Beiträge von Iulia Helena

    Wieder lachte sie leise, aber auch, um eine gewisse Nervosität zu verbergen, die sich in ihrem Magen zusammenballte, das Gemenge bei den ludi florales in Mantua war ihr noch zu gut im Gedächtnis. Dort war sie in der Menge fast gestürzt, als ein Passant sie angerempelt hatte, und es war sicher keine angenehme Erinnerung. Sie mochte die großen Massen nicht wirklich, wenngleich sie sich daran besser gewöhnt hatte als ihr Bruder - und jetzt einer gröhlenden und angetrunkenen Schar Männer auf freiem Feld sozusagen gegenüber treten zu müssen, gefiel ihr nicht. Sie trat einen Schritt weiter an Crassus' Seite, innerlich hoffend, er würde das jetzt nicht falsch verstehen und glauben, sie wollte sich ihm ungeziehmend nähern - aber was blieb ihr auch anderes übrig, diesen Kerlen mit den seltsamen Liedern wollte sie ganz sicher nicht nahe kommen.


    "Du klingst, was die Vermischung Deines Amtes mit politischen Entscheidungen angeht, nicht besonders erfreut - ist es etwas, das Dich sehr oft stört und es Dir schwer macht, deine Aufgaben zu erfüllen? Als Laie kann man sich das oft nicht vorstellen, wie es in einer fast militärischen Einheit wirklich zugeht, und mein Wissen beschränkt sich auf die legio, nicht aber auf die Truppen innerhalb Roms. Zumindest klingt das alles nicht wirklich erfreulich ..." Sie ließ den Rest des Satzes offen und blickte der Gruppe Männer, die sie nun fast erreicht hatten, mit gemischten Gefühlen entgegen. Irgend etwas in ihr rief, dass sie einfach nur hier weg wollte, es war die dümmste Idee seit langem gewesen, an ihrem freien Tag ausgerechnet hier spazieren zu gehen. "DerTiber ist so blau, so blau, so blau wie WIIIIIR .." gröhlte der Anführer der Gruppe, und versuchte, einen der Leibwächter lachend anzurempeln. "Schau doch nich so sauertöpfig, sing mit!" rief ein anderer aus der Gruppe und tanzte um die fünf herum, sodass seine ausgesprochen lose flatternde Toga hinter ihm wie eine Flagge herwehte. Sehr sehr leise murmelte die Iulierin: "Ich will hier weg .."

    "Warum sammeln wir nicht zuerst alle Mitglieder der Factio in diesem Raum, geben ein kleines Fest mit viel Wein und erwägen dann die Frage der Finanzierung ... wo etwas Spaß macht, fließt auch der Sesterz, diese Regel dürfte doch einem jeden der hier anwesenden Herren bekannt sein," meinte sie schmunzelnd und hob ihre Brauen leicht an. Immerhin machte vor allem die Zeit im Lupanar Spaß und dafür flossen den meisten Männern die Sesterzen überreichlich aus der Tasche. In dieser Beziehung nahm sie keinen einzigen Mann aus, denn das Vergnügen mochten alle, selbst einige sehr reiche Frauen nutzten die Chance, sich in einem Lupanar von gut bestückten Männern verwöhnen zu lassen - warum also sollte nicht eine kleine, nette Festlichkeit die Sesterzen in den Beuteln der reicheren Mitglieder lockern?


    "Noch einige schöne Frauen dazu oder die Gemahlinnen der Herren einladen, und schon ist die Factio Veneta Tagesgespräch in Rom, vielleicht finden wir noch einen Schreiberling der Acta, der Freude daran findet, sich einen Abend lang den Bauch vollzuschlagen und exclusiv davon zu berichten, dass sich hier interessante Menschen treffen - und die Factio ist in aller Munde. Was könnte man sich mehr wünschen?" Sie blickte in die Runde und lächelte vergnügt vor sich hin - ein Fest würde wirklich Spaß machen.

    "Au!" sagte sie leise und zuckte zusammen, als seine Finger die Beule an der Stirn berührten, doch um sich keine Blöße zu geben, versuchte sie es mit einem Lächeln zu kaschieren. "Eigene Dummheit und zuviele Gedanken," sagte sie schließlich und wurde etwas leiser. "Ich bin mit jemandem zusammengestoßen, der genauso viel zu sehr in Gedanken war, um mich zu bemerken, und leider hatte mein Gegenüber einen genauso großen Dickschädel wie ich ... nunja. Es klingt wahrscheinlich mindestens so peinlich wie es war," sie flüchtete sich in ein verlegenes Lachen, schließlich rannte man nicht jeden Tag auf der Straße einfach so jemanden um. Vor allem nicht einen Mann in diesem Rang - solche dämlichen Sachen passierten immer nur ihr, Iulia Helena. Manchmal glaubte sie, dass sie ein geheimes Talent dafür hatte, von einer peinlichen Situation in die nächste zu taumeln - immerhin war da auch der Senator auf dem Markt gewesen, mit dem sie fast zusammengestoßen wäre.


    "Das wird schon wieder abheilen, ich erinnere mich da an Dein Gesicht, nachdem Du mit deinem Bruder diese kleine Diskussion hattest - ich habe wenigstens die Palla, die solche peinlichen Hinterlassenschaften verbergen kann," fügte sie noch, fast trotzig an, um dann zu bemerken, dass es seine Hand war, die unter ihrem Kinn lag, dass er ihren Kopf zu sich angehoben hatte - und war der Klang seiner Stimme nicht von einem seltsamen Beiklang erfüllt gewesen? Einem fast sorgenvollen Ton? Sie blinzelte und blickte nun stumm zu ihm auf.

    Zitat

    Original von Marcus Octavius Maximus
    "Ich möchte gern noch einmal für alle in Erinnerung rufen, dass der Kaiser sein Wort bereits gesprochen hat. Nachdem ich damals, in meiner Funktion als Volkstribun, die Appelatio einbrachte, prüfte er diesen Fall betreffend Avarus und sein Urteil war die Nota Censoria."


    Des Weiteren legte er das Schicksal von Avarus in die Hände der Götter und vertraute auf das Gericht."


    "Ich weiss nicht, ob die Nota Censoria reicht, um diesem Manne wirklich begreiflich zu machen, dass bestimmte Äusserungen in der Öffentlichkeit einem Senator nur schaden können, dessen Wort nicht nur für neue Gesetze Gewicht besitzt, sondern auch Rom selbst repräsentiert. Waren nicht immer die Senatoren diejenigen, die als geachtete Männer vor uns allen standen und auf deren dignitas wir uns verlassen haben? Worauf soll sich das Volk verlassen, wenn einer der Senatoren nun beginnt, uns alle als Nachfahren von Räubern und Brudermördern zu verunglimpfen? Das schadet doch nicht nur dem Ansehen Roms in Rom selbst - was sollen die amici des römischen Reiches denken, wenn sie derlei hören? Was unsere Feinde?" antwortete sie mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck, nachdem sie den Senator erkannt hatte, mit dem sie vor einiger Zeit auf dem Markt ein nicht unangenehmes Gespräch geführt hatte.


    "Ich will nicht dem Gericht sein Urteil anlasten, denn es wurde gesprochen, und der Kaiser selbst hat es dem Gericht überlassen, Recht zu sprechen - aber ich denke, dass hier etwas geschehen ist, das weit über die angeklagten Punkte hinaus geht. Zwei Patrizier haben sich gegen eine Beleidigung gegen ihren Stand zu wehren versucht und sind damit gescheitert. Doch die Beleidigung des gesamten Volkes und unserer ehrwürdigen Ahnen, für deren Traditonen und Werte immernoch viele Männer in den Krieg ziehen und sterben, ist ein ganz anderer Schuh. Ich glaube, jener Senator hat sich nicht genügend Gedanken um die mögliche Wirkung seiner Worte gemacht, und das darf nicht vergessen werden. Wir werden dadurch doch nicht weniger Römer, dass wir bestimmte Worte nicht ertragen können. Gewöhnt sind wir vieles, aber es gibt doch Grenzen für alles. Ich bin stolz auf meine ehrwürdigen Ahnen, die vom Beginn der Republikzeit für diese Stadt ihr Bestes gegeben haben, und so wird es vielen anderen hier sicher auch gehen. Es schmerzt mich zu hören, dass ein Senator so wenig Respekt vor den Leistungen unserer Väter zu haben scheint, dass er so von unseren Ahnen spricht."

    Zitat

    Original von Gnaeus Postumius Rufus
    Müsste ich nicht meinen Lebensunterhalt verdienen, ich würde sofort nach Ostia ziehen und auf den Stufen der Curia nächtigen. Ich nahm die Sesterzen und provozierte dabei eine weitere kleine Berührung zwischen uns. Was konnte ich schon mehr von einem sonnigen Tag verlangen, als dieses einfache Vergnügen? Die Sesterzen wanderten ungezählt in die Kasse hinein, ich hätte ihr sogar mein Leben anvertraut, was machten da so ein paar Münzen aus?


    "Perfekt." So wie sie. "Kann ich sonst noch etwas für dich... ehm... tun?"


    "Heute leider nicht, aber ich bin mir sicher, dass ich bald wieder neue Briefe haben werde - und ich hoffe, ich habe dann Glück und treffe Dich hier wieder an," sagte sie mit einem sanften, entzückenden Lächeln in seine Richtung. Er hatte warme Hände, nicht zu kräftig, nicht zu schlank - und für einen kurzen Moment überlegte sie, dass seine Liebste sicherlich eine sehr glückliche Frau sein musste, wenn er sie so sanft berührte, wie eben beider Finger in Kontakt getreten waren. Sie erhob sich, strich die Stola glatt und nickte ihm sachte zu. "Einen ruhigen und vor allem schönen Tag wünsche ich Dir noch - und genieße den Wein, er ist viel zu schade, um nur herumzustehen." Dmit zwinkerte sie ihm zu und wandte sich zur Tür des Officiums, um in den Sonnenschein hinaus zu treten.

    Für einen sehr kurzen Moment tanzten Sterne aus rotglühender Wut vor ihren Augen. Sie kannte den Mann nicht, der diese Rede bei seiner Verhandlung gehalten hatte und ganz offensichtlich damit durchgekommen war, aber das hinderte die Iulierin nicht daran, sich für einen Moment zu wünschen, die Stärke eines Mannes zu besitzen, zu diesem Kerl hinzugehen und ihm die saftigste Tracht Prügel seines Lebens zu verabreichen - wie befriedigend musste es sein, ihm auf diese Weise für seine Worte Paroli zu bieten. Wie konnte ein Senator so über die Vergangenheit Roms sprechen? Öffentlich? In seinem stillen Kämmerlein war die Meinung jeden Mannes frei, sofern kein Sklave lauschte, aber an der Öffentlichkeit kam so etwas einem politischen Selbstmord gleich - oder zumindest dem Willen, dafür irgendwann ein sehr unangenehmes Echo zu erleben.


    "Volk von Rom!" erhob sie schließlich die Stimme, hoffend, in der Masse nicht vollkommen unterzugehen, denn wer hörte schon auf eine Frau? "Wir können mit Recht stolz auf das sein, was uns unsere Ahnen hinterlassen haben, und wir leben nicht umsonst in der größten und strahlendsten Stadt dieses Weltenrundes, die nun einmal ROM heisst und diesen Namen immer tragen wird, solange sich auch nur einer an die Dinge erinnert, die unsere Väter und Vorväter geleistet haben! Wurde nicht Romulus auf ein göttliches Zeichen hin aus dieser Welt entrückt? Sollten die Götter seinen Handlungen zürnen, hätte er dieses gewiss nicht erfahren. Sollten die Götter uns zürnen, die wir unsere Ahnen und das altüberlieferte Recht hoch halten, so wären wir nicht, wo wir heute stehen! Das römische Reich umspannt den Sonnenaufgang wie den Sonnenuntergang, und dafür sollen wir uns schämen? Dieses Urteil kann nur ein schlimmer Irrtum sein, wenn dieser Mann wahrlich solche Reden geführt hat! Was würde der vergöttlichte Augustus zu solchen Worten sagen? Was wären die Worte des Caesar, unseres großen Ahnen, zu dieser Rede? Ich bin mir sicher, ihr könnt euch denken, was die Antworten auf diese Fragen wären! Lasst uns nicht vergessen, dass wir Römer sind, und dass wir stolz darauf sein können, Römer zu sein! Ist denn der Volkstribun nicht anwesend?"

    Mit einer Dienerin im Schlepptau war sie bei den Märkten gewesen, und nun, nach einem kurzen Blick auf das Forum, schien es, als gäbe es einen neuen Redner, zumindest ein neues Thema, das sich interessant anhörte. Sie vernahm nur die letzten Worte des Alten, 'Rem' betreffend, und blieb stirnrunzelnd stehen, um weiter zuzuhören, in der Hoffnung, der Sachverhalt, worüber nun gesprochen wurde, würde sich aufklären.

    "Sehr gut," sagte Iulia Helena leiser und als ihr die offensichtliche Erleichterung der Sklavin auffiel, war sie fast etwas beruhigt. Dieses junge Ding hatte doch nicht wirklich vermutet, sie würde in ihr Bett geholt werden? Kurz schmunzelte sie bei dem Gedanken an eine heisse Liebesnacht mit einer Frau, um dann für sich festzustellen, dass so etwas nicht in Frage kam und nie in Frage kommen würde. Dafür hatte sie die Arme eines Mannes zu sehr schätzen gelernt.
    "Wenn mein Bruder am morgigen Tag glücklich aufsteht und von Dir schwärmt, werde ich Dir fünfzig Sesterzen geben, Samira, von denen Dein Herr nichts erfahren wird - damit Du sie für Dich ausgeben kannst, zu Deinem Vergnügen. Damit Dir mein Dank für eine Nacht, die meinem Bruder hoffentlich viele Freuden schenken wird, auch mit mehr als nur Worten geschenkt sein wird." Damit erhob sie sich und trat auf Samira zu, eine Hand nach deren Umhang ausstreckend - ohne diesen würde sie weitaus mehr zum betrachten haben.

    "Samira ... ein schöner Name mit einem guten Klang," sagte sie sinnierend und lächelte dann. "Nun ... eine Nacht wirst Du hier auch verbringen, eine sehr besondere Nacht. Ich habe deinen Herrn gebeten, eine besondere Frau auszuwählen, die fähig ist, meinem Bruder die wege der körperlichen Liebe zu zeigen und ihn zu lehren, was man wissen muss, um eine Frau auf dem Lager glücklich zu machen." Diese Worte ließ sie erst einmal sacken, wartete einige Momente, bis sich die junge Frau an den Gedanken gewöhnt haben mochte, bevor sie fortfuhr.


    "Es dürfte seine erste wirklich intime Begegnung mit einer Frau sein, er ist ein recht schüchterner Mann, und ich denke, dass es für ihn an der Zeit ist, diese Dinge zu lernen und die Zufriedenheit gestillter Bedürfnisse zu erkennen." Kurz atmete sie ein und kämpfte gegen den Gedanken an, wie dumm sich das alles anhören musste.
    "Es soll für ihn eine besondere Nacht sein und ich bin mir sicher, dein Herr hat nicht ohne Grund gerade Dich ausgewählt. Am Glück meines Bruders liegt mir sehr viel, und ich würde mir sehr wünschen, dass er am Morgen mit einem sehr breiten Lächeln den neuen Tag beginnt."

    Still betrachtete Iulia Helena die junge Lupa, in deren Händen das Wohl ihres Bruders zumindest für eine Nacht ruhen würde. Sie war zweifelsohne eine Schönheit, und Vinicius Lucianus hatte nicht zuviel versprochen, als er gesagt hatte, er würde etwas angemessenes auszuwählen wissen. Doch das Wichtigste war, dass zu dieser atemberaubenden Schönheit auch ein kluger Kopf und eine sinnliche Freude an der körperlichen Liebe hinzukamen, damit das Vorhaben gelingen konnte.
    "Nenne mir bitte Deinen Namen, denn für diese Nacht sollst Du in diesem Haus ein Gast sein, der willkommen ist. Hat Dir Dein Herr berichtet, welchen Wunsch ich an Dich haben werde?"

    Wonga nickte dem anderen Sklaven leicht zu, bevor er für die junge Frau die Türe öffnete und meinte: "Du komme mit. Herrin wolle mit Dir reden!" Ohne eine Antwort abzuwarten, stapfte er ihr voraus ins Haus hinein und blickte sich immer wieder um, ob sie ihm auch folgen würde, immerhin hatte die Herrin ihm strenge Anweisungen für diesen speziellen Besuch gegeben. Stumm folgte ihm die junge Frau hinein, und sah sich bald mit einem Schleichweg durch das Atrium, dann durch einen Dienstbotengang konfrontiert, bei dem recht unwahrscheinlich war, dass man den Hausbewohnern begegnen würde. Erst vor einer Kammer blieb er stehen, öffnete die Tür und ließ sie eintreten - eine junge Frau sass darin und blickte auf, als die Lupa eintrat. Sollte das die Person sein, die sie für diese Nacht bezahlte? "Komm herein und setz Dich zu mir," sagte Iulia Helena freundlich und lächelte der Lupa entgegen.

    "Sehr speziell," wiederholte der Nubier stumpf und blickte die junge Frau kurz prüfend an. Es gab noch einen weiteren Grund für die Tätigkeit Wongas an der porta der Casa Iulia, der nicht an seiner Gestalt und puren Muskelmasse begründet lag. Er war meist viel zu stumpf, um sich durch Bestechungen oder weibliche Reize von seiner Pflicht ablenken zu lassen. "Du komme mit mir in Haus," damit deutete er auf die junge Frau, bevor sich der Blick wieder auf den Sklaven richtete. "Oder du habe noch Botschaft für meine Herrin?"

    "Ja, ich weiss es," sagte sie, den Blick zu ihm gehoben. Diesmal versteckte sie sich nicht, und sie wollte es auch nicht. "Und ich weiss auch nicht, ob es jemals passieren wird. Ob wir das können, ob wir uns mit der bloßen Möglichkeit zufrieden geben oder eben mehr daraus wird. Ich kenne die Zukunft nicht, Vibius Valerius Victor, und ich will sie auch nicht kennen, bevor ich nicht meinen ersten Schritt dorthin getan habe. Ich weiss nicht, was sein wird." Langsam schob sie die Palla etwas beiseite, mehr von ihrem nun eher blass gewordenen Gesicht offenbarend - und auch einen runden, rötlichen Abdruck auf der Stirn, der fast wirkte, als sei sie dort verletzt worden - daran dachte sie gar nicht mehr im Moment, die Gedanken waren und blieben zu sehr auf ihn gerichtet. Es war fast wie der alte Spruch: Wenn Du wirklich Hunger leidest, iss langsam. Es waren schon manche Menschen daran gestorben, weil sie sich ihren Bauch zu schnell vollschlugen und der Körper all die Nahrung nicht mehr verkraften konnte. Er wäre eine ausgesprochen köstliche Speise, das wusste sie nur zu gut.


    "Wer würde mich denn unterrichten, wenn ich mich dem Cultus Deorum zuwenden würde?" wechselte sie plötzlich das Thema und atmete leise ein. Die drängenden Fragen des Moments konnte sie nicht beantworten - sie wusste nun, dass er wusste, wie wenig seine Gegenwart sie unberührt ließ und das war das Wichtigste. Aber es gab auch noch anderes Wichtiges ... ob es wichtiger war, wusste sie auch nicht. Eine seltsame Leere machte sich hinter ihrer Stirn breit und blieb dort zurück.

    Die Nasenflügel des Nubiers blähten sich ein wenig, und sein nackter Schädel lugte weiter aus der Tür hervor, als man hätte denken können - er besaß doch tatsächlich einen Kopf, in dem es wohl anscheinend auch ein Gehirn gab. "Du 'spezielle' Lieferung für Herrin Iulia Helena, eh?" Der Blick richtete sich auf die zierlichere Person, dann zurück auf den Mann, und er schien begierig darauf zu warten, ob sein Gegenüber die besondere Betonung des Worts 'spezielle' auch bemerkt hatte.

    Der hühnenhafte ianitor der Casa Iulia blickte die beiden verhüllten Gestalten zuerst einmal ausgesprochen misstrauisch an - bei so viel Muskeln und Körper brauchte das Blut anscheinend auch eine Weile, bis es zum Gehirn des massigen Nubiers vorgedrungen war. Wonga räusperte sich und versuchte die kräftigere, verhüllte Gestalt, die er mit Sicherheit noch um einiges überragen dürfte, eindringlich anzustarren, allerdings war es nicht ganz leicht, das zu tun, immerhin konnte er die Augen des Besuchers nicht sehen.
    "Was du wolle?!" bellte er dem Fremden entgegen.

    Ein wunderschöner sonniger Tag, eine Stadt, in der es keine Unruhen gab und vor allem schien die vor ihr liegende Pflicht, sich die Handelsstation des Königs von Tylus einmal anzusehen, keineswegs unangenehm, sondern spannend zu werden - was konnte man sich schon mehr wünschen als das? Iulia Helena, der frischgebackenen Magistrata der Stadt Ostia, gefiel ihr neue Aufgabe wirklich, und sie kam mit einigen Erwartungen zu jenem Gebäude, in dem der König von Tylus seine Handelsvertretung eingerichtet hatte. Geschichten gab es derer viele, die sich mit dem Reichtum des Königs beschäftigten, mit den erlesenen Waren, die er verkaufte, sie selbst hatte schon in Rom einmal Weihrauch aus Tylus gekauft, für eigene Zwecke - und nun durfte sie Neugierde und offiziellen Auftrag miteinander verbinden, um sich vorzustellen.


    Lächelnd drückte sie die Tür der Niederlassung auf und blickte in das Halbdunkel des Raums - nach einem sehr hellen Tageslicht draußen erschien einem ja stets alles als deutlich dunkler, wenn man ein Haus betrat. "Salve! Ist jemand hier?" rief sie in den Raum hinein und wartete gespannt auf eine Antwort.


    Stellenangebot


    Die Stadtverwaltung von Ostia sucht einen zuverlässigen, klugen und tüchtigen Stadtschreiber.


    Grundvoraussetzungen sind die Fähigkeit, das Lateinische flüssig lesen und schreiben zu können sowie eine saubere Schrift. Der Lohn beträgt 40 Sesterzen, eine Unterkunft kann wenn nötig gestellt werden.


    Interessenten für diese Tätigkeit mögen sich bitte im Officium Magistratus melden.



    gez. Iulia Helena
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    "Hier in Rom betreibt doch ein jeder Politik," meinte sie leichthin, während sie sich noch größte Mühe gab, auf das lauter werdende Gröhlen nicht zu achten, ihre Dienerin hingegen warf immer wieder einige besorgte Blicke in die Richtung der näher kommenden Schar, dann zu den Leibwächtern. Hoffentlich würden sie diesmal ihrer Bezeichnung gerecht werden! "An jeder Ecke von Rom geschieht eine politische Handlung, sei es der Patron, der morgens seine Klienten zur salutatio empfängt und ihnen seine Meinung zu aktuellen Themen ausspricht, sei es der Gang über das Forum, seien es die Reden, die man immer wieder hören kann, Du als Offizier wirst natürlich besonders begutachtet werden - selbst unser Gespräch könnte man politisch betrachten, eine Annäherung der beiden alten gentes Iulia und Caecilia. Möglicherweise folgt uns bald ein ganzer Schwarm an Spekulationen - und so wird es mit allem sein, was Du tust. Deine Stellung ist inzwischen zu prominent, als dass es anders sein könnte, die Menschen kennen Deinen Namen, und Deine Handlungen erwecken Interesse. Doch wie leicht ist es zu steuern ... ein Artikel in der Acta Diurna hier, eine Wandmalerei mit Beschimpfungen dort, vielleicht noch der ein oder andere Spottvers ... ich würde fast vermuten, Du bist längst nicht mehr Offizier allein. Du musst Dir nur darüber klar werden, dass sich etwas geändert hat."


    Dass er seine Vorliebe für Senatorentöchter gestand, liess sie allerdings leise auflachen. "Ah, dieser Geschmack nach Macht und einer reichen Mitgift, nicht wahr? Also, sollte ich einsame Senatorentöchter kennenlernen, die sich zu benehmen wissen, schicke ich sie zu dir, allerdings gibt es da ein kleines Problem - die meisten sind recht häufig bereits vergeben. So leicht wird sich dieser Wunsch also nicht erfüllen können," scherzte sie lachend und schüttelte dann den Kopf. Männer hatten bisweilen schon sehr seltsame Vorstellungen vom Leben, aber dazu waren sie eben auch Männer. Die Schar der offensichtlich ziemlich angeheiterten Bacchusfreunde nahm tatsächlich den Weg auf die beiden Spaziergänger zu, ausgelassen johlend und lachend, einer hatte den anderen gerade in den Schwitzkasten genommen, während die anderen um sie herum liefen, lachten und gröhlten, als seien sie alleine im Park unterwegs - nun konnte auch Helena nicht mehr umhin, die Gruppe wahrnehmen zu müssen und hob kritisch beide Augenbrauen an.