Beiträge von Iulia Helena

    So wie er Tiberia Livilla anblickte, war ihr fast klar, welche Dame, die ihn noch nicht erhört hatte, gemeint sein würde - und sie unterdrückte ein leises Seufzen. Dass die jungen Männer von heute aber auch gar nicht auf andere Ideen kamen, irgendwo musste es eine Schriftrolle geben, die man Jungmännern mitgab, und aus welcher sie sich dann die durchschaubarsten Manöver zur Erlangung der Liebesgunst ihrer Angebeteten aussuchten - aber er war nun einmal noch recht jung, höchstens zwanzig Sommer alt, so musste man ihm ein gewisses Maß an fehlender Erfahrung einfach zugestehen. Fast hatte sie ein klein wenig Mitleid mit dem jungen Aurelier, denn Livilla war mindestens fünf Sommer älter - nicht gerade eine ideale Konstellation für eine Liebesaffaire, aber wer wusste das schon ...


    So hielt sie sich vorerst einmal zurück und betrachtete in aller Ruhe die anderen Schmuckstücke - teuer genug waren sie, aber sie boten auch einen herrlichen Anblick für den teilweise doch grausamen Preis. Ihr Blick glitt zu Livilla herüber - ob sie das Manöver des Aureliers durchschaut hatte? Irgendwie war sie sich ziemlich sicher, dass dies der Fall gewesen war, denn sie hielt die Tiberierin für eine ziemlich kluge Frau ...

    "Die Freude lag ganz auf meiner Seite, Vinicius Lucianus ... mögen die Götter Dir Ihren Segen schenken!" Damit nickte sie ihm freundlich zu, erhob sich und ließ sich von dem Sklaven durch die Casa bis hin zur Tür gelangen, wo der Wahlspruch der Familie ein zweites Mal ihr Schmunzeln erregte ... sicher kein schlechter Tod ...

    Für einige Momente lang wirkte er sehr nachdenklich, aber auch ihre Gedanken verirrten sich in eine Zeit, in der sehr vieles anders gewesen war. Vor wenigen Jahren noch hätte sie sich nicht erträumt, irgendwann für ihren Bruder einmal eine Lupa zu besorgen oder ein Tempelprojekt am Laufen zu halten - aber so änderte sich eben vieles.


    "Nun möchte ich aber Deine Zeit nicht weiter über Gebühr beanspruchen," sagte sie freundlich und lächelte zu ihm. "Du hast sicher viele Pflichten als Volkstribun, und viele, die Dich sprechen möchten, weil sie Sorgen drücken ... dagegen sind die meinen sehr gering."

    "Die gab es wohl, aber das Projekt verlief irgendwie im Sande, ich weiss nicht, wieso ... gerade Merkurs Segen ist für Ostia doch so entscheidend wichtig. Der Comes will eine Legio zum Aufbau heranziehen, aber ich fürchte, bis wir da Unterstützung bekommen, vergeht eine halbe Ewigkeit ..." Ein leises Seufzen war von ihr zu hören, dann aber fand sie wieder zum Lächeln zurück. "Es geht eben nicht immer alles so leicht, wie man das gern hätte."

    "Wenn es zeitlich passt, werde ich das gerne tun ... denn wir brauchen dringend jemanden, der die vorhandenen Trümmer begutachtet und aufschreibt, welche noch für einen neuen Bau verwendet werden können und welche nicht. Ostia hat zwar eine gewisse Menge Sesterzen auf dem Stadtkonto, aber man muss sie ja nicht mit beiden Händen zur porta hinauswerfen, wenn es sich nicht vermeiden lässt ..." meinte sie lächelnd und überlegte sich für einen kurzen Moment, wie es wohl aussähe, würde sie an der Curia zu Ostia stehen und die Stadtkasse unter den Bürgern verteilen. Sicher ein interessantes Bild ...

    Sie lachte leise auf und nickte dann. "Dann bin ich ja beruhigt und kann heute mit dem Wissen einschlafen, dass Du mich nicht für völlig verrückt hältst ..." Belustigt zwinkerte die Iulierin ihrem Gegenüber zu und sann kurz über seine Frage nach.


    "Eigentlich sehr wenig. Ich habe derzeit keinen Vorgesetzten, in sofern ist es recht ruhig - der Comes Italia und ich haben uns schon Gedanken gemacht, wie man Ostia ein bisschen in das Gedächtnis der Menschen zurückbringen könnte, aber solange der Merkur-Tempel Schrottwert hat, fällt eine wichtige Möglichkeit schon einmal ganz weg ... irgendwie scheint kein Magistrat in den letzten Monaten so recht Lust gehabt zu haben, sich um den Tempel zu kümmern. Du kennst nicht zufällig einen empfehlenswerten Architekten?"

    "Natürlich ... und ich will doch sicher auch keine Namen wissen ... nur verstehst Du vielleicht, dass für mich dieser Schritt ungewöhnlich war und bleiben wird, zum einen trifft man nicht allzu oft jemanden, der ein Lupanar besitzt, zum anderen ... nunja, meine anderen Brüder haben sich ihre Erfahrungen selbst gesucht. Ich habe mit solcherlei Verabredungen nicht wirklich große Erfahrung ..." sie lächelte etwas, aber der Becher war in diesem Augenblick ein sehr guter Halt. Warum hatte sie auch solche Sachen fragen müssen?

    "Wieviele Kinder planst du?" sagte sie leise lachend, doch mit einem merklichen Ausdruck der Erleichterung in ihrem Blick. So vieles gab es zu bedenken, so vieles zu tun, um ihm alle Möglichkeiten für seine Zukunft zu eröffnen - dass er nicht Zeit seines Lebens ein einfacher Miles der Cohortes Urbanae bleiben konnte, lag zumindest für Iulia Helena auf der Hand. Auch ihr Vater hätte sich einen anderen Posten für seinen Sohn gewünscht, dessen war sie sich sicher - ein Miles war immer sehr nahe an allen Problemen der Stadt dran, und damit auch an allen Unruheherden mit Verletzungsgefahr. Noch einmal die nüchternen Worte zu hören, die den Hinterbliebenen zukamen, wenn ein Familienmitglied fiel, hätte sie nicht ertragen, zumindest nicht so bald.


    "Aber ich bin froh, dass Du es wenigstens in Betracht ziehst. Die Casa Iulia hat so viele Zimmer, es wäre schrecklich, wenn die alle leer blieben ... wären es Deine Kinder, die sie bevölkerten, hätte ich sicher eine sehr zufriedene Zeit. Du weisst, mir sind eigene Kinder verwehrt geblieben .." für einen kurzen Moment wirkte sie sehr wehmütig. "..auch wenn Titus und ich uns das gewünscht hätten. Jetzt liegt es an Dir, die Familie ein wenig zu vergrößern." Damit zwinkerte sie ihm leicht zu und wandte sich zu dem Fenster, das auf den Innenhof des Domus führte. Es wäre wirklich schön, ein paar Kinder scheuchen zu können - aber so war es eben, sie standen noch am Anfang eines sehr langen Weges, der nicht sehr leicht sein würde. Dennoch, sie zweifelte nicht daran, dass er seinen Teil des Wegs mit Bravour meistern würde. Immerhin war er ihr Bruder.

    Ich kann ja verstehen, dass Du den Weihrauch benutzen möchtest - aber imho dient er nur einem Zweck, nämlich der Nutzung bei der Sybille. Dass es vielleicht noch andere Leute gibt, die diese Möglichkeit gern nutzen möchten, sollte hier nicht vergessen werden. Einen solchen Gegenstand mehr als einen Monat zu horten und nichts zu posten finde ich persönlich einfach kein fair play anderen gegenüber - wenn Du den Weihrauch erst vor ein paar Tagen gekauft haben solltest, entschuldige ich mich, denn dann betrifft Dich das nicht.


    Doch frage ich mich, ob so der Gedanke des 'wir überfordern die Sybille nicht und geben nur 2 Orakelweihraucheinheiten in den Verkauf' bei Hortung noch zutrifft. Denn dann kommt niemand dorthin, bis der Besitzer sich bequemt, das dann doch zu spielen ... ist das der Sinn der Sache?

    Manchmal schien er ihr sehr nahe zu sein, und dann wieder unendlich fern, als würde er sich in einer eigenen Welt bewegen, in der sie keinen Zutritt hatte. War es so, wenn Männer erwachsen wurden, dass sie sich in ihre kleinen Sphären zurückzogen und nur ab und an wieder in eine Welt zurückkehrten, die sie auch verstehen konnte? Sie hatte das Gefühl, dass es sehr vieles gab, was er nicht gesagt hatte und was sie folglich nicht mit Worten würde entkräften können - aber es gab kaum eine Möglichkeit, dagegen anzugehen.


    "Du wirst nie eine Fessel für mich sein, Constantius ... dafür bin ich viel zu gern an Deiner Seite. Man hat uns viele Jahre genommen und ich möchte Dich gern eine Weile erleben dürfen ... wie aus meinem Bruder der wird, den Du Dir zu sein erträumst. Ein Miles oder was auch immer das nun ist ..." Sie drückte sacht seine Hand. "Du musst mir nur eines versprechen, Constantius ... denn das ist sehr wichtig. Irgendwann wirst Du eine Frau haben, die Du bei Dir haben möchtest, damit sie Dein Leben teilt, so ist es nunmal ... wir Menschen sind nicht dazu geschaffen, auf ewig allein zu sein. Bitte verschließe Dich nicht davor, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Ich wünsche mir wirklich sehr, Dich glücklich zu sehen ... und irgendwann einmal Tante zu werden und Deine Kinder hemmungslos verziehen zu können." Sie hob den Blick zu ihm. "Versprichst Du mir das?"

    "Sehr gerne," antwortete sie und atmete leise aus. Jetzt, da der ungewöhnliche geschäftliche Teil abgeschlossen war, fiel es ihr ein wenig leichter, hier zu sitzen und sich zu unterhalten. Auch wenn sie irgendwie das dumpfe Gefühl hatte, dass die Lupa es mit ihrem Bruder nicht leicht haben würde - aber das war dann wenigstens nicht ihr eigenes Problem, sondern das der Lupa. Man konnte sich schließlich nicht um alles kümmern.


    "Bekommst Du eigentlich oft solche ... Bitten ... an Dich herangetragen?" Nun war die Neugierde doch größer geworden als die Vorsicht - ihr Vater hätte ihr dazu sicher nie und nimmer etwas gesagt, aber der Besitzer eines Lupanars ...

    Sie nickte leicht und atmete dann leise ein. "Ich werde in meiner Nachricht über Ostia schreiben und dazu einen Termin nennen ... nur damit Du Dich nicht wunderst ... Briefe können so leicht in die falschen Hände geraten und in jedem Haushalt gibt es irgend jemanden, der zu neugierig ist ..." Ein vages Lächeln lag auf ihren Lippen bei diesen Worten, als sie ihr Gegenüber recht genau betrachtete. Ob er wohl darauf eingehen würde?

    Sie seufzte leise vor sich hin. "Ach Constantius, Du stehst mir doch in nichts im Weg. Denke doch so etwas nicht ... was glaubst Du denn? Dass ich mich nun dem nächstbesten auftauchenden Mann an den Hals werfe, um mich dann ein zweites Mal durch das Reich zerren zu lassen, weil er seine Karriere verfolgt?" Iulia Helena hob sachte ihre geschwungenen Augenbrauen an, ein deutliches Zeichen für Amüsement, aber auch eine gewisse fragende Grundhaltung - mit dieser Geste vermochte sie sehr viel auszudrücken, aber dieses Mal war sie frei von Ärger oder ähnlichem.


    "Ich habe mich einmal Vaters Wunsch gebeugt, und es war kein schlechtes Leben an Titus' Seite, als wir uns aneinander gewöhnt hatten. Aber meine Aufgabe hier in Rom ist klar vorgezeichnet: Ich werde Dir solange zur Seite stehen, bis Du eine Frau und einen eigenen Haushalt hast ... und daran wird sich nichts ändern, verstehst Du?" Sachte hob sie eine Hand und strich ihm über die Wange. "Es gibt einen sehr großen Unterschied zwischen einer Heirat und der Tatsache, einen Mann sympathisch und anziehend zu finden. Ausserdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er bereits verheiratet ist." Es klang ein wenig wehmütig, aber letztendlich musste sie sich wohl auch mit dieser Tatsache abfinden. Selbst wenn sie so bitter schmeckte wie Galle.

    Sie kannte ihren Bruder, zumindest vieles an ihm - und so war ihr auch klar, wie schwer ihm allein dieser Satz gefallen sein musste. Aber das, was er vermuten mochte, ließ sich schließlich auch nicht so leicht in Worte fassen. Der Blick jedoch, der sagte mehr, als seine Worte je hätten ausdrücken können, denn sie kannte diesen Blick nur zu gut. An jenem Tag, an dem sie das Haus ihrer Eltern gänzlich verlassen hatte, um zu ihrem viele Jahre älteren Mann zu gehen, hatte er sie nicht viel anders angeschaut, wohl wissend, dass es lange dauern würde, bis sie sich wieder sahen. Und wie damals rührte sie gerade dieser Blick zu Tränen. Schnell erhob sie sich wieder, schritt auf ihn zu und ergriff seine Hände mit den ihren, sie einige Momente lang einfach nur haltend, während sie in das Gesicht ihres Bruders blickte.


    "Ja, das ist er," erwiederte sie schließlich. "Er ist mir sehr sympathisch, das ist Dir sicher aufgefallen. Es tut gut, Menschen kennenzulernen, mit denen ich mich auf Anhieb verstehe - du weisst, dass das nicht immer leicht war, wenn Titus eine neue Stelle erhalten hatte. Und nun, wir kommen her, treffen einige nette Leute und schon scheint sehr vieles zu stimmen ..." Dass sie sich geschickt um das eigentliche Thema lavierte, war ihr genauso klar wie es ihm sein musste, aber dieser Teil ihrer Sicht musste er auch hören. "Manchmal tut es einfach gut, an einem Ort anzukommen und zu sagen: Hier ist es schön, hier gefällt es mir, und hier möchte ich eine Weile bleiben. Es macht mich froh zu wissen, dass Du Dich hier auch wohlzufühlen scheinst, Constantius, denn das ist das Wichtigste dabei ... meinst Du, Du könntest es hier aushalten? Mit den Leuten?"

    Auch das noch. Für einige Momente lang fühlte sie sich an ihre Unterhaltung mit Spurius Sulla erinnert, der auch ein solcher Freund der Ränge, Titel und Ehrungen war, um sie einem im geeigneten Zeitpunkt unter die Nase zu halten und damit zu wedeln. Es mochte nett gemeint sein, aber die Vorstellung des Praefectus Vigilium traf bei Helena auf einen bereits gereizten und pochenden Nerv. Während ihre Dienerin das Tuch in das kalte Wasser tunkte und ihr vorsichtig mit dem befeuchteten Tuch die rötliche Stelle auf der Stirn betupfte (als ob das irgend etwas ändern würde), sammelte sie zum einen Atem, zum anderen Beherrschung an und betrachtete ihr Gegenüber. Dafür, dass er sich nicht einmal dafür entschuldigte, an dem Unfall zumindest die halbe Schuld zu tragen, stand er recht selbstsicher vor ihr und schien sich wie der König am Bosporus zu fühlen. Männer! dachte Iulia Helena und lächelte ihn sanft an. Die beste Art, einem temporären Feind die Zähne zu zeigen, war noch immer zu lächeln ...


    "Ich freue mich, Deine Bekanntschaft zu machen, Caecilius Crassus - ich hoffe, Du verzeihst mir, wenn ich keinen Deiner Titel benutze, es sind so viele, dass man sich gar nicht entscheiden kann, welcher denn nun zu benutzen ist ... ausser Du sagst mir, wie Du gern angesprochen werden möchtest," sagte sie freundlich und hoffte, er würde die zarte Ironie der Worte entweder verstehen und damit auch, was sie damit meinte, oder stumpf genug sein, es zu überhören. "Ich bin Iulia Helena, Scriba zu Ostia, und Witwe des praefectus castrorum Titus Albius Severinus." Das sollte zumindest die Fronten ein wenig gerade rücken und ihm klar machen, dass er hier weder vor einem unerfahrenen Mädchen stand noch vor irgendeinem Gewächs aus der Subura - immerhin war sie eine der Nachfahrinnen des Caesar und des göttlichen Augustus. "Lass mich raten, Du gehst gerne zur Erbauung spazieren?" Es hörte sich wie harmloses Geplänkel an ... ausgesprochen harmloses Geplänkel, garniert mit einem hinreißenden Lächeln.

    Von den Ställen im Circus Maximus her kommend, folgten die Geschwister ihrem Führer, dem Trainer Callidus, hinauf zurück in das Gebäude der Factio Veneta. Iulia Helena hatte ein recht mulmigs Gefühl in der Magengegend, während Callidus sie in den Raum mit dem großen Wandfresko führte, aus dem sie zuvor gekommen waren. Denn irgend etwas sagte ihr, dass ihr Bruder Fragen haben würde, die er auch stellen würde.
    "Diese Sklaven mal wieder," brummte Callidus, als er bemerkte, dass keinerlei Getränke mehr im Raum zu sehen waren, irgendjemand hatte erstaunlich tüchtig gleich aufgeräumt, nachdem Victor die Geschwister zur Arena geführt hatte.


    "Was wollt ihr trinken? Ich sehe eben danach, dass wir hier auch ordentlich versorgt werden," fragte der Trainer mit einem etwas leidenden Gesichtsausdruck - immer wenn man den Service mal ein wenig schludriger hätte brauchen können, funktionierte er und umgekehrt nie dann, wenn man ihn dringend nötig hatte. "Für mich einen Becher Wasser, bitte," sagte Iulia Helena lächelnd und setzte sich auf eine der gepolsterten Bänke, sich abermals im Raum umblickend. Nachdem auch Constantius seinen Wunsch geäussert hatte, verließ der Trainer den Raum und zurück blieb nur eine ziemlich drückende Stille, in der Iulia Helena am liebsten fortgerannt wäre. Nun frag schon, dann habe ich es wenigstens hinter mir, dachte sie und atmete tief ein.