"Ich kann Dir auch einen Sklaven zur Casa Valeria schicken, der Dir den Weg zeigt - Roms Gassen und Straßen sind verschlungen und verworren, wer sich da nicht auskennt, geht leicht verloren. Als Kind habe ich mich mehr als einmal verlaufen ... Du müsstest mir nur sagen, an welchem der folgenden Abende Du Zeit für einen Besuch hast, damit ich das meinem Bruder sagen kann, er darf die Kaserne nicht an jedem Abend verlassen," meinte sie freundlich und lächelte leicht dabei. Den doch etwas schöngeistig wirkenden Valerier konnte sie sich lebhaft dabei vorstellen, wie er stundenlang in Seitenstraßen Roms umher irrte und dabei vollkommen vergaß, woher er gekommen war und wohin er gehen musste - das Klischee des Gelehrten schien sehr gut auf ihn zu passen, ausnehmend gut. Es würde gewiss ein sehr interessantes Gespräch für ihn und Constantius werden.
"Du solltest aber bedenken, dass ein Mann, der so schnell das Haus der Familie flieht, Aufsehen und Misstrauen hier in Rom erregt, denn sind wir nicht alle stolz auf unser Erbe? Wie könnte man sich denn wünschen, in derselben Stadt ein eigenes Haus zu haben, wenn die Laren der Ahnen im angestammten Haus der Familie verweilen und man selbst nur ein kleines Zimmer in einer Insula bezahlen kann? Wenn Du wirklich hier in Rom Deinen Weg machen möchtest, wird kaum ein Weg an einem Leben bei Deiner Familie vorbeigehen, allein schon um zu zeigen, dass Du Deine Ahnen achtest." Unvorstellbar, woanders zu wohnen als in der Casa Iulia - allein der Gedanke ließ ihr schon ein Frösteln über die Arme laufen. Nein, es gab keinen Grund, das Haus zu verlassen, in dem sie auf die Welt gekommen und aufgewachsen war, das vom Lachen und Kreischen ihrer Brüder erfüllt gewesen war. In diesem Haus lebte die Geschichte ihrer Familie deutlicher als an jedem anderen Ort - und zumindest die Iulier gehörten ihrer Meinung nach noch immer nach Rom, nirgendwo anders hin.
"Deine Verwandten lieben, wenn ich es recht sehe, die einfachen Freuden - aber unterschätze sie darin nicht. Immerhin ist einer deiner Cousins bei den Prätorianerin, der andere ein angesehener Priester - um einen solchen Weg zu machen, bedarf es mehr als nur eines schlichten Gemüts. Ich bin mir sicher, wenn Du Dich mehr mit ihnen beschäftigst, werdet ihr sicher auch gemeinsame Themen finden - und letztlich ... Verwandtschaft kann man sich nie aussuchen." Verschmitzt zwinkerte sie ihm bei diesem Gedanken zu. Er hätte es wirklich viel schlechter treffen können als mit den beiden sympathischen Valerier-Brüdern.