die jeder anders interpretiert, zu richten, erscheint mir als ziemlich zweifelhaft," meinte sie nachdenklich und entließ den Atem durch die Zähne. "Vor allem kann man doch dann alles erfinden, muss es niemals beweisen - woran sollen sich Gläubige denn da halten, wenn es nichts gibt ausser Worten? Unsere Götter zeigen sich durch eindeutige Zeichen, und in den kultischen Handlungen kann jeder Trost und Halt finden." Die Straße verengte sich wegen einiger entgegen kommender Fuhrwerke und sie mussten auf den Bürgersteig ausweichen, hier befand sich auch deutlich mehr Schmutz auf den Straßen, sodass es mit Rücksicht auf die Sandalen angeraten schien, sich davon zu entfernen. Allerdings hieß es auch, dass sie enger nebeneinander her gehen mussten. "Es dürfte das einzige sein, womit sie sich auf Dauer von all den anderen Kulten dort abheben können, die meisten dieser anderen, östlichen Gottheiten sind ja eher auf einen einzigen Aspekt ausgerichtet und kümmern sich wenig um das Wohl der Allgemeinheit. Ich fürchte fast, damit werden sie auch auf längere Sicht noch Erfolg haben."