Beiträge von Belenor

    Ja, Rom war seltsam, eine sehr seltsame Stadt, die scheinbar dazu beschaffen schien alles in ihr...und um sie herum zu verändern. Das Land um die Stadt war alles, nur keine unberührte Natur, auch die Menschen. Sie waren anders, sie waren...Römer. Ebenso wie Minervina eine solche war. Wie lange waren die Tage her, seid sie Tarraco verlassen hatten. Tarraco, jene ferne Stadt, welche ihm damals schon durch ihre blose Größe unwirklich vorkam. Zu...unübersichtlich. Zu...es war nicht zu beschreiben. Er, der allenfalls Dörfer und Kleinstädte kannte, war gewiss der letzte welcher sich jemals an große Städte und deren Gesellschaft würde gewöhnen können.


    Wie eh und je betrachtete er mit unbewegtem Gesicht alles um sich herum und sah den Tiber hinab, hinüber ans andere Ufer und liess Minervina mit ihrer Gesellschaft weiter ziehen. Nicht das dies ein Ort war, den er als sonderlich gefährlich einstufen würde, zumindest nicht für Römer. Langsam folgte er dem Fluss ein wenig und sah über dessen Wasser hinweg, beobachtete die Wellen und dachte einige Momente an die Flüsse seiner Heimat, welche zwar nicht so groß waren, doch nicht minder faszinierend auf ihn wirkten. Überschaubares Wasser. Wasser, welches lange nicht so beängstigend wirkte wie das endlose Meer. Langsam glitt sein Bick über die Strömung, hin zu einer der kleinen Brücken, welche sich über den Tiber spannten. Eine gut gebaute Brücke, wie er fand. Langsam erhob er sich und folgte jener, blieb mittig auf ihr stehe und sah hinab in die Strömung. Wie lange dieser Fluss wohl schon sein Wasser führte? Wie es hier vor langer Zeit ausgesehen haben mochte? Lange bevor diese gewaltige Ansammlung von Häusern und Menschen sich in das Land gefressen hatten? Es musste einmal sehr schön hier gewesen sein.....vor langer Zeit.


    Langsam folgte er der Brücke und beschloss für sich einmal diesen Teil der Stadt zu erkunden, wie er es schon mit anderen Teilen getan hatte. Wenngleich er auch wusste das dieses Viertel wohl recht weit vom Haus entfernt lag, in welchem er untergebracht war. Doch wie es schien, würden ihm die Asen die Rückkehr zur Heimat verwehren. Eine sehr bittere Erkenntnis welche sich langsam und unaufhörlich in zu fressen begonnen hatte. So weit entfernt, alleine die schreckliche Fahrt auf dem Schiff hatte ihn erkennen lassen wie riesig die Welt war. Und wie klein jene Welt gewesen war, die ihm damals schon groß erschien. Germanien, seine Weiten, die doch so winzig zu sein schienen. Wo es liegen mochte? Nichteinmal entfernt konnte er es sagen. Kaum das er das Ende der Brücke erreicht hatte, fiel sein Augenmerkt auf einen blonden Schopf, der sich deutlich von der Menge abhob. Ein junges Mädchen, kaum älter als Minervina hockte dort am Straßenrand und hatte die Hand ausgestreckt. Ob es am Ende eine Landsfrau war? Als er auf sie zugin und ihr ein "Heilsa!" entgegen warf, bedurfte es keinen Wortes, denn der fragende Blick verriet ihm recht bald das sie ebensowenig Germanin war, wie er wohl Römer. Als er zu Boden sah, erkannte er auch wohin sie die Hand gestreckt hatte und ging langsam in die Hocke, als er die kleine Katze erblickt hatte. Ein kleiner getigerter Kater, kaum größer als eine Hand, tappste etwas unbeholfen auf den groben Steinplatten umher.


    Belenor folgte dem Tier mit blicken und einen Moment wurden seine Züge weich, als er dem kleinen Racker zusah wie er mit unsicheren Schritten seine Umgebung erkundete. Recht bald befand er das er und der kleine Kater wohl einiges gemein hatten, denn ebenso wie der Kater, schien er noch einige Zeit damit beschäftigt überhaupt zu begreifen was um ihn herum geschah. "Na Du?", richtete er das Wort nun an den Kater und strich ihm mit dem Finger über den Kopf, legte den Kopf erneut schief als der Kleine daraufhin umfiel und den Schwanz aufstellte. Kurz fauchte der Kater und versuchte wohl gefährlich auszusehen, mit seinem dicken, runden Bauch. Der Kleine gefiel ihm, kaum in der Lage seine Schritte geradeaus zu lenken, aber mutig genug dem dummen Finger der ihn umgeworfen hatte die Stirn zu bieten.


    Das Mädchen neben ihm musste lachen, was ihn auch zum schmunzeln brachte, ehe er den kleinen Racker vorsichtig aufhob und ihn auf der Handfläche vor sein Gesicht hielt. "Du machst es richtig, mein Freund. Lass Dir nichts gefallen!", richtete er erneut das Wort an ihn und nahm de Blick des Mädchens neben ihm aus dem Augenwinkel zur Kenntnis, wie sie ihn musterte und lächelnd studierte. Ihn, der wohl für sie so fremd und seltsam aussehen mochte, wie sie für ihn. Denn obwohl sie blonde Haare hatte, war ihr Haut doch von einem solchen bronzeton, das sie unmöglich aus der Heimat stammen konnte. Langsam drehte er den Kopf und sah sie an, nachdem er dem kleinen Racker auf der Hand nochmals über den Kopf gestrichen hatte und hielt ihn ihr entgegen. Sie nahm ihn an, nickte kurz dankend und erhob sich elegant, streichelte das Tierchen und lächelte zum Abschied. Wer immer sie sein mochte, sie hatte ein Lächeln das nahe ging, das herzlich war und von beinahe unvergleichlicher Schönheit. Ihr Jugend liess jenes noch wärmer wirken und kaum das sie sich auf den Weg gemacht hatte, sah er ihr nach. Er erhob sich ebenfalls und folgte der Straße ein Stück, jener Straße die auch die junge Frau genommen hatte.


    Nicht das er ihr folgte, sein Weg führte lediglich in die gleiche Richtung, auch wenn er nicht wusste wohin. Denn dieses Viertel kannte er noch nicht. Langsam, als die Sonne sich dem Horizont wieder näherte und er ebenso wie das Mädchen tiefer in das Fremde Viertel eindrang, die ersten Öllampen die kargen Räume in den ärmlichen Hütten erleuchteten, schien jenes Viertel hier erst zum Leben erweckt zu werden. Langsam schlenderte er vor sich hin, geriet in Gassen die zusehends unbelebter wurden und registrierte das hier kaum mehr etwas dem Teil Roms glich, in dem Minervina unterwegs war. Hier war nichts prunkvoll und beeindruckend, sondern eher alles schmutzig und herunter gekommen.


    Die Leute hier waren kaum so prächtig anzusehen wie jene in den Gassen um das Haus, in dem er untergebracht war. Kinder schrien, Stimmen wurden bisweilen laut und drangen aus den Fenstern. Hier stritten sich wohl welche, während in einem anderen Haus ein Hund seine Stimme erhob und laut bellte. Es war laut, es stank und kaum als er den Entschluss gefasst hatte wieder umzudrehen, vernahm er eine weitere Stimme. Einen Schrei. "Nein, lasst mich!", drang es aus der Richtung in der kurz zuvor noch das Mädchen zu erkennen gewesen war. Sogleich hielt er inne und sah die Straße hinab, erkannte nichts und wurde gewahr das dort wieder jemand schrie. Was dort geschrien wurde musste er nicht verstehen, alleine der Klang und die Panik liess kaum zu deuteln das dort jemand Hilfe brauchte, doch niemand, niemand aus den Häusern ringsum schien Notiz davon zu nehmen. Sogleich machte er kehrt und beschleunigte den Schritt, folgte den Schreien und hielt inne, als er aus einer sehr schmalen Gasse die Stimme erneut vernahm.


    Dort stand sie, besser gesagt versuchte sie sich ihrer Haut zu erwehren, als ihr zwei Gestalten zu leibe rücken wollten. "He, ihr da! Lasst sie in Ruhe!", donnerte Belenor den Gesellen entgegen, die das Mädchen gefasst hielten.
    Sein Schatten fiel lang vor ihm auf den Boden, als er den Arm ausstreckte und zu der Gruppe deutete. Einer der beiden löste sich von ihr und sah in seine Richtung, entgegnete etwas, von dem er kein Wort verstand. Das er ihm scheinbar drohen wollte erkannte Belenor, dazu musste er nicht erst sein Messer ziehen. Doch wie sollte ein Kerl ihm drohen können, der kaum breit genug gebaut war um überhaupt einen Schatten werfen zu können, zudem noch beinahe zwei Köpfe kleiner war. Der Drohung zu trotz ging er auf die beiden weiter zu und streckte die Arme aus. "Versucht es bei mir,ihr zwei. Kommt, versucht es!", donnerte er ihnen erneut entgegen. "Verschwindet! Haut ab! Oder ihr werdet mich kennenlernen!", noch während er auf die beiden zuging, griff er zur Seite und nahm einen Besen zur Hand, dessen Stiel er kurz über den Reisern abbrach und fest gepackt hielt. Ein recht gutes Werkzeug um den beiden Kerlen das Fell weich zu klopfen. Während jener mit dem Messer langsam zurück zu weichen begann, erkannte auch der zweite das dort ziemlicher Ärger im Anmarsch war, stiess das Mädchen Belenor entgegen.


    Kaum das jene an ihn stiess, nahmen die beiden die Beine in die Hand und gaben Fersengeld, was ausreichte das Belenor den Stiel zur Seite war. "Alles in Ordnung?", scheinbar war sie unversehrt, im Gegensatz zu ihrem Kleid, das sie sich zusammenhielt. Etwas erschrocken und konsterniert nickte sie, deutete zurück zur Straße und warf ihm rasch etwas entgegen, bevor sie an ihm vorbei eilte und wieder zur breiten Gasse aufbrach. Ein letzter Blick bewog ihn ihr alsbald zu folgen. Scheinbar war es sicherer der breiteren Gasse zu folgen, als den kleinen. Kaum das die beiden wieder der breiten Gasse folgten, das Mädchen den Schreck überwunden hatte, blieb Belenor erneut stehen, als einige Zeit später jemand aus einer anderen Seitengasse auf den Weg trat. Er erkannte ihn, zwar war es nicht jener mit dem Messer, aber sein Begleiter.
    Nicht nur er war dort zu erkennen, bald traten zwei weitere neben ihn.
    "Sucht ihr Streit?", Belenor erkannte das seine beiden Gefährten Knüppel in den Händen hatten. Doch vermisste er seinen Freund, der scheinbar das Weite gesucht hatte. Während das Mädchen zur Seite wich und hektisch gegen eine Holztür hämmerte, breitete Belenor einladend die Arme aus.
    "Kommt! Kommt nur! Drei? Gut, versucht es.", zwar waren ihm diesmal die Asen nicht hold ihm einen Besen zu stellen, oder etwas anderes, aber blose Hände waren am richtigen Mann Waffe genug. Und jene drei Gestalten waren kaum mehr als ein Schatten von ihm.


    Langsam ballte er die Fäuste und blieb stehen wo er war, verengte die Augen, als er darauf wartete das die drei angriffen. Der Schreckensschrei des Mädchens übertönte die Geräusche der Sandalen auf dem Pflaster hinter ihm, als er zur Seite sah und nur den Schatten aus dem Augenwinkel erkannte, der von hinten auf ihn zuhuschte. Zu spät....
    Der Schlag war hart und raubte ihm kurz die Luft, ein stechender Schmerz raste durch seinen Körper, als er den anderen erkannte, der sich von hinten angeschlichen hatte. Kurz wandt er sich und schlug zur Seite, traf jenen mit der Faust an der Schläfe und liess ihn straucheln, als auch schon die anderen auf ihn zurannten. Ein zweiter Hieb der Gruppe entgegen traf einen der beiden mit Knüppel Bewaffneten hart im Gesicht, das kurzen Nachgeben der Nase, auf welcher seine Faust auftraf kündete davon das jene wohl gebrochen war. Dann traf ihn der Knüppel hart am Kopf und liess ihm tausend Sterne im Kopf explodieren. Benommen wankte er nach hinten und schüttelte den Kopf, wankte, fiel aber nicht, sondern packte stattdessen ein paar Momente später nach dem Arm des Kerls, bekam ihn zu fassen und schleuderte ihn gegen die Hauswand. Alles ging mit einem mal so rasend schnell, Schlag auf Schlag, Hieb auf Hieb.


    Einige male wurde er hart getroffen, blieb allerdings standhaft, glich einem Bären der von Wespen angegangen wurden und teilte furchtbar aus. Ein Kampf entbrannte, wie er wohl nur auf der Tiberinsel entbrennen konnte, dort, wo abends kaum Stadtwachen unterwegs waren. Türen blieben geschlossen und jeder Schrei unerhört. Das Mädchen schrie, die Kerle schrien welche sich immer und immer wieder gegen Belenor wandten...und er schrie. Wuchtige Schläge, wuchtige Treffer, dann wurde es ruhig. Einer der Angreifer lag regungslos am Boden, kaum das Belenor wieder zur Besinnung kam, ein weiterer schleppte sich davon, einer rannte, der letzte war nicht mehr zu sehen.
    Er fühlte sich wie nach den Schlachten in der Heimat, ausgelaugt. Wie lange der Kampf gedauert hatte wusste er nicht zu sagen, doch atmete er stossweise und stütze sich erschöpft an der Wand ab, in deren Türchdurchgang sich das Mädchen zusammegekauert hatte.
    "Ich glaube...die... werden nicht...mehr wieder...kommen. Die...haben genug.", keuchte er aus und richtete sich etwas auf.
    Der Kampf musste lange gedauert haben, Schweiss stand ihm auf der Stirn, Schweiss rann ihm am Hals hinab und wurde von der Leinentunika aufgesogen, welche klamm an ihm klebte.


    Langsam strich er sich über den Hals und die Stirn, sah an sich hinab und über den Arm, welcher einige tiefe Schnitte offenbarte. Nichts ernstes, wie er befand, es schmerzte nichtmal richtig. "Ich muss...mich kurz...ausruhen.", keuchte er, machte einige Schritte auf das Mädchen zu und merkte das ihm die Beine schwer wurden. Langsam sank er mit dem Rücken an der Wand hinab und stöhnte, sah hinüber zu einem Fenster, in welchem er den Kopf eines Knaben erkannte.


    ****


    "Mama, schau mal!", Lucius hatte einige Zeit dem Kampf zugesehen und sich gefragt warum sein Vater und seine Brüder nicht hinausgegangen waren. "Der Mann da blutet!", sah über die Schulter zur halb geöffneten Tür.
    "Lucius! Ins Bett!", herrschte ihn seine Mutter kurz darauf an und trat ins Zimmer. Rasch ging sie auf ihn zu und sah ebenfalls aus dem Fenster,sah hinüber zur anderen Straßenseite und folgte dem blutroten Flecken an der Hauswand der Nachbarn zur Straße, wo sie Belenor sitzen sah. Ein Mann lag am Boden, ein Mädchen saß zusammengekauert in der Tür der Nachbarn und hatte das Gesicht in den Händen vergraben. "Ins Bett, Lucius! Sofort!", sprach sie müde ihren Sohn an und sah erneut zu dem Szenario.
    "Flavus!"


    ****


    Müde war er, der Kampf hatte viel Kraft und Blut gefordert. Jener, der ihm gegenüber auf der Straße lag, würde so schnell nicht wieder auf die Beine kommen, dessen war sich Belenor sicher. Wenn er überhaupt wieder aufstehen würde, was auf einem anderen Blatt stand. Das Mädchen zu seiner Linken schien für den Moment genug Probleme mit sich selbst zu haben, so liess er sie und versuchte sich etwas zu erholen und gegen die Erschöpfung anzugehen. Ein kurzer, vager Blick gen Himmel und die Gewissheit reifte, das es wohl an der Zeit war wieder aufzubrechen. Er sollte wohl besser zurückgehen und den Heimweg antreten. Kurz stemmte er sich mit dem Händen auf den Steinen ab und versuchte sich empor zu stemmen, fand jedoch nicht genug Kraft um wieder auf die Beine zu kommen.
    "Ich muss...noch etwas...ausruhen.", wandte er sich an das Mädchen.
    "Und dann gehen. Du solltest besser aufpassen.", strich sich matt über die Stirn und schloss einen Moment die Augen. Der Kampf war anstrengend gewesen, doch egal wieviele Schnitte sie ihm in die Arme getrieben hatten, er spürte sie kaum. Es war nicht der erste Kampf und er wusste sehr gut das die Schmerzen bald kommen würden.
    Einen kurzen Moment die Augen zumachen und erholen, dann würde er sich besser auf den Weg machen. Immerhin war es noch ein gutes Stück.


    So unendlich müde hatte er sich lange nicht mehr nach einem Kampf gefühlt. Kurz verlagerte er sein Gewicht nach links, beugte sich nach links, um sich besser mit dem Arm nach oben drücken zu können. Doch schien der Kampf soviel Kraft gekostet zu haben, das ihm der Arm den Dienst versagte. Kaum das er ihn aufgesetzt hatte, knickte er ein und liess ihn zur Seite fallen, wo er recht unsanft aufkam. "Die werden nicht wiederkommen...", murmelte er nochmals zu dem Mädchen, drehte den Kopf zu ihr und nickte langsam. Vollkommen entgeistert sah jene ihm entgegen sprang auf und rannte weg. Als er sie nicht mehr sah und die Erkenntnis reifte das sie wohl langsam begriffen hatte das sie besser schnell nach Hause aufbrechen sollte, sah er hinauf, folgte dem Blick der Wand entlang und sah den breiten roten Streifen, den er gezogen hatte.


    Totenstill war es, kein Hund bellte mehr, kein Kind schrie. Der Boden war eiskalt und langsam kroch ihm die Kälte in die Glieder. Nun bedauerte er das er seinen dicken Wollumhang nicht mehr sein Eigen nennen konnte. Der Frost kroch ihm in die Knochen, sein Umhang war stehts ein gutes Mittel gegen ihn gewesen und eine passable Decke für ein Lager im Freien. Warum nur hatten sie ihn den genommen.
    Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr und richtete den Blick zur Seite, sah den kleinen Kater wieder über die Straße kullern und streckte mühsam den Finger der Hand aus, deutete auf ihn. "Na Du...."
    Der kleine Racker starrte den Finger an und wieder stellte sich der kurze Schwanz auf und ein mehr schlechtes, als rechtes Fauchen war zu hören. Zweifellos würde es noch einige Versuche brauchen, bis es sich nicht mehr putzig anhörte, sondern bedrohlich.
    Belenor sah ermattet zu dem kleinen Racker und dachte lange Zeit an garnichts, eine seltsame Leere befand sich in seinem Kopf. Zu erschöpft um zu denken, sah er zu dem kleinen Kater und stellte sich unter einiger Anstrengung die Frage ob er wohl schon einen Namen haben mochte. Als er das kleine Tier mit steil aufgerichteten Schwanz sah, wusste er ihn. Dieses kleine Raubtier konnte nur einen Namen tragen. Kämpferisch wie es war, kam nur einer in Frage. "....Donar."


    Dann sank sein Finger wieder.



    "Mama, Mama, schau mal!"

    (wieder da, nur hab ich keine Ahnung wo genau Belenor verschollen ist. Ich klink mich einfach mal da ein wo ich Minervina in Rom irgendwie unterwegs gefunden habe.)


    Belenor stand deutlich abseits im Schatten eines Baumes und betrachtete sich das was sich um ihn herum auftat. Die Straßen, das rege Treiben. All das stürzte noch immer auf ihn ein wie ein unaufhörlicher Wasserfall. Wie bei den Göttern konnte es möglich sein eine solch riesige Stadt zu errichten. Bisher gehörte Tarraco zu den den wohl größten Siedlungen die er kannte. Wenngleich er auch schon ein paar Tage in Rom weilte, schien er noch immer nicht dem Gigantismus über den Weg zu trauen, der sich allenthalben hier auftat. Trotz der unzähligen Eindrücke die ihn bombardierten, misste er es nicht ein Auge auf Minervina gerichtet zu lassen...und deren Umfeld.


    Jene, die bei ihr zu sehen waren, stufte er als harmlos ein, allem voran da er sich recht sicher war das er jene Herrschaften in kurzer Zeit wohl in die Schranken verweisen konnte. Kurz fuhr er sich mit der Hand über den Oberarm und verengte die Augen, blinzelte ab und an in Richtung Minervina, musterte die Gestalt bei ihr ein weiteres mal und setzte sich mit schweren Schritten, aber dennoch langsam in Bewegung, als Minervina weiterzog.


    Kaum das er ein paar Seitenblicke von einigen jugendlichen Römern erntete, musste er es nicht seinem ohnehin eher grimmigen Gesicht einen noch etwas grimmigern Touch zu verpassen, ehe er es vorzog wieder etwas zu seiner Herrin aufzuschliessen. Rom und den Römern traute er noch immer nicht über den Weg, aber wenn eines sicher war, dann wohl die Tatsache das es von jenen hier entschieden zu viele gab.

    Das eigentlich komische war, wie er fand, das man manchmal keine gemeinsame Sprache brauchte, um sich zu unterhalten. Irgendwie ging alles..und sei es das man sich der einfachsten Mittel bediente. Als er ihr seltsames Mienenspiel im Gesicht las, das dagegen ankämpfte wohl zu lachen, zog er die Mundwinkel nach oben. Anfangs war es wohl nur ein zucken der Schultern und der Brust, ein paar wenige belustigte Töne, bevor er eine Reihe perlenweiser Zähne entblöste und aufgrund ihrer Mimik zu lachen begann.


    Zumindest fand er es lustig, woraus er keinen Hehl machte und und versuchte das Glucksen nachzuahmen, was zwar nicht recht gelang, aber einmal mehr dazu reichte um ihn erneut lachen zu lassen. Ein kurze Kopfschütteln folgte, ein breites Grinsen, ehe er den Kopf leicht in Schieflage brachte und zu ihr sah. Wahrscheinlich würden sie sich morgen den Tod geholt haben, aber was sollte es? Was einen nicht umbrachte, machte nur hart. So oder so würde wohl der Hals kratzig sein und der Kopf wehtun, oder aber nichts von alledem eintreten. Das hatten nur die Asen in der Hand, Sif hielt es da nach ihrem eigenen Gutdünken.


    Als sie die Decke senkte, zog er kurz die Augenbraue nach oben und nickte, streckte die Hand aus und zog an der Palla, fuhr ihr kurz durchs Haar und führte die geballten Fäuste zusammen, die er gegeneinander drehte.
    Nun, tausend Worte sagten manchmal weniger als eine Tat, als er kurzerhand ihre Tunika an ihrer Schulter nach oben zog und zupfte.
    Schließlich biss er sich auf die Unterlippe und überlegte einen Moment, ehe er ihr deutete das sie sich wohl die Kleider ausziehen solle. Ein kurzer Deut gen Decke folgte, dann betrachtete er die Holzkiste etwas nachdenklich und überlegte. Kurzerhand erhob er sich, öffnete die Tür einen Spalt und sah nach draussen. Es war nicht ganz das Ende der Welt, was dort herrschte, aber zumindest ein kleinerer Vorbote.


    Das die Kleider kaum über eine Öllampe trocknen würden war ihm natürlich klar, zumal er langsam selbst etwas fröstelte. Kurz rieb er sich die Arme, schloss die Tür, rieb sich erneut die Arme und sah sich in der Hütte um.
    Viel gab sie wirklich nicht her, aber nach kurzem überlegen machte er sich daran die Kiste zu zerlegen und stellte die Bretter ordentlich gegeneinader auf, bevor er etwas Lampenöl darüber goss und sie in Brand setzte. Es war kein sonderlich großes Feuer, aber mehr als garkeins. Es rauchte nichtmal, da der Wind von draussen den Rauch aus einigen Spalten der Bretterwand blies. Dann deutete er gen Decke, zu den Haken an welchen zuvor das Netz hing. Immerhin war es einen Versuch wert und schlimmer werden konnte es kaum. Nicht das seine Tunika eine große Zierde gewesen wäre, im Grunde war sie wohl groß genug für einen mickrigen Römer. An ihm sah sie vier Nummern zu klein aus.


    Schließlich lachte er kurz und deutete Minervine sich umzudrehen, lachte ein weiteres mal und zog sich die Tunika über den Kopf, um sie kurz danach an einen der Zapfen über das kleine Feuer zu hängen. Immerhin bedeckte ihn noch ein Lendenschurz, gerade so. Aber mit etwas Fantasie mochten die aufwendigen Hautbilder auf Brust und Rücken als passabler Ersatz dienen. Das er scherzte, als sie sich umdrehen solle, war offensichtlich. Noch immer grinste er breit und schüttelte unmerklich den Kopf, bevor er sich wieder am Feuer niederliess und sie abwartend ansah. Im schlimmsten Fall würde der Stoff wohl etwas durchgeräuchert werden. Ein Blick gen Decke, ein weiterer zu ihr, bevor er sich die Arme zu reiben begann.

    Belenor runzelte die Stirn, als er das ihm recht vertraute Wort vernahm, überlegte und fragte sich, ob sie ihn damit meinte. Ein kurzes Kopfschütteln folgte etwas später. Wäre er Rich, wäre er gewiss nicht so lange untätig geblieben, sondern schon weit früher etwas unternommen. Das Haus war seines, was er durch ein kurzes Deuten von sich aus machte. "Das Haus meiner Sippe.", nickte, deutete dann aber kurz auf die Figuren mit den Quadraten. "Roman.", eine unfreiwillig lange Pause folgte.
    Cadeyrn Roma.", malte einer der Figuren ein paar Federn auf den Kopf.
    Was gab es mehr dazu zu sagen? Ein Schicksal wie viele andere, auf beiden Seiten wohl.


    Das schlimme daran war allerdings, das trots aller Erkenntnis es nunmal sein Schicksal, seine Tragödie war, die er wohl über alle anderen Schicksale stellte. Nun, eine menschliche Eigenschaft wohl, aber dennoch wusste er es besser. Soetwas passierte dort hundertfach, Römern wie Germanen und dennoch brannte der Hass in ihm. Niemand hatte die Römer eingeladen....
    Ein kurzer Blick zur Seite, zu Minervine hin, ein paar Falten auf der Stirn, dann beliess er es dabei. Die Zeichnung war verwischt und damit hoffentlich auch alle unliebsamen Gedanken darum. Wenn dem nur so wäre, was es aber nicht war. Es gab tausende Frauen, aber keine mochte sein wie diese eine.


    Belenor spannte kurz die Wangenmuskeln an und überlegte. Was wäre geschehen, wenn er sich eine neue Frau genommen hätte? Eine Familie gegründet hätte. Wäre dann alles anders gekommen? Besser? Oder wäre es genauso gekommen, wie es bereits gekommen war? Fragen die er sich schon so oft gestellt hatte. Kurz sah er zur Decke auf, als es kurz hell im Raum wurde. Scheinbar war das Gewitter fast mit dem Zentrum über der Hütte. Diese unglaubliche Gelassenheit auf seinem Gesicht mochte wohl nur zwei Schlüsse zulassen: das er kein Gewitter fürchtete, oder das er schon soweit war das er nichts mehr zu verlieren hatte. Wohl war beides der Fall und selbst wenn Donar seinen Blitz mittig in die Hütte treiben würde, würde er doch nur römischen Besitz zerstören. Kurz trat ein etwas schiefes Grinsen auf seine Züge. Römischer Besitz.


    War er denn römischer Besitz? Kurz sah er ein weiteres mal zu Minervine und liess sich die Antwort offen, gleich wie er es sehen würde, es würde wohl kaum etwas an der Tatsache ändern das andere das so beschlossen hatten. "Du wirst morgen vielleicht einen dicken Kopf haben.", brummte er knapp. Als ihm klar wurde das er wieder einmal seiner Gewohnheit gefolgt war und germanisch mit ihr sprach, fasste er sich an den Kopf, auch an den Hals und legte beide Hände daran.
    "Krank. Du. Du wirst krank wenn Du die nassen Kleider anbehälst. Der Wind....", pustete kurz etwas unbeholfen, zog dann etwas Haut vom Arm ab.
    "Macht Dich vielleicht krank.", das seltsame aufblasen der Backen und die nachgemachte Gänsehaut mochten ein komisches Bild abliefern, aber was versuchte man eben nicht alles, um sich irgendwie mitzuteilen. Malte Kinderbilder auf den Boden und schnitt Grimassen.

    Belenor legte den Kopf schief und betrachtete was sie malte, runzelte kurz die Stirn und nickte alsbald. Doch verwischte er die große Figur und machte sie etwas kleiner. Zwar war er vor zwölf Jahren nicht wesentlich kleiner gewesen, aber dennoch war es für den Augenblick die einzige Möglichkeit, oder doch nicht? Kurz drückte er 28 Punkte über die Figuren, kam ins grübeln und machte mit einer vagen Geste noch einen 29. Punkt hinzu, wischte allerdings zwölf davon wieder weg. Der Rest war recht einfach und brauchte keine weiteren Worte. Ein Haus um die beiden war schnell gemalt, ein paar Strichmänchen mit Quadraten und Speeren in der Hand, ordentlich aufgestellt. Ein paar auf Pferden. Ein paar Schlangenlinien über dem Haus, dann malte er ein Schwert und verwischte die kleine Figur wieder. Kurz presste er die Lippen aufeinander und nickte, erschreckend einfach mit dem Finger im Staub diesen furchtbaren Tag festzuhalten.


    Kurzerhand schnaubte er, presste die Lippen aufeinander und verwischte mit der Hand die Zeichnung. "Lange her.", schloss er ab und wischte erneut darüber. "Lange her." und sah kurz zu dem Netz und grübelte, zog es dann schließlich auseinander und setzte sich auf eine Hälfte davon, zog die Beine an und verschränkte die Arme, während er sich an der Bretterwand anlehnte und sich die Arme rieb. Scheinbar war vorerst sein Mitteilungsbedürfnis damit erledigt zu haben und strich sich stattdessen über die tätowierten Oberarme. "Der Tag soll verflucht sein, an dem die Römer gekommen sind.", etwas Bitterkeit sprach aus seiner Stimme, machte dann allerdings eine zweite Geste. Kurz schüttelte er den Kopf. "Vergangenes ist vergangen. Und ich lebe weiter.", sah dann zu ihr hinüber und strich sich weiter über die Arme.

    Belenor konnte Minervine wohl tagelang anschauen und würde wohl auch noch nach Monaten nicht schlau aus ihr werden. Viele ihrer Reaktionen schienen ihm so seltsam, das er nichtmal entfernt den Grund dafür erfasste, sondern sich einfach nur wunderte. Vor was oder wem sie sich allenthalben erschreckte war ihm nicht klar, sicher, das es manchmal ausreichte Leute dazu zu bewegen einen Raum zu verlassen wenn er wirklich sauer wurde, nur verbal, oder im Kopf, konnte er noch verstehen. Abr wer ihn kannte, wusste wohl wie man ihn zu nehmen hatte. Scheinbar hatte sie, aus welchem Grund auch immer, Angst vor ihm.


    Vielleicht hatte sie Angst weil er beinahe die Wache auf diesem Podium umgebracht hätte? Nun, das wäre ihm einleuchtend, nur warum er dann kurz später in ihrem Zimmer aufgewacht war, wiederum nicht. Kurz rieb er sich den Arm, rollte ein weiteres mal die Schultern und fluchte gedanklich das doch ab und zu ein frischer Zug durch die Spalten der Hütte kam und ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Die klamme Haut und der Wind waren nunmal keine all zu gute Mischung, aber im Moment war das nicht zu ändern. Als sie jedoch seinen Finger versorgte, runzelte er die Stirn und sah ihr verwundert zu. Sicherlich war das Loch nicht gerade klein, das in seinem Finger klaffte, aber es war nur ein Loch in einem Finger. Kurz runzelte er die Stirn und sah ihr zu wie sie die Decke auf den Finger presste und zog etwas seltsam die Augenbrauen zusammen. Das sie sich so sorgte liess kurz seine Wangenmuskeln zucken, lachen wollte er auf keinen Fall, auch wenn er merkte das es schwer sein würde sich nicht darüber zu belustigen.


    Es gab Menschen die sich einfach um alles sorgten, scheinbar gehörte sie zu dieser Sorte. Jenen Schlag hätte er bei den römern am wenigsten erwartet und sah sie einige Zeit an und versuchte seine Wangen und die Mundwinkel unter Kontrolle zu halten. "Danke.", nickte kurz und wiederholte es.
    "Ich werde es überleben. Es wird schwer, aber ich werde deswegen nicht in die Hallen gehen.", gab seiner Stimme den nötigen Ernst.
    "Du bist wie sie. Gwyn. Sie war genauso.", schmunzelte kurz und nickte erneut. Er winkte kurz geistig ab und schüttelte den Kopf. "Du verstehst mich nicht."


    Warum er dann dennoch etwas sagte, wusste er selbst nicht. "Du bist eine Frau, aber im Kopf noch ein Kind. Das ist gut. Kinder sind die besseren Menschen. Versuch so lange wie möglich jung im Kopf zu bleiben!", sah sie an und legte den Kopf schief. Kurz tippte er ihr an die Stirn und überlegte. Dann kam ihm der Gedanke es anders zu probieren und malte mit dem Finger im Sand herum.
    Sicherlich war er kein Künstler, aber zumindest brachte er zwei recht einfache Figuren zustande. Scheinbar eine Frau, wobei er die Rundungen dabei bewusst etwas deutlicher zeigte. Und ein Kind, oder ein kleinerer Mensch.
    "Du....", deutete auf sie und die größere Figur, machte noch die dementsprechende verdeutlichenden Handbewegungen in der Luft, "...bist eine Frau. Aber im Kopf und im Herzen noch ein Kind.", deutete auf die kleinere Figur, auf den Kopf und das Herz.
    "Das ist gut.", sah sie kurz an und versuchte abzulesen ob sie begriff.
    "Du sorgst Dich. Zwar zuviel, aber das ist gut.", nickte.
    "Ich kenne keine Römer die sind wie Du. Du bist wie Gwyn!"

    Irgendwie schien Belenor nicht zu begreifen was sie nun mit dem Netz hatte und runzelte die Stirn, kratzte sich den Nacken und sah etwas unschlüssig auf das Netz, dann zu ihr. Erneut machte er eine vage Geste das sie sich setzen solle, doch scheinbar war ihr das Netz am Ende nicht gut genug? Falten wanderten auf seine Stirn grübelte und blieb hocken wie er war, starrte kurz in die Lampe und beschloss nicht weiter darüber nachzudenken. Einiges hatte der Knabe ja erzählt, das sie eine Herrin sei, wohl seine, auch wenn er sich mit derlei Dingen bisher glücklicherweise noch nicht hatte befassen müssen.
    Wieder sah er zu dem Netz und schüttelte den Kopf, runzelte die Stirn und sah abermals auf. Ihm war anzusehen das es ihn extrem störte sich nicht mit ihr unterhalten zu können, aber was nutzte es, seine Zunge war nunmal nicht dafür geschaffen diese seltsamen Worte zu formen, die die Römer sprachen.


    Wahrscheinlich hatten des die Asen es für besser gehalten, also fand er sich eben damit ab. Belenor machte keinerlei anstalten sich zu erheben und hinzusetzen, deutete erneut aufs Netz und versuchte es somit zum letzten mal ihr aufzuzeigen das ein Fischernetz besser war, als die ganze Zeit zu stehen. Wer wusste schon wie lange das Unwetter anhalten würde.
    Kurzerhand beschloss er nicht weiter darauf einzugehen, irgendwann würde sie sich wohl setzen, oder es lassen. Frauen machten ohnehin was sie wollten und nur selten was sie sollten, soviel hatte er auch ohne Geschichten von Alten herausgefunden und würde jene Erkenntnis eines Tages an seinen Sohn weitergeben. So es die Götter denn so wollten. Das Netz, das Boot, die Öllampe. Ein perfekter Zeitpunkt sich endlich....


    Kurz runzelte er die Stirn und sah Minervine recht lange an, wie sie da mit ihrer Decke stand und sah wohl einige endlos lange Momente zu ihr, vielmehr an ihr vorbei, was allerdings so kaum zu erkennen war, als überlege er. Ein kurzer Blick zur Seite, hinter sich, vor sich, zwischen seine Füße folgte, ehe er sich erhob und auf sie zuging, sie kurz zur Seite schob und ins Boot schaute. Ein Griff hinein und alsbald hatte er gefunden, was er erhofft hatte. Eine Fischerahle. Mit jener machte er sich kurzerhand wieder zur Kiste auf, legte die Muschel auf jene und begann sie mit der Ahle zu bearbeiten. Es mochte etwas sehr seltsam aussehen, wie die globigen Hände mit der Ahle an der Muschel herumwerkelten. Es brauchte etwas Zeit, bis er endlich die Schale ein gutes Stück bearbeitet hatte, sah an sich hinab und friemelte am Saum seiner groben Tunika herum, zog einen Faden und riss jenen ab, kaum das er ihn einmal um sich herum..und aus der Tunika gezogen hatte. Dann hob er die Muschel an und werkelte weiter herum, drehte die Ahle einige male, drückte, schob und fluchte kurz später, als er die Muschel durchstoßen hatte. Zumindest mochte das "Scheyd!" wohl leicht im Sinn zu verassen sein, als er die doch etwas dicke Ahle aus seinem Finger zog und in den Mund steckte. Immerhin war nun das Loch in der Muschel.


    Ein knapper Blick auf seinen Finger allerdings offenbarte das er es wohl eben so überleben würde und verschwendete er keinen weiteren Gedanken daran, führte den Faden durchs Loch, verknotete jenen und hängte sich jenen um. Als er sah das die Muschel mittig der Brust hing, nickte er knapp und legte die Ahle wieder auf die Kiste und sah auf, zu Minervine, ob jene immernoch stand.


    Kurz rollte er die Schulter und verschränkte die Arme vor der Brust, rieb sich die Oberarme und sah zur Tür, die etwas im Wind klapperte.
    "Viele sagen die Römer wären schlau, aber germanisch können die wenigsten!", brummend. Wieder sah er auf runzelte die Stirn und deutete er aufs Netz. "Setz Dich doch! Der Sturm kann noch eine Weile dauern!", legte den Kopf schief und grübelte im stillen ob das nicht sogar wünschenswert wäre. Lieber mit einer Römerin alleine in einer Hütte, als einer ganzen Horde Römer in einer Stadt. Die Wahl fiel ihm da nicht sonderlich schwer. Ein Mensch alleine war ja bisweilen in der Lage vernünftig zu sein, wohingegen eine ganze Horde manchmal dazu neigte vollkommen durchzudrehen.

    Nun, da die Entscheidung scheinbar gefallen war, hatte er sich ebenso erhoben und folgte ihr, besah sich die schlichte, doch recht solide Lagerhütte, oder was es auch immer sein mochte. Die schlichte Tür war recht solide gemacht und mit einem Riegel versehen, um welchen eine Kette gelegt war. Das Schloss schien zwar von einfacher Machart, doch nicht sonderlich stark zu sein. Zudem hatte das Wetter jenem schon deutlich zugesetzt.
    Als er sah das Minervine schon eine Gänsehaut hatte, brummte er kurz und besah sich die Kette, nahm das Schloss in die Hand und legte es quer, griff sich die beiden Ketten und zog einmal kräftig daran. Doch rührte sich wenig.


    Kurzerhand runzelte er die Stirn und zog die Ketten erneut, zog fester und liess kurz einen seltamen Laut hören, während die Adern am Hals deutlich schwollen und wohl ebenso seine Oberarme. So primitiv das Schloss auch wirkte, schien es doch gut zu halten, zumindest einige Zeit, denn nach mehrmaligem kräftigem Zerren an den Ketten, zersprang es alsbald. Rasch wickelte er die Kette vom Riegel und öffnete die Tür, sah kurz hinein und wendete sich zu Minervine, streckte die Hand aus und fasste sie an der Schulter. Sacht schon er sie hinein und aus dem Wind, trat alsbald selbst ein und schloss die Tür. Zumindest bot sie etwas Schutz vor dem Wind und auch das Dach war gut gearbeitet. Ein Boot war zu erkennen, ein paar Kisten und Körbe, Netze und was das erste war, was ihm ins Auge fiel, war eine Decke, welche im Boot zusammengerollt lag. Recht einfach, doch besser als nichts.


    Jene ergriff er kurzerhand, rollte sie auf und legte sie um Minervine, rieb jene kurz an ihr, rieb sie darin eingewickelt kurz durch. Eine etwas ungeholfene Geste folgte, die wohl deutlich machen sollte das es wohl wärmen solle. Auch wenn er etwas daran zweifelte das die noch trockene Decke lange helfen würde.
    Abermals wanderte sein Blick umher, die Stirn in Falten, bis er eine einfache Öllampe auf einem Brett stehen sah, die er sich nahm. Kurz suchte er das Brett ab und werkelte an jener herum, stellte sie alsbald auf eine Kiste und war von dem eher sehr mickrigen Feuerchen zwar nicht sonderlich begeistert, doch hatte es wenigstens etwas symbolischen Wert und erhellte die Hütte etwas.


    Alsbald krallten sich seine Finger in die schlichte Leinentunika und wrangen etwas das Wasser aus jener, ehe er sich weiterhin kurz umsah. Viel mehr war nicht zu finden, aber immerhin war es schonmal Schutz vor dem Wolkenbruch, wie er fand. Ein prüfender Griff an die Holzwand, ein kurzes Rütteln an einem der Balken, ein Blick gen Decke und ein zufriedenes Nicken folgte, ehe er sich vor der Öllampe abhockte, nach oben sah und das Fischernetz in Augenschein nahm, das unter der ganzen Decke ausgebreitet hing. Erneut erhob er sich, löste es von den Holzhaken und rollte es zusammen, warf es neben die Kiste mit der Lampe und drückte mehrmals die Hand hinein, sah zu ihr, klopfte auf das Netz und nickte.


    Das war wohl besser als auf dem Boden zu sitzen. Schließlich ging er wieder in die Hocke und verschränkte die Arme vor der Brust.
    "Eine gute Hütte!", sah zu ihr und schlug kurz gegen die Wand derselben und nickte. "Gute Hütte."

    Belenor schienen die Wassermassen nicht sonderlich viel auszumachen, bis auf die Tatsache das sie sich allenthalben in die Augen niedergingen, was es nicht einfacher machte noch klar zu sehen. Regen war nur Regen. Er kam und ging, durchnässte und nährte den Boden. Nichts, wovor man flüchten müsste, auch wenn dieser hier schon mehr ein Wolkenbruch war, als ein starker Regen. Vielleicht wollten die Götter manchen Schmutz von der Erde waschen.
    Lange Zeit sah er zu ihr, betrachtete sie und liess kaum vermuten was er denken mochte, sonderlich viel regte sich kaum im kantigen Gesicht. Stattdessen wischte er ein ums andere mal das Wasser aus den Augen und fuhr sich übers Gesicht. Nun, warum sich die Frau schämte und ihn bat sich umzudrehen verstand er nun noch weniger als noch vor kurzem in ihrem Zimmer, betrachtete sie knapp und fand das sie eine Frau wie viele andere war, alles dort zu sein schien wie wo es hingehörte. Den Kopf etwas schiefgelegt wartete er einfach ab was sie wohl gedachte zu tun, wandt dem Wind den Rücken zu und deutete ein weiteres mal auf das Lager, sah zu ihr und runzelte die Stirn.


    Ein Blick nach links folgte kurz darauf, ein knapper Blick zur weiter entfernten Stadt und dem Haus, was da wohl irgendwo stehen musste. Wieder sah er zu ihr und wartete, hob fragend die Hände. Wohin? Was tun? Kurzerhand ging er in die Hocke und schlang die Arme um die Knie, zum einen da es dem Wind weniger Angriffsfläche bot, zum anderen um eine Muschel aufzuheben, die zwischen seinen Füssen lag. Kurz drehte er jene in der Hand und sah wieder auf. Sie hatte einiges von Gwyn, zwar nicht alles, aber genug um sie ihr nun ähnlicher zu machen. Kurz schoben sich seine buschigen Augenbrauen zusammen, wischte beiläufig den Sand aus der Muschel und harrte aus, wohin es nun gehen sollte. Wild riss der Wind an seinen nassen Haaren, auch wenn er noch lange nicht so weit war eine ausgeprägte Gänsehaut zu bekommen, war jener Wind doch deutlich kühler als heute morgen. Kaum das die Muschel vom Sand befreit und vom Wolkenbruch saubergewaschen war, wie er, sah er jene erneut an und schloss die Finger um sie. Sie gefiel ihm, vielleicht konnte man sie an ein Lederband befestigen.

    So hatte er doch tatsächlich gedacht das die Asen hier wohl nicht die Macht hatten, alle Geschicke zu lenken. Fast schien es ihm als ob sein Zweifel sie nahezu dazu anspornten ihm vom Gegenteil zu überzeugen. So pechschwarz wie die Wolken sich nun zeigten, mit welcher Urgewalt sich aus jenen die Blitze lösten, war es keine Frage mehr, ob er auch nur noch den leisesten Zweifel daran hegte. So wie der Wind ihm entgegen blies und an ihm zerrte, war es offensichtlich das die Asen hier am Werk waren. Solchen Wind und solch ein Schauspiel hatte er so nur selten erlebt.


    Noch die Hand erhoben und zur Faust geballt, sah er dem Wind dabei zu, wie er die Wellen peitschte. Wie Blitz und Donner sich über das Rauschen des Meeres erhoben und ein Schauspiel boten, das grandios war. Das was Donar hier aufbot, liess Belenor einmal mehr begreifen wie winzig klein und unbedeutend er war. Irgendwo dort oben, hoch über den pechschwarzen Gewitterwolken saßen jene, die ihn lange Zeit begleitet hatten. Wohl auch Vocchio, zumindest schien ihm ein Platz unter den Kriegern an Tyrs Tafel mehr als gerecht.


    Die Augen leicht verengt ob des starken Winds, hatte er noch immer den Blick auf die Gewitterfront gerichtet. Ob Vocchio nicht ein besseres Schicksal von den Asen zugedacht bekommen hatte? Als tapferer Mann mit dem Schwert in der Hand zu sterben. Ungebrochen, aufrecht und frei. Kurz spannten sich seine Wangen an, der Arm, der noch immer trotzig erhoben war.
    Das Getose war mittlerweile so laut geworden, das die Worte nicht mehr zu verstehen waren. Im Grunde waren es nur die Lippen die sich bewegten.
    "Ihr Asen, hier stehe ich vor Euch! Jeden von Euch rufe ich an! Weit von der Heimat stehe ich und rufe Euch an! Lasst mich über meine Feinde siegen. Lasst Eure Speere über sie kommen! Fegt sie fort wie reifes Korn! Und bringt mich in die Heimat!", ballte die Faust erneut und reckte sie ein letztes mal empor. "Donar!", drehte leich den Kopf zur Seite, als ein Regentropfen ihm ins Auge getragen wurde. Ein einzzelner Tropfen war es, der ihn traf. Ein zweiter folgte, bis der Regen einsetzte, der sich fast zu einem Platzregen wandelte. Dicke Tropfen, die vom Wind getragen wurden. Einen jeden einzelen der ihn traf spürte er mehr als deutlich.


    Es war schwer den Blick aufs Meer gerichtet zu lassen, da solche Wassermassen begannen herniederzugehen, das man kaum mehr gegen den Wind schauen konnte.
    So drehte er sich zur Seite und schirmte kurz die Augen ab, sah gen Minervine und verengte zwangsläufig die Augen, als der Wolkenbruch sich unverminderst stark fortsetzte.
    Nicht das er den Regen scheute, mehr als nass werden konnte man nicht.
    "Zweifel besser nie an den Asen. Ich hab eben auch den Fehler gemacht.", brummend.


    Kurz schaute er gen Stadt, wie weit sie sich von jener entfernt hatten, war ihm während des gehens kaum aufgefallen. Kaum zog er den Kopf ein, schüttelte jenen nur ein paarmal, als er merkte wie sich der Regen den Weg in sein Ohr bahnte. Kurz sah er auf und sah zwischen dem Ried, das beinahe flach am Boden lag ein Holzgedecktes Dach, auf das er kurz deutete. Eine Lagerhütte, wie es schien.

    Belenor blieb stehen wo er war und folgte ihrem Blick, irgendwo im Nichts dort draussen schien sich der Unmut der Götter aufzubrauen und mit jeder Bö schienen die Asen ihre Vorboten zum Festland zu schicken. Was sie gerade denken mochte wusste er nicht, aber der zunehmend kühlere und kräftigere Wind der ihm entgegen schlug, liess auch sein Haar und wohl auch die lächerliche Tunika ziemlich im Wind tanzen. Ab und an schien es, als ob ihn der Wind umwerfen wolle, doch hielt er jenem trotzig stand und sah zu Minervine, die zu den Gewitterwolken deutete. "Donar!", entgegnete er knapp.
    Kurz formte sich ein kurzes Lächeln im kantigen Gesicht. "Oder Thor. Er sendet seine Speere zu Boden!", deutete auf einen recht gewaltigen Blitz, der sich irgendwo auf dem Meer entlud.


    "Die Asen sind zornig!", deutete gen Gewitterwolken. "Vidar wird Donar gesprochen haben und nun wüten sie über den Wolken. Wodan zieht mit ihnen aus!", lächelte erneut, auch wenn es eher etwas grimmig, oder trotzig wirken musste. Kurz wankte er und breitete die Arme aus. Solche Urgewalten waren eben ein Zeichen das hier die Asen noch herrschten.
    Tief atmtete er ein und liess den Wind an sich zerren, schloss die Augen und wankte etwas, als er den Böen mehr Angriffsfläche bot. "Donar",obwohl er schon brüllte, riss der Wind den trotzigen Ausruf mit sich mit. Das Gewitter, dieser Sturm der da aufzuziehen schien, schien ihn nicht im mindesten zu beeindrucken. Vielmehr schien er jenen gar willkommen zu heisen. "Donar!", ballte die Faust und riss sie gen Himmel. Wild und heroisch bot er dem Wind die Stirn und sah den Blitzen zu, die von den Wolken niederfuhren.


    "Glaub mir, wenn man nichts fürchten muss, die Asen sollte man fürchten.", funkelte Minervine an und lächelte. "Ein Speer und Donar zerreisst den stärksten Baum von der Spitze bis zur Wurzel!", lächelte grimmig und streckte die Arme wieder aus.
    "Spürst Du wie zornig sie sind! Heute wird ein guter Tag!", sog frische Luft in seine Lungen. Der Wind blies recht stark vom mehr herrüber und kurz sah er zu Minervine. "Gwyn hatte große Angst vor Donar! Sie verkroch sich immer unter die Decke, wenn er wütete!, lachte und ballte erneut die Faust, die er den Wolken entgegenstreckte. "Donar!"

    Irgendwie schienen die Götter einen ziemlich seltsamen Weg für ihn gewählt zu haben. Stehts hatte er sich gemüht die Vernunft über den Drang siegen zu lassen. Oft hatte er nur die Faust geballt und den Römern in der Heimat bösartige Gedanken hinterhergeworfen und keinen Speer, was ihm ungleich lieber gewesen wäre. Er hatte Ruhe gehalten bis zu jenem Tag, an dem es mit Vocchio durchging, als der eine Tropfen zuviel gewesen war und alles aufbrach was nur dürftig verheilt war. Zu vergessen und zu vergeben war um so vieles schwerer als zu hassen. Und niemals wollte er vergessen, noch weniger vergeben.


    Sicherlich hatte er wie viele andere seines Stammes auch furchtbares Leid über Familien in Rom gebracht, Siedlungen der Römer dem Erdboden gleichgemacht. Doch war im Krieg eben oftmals der Wahnsinn der oberste Kriegsherr und jedes noble Ziel vergessen, wenn der erste nahe Verwandte, Freund oder wertvolle Mensch durch die Hand des Feindes starb. Er hatte jene nicht gekannt, die er erschlagen hatte. Um so vieles mehr hatte er aber jene gekannt die an seiner Seite gestanden hatte. Und wie schnell es dann ging Kriegsziel als Kriegsziel einfach nur stehenzulassen, um Vidan zu folgen und sich furchtbar zu rächen, war dann keine rechte Frage mehr.
    Dann wurde Leid mit Leid vergolten und mit einem Saxhieb Rache genommen, aus der auf der anderen Seite zehn neue Rächer für jene Rache geboren wurden.


    Ein Teufelskreis. Und wie lange schon in Germanien Rache für Rache genommen worden war. Im Grunde reifte langsam die Erkenntnis das es wohl Kriege geben musste, die nie ein Ende fanden. Und scheinbar war er Teil eines solchen geworden. Das Minervine nicht weniger in diesem ganzen Wahnsinn verloren hatte als er, wusste er nicht. Aber irgendetwas schien auch ihr auf der Seele zu liegen. Mit jedem Herzschlag der verging, erinnerte in die kleine Frau mehr an Gwyn. Wieviele Jahre war es schon her, aber noch immer sah er sie vor sich als ob sie noch immer existierte. Und wieviel steckte in der vermeindlichen Herrin, die ihn hier gefunden hatte.


    Belenor atmete tief aus, fast schnaubend und fegte die ganzen Gedanken beiseite. Er war kein großer Kopfmensch und es für den Moment leid ewig weiterzugrübeln. Als sie ihn an der Hand nahm, runzelte er die Stirn und fühlte sich irgendwie an Tage erinnert, die in weiter Vergangenheit lagen.
    Wieder sah er zu das er seine Schritte nicht zu groß machte und lief neben ihr her, sah dem Wasser zu wie es über den Strand gespült wurde, jenen glattfegten von den Fußspuren, die noch kurz zuvor dort zu sehen gewesen waren.


    Was immer Minervine dort zu schaffen machte, sie schwieg so laut das es ihm beinahe in den Ohren schmerzte. Kurz sah er zurück, zu dem riesigen Dorf, das immer weiter weg geriet und lauschte den Wellen. Keiner war mehr zu sehen, niemand mehr zu hören. Nur das Meer war da...und Thor, in weiter Ferne. Als Minervine das Wort erhob und er einmal mehr kein Wort verstand was sie sprach, auf ihre Hände sah und sich versuchte zusammen zu reimen was sie meinte, legte er den Kopf schief.
    Endlos lange sah er sie nur an und grübelte sichtlich, schien nicht sofort zu verstehen was sie meinte und sah sich kurz um.


    Irgendetwas schien sie zu beschäftigen und die Frage, so wie sie klang, schien nicht wirklich eine zu sein, die er beantworten konnte. Was hatte sie ihn gefragt? Ob sie ihn mögen durfte? Lieben durfte? Ob er sie mochte? Ob er sie hasste? So wirklich wusste er es nicht zu deuten, aber gleich welche der unzähligen Varianten es auch sein mochte, im Grunde war die Antwort die er nicht geben konnte einfach.
    "Du musst dem zuhören.", deutete auf linke Brust und tippte ihr ans Ohr. Schließlich deutete er auf sich. "Ich höre auch darauf und das ist manchmal der beste Ratgeber!", deutete auf das seine und den Bauch.
    "Zuviel nachzudenken ist nicht immer gut!", wahrscheinlich begriff sie kein Wort von dem was er sagte.
    "Du verstehst kein einziges Wort, oder?"

    Belenor sah dem Knaben nach und bedauerte im Stillen das jener sich wieder trollte. Mit ihm hatte er reden können, doch schon nach kurzer Zeit nickte er schließlich, denn zum einen schien jener hier arbeiten zu müssen, zum anderen und wohl größeren Teil verschwand wohl auch mit ihm so manche bittere Erkenntnis und somit weitere Offenbarungen entfernten, von denen er vorerst genug hatte.


    Kurz schloss er die Augen als er wieder in der Ferne das dunkle und bedrohliche Donnergrollen hörte. Weit entfernt noch, doch hörbar, wenn man das Rauschen der Wellen verbannte und genau hinhörte. Wenn der Tag schon angebrochen war, an dem Thor seine Speere werfen würde, dann würde er bereit sein. Wenn es die Bestätigung war, das er ihn nicht hatte fallenlassen, dann war es ihm ebenso recht. Der Tag würde kommen, dessen war er sich sicher.
    Und wenn er dann ausritt und die Pferde ihre donnernde Hufe auf die Wolken setzten und die Seinen kommen würden, dann würde der Tag gekommen sein abzurechnen. Und dann würde er mit ihnen suchen, bis er die Mistkerle fand, die ihn hierher gebracht hatten.


    Das sich die Römer nicht ewig in Germanien würden halten können wusste er. Er hoffte es zumindest. Und es würde ein neuer, starker Anführer von den Göttern gesandt werden, der sich zum Kriegsfürsten ausrufen lassen würde. Und sie würden sich wieder vereinen, um mit Tyr Seite an Seite Blut mit Blut wegzuwaschen, bis auch der letzte Römer in Germanien erschlagen, oder vertrieben worden war. Und der letzte Germane der verschleppt wurde, wieder den Weg in die Heimat finden würde.
    Irgendwie war diese Hoffnung im Moment das einzige, das ihn davon abhielt sein ungewisses und eher klägliches Schicksal in die Hand zu nehmen.


    So stand er am Strand und für diesen Moment hatte wohl selbst das Meer seine ganze Magie bei ihm verloren. Es war nur Wasser. Und solange dort keine Boote zu sehen waren, welche die Seinen brachten, war es nur Wasser. Irgendwann, irgendwann würde Rom lichterloh brennen, Stein zerbersten und die Erde sich erheben, um alles römische zu zerschmettern. Wahrscheinlich sahen die Götter im Moment nur zu und stellten sie vor Gericht, um schlicht und ergreifend zu erkennen ob sie etwas übriglassen sollten. Oder warteten darauf das ein letzter römischer Fehler begangen wurde. Um dann ihren ganzen Zorn auf sie niedergehen zu lassen.


    Belenor zog alle Register um sich etwas Halt in seiner beschissenen Situation zu schaffen und rief sich immer wieder die Worte der Alten ins Gedächtnis. Das die Götter mit ihnen waren. Und sie waren auch noch mit ihm. Sif würde geben das seine Wunden heilen würde und seine Arme sich ihrer alten Kraft besannen. Und scheinbar hatte sie die kleine Frau dazu ausgesucht, die ihn an Gwyn erinnerte. Loki würde den Tag kommen lassen, an dem sich ihm die eine, entscheidende Gelegenheit bieten würde mit seinen Feinden abzurechnen....und ganz sicher, Vidar würde ihn zu seinem Sax wählen, um diese alle in Stücke zu hacken. Kurz schloss er die Augen und spannte die Wangenmuskeln an trat einen Schritt auf Minervine zu. Im Grunde war sie keine Römerin, sondern nur eine arme Seele die im falschen Volk geboren worden war. Sie hatte wahrscheinlich nichtmal Ahnung was ihre Landsleute in Germanien getan hatten...und wohl noch immer taten. Und auch sie hatte er gehasst, als er gegen die Römer aufbegehrt hatte und unzählige male einem jeden den schändlichsten aller Tode an den Hals gewünscht hatte.


    Auch sie war eine jener, die er damals verflucht hatte und den Schwur an die Götter hinausgebrüllt hatte das er seinen Feinden den Kopf nehmen wolle. Tausend Köpfe für zwei Leben, das und nichts weniger hatte er damals als ausreichend befunden. Kurz hob er die Hand an, nachdem er auf sie zugegangen war und legte ihr die Hand auf die Wange, sah sie ein letztes mal an und liess sie alsbald wieder sinken. Sie war viel zu sehr wie Gwyn, als das er sie als eine der verhassten Feinde sehen konnte. Oder aber sie war noch verschlagener und hinterlistiger, als alle die er bisher gesehen hatte, was er allerdings nicht annahm.


    Schließlich blieb er stehen und sah sich nochmals um, zum Meer, zur Stadt und alsbald gen Himmel. Und wirkte einmal mehr vollkommen unentschlossen. Wäre er noch Herr seiner selbst, hätte er wohl strack den Weg nach Osten eingeschlagen, aber das war er ja nicht mehr.

    Belenor lauschte dem Jungen und nickte, kurz verengten sich die Augen, als er versuchte all das zu begreifen was er ihm da vorsetzte und sah erneut aufs Meer hinaus. Schwer zu glauben was der Knabe da sagte, aber scheinbar kannte jener sich hier besser aus als er. Und demnach musste er erstmal dem glauben schenken, was er da hörte. Als er jedoch endlich begriff was Lupa nun bedeutet, spannten sich kurz seine Muskeln an.
    Wenn er diese Mistkerle nochmals sehen würde, dann wusste er, wie er ihnen begegnen würde. Dann würde das allergrößte Unheil über jene hereinbrechen, das sie wohl jemals gesehen hatten. Ein weiteres Nicken folgte, als er den Entschluss gefasst hatte. Soviele Knochen konnte kein Mensch haben, wie er ihnen brechen würde und erst als der Junge das Wort Herrin erwähnte, schoben sich die breiten Augenbrauen zusammen.


    Kurzerhand versuchte er das zu verstehen, was der Bursche ihm nicht gesagt hatte, wohl aber den Sinn seiner Worte stellen sollte. "Bin ich ihr Gefangener?", eindringlich sah er den Jungen an. "Ihr Sklave?", die Antwort musste er erst garnicht hören, sondern hob kurz die Hand und liess sie wieder sinken. Nein, antworten musste der Bursche sicherlich nicht. Langsam, Stück für Stüch fügte sich alles für ihn zusammen, sah kurz auf und musterte Minervine eingehend, irgendetwas lag in seinem Blick, was dort nicht gelegen hatte. Es war nicht im mindesten auszumachen was es nun war, ob es eine Drohung, Verachtung, Unglaube, Enttäuschung oder Klarheit war. Seine Züge waren hart, das waren sie eigentlich immer, doch wenn man ihm bisher Überraschung, Dankbarkeit oder ähnliches hatte aus den Zügen ablesen können, oder jene deuten konnte, schien es vielmehr als ob er nun einen Schild hob und den Gegenüber vollkommen im unklaren liess was folgen wollte. Er hatte einen Schild erhoben, der ihn abschirmte und nicht erahnen liess was die Folge sein würde. Ob er einen Schritt zurücktreten würde, um auszuweichen, oder aber einen Hieb vorbereitete.


    Belenor reimte sich alles zusammen, so das es ihm einen Sinn ergab und reihte die Geschehnisse aneinander, fügte die Lücken mit Vermutungen so zusammen, das es ihm einen Sinn ergab. Ein tiefer Atemzug folgt, bevor er sich erhob. Er erhob sich langsam, sah sich kurz den Sand vor den Füssen des Jungen an, bevor er an jenem hinauf sah, ihm die Hand auf die Schulter legte und jene dort liegenliess.
    "Ich habe hier keinen einzigen Soldaten gesehen. Sie haben hier sicher Soldaten. Sind es viele?", sah den Jungen weiterhin an. "Es sind gewiss viele."


    Auch hierzu brauchte er keine Antwort, im Grunde hatte er weit mehr Antworten erhalten, als er es eigentlich wollte. Zuviele Antworten. Viel zu viele Antworten und ein weiteres mal sog er tief die Luft in die Lungen. Schließlich wandte er sich wieder dem Meer zu und verschränkte die Arme vor der Brust. Es wurde ihm klar das es im Grunde gleich war, ob er nun ein Schwert hatte, oder keines. Ob er einen Schild und ein Pferd finden würde. Es war schrecklich gewesen die römischen Ketten an den Handgelenken zu spüren, doch was im Moment viel erdrückender war, war die Tatsache das er viele Wochen von der Heimat entfernt war....und zwischen ihm und der Heimat weit mehr als die Frau stand. Soldaten, zuviele als das er sich wohl seinen Weg durch sie hindurchschlagen konnte.


    Ein langes Schweigen folgte, das scheinbar kein Ende mehr finden wollte, als er all dies in seinem Kopf bewegte. Hier alleine zu stehen. Ohne Waffen, Pferd und Wochen von der Heimat entfernt. Das Land nicht zu kennen, nicht zu wissen wo die Römer ihre Soldaten aufgestellt hatten. All das wog im Moment mehr als tausend Mahlsteine und dennoch blieb er stehen.
    Besiegt von Soldaten und nun Sklave einer Frau. Belenor wusste nur zu gut das es kaum mehr als einen Handgriff brauchte um ihr das Genick zu brechen. Seltsamerweise wusste er aber ebenso, das sie die einzige hier zu sein schien, die in ihm kein Tier sah. Zumindest hatte sie ihn bisher wie einen Menschen, einen Gast behandelt.

    Es gab so vieles das er überdachte und abwog, während er aufs Meer sah. Mit einem mal schob sich die eiskalte Erkenntnis in seinen Kopf das er womöglich nie wieder zu seinen Leuten kommen würde. Und nichts mehr hatte. Garnichts mehr. Keine Freunde, keine Familie, nichts. Er hatte all jene tausendmal verflucht für das, was sie Kara auf der Reise angetan hatten. Und noch weitere tausend mal sollten sie verflucht sein, was nach alledem noch hinzu kam. Das, was er eben versuchte zu verarbeiten.
    Was sollte er nur machen, beinahe ohnmächtig stand er vor den Tatsachen und wog ab ob es nicht vielleicht besser war es einfach darauf ankommen zu lassen. Sich ein Schwert zu beschaffen und einfach zu sehen wie weit er kam. Um, im schlimmsten Falle, als Krieger in die Halle der Ahnen einzugehen. Er hatte gewiss keine Todessehnsucht, aber welche Alternativen boten sich ihm noch?


    Belenor stand wie ein Felsblock da, wie ein steinernes Standbild und starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen in die Ferne. Scheinbar hatten ihn die Götter verlassen. Unvermittelt sah er kenn Himmel und versuchte jene zu erblicken, die scheinbar beschlossen hatten ihn fallen zu lassen. "Thor, gib mir ein Zeichen! Vidan! Loki!", tief atmete er ein und wisperte gen Himmel, spannte die Wangenmuskeln an. "Bin ich von Euch verlassen?"


    Das rauschen der Wellen drang weit mehr als nur in seine Ohren, so das Anfangs das donnern nicht zu hören war, welches leise zu vernehmen war. Fast schon hätte er sich damit abgefunden, wohl für sich beschlossen das es wohl so war, hätte er nicht beim umdrehen die dunklen Wolken um Süden bemerkt. Lange starrte er dorthin und verfolgte deren Zug, als es erneut donnerte und Blitze zuckten. Thor war mit seinem Kriegswagen unterwegs und warf seine Speere. Blitze waren in der Ferne, irgendwo weit draussen auf dem Meer zu sehen und ein unerkliches Nicken folgte, welches langsam intensiver wurde. Die Götter hatten ihn nicht verlassen, er war sich sicher das es gewiss nicht sein Schicksal sein würde wie ein Hund fern der Heimat zu sterben. Wahrscheinlich hatte all dies irgendeinen Sinn, den er weder sah, noch verstand. Aber eines Tages würde er wohl verstehen, was der Plan der Götter war.


    "Ich danke Dir, Rodrik!", sah zum Knaben und nickte. "Ich bin Belenor. Krieger der Chatten.", an Minerva gewandt. "Ich danke Dir das Du mich aus den Händen meiner Feinde befreit hast und mir Dein Bett angeboten hast. Ich danke Dir das Du meine Wunden versorgt hast. Und sei versichert das ich all das nicht vergessen werde. wenn Thor den Kriegswagen besteigt und über Dein Haus fahren wird, werde ich ihm sagen das Du kein Feind bist.", nickte knapp. "Dann werde ich, Belenor, meinen Schild heben und ihn über Dich halten!"

    Wieder einmal kam sich Belenor vor, als würde er hier wohl der einzige weit und breit sein, den niemand verstand. Verständnislos sah er zwischen den beiden Frauen hin und her, runzelte lediglich die Stirn und lauschte dem nicht zu verstehenden Geplapper. Erst als der Junge kam, musterte er ihn kurz und schob die Augenbrauen zusammen, als jener sich verständigen konnte.
    "Heilsa Rodrik!", nickte jenem zu und betrachtete ihn. "Du bist der erste den ich hier treffe und verstehen kann!", sah zum Burschen hinab und kniete sich letztlich hin, um nicht stehts hinabschauen zu müssen.
    Kurzerhand streckte er den Arm aus und deutete gen Meer. "Ich habe nie zuvor soviel Wasser gesehen! Weiss die alte Frau ob dieser Fluss ein Ufer hat? Ich sehe keins!", kratzte sich kurz den Nacken.


    "Und wo ist dieses Tarraco hier? Es ist viele Wochen von der Heimat entfernt, aber ist das hier schon Rom?", zog erneut die Augenbrauen zusammen. "Niemand von meinem Stamm war wohl jemals so weit von unsrem Land weg, niemand hat Geschichten davon erzählt.", musterte den jungen Mann ernst und betrachtete ihn. Sicherlich noch jung an Jahren, zweifelte er doch etwas daran, das er eines Tages ein Sax würde führen können. Dazu waren seine arme zu dünn. Oder aber es würde sehr viel Arbeit kosten.


    "Kannst Du sie fragen warum ich kein Ufer sehen kann? Oder haben die Götter das Ufer genommen, weil hier die Welt zu Ende ist?", Fragen über Fragen, aber diese waren ihm zunächst einmal vorrangig.
    Kurz sah er zu der Alten, dann zu Minervine. Die Arme auf dem Knie abgestützt harrte er der Antwort aus und betrachtete Minervine einige Zeit, die scheinbar ebenso ihre Mühe hatte ihm zu folgen, wie er Mühe hatte allen anderen zu folgen. "Und sag ihr...", deutete auf Minervine, "...das ich ihr danke das sie mir ihr Bett angeboten hat...und mich von diesen Mistkerlen befreit hat. Wie auch immer sie das geschafft hat. Sie muss sehr schlau sein.", nickte abermals. "Sag das für mich."

    Scheinbar konnte die zweite Gwyn ,Minervine, nicht schwimmen, was ihn nicht sonderlich wunderte. Kurz warf er den Kopf nach hinten und wrang mit den Händen das Wasser aus der wilden Mähne, ehe er die Stirn runzelte. "Marinternum.", stellte er fest und sah nochmals hinaus. Dieser riesige, nicht endenwollende See war alsi der Marinternum.
    Oder war es ein gigantischer Fluss? Kurz rollte er die Schulter und strich sich mit den Händen über die Unterarme, ehe er mit schiefgelegtem Kopf zu der alten Frau sah, der er zunickte. Er, wie die Masse, eigentlich alle seines Stammes, respektierten die Alten als Quell der Erfahrung und des Wissens.
    Ein alter Krieger wusste um viele Kniffe, sich in der Schlacht zu behaupten, die alten Frauen konnten viele Fragen rund um Heim und das Leben an sich beantworten.


    Kurzerhand nickte er und deutete hinaus. "Marinternum.", spannte kurz die Halsmuskeln an und nickte ein weiteres mal. So hatte er denn wieder etwas gelernt und sah kurz an sich hinab, als sie ihn musterte. Etwas seltsam kam er sich schon vor, mit diesem seltsamen Ding, das ihm die Sklavenhändler zugeworfen hatten. Keine rechte Tunika, schien es eher ein ärmelloser, etwas zu lang geratener Wams, der gerade so bis zur Hälfte seiner Oberschenkel reichte. Wohl eher etwas, das Gwyn zum schlafen angezogen hätte, wenn sie denn überhaupt etwas getragen hatte.


    Das er eines Tages in Frauenkleidern vor so einem riesigen See enden würde, der am Ende gar noch ein gigantischer Fluss war, hätte er sich ganz sicher nicht träumen lassen.
    "Ich bin Belenor!", richtete er kurzerhand das Wort an die Alte. "Ich komme nicht von hier. Weisst Du wie groß Marinternum ist?", deutete erneut aufs Meer. Vielleicht sprach sie ja seine Sprache. Das die Tunika an ihm pappte und jede Wölbung seiner Brust, oder des Bauches abzeichnete, kam ihm zunächst weniger in den Sinn. Das war ohnehin unwichtig, denn er war sich ziemlich sicher das die Frau schon mehr Männer als ihn gesehen hatte. Kurz drehte er seinen Halsreif zurecht und deutete auf die Alte.
    "Viele alte Frauen sind weise! Helles Haar zeigt einem das sie schon viel gesehen und erlebt haben. Du tust gut daran mit ihnen zu reden, sie wissen viel!", schließlich sah er wieder zur Alten und wartete.

    Belenor folgte der kleinen Frau an seiner Seite durch diese seltsame Welt, die sich da vor ihm auftat. Schritt um Schritt setzte er neben ihr, extrem langsam, war ihm doch schon nach einigen wenigen Schritten klar geworden das sie fast anderthalb Schritte machen musste, wenn er einen machte. Die Hitze, der Staub, die Häuser aus Stein, selbst die Alten in seinem Dorf hatten nie Geschichten erzählt in denen solche Umgebungen vorkamen. Leidlich irritiert nahm er all die neuen Eindrücke auf, sah verwirrt gen Himmel zu jenen Vögeln die hier einen solchen Lärm machten.


    Die frische Brise fühlte sich zumindest gut an, die kühle die ihm bisweilen entgegenschlug, bis er schließlich zwischen den Häusern hindurch die Wassermassen sah, die sich vor ihm auftaten. Unvermittelt blieb er stehen und legte die Stirn in Falten, als er kein Ufer ausmachen konnte, auf der anderen Seite. Etwas verwirrt von dieser Dimension legte er den Kopf schief. Auch waren die Schiffe hier um einiges größer, als jene Boote die in seiner Heimat auf den Flüssen unterwegs waren. Vollkommen anders gebaut.


    Nicht das er Ahnung von Schiffen hätte, die Flüsse im Gebiet seines Stammes gaben kaum mehr her als kleine Boote, die einzigen großen Schiffe waren auf den breiten Flüssen unterwegs. Aber jener hier....
    Kurz rieb er sich die Augen, wähnte schon beinahe das der Staub ihm die Sicht getrübt habe. Langsam setzte er sich schließlich wieder in Bewegung und steuerte zielsicher auf den Strand zu, blieb an jenem stehen und machte einige Schritte aufs Wasser zu, hielt die Hand über die Augen und versuchte erneut am anderen Ende das Ufer zu erkennen. Aber dort war keines.


    "Bei den Göttern, hier ist die Erde zu Ende!", murmelte er kurzerhand und wühlte in seinen Gedanken. Leider drehten sich kaum Geschichten aus seinem Dorf ums Ende der Welt, irgendwie war es nicht nötig, denn er kannte kaum einen aus dem Dorf, der weiter als ein paar Wochen vom Dorf entfernt gewesen wäre. Wozu auch, das Land zuhause gab alles her was sie brauchten. Und was sie wollten und nicht hatten, nahmen sie sich schlicht und ergreifend von den anderen Stämmen, ob nun durchs Schwert, oder in dem sie tauschten. Es war einfach nicht nötig weite Reisen zu unternehmen....


    Hier stand er nun, offentsichtlich und ohne jeden Zweifel vor einem riesigen Fluss, oder aber vor dem Ende der Welt. Kurz beugte er sich hinab und tauchte die Hand ins Wasser, führte die nassen Finger an die Zunge und probierte es, spuckte alsbald aber wieder das salzige Wasser aus und erhob sich. Wieder suchten seine Augen das Meer ab, erkannten aber nichts ausser unendlichen Wassermassen, die sich ausbreiteten soweit sein Auge reichte. Wie gewaltig weit er sehen konnte, solche Sichtweiten hatte er wohl nie zuvor erlebt. Und mit einem male dämmerte es ihm wie klein er doch eigentlich war. Und wie gewaltig das, was die Götter erschaffen hatten. Noch ein Schritt gen Wasser folgte, sah hinab wie das Wasser seine Füße umspülte, ein weiterer Schritt. Bald stand ihm das Wasser bis zu den Knien, erreichte seine Oberschenkel.


    Warm war es...und so gewaltig! Kurzerhand sah er an sich hinab und sah, das noch immer der Dreck der vergangenen Tage an ihm haftete. So machte er das, was wohl jeder in diesem Moment getan hätte, er wusch sich den Dreck aus dem Gesicht und den Haaren, tauchte kurz unter, nachdem er noch ein gutes Stück ins Wasser gewatet war und sah gen Strand, wo wohl Minervine noch stand. Kurz machte er einige Züge und schüttelte ungläubig den Kopf, ehe er zurückschwamm und sich wieder zu ihr aufmachte.


    "Die Welt hört hier auf!", deutete gen Horizont. "Kein Ufer!", ignorierte das seine Handgelenke vom Salzwasser brannten und sah zu Minervine. Zudem war es gelegen das die klatschnasse Tunika angenehm kühlte und an ihm klebte wie eine zweite Haut, allerdings wohl deutlich sauberer als zuvor. Als er sich umdrehte und die Arme ausstreckte, mochte sein Kreuz wohl noch erheblich breiter und muskulöser erscheinen, als es ohnehin schon war. Die Arme ausgstreckt, deutete er mit beiden Händen gen Meer.
    "Hier hört die Welt auf! Ich bin der erste meines Dorfes, der das Ende der Welt gesehen hat!", sah dann wieder zu Minervine.
    "Da ist kein Ufer!", deutete erneut hinaus.

    Belenor versuchte auch nur annähernd zu folgen, was sie ihm da versuchte mitzuteilen. Viel zu schnell und mit seltsamen Worten auf ein einredend, kam mehr als ein reichlich verwirrter Gesichtsausdruck.
    "Wasmeisu?", breite Falten lagen auf seiner Stirn, die so schnell nicht weichen wollten, sah sich die neue Tunika an und nickte kurz.


    Als er sie umgekleidet sah, musterte er sie offen von unten, nickte kurz und brummte ein weiteres mal zustimmend.
    "Nun siehst Du aus wie eine Frau!", zwar war ihm nicht klar wie man bei diesen Temperaturen noch einen Umhang anziehen konnte, aber scheinbar war Minervine eine ebensolche Frostbeule wie Gwyn, die es auch fertig gebracht hatte das ganze Jahr über eiskalte Füsse zu behalten.


    "Besser!"


    Als sie ihn an die Hand nahm, und es scheinbar Zeit war aufzubrechen, folgte ein Brummen und ein Nicken. Schließlich brach er denn mit ihr auf, sah sich etwas irritiert im Haus um, fragte sich ob sie hier wirklich ganz alleine lebte, war das Haus doch groß genug um eine Großfamilie zu beherrbergen. Ein eigenes Zimmer zu haben war ihm schon seltsam vorgekommen, ging es doch bei ihm zuhause ganz anders zu, wo die Räume kaum derart voneinander abgegrenzt waren.


    Kaum das er auf die Straße trat und sich dort umsah, merkte er wie schon mit den ersten Sonnenstrahlen seine Stirn feucht wurde. Solche Temperaturen so früh am Tag waren ihm gänzlich fremd, auch wenn er schon gemerkt hatte das es auf der Fahrt hierher zunehmend wärmer wurde, hatte er sich noch immer nicht richtig an das Klima hier gewöhnen können. Kurz wischte er sich die Stirn und sah sich nach allen Seiten um, betrachtete etwas irritiert die Hektik hier ums Haus herum, wie die Leute sich scheinbar beinahe auf der Flucht befanden.


    Solche Hektik gab es in den Dörfern die er kannte allenfalls bei Festen, oder wenn ein Kriegszug erfolgreich oder weniger erfolgreich zurückkam.
    Keine Ochsen vor den Häusern zu sehen, oder ein paar Schweine, war auch ziemlich verwirrend, hier hämmerte kein Dorfschmied, der selbst in den Städten seiner Heimat weithin zu hören war.
    "Tarraco.", irgendwie klang es eher verwundert, als begeistert. Allem voran war es seltsam das er hier niemandem ins Gesicht schauen konnte, ohne das er den Blick nach unten richten musste. Schließlich sah er zu Minervina hinab und machte den Eindruck hier zu stehen wie bestellt und nicht abgeholt. Alles war neu und scheinbar vollkommen anders, als er es kannte. Kurz beugte er sich hinab und griff etwas Staub von der Straße.


    "Kein guter Boden!", stellte er fest. Zuhause war die Erde dunkel und fruchtbar, man konnte beinahe hinter jedem Haus Kohl anbauen. Aber jener würde hier wohl sehr schnell verdörren.
    Schließlich rieb er sich die Stirn, nachdem er den Staub wieder hatte zu Boden fallen lassen und sah fragend zu Minervine, wohin es nun gehen solle. Auch wenn er es nicht wirklich wissen wollte, interessierte es ihn wo diese Knilche herkamen, die bei ihm zuhause für so viele Ärgernisse verantwortlich waren.


    Alleine das Stimmengerwirr und das unverständliche Geplapper stürzte er auf ihn ein wie ein Wasserfall, verstand kein Wort von dem was die Leute hier sprachen, oder sich zuriefen. Doch was ihm noch am besten gefiel, hier schien es keine Legionäre zu geben, die schienen alle in Germanien. Zumindest sah er im Moment keine.

    Belenor runzelte die Stirn und versuchte zu folgen, schien dann allerdings zu verstehen das Tarraco wohl klein war und kein Pferd nötig sei. Nun, sie musste es wissen, da sie hier wohl wohnte. Der Rest der folgte brauchte etwas länger bis er begriff. Anfangs glaubte er erst das er sich umziehen sollte, doch als er erkannte das sie sich umziehen wollte, nickte er zögernd. Irgendwie schien es ihm etwas befremdlich, doch scheinbar schämte sie sich.
    Erneut wanderten Falten auf die Stirn, sah sie von oben bis unten an und bezweifelte das sie sich denn schämen musste.


    Schließlich nickte er knapp und drehte sich zum Fenster, sah nach draussen und betrachtete sich die Umbegung des Hauses. Nicht das es ihn nicht eher interessiert hätte was hinter seinem Rücken gerade vor sich ging. "Tarraco....", brummte er kurz grübelnd und rieb sich den Nacken. Davon hatte er noch nie etwas gehört. Nur das es sehr weit weg sein musste, kam ihm in den Sinn. So lange wie die Fahrt hierher gedauert hatte.


    Die Leute vor dem Fenster sahen seltsam aus, nichts hier erinnerte auch nur entfernt an seine Heimat. Keine Tannen, kein Nebel, keine seines Volkes. Die Häuser aus Stein und nicht aus Holz, Lehm und Stroh. Keine weiten Wiesen rund ums Dorf, das Dorf hier war staubig, etwas, was er von den fruchtbaren Böden Germaniens so garnicht kannte. So stand er denn da und starrte weiter hinaus, kratzte sich erneut den Nacken und rollte mit den Schultern, als die Tunika ihn wieder am Rücken zwickte.

    Belenor starrte noch immer gebannt auf ihre Lippen und versuchte ihr geistig zu folgen. Als sie den Kopf schüttelte als er versuchte herauszufinden ob er ein Sklave war, nickte er zufrieden. Was nun allerdings Servus bedeuten sollte, war ihm unklar. So mutmaßte er einfach das er hier Gast war. Es schien ihm zwar ungewönlich, aber so wie die Frau vor ihm auf ihn wirkte, schien sie kaum etwas mit den Schergen Roms gemein zu haben, die dort sein Volk knechteten. Als er ihr zusah, und sie aus dem Fenster deutete, nickte er.


    "Belenor, Minervine Tarraco!", deutete wieder aus dem Fenster und dann zu ihr. "Tarraco.", betrachtete sie einmal mehr und schon bald wurde sehr klar das er sich keineswegs über sie lustig machte. Zwar war kaum zu erahnen was hinter der breiten Stirn vor sich ging. Auch die Art wie er sie ansah, liess wohl kaum einen Zweifel daran das er sie als Frau...und nicht mehr als Kind ansah.
    Kurz rieb er sich mit gerunzelter Stirn die wunden Handgelenke und spannte die Wangenmuskeln an. "Belenor nicht Lupa!", fuhr über die wunden Gelenke. Den wollte er sehen, der ihm nochmal Eisen anlegte. "Nicht Lupa.", sah hinaus.
    "Tarraco!", es klang beinahe wie ein Angriffsignal, als er auf den Stall deutete. "Minervine Tarraco Belenor!", vielleicht klang es etwas rau und herrisch, aber er wollte sehen, wohin es ihn verschlagen hatte.