Beiträge von Iulia Helena

    Sie kam den beiden Männern bereits entgegen und lächelte leicht, wohl erfreut über den Besuch, zumindest mochte man das bei diesem Lächeln vermuten. "Valerius Decius! Wie schön, dass Du meiner Einladung in unser Haus gefolgt bist ... meinen Bruder hast Du ja schon kennengelernt, ansonsten kann ich Dir leider nicht mit mehr neugierigen Verwandten dienen, aber ich würde wetten, davon hast Du selbst gerade genug."
    Allein die Vorstellung, ihn mit dem kernigen Valerius Severus bei einer Prügelei zu sehen, ließ ihr Lächeln schon ein wenig breiter werden - er passte zur gens Valeria in etwa so gut wie eine Kuh in eine Webstube. Als er dann anfing, sein Gastgeschenk auszupacken, hatte sie jedoch ihre liebe Mühe, ihre Gesichtszüge daran zu hindern, allzu schnell zu entgleisen. All ihre Vorstellungkraft aufbietend, versuchte sie zu erkennen, was die unförmigen Dinger sein sollten, die er auf dem Tisch abstellte - auf die Wölfin, Romulus und Remus wäre sie allerdings nicht gekommen, ihr Tip hatte bei einer Igelfamilie geendet, bei der die Igelmutter recht viel dicker war als die beiden Igelkinder.


    Dass die Igel dann doch Beine zu haben schienen, verwirrte sie nicht gerade wenig, sodass ein dankbares Lächeln auf ihren Lippen erschien, als er erklärte, was es darstellen sollte - jetzt bloß nicht lachen, ermahnte sie sich innerlich. Immerhin hatte ihr Gast sicher viel Mühe aufgewandt, um aus einem großen Tonklumpen kleinere Gebilde zu machen. Der Teller hingegen toppte das Geschenk an Constantius noch um einiges - irgendwie war sie sich ziemlich sicher, dass sie damit irgend jemanden würde erschlagen können, indem sie es ihm hinterherwarf.
    "Ich hätte nicht gedacht, dass ein so mit der Rede geübter Mann wie Du sich im Handwerk übt," meinte sie freundlich und neigte sich etwas vor, um die Klumpen und Klümpchen etwas genauer zu betrachten. Ja, mit viel Phantasie konnten das vielleicht Lebewesen sein. Mit sehr, sehr viel Phantasie. Und vielleicht ein paar Bechern Wein als Phantasieunterstützern.


    Den Teller nahm sie schon deutlich gefasster entgegen und betrachtete auch die eingedrückten Münzabdrücke mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. "Dass Du so alte Münzen noch hast, da kannst Du Dich wirklich glücklich schätzen - ich danke Dir für diesen wahrhaft iulischen Teller. Er wird in meinem Cubiculum sicher einen würdigen Platz finden." Für Obst oder so - das im Atrium auszustellen würde sicher jedem Gast tausend seltsame Fragen abnötigen, die sie eigentlich vermeiden wollte. "Darf ich Dir etwas zu trinken und zu essen anbieten? Nach einem langen Weg durch Roms Straßen fühle ich mich immer wieder wie ausgetrocknet ..." Er musste doch ein Valerier sein - denn zumindest in einem entsprach er vollkommen der Familientradition: Den Begriff 'gewöhnlich' konnte man ganz und gar nicht auf Valerius Decius anwenden. Ein etwas hilfesuchender Blick ging zu Constantius, hoffentlich würde ihr Bruder einige nette Worte für die Klumpen finden.

    "Vielleicht gibt uns dieses Rennen wenig Aufschluss über die Gegenwart, aber doch sehr viel mehr über die Zukunft. Die jetztigen guten Fahrer werden ihren Zenit früher oder später überschritten haben und abbauen, und dann ist die Zeit der jüngeren Fahrer gekommen. Ich will nicht die Wíchtigkeit gewonnener Rennen zur jetztigen Zeit in Abrede stellen, aber niemand bleibt ewig an der Spitze, unsere Geschichte beweist das. Gerade deswegen sollte man doch ein gutes Auge auf vielleicht bald folgende Konkurrenz behalten, findet Ihr nicht?" Noch immer lächelte sie, als sie an seiner Seite einher schritt, ihre Haltung recht entspannt, wenngleich sie die Palla nun so trug, dass der dunkelrot anlaufende Fleck auf ihrer Stirn davon verdeckt wurde - es musste ihr ja schließlich nicht jeder deswegen neugierig ins Gesicht starren.


    "Du scheinst die Seite der Sieger jedenfalls sehr zu mögen, Caecilius Crassus," fügte sie nach einer Weile an. "Deine Karriere ist inzwischen fast sprichwörtlich geworden, und 'Reich wie Crassus' ist ein geflügeltes Wort geworden. Ich frage mich, wie lange wir hier noch unbehelligt spazieren können, ohne dass eine Meute heiratswilliger Mädchen und verheiratungswilliger Mütter hinter Dir her stürmt und hofft, mit Liebreiz und Schönheit ebenso auf die Seite der Sieger zu kommen." Das klang nun eindeutig belustigt, und sie musste bei der Vorstellung eines vor einer Masse flüchtenden Crassus auch irgendwie schmunzeln. Ob er jemals Niederlagen erlebt hatte? Denn nicht im Sieg, eher in der Niederlage beweist sich doch der wahre Mensch ...

    Dank eines recht hilfreichen Tempeldieners fand die Iulierin endlich das passende Officium - die Gänge waren dann doch etwas verwirrend und irgendwie sahen die meisten auch ziemlich gleich aus. Fast wie in der Curia zu Ostia, in der sie sich auch erst einmal gründlich verlaufen hatte - aber wozu hatte man schließlich einen Mund und konnte unter Zuhilfenahme des gesprochenen Worts nach dem Weg fragen.


    "DCCCXIIV ... DCCCXIV ... ah, das ist es," murmelte sie leise, als sie vor der Tür mit der Aufschrift DCCCXV zum stehen kam und tief einatmete. Es war ihr fast peinlich, hierher gekommen zu sein, aber sie wusste niemanden sonst mit der entsprechenden Erfahrung mit Göttern, den sie hätte fragen können. Vielleicht noch Artoria Hypathia, aber die war selbst noch Lernende und irgendwie hatte sie auch das Gefühl, dass eine Frage über Mars und Venus für eine Iuno-Schülerin vielleicht nicht ganz das geeignete Thema war. Sie blieb einige Momente lang vor der Tür des Officiums stehen, bevor sie die Hand hob und zuerst zaghaft, dann lauter, klopfte. Irgendeine Erklärung musste es für diesen Traum geben, der in den letzten Nächten immer wiedergekehrt war.

    Ein leichter Wind kam auf und ließ ihre Palla darin flattern, während einer der Leibwächter des Crassus sichtlich angestrengt überlegte, wie er den lästigen Eimer loswerden könnte, den er immer noch mit sich herum trug - ein erwachsener, aufrechter Römer, der seinem Herrn mit einem Eimer in der Hand hinterher lief. Allein die Dienerin der Iulia Helena schien mit ihrem Schicksal als stumme Begleiterin der beiden sich Unterhaltenden recht einverstanden zu sein, doch auch sie warf hin und wieder einen sinnierenden Blick auf Crassus. Ein so berühmter Mann ging mit ihrer Herrin spazieren! Das würden ihr die Küchensklaven nie glauben, da war sie sich sicher. Ihre Herrin indes lächelte leicht vor sich hin, während sie den Worten ihres Begleiters lauschte. Er schien wirklich von seiner Factio begeistert - und es war auch das erste Mal, dass er aus dieser furchtbaren Selbstgefälligkeit herauskam und ein wenig Feuer bewies. Wie dieser Mann wohl ohne Uniform und ohne sämtliche Pflichten sein mochte? Ein angenehmer Unterhalter vielleicht nicht unbedingt, dafür schien er zu sehr auf sein Ego fixiert, aber sicherlich ein sehr interessanter Gesprächspartner.


    "Nun, die Praesina ist sicherlich eine interessante Factio, aber wenn ich mich nicht irre, können auch andere Factiones mit guten Fahrern aufwarten und stellen eine ernsthafte Konkurrenz dar, beispielsweise die Aurata oder die Veneta. Hast Du Dir die Nachwuchsrennen bei den letzten Ludi Martialis angesehen? Plinius von der Praesina zog schließlich dann doch deutlich den Kürzeren gegenüber Thrax und Patroklos. Ich bin mir sicher, im Laufe der Karriere dieser drei wird es noch das ein oder andere sehr spannende Rennen geben - und zum Gewinnen gehört schließlich nicht nur Professionalität, sondern auch der entsprechende Wagemut - wie überall im Leben, im Krieg wie in der Liebe. Wer nichts wagt, kann nie gewinnen."

    Mit einem stillen Lächeln auf den Lippen nahm sie den Brief von Wonga entgegen und las ihn durch, um ihn dann eilig in ihrem Beutel zu verstauen. Alles verlief wie geplant, so sollte es sein ... der Vinicier schien wirklich an einem gut ablaufenden Geschäft interessiert.

    Naja, man muss sich ja auch überlegen, dass zu der Zeit, zu der wir spielen, zwar Konflikte existieren, aber noch kein Tausendfrontenkrieg wie gegen Ende der Kaiserzeit - das heisst, man schickt die Soldaten schon deswegen bauen, damit sie was zu tun haben, Lagerkoller wegen täglich wiederholter Routine vermieden wird und es den Offizieren damit deutlich leichter fällt, die ganze Meute unter Kontrolle zu halten ;)

    "Letztendlich klingt das Los eines Soldaten weniger heroisch, eher ... traurig," sagte sie nachdenklich, ein wenig leiser als zuvor. Wahrscheinlich würde er das nun einer weiblichen Emotionalität zuschreiben, aber im Grunde konnte sie das Soldatenleben schon sehr lange nicht mehr als heroische Angelegenheit ansehen. Es war zu oft geschehen, dass ein geschätzter Kamerad ihres verstorbenen Gemahls nicht zurückgekehrt war, zu viele alte Freunde bei der Einheit, die im Feld blieben. Auch sie hatte mit so manchem gelacht und gescherzt, ihnen das Gefühl gegeben, für einen oder zwei Abende fern dem immerwährenden Krieg zu sein und sich fühlen zu können, als hätten sie eine Familie, ein Heim, das ihnen eine gewisse Geborgenheit zu vermitteln imstande war. Und sie hatte mit den Jahren das Gesicht ihres Gemahls immer mehr versteinern gesehen, als neben seinen Freunden auch beider Kinder gestorben waren ... leise und nun doch etwas schwerer holte sie Atem und versuchte mit aller Gewalt die Erinnerungen zu verdrängen, die zurückkehrten.


    Dass er dann da Zauberwort 'Praesina' sagte, war nur eine willkommene Abwechslung - und ein neues Thema, über das sie würden streiten können, wenn sie es nicht geschickt genug anstellte. So zog sie es vor, ihre eigene Fatioanhängigkeit erst einmal im Dunklen zu lassen. "Was reizt dich denn an der Praesina so? Ich meine, jeder hat seine Gründe, warum er sich einer bestimmten Factio anschließt, was waren denn deine für die Praesina, wenn ich fragen darf? Immerhin ist die Arbeit eines Princeps ja nicht gerade gering, da muss man seine Factio schon sehr schätzen."

    Ein schmächtiger Sklave in doch sehr sauberer Kleidung gibt einen Brief in der Casa Vinicia ab.


    An
    Marcus Vinicius Lucianus
    Tribunus Plebis


    Salve, Vinicius Lucianus,


    entsprechend unserer Vereinbarung konnte ich als möglichen Termin für ein Geschäftsessen Ostias Zukunft betreffend den Abend in zwei Tagen ausmachen, hast Du die Vorauswahl der in Frage kommenden Betriebe schon getroffen? Eine baldige Rückmeldung an die Casa Iulia wäre erfreulich.


    Vale,
    Iulia Helena

    Langsam öffnete sich die porta der Casa Iulia und, auch wenn der Valerier sicher kein kleiner Mann war, er musste nach oben blicken, denn urplötzlich schien der Türrahmen von einer schwarzen Masse an fast ölig glänzender Haut und Muskeln ausgefüllt. Der breitschultrige Nubier und gleichzeitiger ianitor der Casa wirkte, als hätte man ohne Probleme einen gefüllten Schrank auf seinen Schultern plazieren können, ohne ihn wesentlich aus dem Schritt zu bringen. Zugegeben, wahrscheinlich sah selbst ein römischer Straßenköter intelligenter aus als Wonga, der ianitor, aber um kräftig zuzuschlagen und Ärger vom Haus der Iulier fern zu halten, brauchte es auch nicht unbedingt ein hohes Maß an Intelligenz.


    Man konnte die Gedanken förmlich hinter seiner Stirn pulsieren sehen, während er den Besucher mit seiner nun doch etwas vom Laufen staubig gewordenen Toga betrachtete. Ein Freund des Hauses, den er hätte kennen müssen, war dieser Fremde nicht, aber trotz dem Dreck wirkte er nicht abgerissen wie ein Bettler. Die Korbtasche allerdings ... Momente verrannen, während sich hinter der Stirn aus dem Gedankenwirrwar ein Wille formulierte, langsam aber stetig. So rollte Wonga schließlich mit den Augen und bellte dem Fremden entgegen:
    "Was Du wolle?"

    Sie lauschte den Worten Messalinas sinnierend und nickte dann langsam. "Eine gute Ehefrau zu sein und zu werden, bedeutet nicht nur, den Haushalt zu führen, sondern auch, Feste zu organisieren, die dem Ruf der Familie dienen, an der Seite des Gemahls oder des Familienoberhauptes öffentlich aufzutreten und zu zeigen, dass Harmonie und Übereinstimmung in der Familie herrschen - und vor allem bedeutet dies bei der ersten Ehe, unberührt in diese zu gehen und zumindest nach aussen hin als treu und dem Mann ergeben zu wirken."


    Der Blick der Iulierin glitt zu Seia und dann zu Messalina zurück. "Ich weiss sehr wohl, dass nicht jede Ehe glücklich ist und sich doch so manche Frau ihr Vergnügen ausserhalb des ehelichen Gemachs suchen. Doch darf dabei auch nie vergessen werden, dass es dem eigenen Ruf und dem Ruf der Familie nur schadet, wenn das bekannt wird - entweder man lässt es gleich bleiben oder aber man lässt sich nicht dabei sehen und erwischen. Dass Männer in den seltensten Fällen mit einer Frau glücklich werden können, dürfte bekannt sein, aber von einer Frau wird Tugend und Zurückhaltung erwartet."

    "Nein, nichts allzu ernstes," meinte sie schnell und atmete tief ein. Immerhin hatte der nette Tabellarius nicht verdient, ein Ziel ihrer Wut zu werden, so aufgebracht sie noch immer war, es würde jetzt den absolut falschen treffen. Sicher, würde Sulla hier stehen, wäre das was anderes, aber er war nicht hier, zu seinem und ihrem Glück. Ein tätlicher Angriff auf einen römischen Bürger war noch immer strafbar. "Einige Dinge, die sich mit meiner Zukunft befassen und die ich zu vermeiden versuche, so weit es geht," fügte sie noch an und lächelte dann etwas gezwungen. Was sie mit dieser Andeutung meinen mochte, lag eigentlich recht deutlich auf der Hand, zumindest gab es nicht allzu viele Dinge in der Zukunft einer Frau, um die sie sich Gedanken machen musste.


    "Manchmal seid ihr Männer wirklich zu beneiden," sagte sie nach einer Weile und betrachtete den Tabellarius eingehend. "Ihr habt doch deutlich mehr Möglichkeiten, euer Schicksal zu beeinflussen, und es bedarf nicht dauernder Mühen und Anstrengungen, um dies als Frau zu erreichen." Sie spielte mit den Fingern an ihrem Beutel mit den Briefen und öffnete ihn schließlich langsam. "Diesmal sind es nur normale Briefe, keine Eilbriefe - das ist auf Dauer ein bisschen teuer." Nun wieder sanft lächelnd blickte sie ihn an. "Zehn Sesterzen waren das, oder?"

    Zitat

    Original von Valentin Duccius Germanicus
    Bitte sehr, ist zwar so groß wie ein Haus, gilt als Werbedekor und steht auf dem Feld, aber ein großer, roter Apfel ;)


    Und damit es weitergehen kann, verrate uns mal noch Deinen Wunsch ;)

    Ein simples, nettes kleines Forenspiel für zwischendurch - und mit kreativen Leuten immer ein Gewinn. Es funktioniert folgendermaßen:


    Man formuliert einen Wunsch, und der folgende Poster erfüllt diesen Wunsch - nur nicht ganz so, wie man es sich vielleicht vorgestellt hat. Wer den Film 'Teuflisch' kennt, dürfte wissen, was ich meine - für alle anderen gibt es Beispiele:


    "Ich wünsche mir ein Brötchen."
    - "Du hast ein Brötchen. 2 Jahre alt - aber ein Brötchen."


    "Ich wünsche mir ein Auto."
    - "Bittesehr, 5 cm lang und von Matchbox."


    "Ich wünsche mir einen Nuklearsprengkopf!"
    - "Du bekommst einen Nuklearsprengkopf - dummerweise steckt er in einer Bombe, die gerade aus dem Himmel auf dein Haus herunterstürzt!"


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    Hier mal der erste Wunsch zum Einstieg:


    Ich wünsche mir einen großen, roten Apfel.

    "Oh, ich danke Dir," sagte sie lächelnd und trat weiter herein. "Salve erst einmal, verzeih, dass ich so hereinplatze ... ich war ein bisschen in Gedanken." In Gedanken war eigentlich noch harmlos gesagt - am liebsten hätte sie Sulla erwürgt. Dass er bei ihrem Vater angefragt hatte, ob er um sie werben durfte, bevor er überhaupt wusste, ob ihr das Recht war, ließ ihr das Gefühl entstehen, sich wie eine Ware fühlen zu müssen, um die man ohne Zögern schachern konnte - und das verletzte den Stolz der Iulierin nicht gerade wenig. Wenn sie schon ein zweites Mal heiraten sollte, würde sie zumindest einen Mann haben wollen, mit dem sie sich von Anfang an verstehen konnte. Tief einatmend stellte sie die Füße nebeneinander und blickte zu Postumius auf, die Augen jedoch mochten durchaus verraten, dass etwas in ihr vorging.


    "Danke, ich möchte nichts trinken. Aber ich habe Dir etwas mitgebracht, wenn Du möchtest - eine Amphore Honigwein, der sehr mild ist und den Du sicher in Deiner Pause genießen darfst, ohne dass man Dich dafür ausschimpft." Sie stellte eine kleine Amphore auf den Tisch und lehnte sich dann in ihrem Stuhl zurück. "Der Brief kam sehr gut an, und ich bekam auch schon Antwort ... sodass ich heute gleich zwei Briefe habe, die auf den Weg nach Germania müssen. Es gibt einfach einige Dinge, die geklärt werden müssen, Du kennst das sicher." Wieder schlich sich in den Klang ihrer Stimme ein winziger, wütender Unterton.

    Constantius hatte sich entschieden - und das aus eigenem Willen, wie sie hoffte. Genau wie bei der Wahl eines Patrons hatte sie sich geschworen, ihm in solchen Dingen nicht hinein zu reden, egal, wie ihre Interessen lagen. Denn früher oder später würde er alle Entscheidungen ohne ihren Beistand treffen müssen, wenn er erst einmal einen eigenen Haushalt besaß und seine Frau ihm verantwortlich war. Still lächelte sie und nickte zu den Worten ihres Bruders, aber sie wollte nichts dazu sagen, sein Wort galt schließlich für sie beide. Nur die Augen leuchteten und drückten eine gewisse Freude über seine Entscheidung aus - sie hatte es sich gewünscht, aber sie hätte auch eine andere Entscheidung akzeptiert, akzeptieren müssen. Nur ein sehr kurzer Blick ging zu Victor, erforschte seine Miene, als dieser Constantius' Worte vernahm, aber allzulange wagte sie nicht, ihn anzusehen, damit es nicht auffiel.


    So lenkte sie den Blick zu allen anderen, lächelte und schwieg, wie man es von einer römischen Frau im allgemeinen sehr oft erwartete - dass dann ein Sklave herein kam und begann, das Weinmalheur schnell wegzuwischen, war eine dankbare Abwechslung und so beobachtete sie den Sklaven eine Weile, tief einatmend. Das alles begann, ein wenig kompliziert zu werden - so viele Männer auf einmal und Constantius zwischendrin. Für einige Momente lang überlegte sie, sich zu verabschieden und Haushaltspflichten vorzuschieben, damit er sich alleine und in Ruhe mit ihnen unterhalten konnte, aber es würde wohl ziemlich unhöflich wirken. Sie blieb neben ihrem Bruder stehen und lauschte den Worten der Männer, nach einem Ausweg suchend, wie sie in diese ausgesprochen virile Gesellschaft passen konnte.

    "Aber ja ... den habe ich ..." Sie reichte der Priesterin eilig ein kleines Beutelchen, aus dem der würzige Geruch des Weihrauchs deutlich aufstieg, eindeutig die richtige Sorte des Welten verbindenden Gemischs. Sie schluckte leise und atmete ein. Ihre Frage ... seit diesem seltsamen Traum hatte sie immer wieder darüber nachgedacht, was sie tun sollte. Ob das ein Zeichen war oder nicht, und welcher Weg danach einzuschlagen sein würde.
    "Ich ... ich würde gern wissen, ob mir ein Weg im Cultus Deorum bestimmt ist - als Dienerin der Venus - oder ob ich den Weg in der Verwaltung besser verfolgen sollte." Nun war es heraus und ihr unsicherer Blick suchte im Ausdruck der Priesterin nach einem Anzeichen darauf, ob sie ihre Frage für lächerlich hielt oder nicht.

    "So viel sich auch wandelt, Rom bleibt bestehen und die ältesten Familien ebenfalls. Die Geschichte unseres Reiches lehrt uns, dass Wandel bisweilen notwendig ist, aber ohne die Rückbesinnung auf die Werte unserer Ahnen wären wir nicht, was wir sind. Es wird wohl immer ein Weg zwischen Wandel und Tradition sein müssen .." Für einen Moment dachte sie an das Motto ihrer gens, das genau auf diese Art Lebensweise ausgerichtet war. Traditio et progresso, Tradition und Fortschritt. Auch heute schien ihr das Motto richtig gewählt und es würde wohl immer so bleiben. "Die Frage ist doch nur, ob Du einer jener sein möchtest, die heldenhaft für Staat und Vaterland fallen oder ob Du Dir ein Leben wünscht, das mehr bietet als ein gladius und die kalte Umarmung des Todes. Etwas dazwischen wird immer nur eine Notlösung sein." Sie blickte sinnierend auf eine griechische Statue am Rand des Weges, die einen ziemlich gut ausgestatteten Jüngling zeigte, der mit einem Diskus posierte.


    Diese griechischen Statuen hatten schon etwas für sich, überlegte sie und seufzte innerlich. Zum einen keine Kleidung, zum anderen waren die Künstler bei bestimmten männlichen Attributen durchaus großzügig - aber bevor sie diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, wendete sie schnell den Blick ab, immerhin wollte sie nicht, dass sie dieser Mann beim genüsslichen Betrachten einer wohlgestalteten Statue erwischte. "Gibt es denn gar nichts, das Dir Deine Freizeit versüßt? Gladiatorenkämpfe? Wetten? Wagenrennen?"

    Sie zuckte leicht zusammen, als die Priesterin sie ansprach, aus den bangen Gedanken in die Realität zurückgezwungen. Schnell wandte sie den Blick der Silvia zu und lächelte zu ihr, hoffend, dass sie nicht so nervös aussehen würde wie sie sich im Augenblick fühlte. Das waren ganz sicher keine Schmetterlinge im Bauch, das war bereits ein ausgewachsener Bienenschwarm, der dort herumsummte und anscheinend versuchte, sie aus ihrer sonstigen Ruhe zu bringen.


    "Salve - ich hoffe es. Denn ich möchte dem Orakel eine Frage stellen, wenn das denn um diese Zeit schon geht ... ich möchte niemanden wecken und kann gern später wiederkommen...?" Sie klang dennoch unsicher, die Finger spielten unruhig miteinander, anscheinend lag ihr die Sache doch sehr am Herzen - fast hilfesuchend blickte sie die Priesterin an.

    Der Brief ihres Vaters machte eine Antwort notwendig, und noch immer zitterte sie vor Wut über eine bestimmte, darin enthaltene Passage, die eigentlich nur eines bedeuten konnte. Wie konnte es dieser .... Mann! ... nur wagen! Sie drückte die Tür zum Büro des Praefectus Vehiculorum auf und atmete erst einmal tief ein, immerhin war hier niemand schuld an ihrer Wut und sie wollte auch nicht wie eine Furie in den Raum stürmen. Sie blickte sich kurz um und hielt nach dem netten Tabellarius von neulich Ausschau, der ihr so freundlich weiter geholfen hatte.

    Es war früh am Morgen, als die Iulierin das Orakelheiligtum betrat, mit einem ausgesprochen flauen Magen - dies war zwar nicht die erste Befragung eines Orakels während ihres Lebens, aber es war die erste, die sie nur für sich stellen würde, weder für ihren Bruder, noch für ihren Gemahl. Dieser Weg musste allein beschritten werden, wie auch schon zuvor, aber eine gewisse Aufregung blieb. Tief verschleiert, das Gesicht hinter dünnem, aber noch durchsichtigen Stoff verborgen, näherte sie sich jenem Ort, an dem sie hoffentlich einen der Orakelpriester antreffen würde, auch wenn sie fast die Vermutung hegte, dass diese Stunde noch nicht dazu angetan war, jemanden wach sein zu lassen.


    Ein kühler Wind strich hinter ihr her, in das Gebäude hinein, dann war sie angekommen, die Stola etwas im Wind flatternd, die Palla eng um die Schultern gezogen. Ja, im gewissen Sinne hatte sie wirklich Angst, auch wenn ihr der Verstand einzureden versuchte, dass ein Orakelspruch immer mehrdeutig sein würde und sie viel Phantasie brauchen würde, um ihn auszulegen. Falls sie es denn überhaupt schaffen würde, einen Spruch zu bekommen, der Sinn machte ... den Kopf hebend, blickte sie sich im Halbdunkel des Raumes um und wartete ...